TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/20 LVwG-2016/46/1874-3

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Veröffentlicht am 20.11.2017
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Entscheidungsdatum

20.11.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §3 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag. Linda Wieser über die Beschwerde des AA, geboren am xx.xx.xxxx, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei BB GmbH, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.07.2016, Zl ****,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung als unzulässig zurückgewiesen wird.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrenslauf:

Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 10.02.2016, Zl ****, wurden dem Beschwerdeführer 13 Verwaltungsübertretungen nach dem LMSVG zur Last gelegt und über ihn eine Geldstrafe von insgesamt EUR 5.200,-- verhängt.

Diese Strafverfügung wurde per Hinterlegung zugestellt. Erster Tag der Abholfrist war der 19.02.2016. Die Strafverfügung langte mit dem Vermerk „nicht behoben“ am 7.03.2016 wieder bei der belangten Behörde ein.

Per E-Mail vom 22.03.2016 gab die Rechtsanwaltskanzlei BB GmbH in Z, Adresse 1, bekannt, den Beschwerdeführer in Bezug auf die Strafverfügung „****“ rechtsfreundlich zu vertreten. Es wurde ersucht, die Strafverfügung zuzusenden. Dies erfolgte per E-Mail am 22.03.2016 an die E-Mail Adresse der Rechtsanwaltskanzlei BB GmbH.

Nach Einsichtnahme in den im Akt erliegenden Rückschein führte die rechtsfreundliche Vertretung per E-Mail vom 12.04.2016 aus, dass der Beschwerdeführer von einer nicht rechtsgültig erfolgten Zustellung bzw „Scheinzustellung“ ausgehe. Dem Beschwerdeführer sei keine Mitteilung über die Hinterlegung zugekommen und sei er im Zeitraum der Zustellung und Hinterlegung (bis 8.03.2016) ortsabwesend gewesen. Er werde entsprechende Beweismittel noch vorlegen.

Nach weiteren E-Mails teilte die belangte Behörde der Rechtsanwaltskanzlei BB GmbH folgendes mit:

„…Seitens der Bezirkshauptmannschaft Y wird mitgeteilt, dass die ha. Strafverfügung vom 10.02.2016, Zahl: ****, als rechtsgültig zugestellt angesehen wird. …“

Mit Schriftsatz vom 30.06.2016 wurde neben Beweisanträgen ein Antrag gem § 7 Abs 4 EO „auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung“ gestellt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12.07.2016, Zl ****, wies die belangte Behörde den Antrag ab. Als Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Auslandsaufenthalt des Beschwerdeführers nicht nachgewiesen worden sei und die Strafverfügung am 7.03.2016, nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, ausgelöst durch die Zustellung per Hinterlegung an den Hauptwohnsitz des Beschuldigten, in Rechtskraft erwachsen sei.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen nochmals vor, warum die Strafverfügung vom 10.02.2016 nicht als zugestellt angesehen werden könne. Zum Beweis dafür wurden nochmals Beweisanträge gestellt und vorgebracht, dass die belangte Behörde durch die Nicht-Einvernahme der angebotenen Zeugin und der schnellen Erlassung des gegenständlichen Bescheides gegen Art 6 EMRK verstoßen habe.

Aufgrund dieses Beschwerdevorbringens wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt.

II.      Sachverhalt:

Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 10.02.2016, Zl ****, wurden dem Beschwerdeführer 13 Verwaltungsübertretungen nach dem LMSVG zur Last gelegt und über ihn eine Geldstrafe von insgesamt EUR 5.200,-- verhängt.

Diese Strafverfügung wurde per Hinterlegung an den Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers zugestellt. Erster Tag der Abholfrist war der 19.02.2016.

Eine Vollstreckbarkeitsbestätigung der belangten Behörde in Bezug auf die Strafverfügung vom 10.02.2016, Zl ****, liegt nicht vor. Es kann daher davon abgesehen werden festzustellen, wann und ob überhaupt eine rechtswirksame Zustellung erfolgt ist.

III.    Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich in unbedenklicher Weise aus dem verwaltungsbehördlichen Akt, dabei insbesondere aus dem im Akt erliegenden Rückschein. Nach Durchsicht des gesamten Aktes konnte nirgends eine Bestätigung der belangten Behörde über die Vollstreckbarkeit der Strafverfügung vom 10.02.2016 gefunden werden.

IV.      Rechtliche Grundlagen:

Die im gegenständlichen Verfahren maßgebende Bestimmung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 – VVG, BGBl Nr 53/1991, idF BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:

§ 3

(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung – EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.

Die im gegenständlichen Verfahren maßgebende Bestimmung der Exekutionsordnung – EO, RGBl Nr 79/1896, idF BGBl I Nr 122/20017, lautet wie folgt:

§ 7

(4) Ist die Bestätigung der Vollstreckbarkeit für einen der im § 1 Z 13, oder im § 3 Absatz 2, des Gesetzes vom 21. Juli 1925, B. G. Bl. Nr. 276, angeführten Exekutionstitel gesetzwidrig oder irrtümlich erteilt worden, so sind Anträge auf Aufhebung der Bestätigung bei jener Stelle anzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist.

V.       Rechtliche Erwägungen:

Zunächst ist festzuhalten, dass gem § 24 Abs 4 VwGV von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der verfahrensrelevante Sachverhalt steht nach Ansicht des erkennenden Gerichtes fest. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erwarten gewesen wäre. Eine Beschränkung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers durch den Entfall der mündlichen Verhandlung war nicht ersichtlich. Da Artikel 6 EMRK dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen stand, durfte die Entscheidung ohne Durchführung einer solchen gefällt werden.

Gemäß § 3 Abs 1 VVG ist die Verpflichtung zu einer Geldleistung in der Weise zu vollstrecken, dass die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlasst. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibender Gläubiger ein. Dabei muss gemäß § 3 Abs 2 VVG der Vollstreckungstitel mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung).

Diese Vollstreckbarkeitsbestätigung wäre allerdings gemäß § 7 Abs 3 EO aufzuheben, wenn sich erweist, dass die Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels zu Unrecht angenommen wurde. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn ein (nicht geheilter) Zustellmangel gegeben ist.

Die Vollstreckbarkeitsbestätigung ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung kein Bescheid, sondern eine bloße Beurkundung ("eine in Form einer Bestätigung ergehende Rechts- und Tatsachenauskunft"). Auch wenn Vollstreckbarkeitsbestätigungen keine Bescheide darstellen (vgl VwGH vom 18.11.1949, 1255/49, VwSlg 1098 A/1949), hat aber der Abspruch über einen Antrag auf Erteilung derselben, wenn deren Ausstellung - im begehrten Umfang - verweigert wird, bescheidmäßig zu erfolgen, weil hiedurch die Rechtsstellung der Parteien für das Vollstreckungsverfahren gestaltet wird (vgl VwGH 30.10.1990, 88/04/0147). Gleichfalls hat die Titelbehörde über Anträge auf Aufhebung einer Bestätigung der Vollstreckbarkeit eines Exekutionstitels mit Bescheid zu entscheiden (vgl VwGH 25.06.1996, 95/09/0215, mit weiteren Nachweisen, 28.03.2000, 99/05/0254 ua).

Der Beschwerdeführer bringt in seinem Rechtsmittel vor, dass diese Strafverfügung niemals zugestellt worden und daher nicht rechtskräftig geworden sei. Deshalb sei die Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben.

Da wie zuvor bereits festgestellt überhaupt keine Vollstreckbarkeitsbestätigung seitens der belangten Behörde erstellt wurde, konnte diese auch nicht aufgehoben oder der Antrag auf Aufhebung abgewiesen werden. Die belangte Behörde hätte daher den Antrag auf Aufhebung als unzulässig zurückweisen müssen, insofern war der Spruch zu korrigieren. Die einzige „Bestätigung“ die dem Akt der belangten Behörde zu entnehmen ist, ist das Schreiben vom 23.05.2016. In dieser wird jedoch lediglich mitgeteilt, dass die Strafverfügung vom 10.02.2016 als rechtsgültig zugestellt angesehen wird. Weder wird damit eine Auskunft oder Bestätigung über die Rechtskraft, noch über die Vollstreckbarkeit erteilt.

Der Vollständigkeit halber darf läutert werden, dass Voraussetzung für eine Vollstreckung ist, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 19.9.1996, Zl 96/07/0081 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Vollstreckbarkeit des Titelbescheides ist grundsätzlich eine Folge der Rechtskraft und tritt somit im Zweifel erst mit dieser gemeinsam ein (vgl VwGH 28.4.1992, Zl 92/08/0078).

Als zu vollstreckender Titel wäre im gegenständlichen Verfahren die Strafverfügung der belangten Behörde vom 10.02.2016, Zl **** anzusehen.

Der Beschwerdeführer bringt in seinem Rechtsmittel vor, dass diese Strafverfügung niemals zugestellt worden und daher nicht rechtskräftig sei. Deshalb sei die Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben. Auch die belangte Behörde geht bei der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides nur darauf ein, dass sie die Strafverfügung als rechtswirksam zugestellt erachtet.

Sowohl die belangte Behörde wie auch der Beschwerdeführer konzentrierten sich auf die Frage, ob die Strafverfügung vom 10.02.2016 dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß zugestellt wurde. Diese Frage hat für das gegenständliche Verfahren jedoch keinerlei Relevanz, sondern alleine die Frage, ob überhaupt eine Vollstreckbarkeitsbestätigung vorliegt, was, wie bereits dargelegt, nicht der Fall ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Linda Wieser

(Richterin)

Schlagworte

Vollstreckbarkeitsbestätigung; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2016.46.1874.3

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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