TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/7 405-4/1526/1/11-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.11.2017
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Entscheidungsdatum

07.11.2017

Index

90/02 Führerscheingesetz
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

FSG 1997 §24 Abs1
FSG 1997 §26 Abs2 Z6
FSG 1997 §7 Abs4
StVO 1960 §99 Abs1a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch den Richter Mag. Thomas Thaller über die Beschwerde von Frau MR, ..., vertreten durch die N. Rechtsanwälte OG, …, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 30.8.2017, Zahl xxxxx,

zu R e c h t:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass in Spruchteil I. die Entziehungsdauer der Lenkberechtigung auf 9 Monate, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides am 19.7.2017, verlängert wird. Die Entziehung endet somit frühestens mit 19.4.2018, nicht jedoch vor Befolgung der zu Spruchteil II. verfügten sonstigen Anordnung.

Gegen dieses Erkenntnis ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Sachverhalt und Verfahrensgang:

Die 1967 geborene Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer Lenkberechtigung für die Klasse B.

Am 28.6.2017 lenkte die Beschwerdeführerin zunächst von ca. 21:25 Uhr bis 21.40 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (mit umgerechnet 1,32 Promille Blutalkoholgehalt) ein Kraftfahrzeug von in X., … (ihrem Hauptwohnsitz), nach Y. zum Hotel Restaurant K., wo sie etwas essen wollte. Nach einer Auseinandersetzung mit einem Gast, der gesehen haben will, wie sie beim Einparken gegenüber dem Hotel Restaurant in der D.straße 6 ein weiteres Kraftfahrzeug beschädigt habe und ihr ankündigte die Polizei zu verständigen, stieg sie gegen 21.45/21.50 Uhr erneut in ihr Kraftfahrzeug und lenkte es nach X. zu ihrem Wohnsitz zurück. Zu diesem Zeitpunkt wies sie noch immer einen umgerechneten Blutalkoholgehalt von mehr als 1,2 Promille auf. Sie traf nach 15-minütiger Fahrt kurz nach 22.00 Uhr in X. ein und begab sich ins Museum. Kurz danach entschloss sie sich wieder zurück nach Y. zur Polizei zu fahren, um dort den Sachverhalt zum ihr vorgeworfenen Verkehrsunfall aus ihrer Sicht persönlich darzulegen. Sie nahm dann ihr Kraftfahrzeug zum dritten Mal in Betrieb und lenkte es wieder von X. zurück nach Y. zur dortigen Polizeiinspektion, …. Sie traf dort gegen 22:30 Uhr ein. Um 22.35 Uhr führte ein Polizeibeamter der PI Y. bei ihr einen Alkoholvortest durch, der ein positives Ergebnis erbrachte. Sie wurde daraufhin zum regulären Alkomattest aufgefordert, der vom Polizeibeamten am geeichten und überprüften Alkomaten der Sektorstreife durchgeführt wurde. Der nach Ablauf der vorgesehen Wartezeit mit zwei gültigen Messungen vom Polizeibeamten ordnungsgemäß durchgeführte Alkomattest ergab bei ihr um 22:54 Uhr einen Atemluftalkoholgehalt von 0,57 mg/l (geringerer Wert der beiden Messungen - entspricht 1,14 Promille Blutalkohol). Der Beamte untersagte daraufhin der Beschwerdeführerin, die ihren Führerschein nicht mithatte, die Weiterfahrt. Sie verbrachte die Nacht in ihrem Fahrzeug vor der Polizeiinspektion. Um 6:30 Uhr des folgenden Tages machte sie einen erneuten Alkotest, der bei ihr ein negatives Ergebnis mit 0,0 mg/l erbrachte. Sie fuhr daraufhin mit ihrem Kraftfahrzeug weiter nach Linz.

Mit Vorstellungserledigung vom 30.8.2017 entzog die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (im Folgenden: belangte Behörde) der Beschwerdeführerin in Spruchteil I. die Lenkberechtigung ab Zustellung des Mandatsbescheides am 19.7.2017 auf die Dauer von 6 Monaten. Gleichzeitig ordnete sie in Spruchteil II. an, dass sie bis zum Ablauf der Entziehungsdauer auf eigene Kosten eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren habe. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde in Spruchteil III. ausgeschlossen. Die belangte Behörde bestätigte damit vollinhaltlich ihren Mandatsbescheid vom 11.7.2017.

Gegen diesen Entziehungsbescheid brachte die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter eine fristgerechte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) ein.

Sie monierte darin Feststellungsmängel und eine Verletzung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde. Sie bestreite, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht zu haben. Bei dem zur Untersuchung der Atemluft verwendeten Messgerät handle es sich um kein im Gesetz genanntes zulässiges Gerät zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt, weshalb die gesamte Messung unzulässig sei. Die von ihr konsumierte Trinkmenge stimme nicht mit dem Messergebnis der Atemluftmessung überein und bestreite sie die Angaben in der Anzeige, dass sie einen Nachtrunk verneint habe.

Nach Vorlage der Beschwerde führte das Verwaltungsgericht am 23.10.2017 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Die Beschwerdeführerin wurde zum Sachverhalt befragt und der anzeigende Polizeibeamte der PI Y. als Zeuge einvernommen. Der vom Zeugen übermittelt Überprüfungsbericht des verwendeten Alkomaten sowie das vom Beschwerdeführervertreter vorgelegte kfz-technische Gutachten zu den Beschädigungen an den beteiligten Fahrzeugen wurden verlesen. Der vom Verwaltungsgericht beigezogene medizinische Amtssachverständige gab eine gutachterliche Stellungnahme mit einer Rückrechnung des Alkoholgehaltes bei der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer ersten Alkoholfahrt durch. Der Beschwerdeführervertreter beantragte unter Hinweis auf eine zwischenzeitlich erfolgte Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem alkoholisierten Zustand von 0,57 mg/l Atemluftalkoholgehalt die Beischaffung des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck.

Das Verwaltungsgericht ließ sich von der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde das vom Beschwerdeführervertreter beantragte Straferkenntnis übermitteln. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck legte darin mit (nicht rechtskräftigem) Straferkenntnis vom 9.10.2017 der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit ihrer ersten Fahrt am 28.6.2017 (Tatzeit: 21:30 Uhr, Tatort: Gemeinde Y., D.straße 6) zur Last, ihr Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, wobei der Test am geeichten Alkomaten einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,57 mg/l ergeben habe. Sie habe dadurch eine Übertretung des § 99 Abs 1b StVO iVm § 5 Abs 1 StVO begangen.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck übermittelte dem Verwaltungsgericht auch eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.10.2017, worin sie der Beschwerdeführerin auch im Zusammenhang mit ihrer dritten Fahrt am 28.6.2017 (von X. bis zur Polizeiinspektion Y., vorgeworfene Tatzeit: kurz nach 22:00 Uhr) eine weitere Übertretung des § 5 Abs 1 StVO iVm § 99 Abs 1b StVO zur Last legte.

Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Sachverhalt und Verfahrensgang stützen sich auf die vorliegende Aktenlage (insbesondere die im Führerscheinakt der belangten Behörde aufliegende Anzeige der Polizeiinspektion Y.), das Ergebnis der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 23.10.2017 (die Angaben der Beschwerdeführerin, die glaubwürdige Zeugenaussage des meldungslegenden Polizeibeamten und die gutachterliche Stellungnahme des vom Verwaltungsgericht beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen zum Grad der Alkoholisierung der Beschwerdeführerin im Lenkzeitpunkt) und die im Beschwerdeverfahren vorgelegten und eingeholten Unterlagen (den vom Meldungsleger übermittelten Überprüfungsbericht des verwendeten Alkomaten, das vom Beschwerdeführervertreter vorgelegte kfz-technische Sachverständigengutachten zu den Beschädigungen der Fahrzeuge, die von der Verwaltungsstrafbehörde übermittelten Unterlagen zu den Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschwerdeführerin).

Nach den Angaben der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass sie am 28.6.2017 jeweils nach Beendigung der vorherigen Fahrt und Verstreichen einer kurzen Zeitspanne drei voneinander getrennte Fahrten mit ihrem Kraftfahrzeug durchführte (zuerst von X. nach Y. zum Hotel Restaurant K.- erste Fahrt, kurze Zeit später wieder von Y. zurück nach X. - zweite Fahrt und kurz danach wieder von X. zurück nach Y. zur Polizeiinspektion- dritte Fahrt).

Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass sie bei diesen Fahrten ihr Kraftfahrzeug jeweils in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkte.

Die Feststellungen zum Ausmaß der Alkoholisierung der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der aktenkundigen Alkomatmessung laut aufliegendem Messprotokoll und dem Ergebnis der vom Verwaltungsgericht veranlassten Rückrechnung ihres Alkoholisierungsgrades durch einen medizinischen Amtssachverständigen. Das Verwaltungsgericht hat keine Gründe die ordnungsgemäße Durchführung der gegenständlichen Alkomatmessung bei der Beschwerdeführerin in Zweifel zu ziehen. Der Überprüfungsbefund des geeichten Alkomaten wurde vom Polizeibeamten vorgelegt und gab dieser glaubwürdig an, die vorgesehene Wartezeit bis zur Messung (mit zwei gültigen Messversuchen) eingehalten zu haben. Das Verwaltungsgericht nimmt daher als erwiesen an, dass die Beschwerdeführerin um 22:54 Uhr einen Atemluftalkoholgehalt von 0,57 mg/l (entspricht 1,14 Promille Blutalkoholgehalt) aufgewiesen hat. Der beigezogene medizinische Amtssachverständige führte dazu (unter Berücksichtigung der Angaben der Beschwerdeführerin) eine Rückrechnung durch, die eine Alkoholisierung zum Zeitpunkt ihrer ersten Fahrt (von X. nach Y., wo sie gegen 21:40 Uhr ankam) von zumindest 1,32 Promille umgerechneter Blutalkoholgehalt ergab. Unter Heranziehung des vom medizinischen Amtssachverständigen bei der Beschwerdeführerin angenommenen stündlichen Alkoholabbauwerts von 0,15 Promille geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass sie bei ihrer zweiten Alkoholfahrt von Y. nach X., die etwa eine Stunde vor der Alkomatmessung stattfand, immer noch einen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Promille Blutalkohol aufwies.

Der von der Beschwerdeführerin erstmals in der Beschwerdeverhandlung vorgebrachten Nachtrunkbehauptung - sie brachte vor, kurz nach ihrer zweiten Fahrt von Y. nach X. im Museum in X. noch Alkohol in einer unbestimmten Menge konsumiert zu haben - wird dagegen kein Glauben geschenkt. Im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes ist nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur dem Umstand Bedeutung beizumessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat. In Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes ist davon auszugehen, dass auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit (von sich aus) hingewiesen wird, wobei die Menge des so konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und zu beweisen ist (vgl. VwGH 19.12.2005, 2002/03/0287; 27.2.2007, 2007/02/0018 mwN). Die Beschwerdeführerin wurde bei der Amtshandlung vom Meldungsleger zum Zeitpunkt ihres letzten Alkoholkonsums befragt. Sie gab dabei einen vor ihrer ersten Fahrt gelegenen Zeitpunkt an, ein Nachtrunk wurde von ihr damals unbestritten nicht erwähnt.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer ersten Fahrt in Y. einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet habe, konnte im Hinblick auf das vom Beschwerdeführervertreter (zu den im Polizeiprotokoll festgehaltenen Schäden) vorgelegte kfz-technische Sachverständigengutachten nicht mehr getroffen werden.

rechtliche Beurteilung:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG) idgF. lauten (auszugsweise):

Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.  die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.  sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1.  ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15.

Sonderfälle der Entziehung

§ 26. (1) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. …

(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

4.  erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen,

6.  ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens acht Monate zu entziehen.

Liegen, wie im vorliegenden Sachverhalt, drei voneinander getrennte Fahrten vor, deren Antritt (nach Beendigung der vorherigen Fahrt und Verstreichen einer wenn auch relativ kurzen Zeitspanne) jedesmal einen neuen Willensentschluss voraussetzte und wurden bei diesen Fahrten jeweils Alkoholdelikte (hier gemäß § 99 Abs 1a und 1b StVO) gesetzt, so wurde jede dieser Taten einzeln, wurden also drei Taten begangen (VwGH 16.6.2003, 2003/02/0115 mwN).

Im vorliegenden Sachverhalt wurde über die Beschwerdeführerin bislang nur hinsichtlich ihrer ersten Alkoholfahrt am 28.6.2017 um 21:30 Uhr mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 9.10.2017 erstinstanzlich eine Geldstrafe wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1b iVm § 5 Abs 1 StVO (noch nicht rechtskräftig) verhängt, wobei die Verwaltungsstrafbehörde den ca. 1 Stunde und 15 Minuten nach dem Lenken bei der Beschwerdeführerin gemessenen Atemluftalkoholwert (umgerechnet 1,14 Promille Blutalkoholgehalt) ohne Berücksichtigung des Alkoholabbauwertes heranzog.

Die vom Verwaltungsgericht im Lenkberechtigungsentziehungsverfahren veranlasste durch einen medizinischen Amtssachverständigen unter Berücksichtigung des zeitlichen Abbauwertes durchgeführte Rückrechnung ergab dagegen tatsächlich eine höhere Alkoholisierung der Beschwerdeführerin im Lenkzeitpunkt ihrer ersten Alkoholfahrt von 1,32 Promille Blutalkoholgehalt.

Durch eine (rechtskräftige) Entscheidung der Strafbehörde wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1b iVm § 5 Abs 1 StVO steht für die Entziehungsbehörde (und damit auch für das Verwaltungsgericht) zwar bindend fest, dass die Bestrafte ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, obwohl der Alkoholgehalt ihres Blutes 0,8 Promille oder mehr (bzw. der Alkoholgehalt ihrer Atemluft 0,4 mg/l oder mehr) betragen hat. Allerdings besteht eine Bindung der Entziehungsbehörde (und damit nunmehr auch des Verwaltungsgerichts) auf Grund des Straferkenntnisses nur in Ansehung eines Alkoholisierungsgrades von zumindest "0,8 Promille oder darüber". Die entsprechend begründete Annahme eines höheren (auch über den Strafrahmen des § 99 Abs 1b StVO hinausgehenden) tatsächlichen Alkoholisierungsgrades aufgrund eigener Ermittlungen der Entziehungsbehörde (und damit auch des Verwaltungsgerichtes) ist dagegen von der Bindungswirkung der Strafentscheidung nicht umfasst (vgl. VwGH 21.4.2016, Ra 2016/11/0039 mwN).

Nach den st ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer ersten und bei ihrer zweiten Alkoholfahrt (erste und zweite Tat) jeweils eine Übertretung des § 99 Abs 1a StVO und bei ihrer dritten Alkoholfahrt (dritte Tat) zumindest eine Übertretung des § 99 Abs 1b StVO begangen hat.

Für sie trifft daher der Sonderentziehungsfall des § 26 Abs 2 Z 6 FSG zu, der bei Begehung eines Delikts gemäß § 99 Abs 1a StVO innerhalb von 5 Jahren ab der Begehung eines Delikts gemäß § 99 Abs 1a StVO eine Mindestentziehungsdauer der Lenkberechtigung von acht Monaten festlegt. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Sachverhalt von der Beschwerdeführerin noch ein drittes Delikt gemäß § 99 Abs 1b StVO begangen wurde.

Nach der höchstgerichtlichen Judikatur (VwGH 20.2.2013, 2012/11/0005 mwN) stehen die in § 26 Abs 1 und 2 FSG normierten Mindestentziehungszeiten dem Ausspruch einer Entziehung für einen längeren Zeitraum dann nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen.

Dieser als zusätzlich verwerflich im Sinne des § 7 Abs 4 FSG zu wertende Umstand liegt im vorliegenden Sachverhalt durch das erwähnte dritte Alkoholdelikt der Beschwerdeführerin vor, welches nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes die Verlängerung der Mindestentziehungszeit der Lenkberechtigung um jedenfalls einen Monat rechtfertigt.

Die Verlängerung der Entziehungsdauer durch das Verwaltungsgericht ist zulässig, da es sich bei der Entziehung der Lenkberechtigung um keine Strafe, sondern um eine Sicherungsmaßnahme handelt (VwGH 27.4.2015, Ra 2015/11/0011 mwN). Das im Verwaltungsstrafverfahren bestehende Verschlechterungsverbot gilt somit nicht für die Festlegung der Entziehungsdauer der Lenkberechtigung.

Im Ergebnis kann die Beschwerdeführerin somit mit dem Wegfall des von der belangten Behörde für die Bemessung der Entziehungsdauer als erschwerend gewerteten verschuldeten Verkehrsunfalls der Beschwerdeführerin nichts gewinnen.

Zusammenfassend erachtet das Verwaltungsgericht bei Wertung der vorliegenden bestimmten Tatsachen gemäß § 7 Abs 3 Z 1 FSG (Begehung dreier Delikte gemäß § 99 Abs 1a und 1b StVO innerhalb eines kurzen Zeitraumes) die Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit der Beschwerdeführerin in der Dauer von 9 Monaten ab Erlassung des Mandatsbescheides (das sind knapp 10 Monate ab dem Zeitpunkt der Alkoholfahrten) für gegeben.

Der Beschwerde ist daher keine Folge zu geben und die Entziehungsdauer der Lenkberechtigung entsprechend neu festzulegen.

Die ohne nähere Begründung mit der Beschwerde ebenfalls bekämpfte Anordnung in Spruchteil II. (Nachschulung für alkoholauffällige Lenker) ist schon aufgrund der zitierten zwingenden gesetzlichen Vorgabe in § 24 Abs 3 zweiter Satz FSG zu bestätigen.

Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. 2003/02/0115 zur Beurteilung getrennter Alkoholfahrten als jeweils eigene Taten, Ra 2016/11/0039 zur Bindungswirkung von Entscheidungen der Strafbehörde im Entziehungsverfahren, 2012/11/0005 zum Ausspruch einer über der Mindestentziehungszeit liegenden Entziehungsdauer, Ra 2015/11/0011 zum Charakter der Entziehung als Sicherungsmaßnahme). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Lenkberechtigung, mehrere voneinander getrennte Autofahrten, kurzer Zeitraum, mehrere Delikte, Bindungswirkung, Strafentscheidung, Alkoholisierungsgrad, Entziehungsdauer, Wertung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2017:405.4.1526.1.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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