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90/01 StraßenverkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Zurückweisung des Individualantrags eines Bürgerforums und eines Anrainers auf Aufhebung einer Verordnung betr die Aufhebung eines LKW-Fahrverbotes mangels Legitimation; keine Rechtsfähigkeit des Bürgerforums und keine Einräumung subjektiver Rechte durch die StVO; keine Legitimation des Zweitantragstellers mangels (Darlegung) eines unmittelbaren und aktuellen Eingriffs in seine RechtssphäreSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller, ein "Bürgerforum" sowie ein Anrainer der B 70, die "Aufhebung der VO vom 30.06.2004, KL6-STVO-1088/5-2004 bzw. VO vom 20.10.2006 KL6-STVO-1088/2004(006/2006), für den Abschnitt Dolina – Wabelsdorf (Packer Straße) mit der ein LKW-Fahrverbot für 'Lastkraftfahrzeuge mit über 7,5 t Gesamtgewicht' ausgenommen Anrainer- und Zustellverkehr".
Die Antragsteller führen aus, dass mit Verordnung des Bezirkshauptmannes von Klagenfurt vom 30. Juni 2004, KL6-STVO-1088/5-2004, bzw. Verordnung vom 20. Oktober 2006, KL6-STVO-1088/2004(006/2006), für die B 70 Packer Straße ein LKW-Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit über 7,5 t Gesamtgewicht, ausgenommen Anrainer- und Zustellverkehr, erlassen worden sei. Auf Grund des 2014 aufgehobenen Fahrverbotes sei die B 70 Packer Straße zur Hauptverkehrsachse für Kärnten für den östlichen Landesbereich ausgehend von der Landeshauptstadt Klagenfurt geworden. Das der Aufhebung des Fahrverbotes vorangegangene Gutachten sei inhaltlich unrichtig, zumal die vorgesehene Interessenabwägung nicht vorgenommen worden sei.
II. Rechtslage
1. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 20. Oktober 2006, KL6-STVO-1088/2004(006/2006), mit welcher auf der B 70 Packer Straße (Abschnitt Dolina – Wabelsdorf) im Bereich der Marktgemeinde Grafenstein straßenpolizeiliche Maßnahmen verfügt werden, lautete wie folgt (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"Gemäß §§43 und 44 in Verbindung mit §94 b der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960, BGBl Nr 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 152/2006, wird verordnet:
§1
? Für die B 70 Packer Straße wird von Straßenkilometer 138,915 bis Straßenkilometer 134,583 ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t Gesamtgewicht mit der Zusatztafel 'ausgenommen Anrainer- und Zustellverkehr' verfügt.
Das Straßenbauamt Klagenfurt hat für die Aufstellung der Verkehrszeichen Sorge zu tragen.
§2
Diese Verordnung tritt gemäß §44 leg. cit. mit der Aufstellung der Verkehrszeichen gemäß §52 Z7a leg. cit. 'FAHRVERBOT FÜR LASTKRAFTFAHRZEUGE' mit über 7,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht und einer Zusatztafel 'ausgenommen Anrainer- und Zustellverkehr' in Kraft.
§3
Mit in Kraft treten dieser Verordnung tritt die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 30.06.2004, Zahl: KL-STVO-1088/5-2004, außer Kraft.
§4
Übertretungen werden gemäß §99 Abs.2 und 3 leg.cit. idgF geahndet."
2. Diese Verordnung wurde mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land vom 17. August 2014, KL6-STVO-1088/2004(012/2014) aufgehoben:
"VERORDNUNG
der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land, mit welcher gemäß §43 in Verbindung mit §94 b der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960, BGBl Nr 159/1960, in der geltenden Fassung, die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 20.10.2006, Zahl: KL6-STVO-1088/2004(006/2006), betreffend Erlassung eines Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t Gesamtgewicht mit der Zusatztafel 'ausgenommen Anrainer- und Zustellverkehr' für die B 70 Packer Straße von Straßenkilometer 138,915 bis Straßenkilometer 134,583 aufgehoben wird."
3. §43 des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl 159 idF BGBl I 39/2013, lautet wie folgt:
"§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.
(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung
a) […]
b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,
1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,
2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;
[c) – d) …]
(1a) […]
(2) Zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe, hat die Behörde, wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist, durch Verordnung
a) für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken für alle oder für bestimmte Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen dauernde oder zeitweise Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen,
b) zu bestimmen, daß mit bestimmten Arten von Fahrzeugen oder mit Fahrzeugen mit bestimmten Ladungen nur bestimmte Straßen oder bestimmte Arten von Straßen befahren werden dürfen (Routenbindung) oder
c) zu bestimmen, daß in bestimmten Gebieten oder auf bestimmten Straßen Vorrichtungen zur Abgabe von Schallzeichen nicht betätigt werden dürfen, es sei denn, daß ein solches Zeichen das einzige Mittel ist, um Gefahren von Personen abzuwenden (Hupverbot).
Bei der Erlassung solcher Verordnungen ist einerseits auf den angestrebten Zweck und andererseits auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse Bedacht zu nehmen.
[(2a) – (11) …]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die Antragsteller führen zu ihrer Antragslegitimation Folgendes aus:
"Die Erstbeschwerdeführerin, also die darin versammelten Bürgerinnen und Bürger[,] setzt sich aus direkten Anrainern der B70 Packer Straße, von ca. km 135,0 bis ca. km 139,0 (von Greuth bis AST Grafenstein/Dolina) zusammen. Die Bürger im Bereich zwischen AST Völkermarkt West und Bettlerkreuz sind durch das LKW-Fahrverbot ebenfalls entlastet gewesen. Der Erstbeschwerdeführer […] [wohl gemeint: Zweitantragsteller] wohnt im betroffenen Bereich und ist daher genauso wie die Zweitbeschwerdeführerin [wohl gemeint: Erstantragstellerin] von der Aufhebung des LKW-Fahrverbotes unmittelbar betroffen."
Die aktuelle Betroffenheit in einer Rechtsposition, die Unzumutbarkeit der Erlangung eines Urteils bzw. eines Bescheids sowie besondere Umstände, die es erlauben würden, einen aktuellen Eingriff in eine rechtlich geschützte Interessenssphäre des Antragsstellers anzunehmen, ergäben sich "aus dem Schutznormcharakter des gegenständlichen Fahrverbotes zugunsten der Anrainer der Liegenschaften entlang des betroffenen Straßenabschnittes". Die unmittelbare Betroffenheit ergebe sich aus der
"- Wertminderung der Grundstücke,
- Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit durch permanente Lärmbelästigung,
- verminderten Lebensqualität durch erhöhte Abgaswerte/Verkehrsbelastung,
- Gefahr der körperlichen Sicherheit für ältere Menschen und Kinder.
- Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs,
- Lage, Widmung, Pflege, Reinigung und Beschaffenheit der Straße,
sowie
- Lage, Widmung und Beschaffenheit an der Straße gelegene[r] Gebäude oder Gebiete, sowie
- Sicherheit der Gebäude und Gebiete und/oder der Personen, die sich dort aufhalten."
2. Die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land legte die Verordnungsakten vor, gab eine Äußerung ab und führt darin Näheres zum Grund der Aufhebung des Fahrverbotes sowie zum vorangegangenen Ermittlungsverfahren aus, äußert sich zur Frage der Zulässigkeit des Individualantrages hingegen nicht näher. Festgehalten wird jedoch, dass die gebotene Interessenabwägung auf Grundlage eines schlüssigen und nachvollziehbaren verkehrstechnischen Gutachtens nach einem Anhörungs- und Ermittlungsverfahren erfolgt sei und nach Durchsicht des Gesamtaktes und in Absprache mit der Behördenleitung die Aufhebungsverordnung ergangen sei. Anrainer hätten in der Straßenverkehrsordnung keine Parteistellung und seien daher auch nicht zu befragen gewesen.
3. Die Kärntner Landesregierung legte ebenfalls Verordnungsakten vor, sah jedoch von der Erstattung einer Äußerung ab.
IV. Erwägungen zur Zulässigkeit des Antrages
1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).
2. Als Erstantragstellerin tritt das "Bürgerforum 'Leben an der B 70' " auf. Laut Antrag handelt es sich dabei um "die darin versammelten Bürgerinnen und Bürger" und es "setzt sich aus direkten Anrainern der B 70 Packer Straße, von ca. km 135,0 bis ca. km 139,0 (von Greuth bis AST Grafenstein/Dolina)" zusammen. Nach Aufforderung durch den Verfassungsgerichtshof vom 30. August 2017 gab der Rechtsvertreter der Antragsteller bekannt, dass es sich bei dem "Bürgerforum" lediglich um eine "Versammlung betroffener Anrainer" handle und keine "Organisation in Form des Gesellschafts- oder Vereinsrechts" bestehe.
2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes (VfSlg 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002, 16.426/2002, 17.808/2006) setzt die Individualantragsbefugnis zwingend voraus, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift und sie – im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.
2.2. Zur Antragstellung nach Art139 Abs1 Z3 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof ist nur eine Person im Rechtssinn – sei es eine physische oder juristische Person – ermächtigt. Davon ausgehend, dass als juristische Person jeder von der Rechtsordnung anerkannte Träger von Rechten und Pflichten außer dem Menschen anzusehen ist, ergibt sich die Qualität und die Rechtsfähigkeit als juristische Person "aus den Einzelbestimmungen der Rechtsordnung, die, wie die Untersuchung der juristischen Personen auf den ersten Blick zeigt, die Rechte und Pflichten der juristischen Personen durchaus verschieden regelt. [...] Billigt die Rechtsordnung einem außermenschlichen Gebilde auch nur ein einziges Recht zu, dann ist eine juristische Person geschaffen, die dieses Recht, allerdings auch nur dieses Recht, mit allen rechtlichen Mitteln verteidigen kann" (VfSlg 3193/1957). Diese Einsicht hat der Gerichtshof in seiner Judikatur zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts weiter verfestigt (vgl. VfSlg 4099/1961, 13.818/1994, 14.927/1997; vgl. auch VfSlg 17.389/2004 zur Rechtsstellung der Bürgerinitiativen iSd §19 Abs4 UVP-G 2000).
2.3. Für die Antragslegitimation ist es notwendig, dass vom Gesetzgeber "echte subjektive Rechte" (so VfSlg 3193/1957) begründet werden, deren Durchsetzung der Gesetzgeber einer Personengruppe zu deren rechtlichem Schutz gewährleistet. In diesem Sinn setzt die Begründung subjektiver Rechte voraus, dass sich eine Personengruppe auf eine gesetzliche Regelung berufen kann, die nicht nur öffentlichen Interessen, sondern auch dem Schutz der Interessen der betroffenen Personengruppe zu dienen bestimmt ist (vgl. VfSlg 17.389/2004).
2.4. Die Erstantragstellerin vermochte nicht darzulegen, dass ihr durch die Rechtsordnung generell Rechtsfähigkeit zuerkannt wurde (vgl. zB VfGH 11.3.2014, B1577/2012) und daher der Eingriff in die Rechtssphäre zumindest abstrakt möglich wäre.
2.5. Ein subjektives Recht für ein "Bürgerforum" lässt sich auch nicht aus den in Betracht kommenden Vorschriften der StVO 1960 ableiten: Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, räumt "keine Vorschrift der StVO einer Einzelperson ein subjektives Recht auf Erlassung einer straßenpolizeilichen Anordnung ein[…]"; "die Erlassung der (durch Straßenverkehrszeichen kundzumachenden) V im engeren (die Kundmachung nicht mitumfassenden) Sinn [ist] in der StVO abschließend geregelt" (zum Antrag auf Erlassung einer neuen straßenpolizeilichen Verordnung und deren Kundmachung durch zweisprachige Straßenverkehrszeichen vgl. VfSlg 10.209/1984, 17.416/2004; vgl. auch VfSlg 17.808/2006; sowie zur fehlenden Antragslegitimation einer Bürgerinitiative nach dem UVP-G 2000 unter Bezugnahme auf Art9 Abs3 Aarhus-Konvention: VfGH 14.12.2016, V87/2014 mwN). Dies gilt jedenfalls auch für die Erlassung bzw. Aufhebung eines Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge.
2.6. Der Antrag der Erstantragstellerin war sohin mangels Legitimation zurückzuweisen.
3. Nach §57 Abs1 VfGG muss der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Ein Antrag, der sich gegen den ganzen Inhalt einer Verordnung richtet, muss die Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit aller Bestimmungen der Verordnung "im Einzelnen" darlegen und dabei insbesondere dartun, inwieweit alle angefochtenen Verordnungsregelungen unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen. Anträge, die diesem Erfordernis nicht entsprechen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht (im Sinne von §18 VfGG) verbesserungsfähig, sondern als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg 19.585/2011, 19.954/2015 jeweils mwN; VfGH 13.9.2013, V56/2013).
3.1. Der Zweitantragsteller leitet seine Antragslegitimation (soweit diese überhaupt begründet wird) in Zusammenschau des gesamten Antragsvorbringens wohl vorrangig aus seiner Stellung als "Anrainer" "in der Umgebung der B 70" ab. Er differenziert jedoch im Hinblick auf das bloß stichwortartige und nicht näher konkretisierte Vorbringen nicht, in welcher Funktion (zB als bloßer Fußgänger, als Eigentümer eines an der Straße gelegenen Grundstückes und Anwohner der Straße, als älterer Mensch, als Angehöriger von potentiell durch den vermehrten Verkehr mit Lastkraftfahrzeugen gefährdeten Personen) er betroffen zu sein glaubt. Vielmehr erschöpft sich die Begründung der Antragslegitimation in dem Hinweis auf die Anrainerstellung und auf die Aufzählung verschiedener Rechtsbegriffe, ohne diese im Einzelnen auf seine Eigenschaft als "im betroffenen Bereich" "B 70 Packer Straße, von ca. km 135,0 bis ca. 139,0 (von Greuth bis AST Grafenstein/Dolina)" wohnender "Anrainer" näher zu spezifizieren. Damit hat der Zweitantragsteller jedoch nicht dargetan, durch den gesamten Inhalt der Verordnung in seiner Rechtssphäre unmittelbar und aktuell betroffen zu sein (vgl. VfSlg 12.449/1990, 19.954/2015; VfGH 25.11.2016, G197/2016, V32/2016).
3.2. Der Antrag ist daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen.
3.3. Selbst bei hinreichender Darlegung der Bedenken im Einzelnen iSd §57 VfGG wäre im Übrigen eine Legitimation des Zweitantragstellers iSd Art139 Abs1 Z3 B-VG nicht gegeben: Mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist das Vorbringen nicht geeignet, eine aktuelle Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen des Zweitantragstellers darzulegen (vgl. zB VfSlg 8670/1979, 17.871/2006 mwN). Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Aufhebung des an die Verkehrsteilnehmer gerichteten sektoralen Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge den Zweitantragsteller möglicherweise härter trifft als andere Anrainer. Es besteht jedoch keine Norm, die dieser besonderen Betroffenheit im Rechtsbereich Anerkennung verschaffen würde (vgl. bereits Punkt IV.2.5.). Die Aufhebung der Verkehrsbeschränkung richtet sich an die Straßenverkehrsteilnehmer, genauer gesagt an Fahrer von Lastkraftfahrzeugen; die Anrainer sind jedoch als solche nicht Adressaten der Norm (vgl. VfSlg 8757/1980, 9309/1981, 10.096/1984, 10.491/1985, 11.623/1988, 16.364/2001, 17.871/2006, 18.165/2007; zur fehlenden Adressateneigenschaft vgl. auch VfSlg 14.321/1995, 15.665/1999 mwN, 16.140/2001, 19.349/2011). Selbst unter der Annahme, dass der Antrag auch mit der Stellung des Zweitantragstellers als Verkehrsteilnehmer begründet worden ist, genießt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das Interesse an der Teilnahme am Gemeingebrauch einer Straße, also an der Teilnahme am öffentlichen Verkehr auf öffentlichen Straßen, rechtlichen Schutz nur in dem Rahmen, der diesem Gemeingebrauch jeweils allgemein gezogen ist (vgl. VfSlg 9309/1979, 10.096/1984, 13.173/1992, 15.871/2000, 17.703/2005 mwN, 18.165/2007, 18.211/2007). Weder das Eigentums- noch ein sonstiges Recht in Bezug auf den Standort ihrer Liegenschaft, noch eine baurechtliche oder auf sonstige Weise die Stellung von Anliegern regelnde Vorschrift räumt dem Zweitantragsteller eine Rechtsposition ein, die durch die Aufhebung des verordneten Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge berührt wird (vgl. zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines – aktuellen – Rechtseingriffes zB VfSlg 9721/1983, 11.623/1988, 12.893/1991). Die hinsichtlich der Wertminderung des Grundstückes, der raumordnungsrechtlichen Widmung sowie der "Lage, Widmung, Pflege, Reinigung und Beschaffenheit der an der Straße gelegenen Gebäude oder Gebiete" und sonstigen vorgebrachten Auswirkungen erweisen sich aus der Position des Zweitantragstellers als bloß faktische Reflexwirkungen einer an die Verkehrsteilnehmer gerichteten Norm (so schon VfSlg 8060/1977, vgl. auch VfSlg 8670/1979, 8757/1980, 10.302/1984, 10.491/1985, 11.623/1988, 16.364/2001, 16.731/2002).
3.4. Da keine Rechtsvorschrift dem Antragsteller eine Rechtsposition einräumt, eine solche damit durch die bekämpfte Verordnung nicht berührt wird, fehlt ihm die Legitimation zur Anfechtung dieser Verordnung (vgl. in diesem Zusammenhang bereits VfSlg 8670/1979, 8757/1980, 10.491/1985, 11.623/1988, 18.165/2007).
3.5. Der Antrag ist daher mangels Legitimation des Zweitantragstellers zurückzuweisen.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass zu prüfen ist, ob seiner meritorischen Erledigung noch weitere Prozesshindernisse entgegenstehen.
2. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Straßenpolizei, Fahrverbot, Rechte subjektive, Rechtspersönlichkeit, Rechts- und Handlungsfähigkeit, VfGH / Legitimation, VfGH / FormerfordernisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2017:V93.2017Zuletzt aktualisiert am
28.11.2017