Norm
§3 Z7 GlBG iVm §6a Abs4 AÜG in eventu §3 Z1 GlBG iVm §13 GlBG, §6 Abs1 Z2 GlBG iVm §6 Abs3 AÜG, §6 Abs1 Z3 GlBGDiskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Beendigung des Arbeitsverhältnisses in eventu Begründung des Arbeitsverhältnisses, mangelnde Abhilfe, sexuelle Belästigung durch DrittenText
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 22. August 2017 über den am 24. Oktober 2014 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für Frau A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) durch Herrn B (2. Antragsgegner) sowie durch schuldhaftes Unterlassen des/der ArbeitgeberIn gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG iVm § 6 Abs. 3 AÜG (BGBl. Nr. 196/1988 idF ) im Falle einer sexueller Belästigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessenen Abhilfe zu schaffen, und durch eine Diskriminierung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG iVm § 6a Abs. 4 AÜG in eventu bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG durch X (1. Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/582/14, zu folgendem
Prüfungsergebnis
1. Frau A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn B diskriminiert worden.
2. Frau A ist aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen der im Falle sexueller Belästigung durch Dritte angemessenen Abhilfe gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG durch X diskriminiert worden.
3. Frau A ist nicht aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG iVm § 6a Abs. 4 AÜG durch X diskriminiert worden ist.
4. Frau A ist aufgrund des Geschlechtes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG iVm § 13 GlBG durch X diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
Prüfungsgrundlagen
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegner sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von Frau C (informierte Vertreterin der 1. Antragsgegnerin) vom 30. Mai 2017 sowie des 2. Antragsgegners vom 9. August 2017. Als weitere Auskunftspersonen wurden Frau Mag.a D und Frau Mag.a E am 30. Mai 2017, Frau Mag.a F und Herr Ing. G am 9. August 2017 sowie Frau Mag.a (FH) H am 22. August 2017 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf den Arbeitskräfteüberlassungsvertrag vom 16. Dezember 2013 zwischen Y als gemeinnütziger Überlasser und dem 1. Antragsgegner als Beschäftiger, die Stellungnahme des 1. Antragsgegners an die GAW vom 24. Juli 2014, das Gedächtnisprotokoll von Frau Mag.a D (vorgelegt am 30. Mai 2017) sowie die schriftliche Stellungnahme von Frau I vom 16. August 2017.
Vorbringen
Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin sei im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung über Y ab 30. Dezember 2013 für den 1. Antragsgegner tätig gewesen. Sie sei dabei Teilnehmerin von „Z“ gewesen. Zweck der Teilnahme sei die praxisnahe Qualifizierung und (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt. Eine Überlassung habe grundsätzlich die Übernahme der überlassenen Arbeitskraft zum Ziel.
Die Beschäftigung sei somit zunächst auf sechs Monate, bis zum 29. Juni 2014, befristet gewesen. Sie sei für das „Haus …“ tätig gewesen. Ihre Aufgaben hätten in der Betreuung und Pausenverpflegung im …klub, in … bestanden. Nach einer viertägigen Einschulung durch eine weitere Klubbetreuerin, habe die Antragstellerin zunächst alleine gearbeitet. Grundsätzlich hätten in den Klubs immer zwei Personen beschäftig sein sollen. Zunächst sei Frau I ihre Ansprechpartnerin, mit der die Antragstellerin regelmäßigen Kontakt gepflegt habe, und „Vorgesetze“ beim Beschäftigerbetrieb gewesen. Diese habe sich mit der Arbeit der Antragstellerin zufrieden gezeigt und grundsätzlich eine Übernahme nach Ablauf der sechs Monate in Aussicht gestellt.
Anfang März habe ein neuer Kollege, der 2. Antragsgegner, im Klub zu arbeiten begonnen. Dieser sei zuvor in einem anderen Klub als Kellner tätig gewesen. Bereits am zweiten Tag sei es zu einem für die Antragstellerin unangenehmen Vorfall gekommen. Als sie erwähnt habe, müde zu sein, habe der 2. Antragsgegner erwidert, sie könne sich doch in den Nebenraum setzen, er hätte „sehr spezielle Fähigkeiten“ sie „aufzuwecken“. Für die Antragstellerin seien diese Anspielungen eindeutig sexuell konnotiert gewesen. Die Antragstellerin habe auch von weitern Vorfällen berichtet. So habe der 2. Antragsgegner geäußert, er könne ganz schnell feststellen ob sie eine „echte Blondine“ sei, was offensichtlich auf ihre Schambehaarung angespielt habe. Weiters habe er ihr auf seinem Handy ein offensichtlich pornografisches Bild mit der Überschrift „Guten Rutsch!“ sowie – unter dem Vorwand, ihr Katzenfotos zeigen zu wollen – Nacktfotos von sich selbst gezeigt. Die Situationen seien für die Antragstellerin höchst unangenehm gewesen und sie habe den Eindruck gewonnen, dass der 2. Antragsgegner nach Alkohol gerochen habe.
An weiteren Tagen sei es dazu gekommen, dass die Antragstellerin sich jedes Mal, wenn sie in die schmale Küche des Klubs gelangen habe wollen, am 2. Antragsgegner vorbeizwängen habe müssen, welcher sich breitbeinig in der Küchentür aufgestellt habe. Hierbei sei es immer wieder zu scheinbar zufälligen und für die Antragstellerin sehr unangenehmen Berührungen gekommen.
Die Situation sei für die Antragstellerin zunehmend belastend geworden. Zusätzlich sei hinzugekommen, dass Frau I nicht mehr beim 1. Antragsgegner beschäftigt und der Antragstellerin keine Ansprechperson bekannt gewesen sei, an die sie sich wenden hätte können. Im Zuge der Abgabe der Kassabuch-Abrechnung im Standort … habe sie daher der dort beschäftigten Büroangestellten, Frau J, auf deren Frage hin, wie es ihr gehe, von den Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit dem 2. Antragsgegner erzählt und dabei die Nacktfotos erwähnt. Frau I habe mitgeteilt, dass sie es weiterleiten werde. In weiterer Folge sei offenbar Herr Direktor Ing. G verständigt worden. Mit der Antragstellerin selbst sei kein Gespräch geführt worden. Vielmehr habe sie durch Zufall erfahren, dass Herr Direktor Ing. G mit dem 2. Antragsgegner ein Gespräch zur Besprechung der Vorwürfe der Antragstellerin geführt habe.
Für etwa eine Woche habe sich die Situation für die Antragstellerin verbessert, dann sei es erneut zu unangenehmen Vorfällen gekommen. So habe der 2. Antragsgegner erwähnt, Mitglied in einem Swingerclub in … zu sein und dass er, wenn seine Frau schnarche, dieser immer auf die Brust griffe – so „hätten beide was davon, dass er aufwache“. Ebenfalls habe er vor den Personen im Klub immer wieder explizit sexuelle Wörter wie „schnackseln“ verwendet und auch vor den KlubbesucherInnen gerülpst und diese geduzt, was die Antragstellerin als sehr unpassend und unangenehm empfunden habe.
Am 4. April 2014 habe die Antragstellerin telefonisch Frau Mag.a F kontaktiert, die als Nachfolgerin von Frau I eingesetzt worden sei. Sie habe das Verhalten des 2. Antragsgegners geschildert, festgehalten, dass sich „etwas ändern müsse“ und dringend um eine Lösung des Problems ersucht. Darauf habe Frau Mag.a F ihr ein Gespräch unter vier Augen angeboten, wobei diese allerdings sofort festgehalten habe, dass es keine Möglichkeit zur Versetzung des 2. Antragsgegners gebe. Sie habe auch ein Gespräch mit Herrn Ing. G und dem 2. Antragsgegner in Aussicht gestellt. Am 7. April 2014 habe die Antragstellerin Frau Mag.a F telefonisch mitgeteilt, unter derartigen Rahmenbedingungen kein Gespräch führen zu wollen, da von vornherein mögliche Lösungen, wie z.B. eine Versetzung, ausgeschlossen werden würden. Der 2. Antragsgegner hätte zu diesem Zeitpunkt ein Verhalten gesetzt, das für die Antragstellerin eine demütigende Arbeitsumwelt geschaffen habe. Die Antragstellerin habe daher in weiterer Folge ihre Ansprechpartnerin bei Y, Frau Mag.a D, kontaktiert, da sie sich vom Beschäftigerbetrieb in keiner Weise unterstützt gefühlt habe. Auf ein E-Mail von Frau Mag.a D an Frau Mag.a F, indem sie auf die geteilte Fürsorgepflicht von Y und des 1. Antragsgegners hingewiesen habe, sei die Antwort gekommen, der 1. Antragsgegner nehme die Vorwürfe sehr ernst, die Antragstellerin lehne aber das Gespräch ab.
In weiterer Folge sei von Mag.a D und Frau Mag.a F ein Stufenplan entwickelt worden, um die Sache aufzuklären. Die Antragstellerin habe gegenüber Frau Mag.a D betont, mit allen außer dem 2. Antragsteller ein Gespräch führen zu wollen. Dieses Vorhaben, die Sache in mehreren Gesprächen aufzuarbeiten, sei jedoch nicht mehr durchgeführt worden.
Nach einem dreitägigen Krankenstand der Antragstellerin ab 17. April 2014 habe im Klub eine äußerst feindselige Stimmung gegen sie im geherrscht. Der Antragstellerin sei mitgeteilt worden, dass sie aufgrund von Beschwerden der BesucherInnen der Klubs nicht übernommen werden würde. Mag.a D sei von Frau Mag.a F auch mitgeteilt worden, der 2. Antragsgegner sei zu schützen, da er „gar nicht mehr wisse, was er sagen solle“. Für die Antragstellerin sei dies völlig unerwartet gewesen, es habe nie zuvor Probleme gegeben. Die Beschwerden seien in weiterer Folge auch nach Rückfrage nicht konkretisiert worden.
Am 25. April 2014 sei es im Rahmen einer regulären Teamsitzung aller KlubbetreuerInnen zu einem von der Antragstellerin gesuchten Gespräch mit der Bezirksvorsteherin …, Frau K gekommen. Bei diesem Gespräch seien auch Frau Mag.a F und Herr Ing. G dabei gewesen. Frau Mag.a F habe vorgebracht, mehrere angebotene Termine zu klärenden Gesprächen wären von der Antragstellerin abgelehnt worden, zudem wäre nie die Rede von „derartigen“ Äußerungen des 2. Antragsgegners gewesen und die Antragstellerin hätte sich außerdem „vorschnell“ wegen sexueller Belästigung beschwert, weswegen die Behauptungen aus ihrer Sicht unglaubwürdig wären. Dabei habe sie Bezug auf die Beschwerde bei Frau J genommen. Diese Form der Beschwerde habe auch Herr Ing. G der Antragstellerin vorgeworfen. In weiterer Folge sei auch der 2. Antragsgegner zum Gespräch hinzugezogen worden, welcher alle Vorwürfe der Antragstellerin abgestritten habe. Die Antragstellerin sei vom Verlauf des Gesprächs sehr irritiert gewesen. Sie und der 2. Antragsgegner seien gebeten worden den Raum zu verlassen, weil die Bezirksvorsteherin noch mit Herrn Ing. G und Frau Mag.a F alleine reden habe wollen.
Seit dem 24. April 2014 habe die Antragstellerin nichts mehr vom 1. Antragsgegner gehört. Bis zum Ende der vereinbarten sechs Monate sei sie bei Y beschäftigt gewesen.
In der auf Ersuchen des Senats I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung des 1. Antragsgegners übermittelten Stellungnahme vom 5. Dezember 2014 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Die Betroffene sei beim 1. Antragsgegner im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung durch den Verein Y ab 30. Dezember als …-Klubbetreuerin, im …klub …, im Ausmaß von 25 Wochenstunden beschäftigt gewesen. Diese Tätigkeit sei zunächst zur Probe und von vornherein für sechs Monate befristet gewesen.
Wenn auch bei derartigen befristeten Überlassungen im Anschluss eine Übernahme in ein befristetes Dienstverhältnis angestrebt werde, sei im konkreten Fall mit allen Beteiligten schon vorab anderes vereinbart worden.
Im Rahmen eines bestehenden standardisierten Vorgehens für die Einführung neuer MitarbeiterInnen – auch der überlassenen Arbeitskräfte – würden wichtige Informationen wie auch ein Unternehmensorganigramm, aus dem die jeweiligen Führungskräfte und Ansprechpersonen ersichtlich seien, an die MitarbeiterInnen weitergegeben. Auch der Antragstellerin seien diese Informationen im Einführungsgespräch übergeben worden.
Am 5. März 2014 habe die Betroffene gegenüber einer Mitarbeiterin im Klubbüro, Frau J, nebenbei erwähnt, dass ihr Kollege, der 2. Antragsgegner, gelegentlich anzügliche Bemerkungen mache. Von sexueller Belästigung habe die Betroffene nichts erwähnt. Die Betroffene habe Frau J eindringlich gebeten, über die Angelegenheit mir niemandem zu sprechen, da sie die Angelegenheit selber klären wolle.
Beim 1. Antragsgegner werde derartigen Vorwürfen gegenüber Mitarbeitern in jedem Fall umgehend nachgegangen, um darauf aufbauend auch sofort Maßnahmen ergreifen zu können. Dem liege ein beim 1. Antragsgegner bestehender Ethik und Verhaltenskodex und festgelegte Führungsgrundsätze zugrunde. Alle Führungskräfte und MitarbeiterInnen seinen angewiesen danach zu handeln. Diesen Leitlinien folgend, habe Frau J den zuständigen Hausdirektor, Herrn Ing. G, über die Behauptungen der Betroffenen informiert.
Weil die direkte Vorgesetzte der Betroffenen, Frau I, in Krankenstand gewesen sei, habe der Hausdirektor, Herr Ing. G, zum Schutz der Betroffenen umgehend selbst gehandelt, und mit dem 2. Antragsgegner am 13. März 2014 ein Gespräch geführt.
In diesem Gespräch habe Herr Ing. G gegenüber dem 2. Antragsgegner klargestellt, dass anzügliche oder belästigende Bemerkungen und Handlungen gegenüber ArbeitskollegInnen ohne Ausnahme zu unterlassen seien. Der 2. Antragsgegner habe als freundlicher und fleißiger Mitarbeiter bislang keinen Anlass für Beschwerden oder Anschuldigungen gegeben und sei sehr betroffen gewesen. Er habe die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in Abrede gestellt und versichert, keine derartigen Handlunge gesetzt zu haben, oder je zu setzen.
Am 2. April 2014 habe sich Frau J bei der Betroffenen erkundigt, ob sich die Situation nun geklärt habe. Die Betroffene habe dies bejaht, es seien aus ihrer Sichtkeine weiteren Schritte notwendig. Frau J habe den Hausdirektor darüber informiert.
Dem entgegen habe die Betroffene dann am 4. April 2014 die ihr vorgesetzte Klubleiterin, Frau Mag.a F, die die Krankenstandsvertretung von Frau I … übernommen gehabt habe, angerufen und gemeint, Probleme mit dem 2. Antragsgegner zu haben. Sie habe angegeben, dass sie seine Umgangsformen stören würden und als Beispiele genannt, dass er KlubbesucherInnen duzen und immer wieder rülpsen würde. Sie habe den Wunsch geäußert, dass der 2. Antragsgegner versetzt werde.
Frau Mag.a F habe der Betroffenen zunächst ein vertrauliches Vier-Augen-Gespräch mit ihr und – allenfalls darauf aufbauend – ein moderiertes Gespräch mit dem Vorgesetzten, Herrn Ing. G., der Betroffenen und dem 2. Antragsteller angeboten. Ziel dieser Gespräche sei gewesen, die Situation für die Betroffene nun zufriedenstellend zu klären und nötigenfalls erforderliche Maßnahmen zu ergreifen.
Am 7. April 2014 habe die Betroffene den für den 8. April 2014 festgelegten Gesprächstermin telefonisch abgesagt und mitgeteilt, mit dem 2. Antragsgegner nun bereits selbst ein klärendes und erfolgreiches Gespräch geführt zu haben. Frau Mag.a F habe der Betroffenen in diesem Telefonat zugesagt, dass sie sie auch zukünftig jederzeit kontaktieren könne.
Während eines Krankenstandes der Betroffenen habe Frau Mag.a F am 17. April 2014 vom Verein „Y" sodann erfahren, dass sich die Betroffene bei diesem wegen sexueller Belästigung durch den 2. Antragsgegner beschwert habe. Aufgrund dessen sei mit Frau Mag.a D ein Gesprächsplan mit der Betroffenen wie folgt vereinbart worden:
- erstes Gespräch: Betroffene, Überlasser/Frau Mag.a D, Beschäftiger/Frau Mag.a F,
- zweites Gespräch: 2. Antragsgegner, Frau Mag.a F, Herr Dir. Ing. G,
- drittes Gespräch: je nach Ergebnis mit allen Beteiligten.
Noch am gleichen Tag, an dem dieser Gesprächsplan festgelegt worden sei, habe Frau Mag.a F erfahren, dass die Betroffene an diesen Gesprächsterminen nicht teilnehmen werde und anstelle dessen lieber ein Vier-Augen-Gespräch mit Frau Mag.a D führen wolle. Die Betroffene sei auch bereit gewesen, dass an diesem Gespräch Frau Mag.a F, teilnehme.
Zur gleichen Zeit hätten sich einige KlubbesucherInnen massiv über die Betroffene beschwert. Sie hätten beanstandet, dass sich die Betroffene nicht den BesucherInnen widme, obwohl dies ihre Hauptaufgabe gewesen wäre, sowie dass sie den 2. Antragsgegner ständig beobachten und gegenüber den Besucherinnen ständig kritisiere.
Aufgrund dieser Beschwerden habe die Abteilungsleiterin aller …klubs beim 1. Antragsgegner, Frau Mag.a (FH) H, ein Gespräch mit der Betroffenen gesucht. Die Betroffene sei dazu aber bis zuletzt nicht bereit gewesen. Nachdem die massiven Kundlnnenbeschwerden ohne Mithilfe der Betroffenen nicht gelöst werden hätte können, habe der 1. Antragsgegner mit dem Überlasser die Beendigung der Überlassung der Betroffenen mit Wirkung 24. April 2014 vereinbart.
Am 25. April 2014 habe eine Teamsitzung der Klubbetreuerinnen … des 1. Antragsgegners, ausnahmsweise in der Bezirksvorstehung … stattgefunden. Unmittelbar vor Beginn dieser Sitzung seien Herr Dir. Ing G und Frau Mag.a F in das Büro der Bezirksvorsteherin gebeten worden, wo unangekündigt auch die Betroffene anwesend gewesen sei. Die Betroffene habe sich bei der Bezirksvorsteherin über den 2. Antragsgegner beschwert und bei dieser Gelegenheit gegenüber den Mitarbeitern des 1. Antragsgegners erstmals explizit davon gesprochen, vom 2. Antragsgegner sexuell belästigt worden zu sein. Herr Dir. Ing. G und Frau Mag.a F hätten auch bei dieser Gelegenheit ein Gespräch mit der Betroffenen angeboten, was diese erneut abgelehnt habe.
Die Beschäftigung der Betroffenen beim 1. Antragsgegner sei zu diesem Zeitpunkt bereits beendet gewesen. Der 1. Antragsgegner habe aber zu keinem Zeitpunkt Hilfestellungen oder Maßnahmen für die Betroffene abgelehnt oder ausgeschlossen, sondern mehrfach nachweislich ernsthaft versucht, Abhilfe zu schaffen. Aufgrund der bislang mangelnden Gesprächsbereitschaft der Betroffenen sei der 1. Antragsgegner aber in seinen Hilfestellungsmöglichkeiten limitiert gewesen.
Zusammenfassend halte der 1. Antragsgegner daher fest, dass er es zu keinem Zeitpunkt unterlassen habe, Abhilfe gemäß den Beschwerden der Betroffenen zu schaffen, sondern dieser mehrfach angeboten habe, den Beschwerden genauer nachzugehen um konkrete Maßnahmen ergreifen zu können. Die dazu erforderlichen Gespräche habe die Betroffene aber abgelehnt.
Der 1. Antragsgegner habe die Betroffene ferner bei der Beendigung bzw. unterbliebenen Verlängerung deren Beschäftigungsverhältnisses auch nicht diskriminiert. Eine Verlängerung des befristet vereinbarten Beschäftigung der Betroffenen sei vielmehr von vorneherein nicht vorgesehen oder vereinbart gewesen. Hierzu seien KundInnen-Beschwerden gekommen, die den 1. Antragsgegner von diesem Vorhaben der Nicht-Verlängerung auch nicht abrücken hätten lassen.
In der auf Ersuchen des Senates I der GBK vom 2. Antragsgegner übermittelten Stellungnahme vom 13. November 2014 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Er habe die Antragstellerin weder sexuell bedrängt, noch in irgendeiner Weise sexuell belästigt oder die KlubbesucherInnen mobilisiert bzw. aufgehetzt. Außerdem habe er keine erotischen/expliziten Ausdrücke/Wörter verwendet sowie keine „Nacktfotos“ von sich hergezeigt. Es seien Katzenfotos gewesen.
Er verstehe nicht, wie die Antragstellerin dazu komme, derartige Behauptungen aufzustellen. Ihm sei nicht bekannt, dass es in … einen Swinger Club gäbe und seine behauptete Mitgliedschaft könne man überprüfen. Er habe lediglich erzählt in … aufgewachsen zu sein. Wenn seine Frau schnarche, lege er ihr die Hand auf die seitlichen Rippen und sie schlafe wieder ein. Weiters solle man niemand des Vorwurfs bezichtigen nach Alkohol zu riechen oder diesen zu trinken. Auch rülpse er, als gelernter Kellner aus strenger Schule im Gastgewerbe, nicht vor KlubbesucherInnen, da dies unartig bzw. unhöflich sei. Das Duzen sei ihm von den KlubbesucherInnen angeboten worden.
Von einem im Schreiben behaupteten, klärenden Gespräch am 4. April 2014 wisse er nichts. Die Antragstellerin habe alle angebotenen Gespräche, sei es mit Herrn Ing. G, Frau Mag.a F oder ihrer Betreuerin von Y abgelehnt oder abgesagt. Außer bei dem Gespräch bei der Bezirksvorsteherin …, Frau K, am 25. April 2014, sei es ihm nicht möglich gewesen in irgendeiner Weise mit der Antragstellerin zu sprechen. Dort habe er auch zum ersten Mal erfahren, was man ihm vorwerfe. Er sei geschockt von diesen Vorwürfen gewesen.
Er habe den Eindruck, der Antragstellerin sei nicht bewusst gewesen, was die Arbeit eines …klubbetreuers sei. Er habe sich meistens mit den KlubbeschucherInnen beschäftigt und die Betreuung die Spiele (Bingo, Kegeln, Kartenspiele) zu 98% übernommen, während sie gesessen sei und nichts getan habe. Sie sei ständig müde gewesen. Außerdem habe sie ihn beobachtet und sei hinter seinem Rücken über ihn hergezogen. Über die angeblichen Beschwerden der KlubbesucherInnen über die Antragstellerin könne er nichts sagen. Die KlubbesucherInnen könnten am besten Auskunft darüber geben, was passiert sei. Außerdem würden auch beigelegte Kopien der Abschiedsbillets der KlubbesucherInnen zeigen, dass er positiv aufgenommen worden sei. Dies stehe in Widerspruch dazu, dass er angeblich ein unartiger bzw. böser Mensch sei.
Rechtliche Überlegungen
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vor, wenn eine Person durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird.
Gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 GlBG liegt eine sexuelle Belästigung vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.
Als Dritte im Sinne des § 6 kommen Personen in Betracht, die vom/von der ArbeitgeberIn und der belästigten Person verschieden sind, so zB ArbeitskollegInnen, Vorgesetzte, GeschäftspartnerInnen oder KundInnen des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin.2
Unter einem der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhalten sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise „zufällige“ Körperberührungen oder anzügliche, sei es auch in „Komplimente“ verpackte, Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben.3
Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass für die betroffene Person dieses Verhalten ein unerwünschtes, unangebrachtes oder anstößiges darstellt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.4
Je nach Massivität des Verhaltens können wiederholte Verhaltensweisen oder auch ein einmaliger Zwischenfall den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllen, wenn er entsprechend schwerwiegend ist.
Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Bei Berufung auf §§ 6 oder 7 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, es sei in der Zusammenarbeit mit dem 2. Antragsgegner zu mehreren unangenehmen Situationen gekommen, so habe dieser auf ihre Äußerung, müde zu sein, erwidert er könne sie nach einem Nickerchen mit „sehr speziellen Fähigkeiten“ aufwecken; er habe auf ihre Schambehaarung anspielend gesagt, man könne leicht feststellen, ob sie eine echte Blondine sei; er habe ihr ein pornografisches Bild mit der Überschrift „Guten Rutsch!“ sowie unter dem Vorwand, ihr Katzenfotos zeigen zu wollen, Nacktbilder von sich selbst gezeigt; er habe sich bereitbeinig in die Küchentür gestellt, sodass sie sich an ihm vorbeidrängen habe müssen um in die schmale Küche zu gelangen, wobei es immer wieder zu scheinbar zufälligen und für die Antragstellerin sehr unangenehmen Berührungen gekommen sei; er habe ihr gegenüber erwähnt, dass er Mitglied im Swingerclub in … sei und dass er, wenn seine Frau schnarche, dieser auf die Brust griffe, da so beide etwas von seinem Aufwachen hätten; er habe vor den BesucherInnen im Klub explizit sexuelle Wörter wie „schnackseln“ verwendet, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin ab 30. Dezember 2013 im Rahmen einer befristeten Arbeitskräfteüberlassung beim 1. Antragsgegner, als Beschäftiger, tätig war und dort für die Betreuung im …klub … zuständig war. Ab Anfang März 2014 fing dort auch der 2. Antragsgegner als …betreuer an. Die Überlassung wurde am 24. April 2014 beendet, die Antragstellerin war bis zum Ende der vereinbarten sechs Monate bei Y, als Überlasserin, beschäftigt.
Die Antragstellerin konnte die Vorwürfe der sexuellen Belästigung in ihrem schriftlichen Vorbringen sowie ihrer ergänzenden mündlichen Befragung glaubhaft darlegen. Die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin und ihres Vorbringens ergibt sich für den Senat aufgrund verschiedener Faktoren. Die Antragstellerin widerholte im mündlichen Vorbringen die erhobenen Vorwürfe gegen den 2. Antragsgegner ohne Widerspruch zu den Angaben im Antrag, konnte diese näher umschreiben und veranschaulichen. Zudem bestätigte auch der Antragsteller einige der genannten Situationen zum Teil (ein Gespräch über das Aufwecken seiner schnarchenden Frau ohne aber detailliert „auf die Brust“ gesagt zu haben; ein eventuell versehentlich gezeigtes Nacktbild auf seinem Handy; die teilweise Verwendung obszöner Begriffe gegenüber KlubbesucherInnen – wobei dies dem allgemeinen Umgangston zwischen KlubbesucherInnen und BetreuerInnen entspreche; der Hinweis er könne die Antragstellerin von einem vorgeschlagenen Nickerchen aufwecken, jedoch nicht mit Hinweis auf „spezielle Fähigkeiten“), auch wenn er dabei alle eindeutig sexuell konnotierten Komponenten dementierte und konsequent abstritt die Antragstellerin in diesen Situationen sexuell belästigt zu haben.
Ein entscheidender Grund für den Senat hier den Schilderungen der Antragstellerin in Bezug auf den Ablauf der genannten Situationen sowie der restlichen Vorwürfe Glauben zu schenken, war der gewonnene Eindruck, dass dem 2. Antragsgegner schon allein ein differenziertes Verständnis darüber, was eine sexuelle Belästigung ist, fehlt. So wies er gegenüber Herrn Ing. G als auch gegenüber dem Senat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit dem Hinweis, er habe nie sexuelles Interesse an der Antragstellerin gehabt („Weil ich hab wirklich nie etwas von der Frau wollen“, mündliche Befragung vom 9. August 2017), entschieden ab und monierte in der schriftlichen Stellungnahme, man werfe ihm vor ein „unartiger bzw. böser Mensch“ zu sein. Dies zeigt das mangelnde Wissen darüber, dass sexuelle Belästigung – wie eingangs erwähnt – unabhängig von der subjektiven Intention des Belästigers oder einem eventuellen sexuellem Interesse an der belästigten Person vorliegen kann. Ob ein Verhalten unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist, lässt sich nicht abstrakt festlegen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der betroffenen Person das Recht zukommt, die Grenze zu ziehen.5 Es scheint dem Senat daher plausibel, dass der 2. Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin die angeführten Verhaltensweisen und Äußerungen mit sexuellem Unterton – die nach Ansicht des Senates der sexuellen Sphäre zuzuordnen sind – getätigt hat, die die subjektive Grenze der Antragstellerin überschritten haben, mag seinerseits auch keine dahingehende Intention bestanden haben.
Obwohl eine Zurückweisung eines sexuell belästigenden Verhaltens durch die betroffene Person nicht Tatbestandsvoraussetzung der sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs. 2 Z 1 GlBG ist6, sei in diesem Zusammenhang erwähnt, das dem 2. Antragsgegner gewisse Grenzen der Antragstellerin durchaus bewusst waren. Zum vorgeworfenen Zeigen unpassender Bilder befragt, gab er etwa an, er habe, wenn „etwas“ dabei gewesen wäre „gleich weitergeschoben, weil ich wusste, sie mag solche Witze nicht“.
Des Weiteren erreicht das fortgesetzte Verhalten des 2. Antragstellers durch diese wiederholten, unangenehmen Äußerungen sowie Verhaltensweisen für den Senat den Grad einer Verletzung der Würde der Antragstellerin.
Schon in ihrer schriftlichen Stellungnahme nimmt die Antragstellerin zudem mehrmals darauf Bezug, dass die Verhaltensweisen zu unangenehmen Situationen geführt hätten. In ihrer mündlichen Befragung konnte sie den Eindruck durch weitere Ausführungen noch untermauern:„[D]ie ganze Atmosphäre war extrem unangenehm. Es war alles extrem angespannt. Ich bin also wirklich schon mit großer Angst in die Arbeit gegangen. In die Arbeit, die ich sehr gern gehabt habe vorher“; „Dann hat er mir erzählt, dass er allergisch ist auf Haarspray und Parfüm und dann habe ich extra viel Haarspray und Parfüm genommen. Ich habe mir gedacht, dass der Mann dann ein bisschen auf Abstand geht“. Zudem hat sich nach Bekanntwerden der durch die Antragstellerin erhobenen Vorwürfe, mag dies auch auf die Gruppendynamik und nicht auf ein „Aufstacheln“ durch den 2. Antragstellers zurückzuführen sein, die Stimmung unter den KlubbesucherInnen gegen sie gewandt. Für den Senat ist es daher glaubwürdig, dass durch das Verhalten des 2. Antragsgegners für die Antragstellerin eine einschüchternde, feindselige bzw. demütigende Arbeitsumwelt geschaffen wurde.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der erkennende Senat daher zu der Ansicht, dass es dem 2. Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass er die sexuell belästigenden Verhaltensweisen nicht getätigt hat.
Es liegt somit eine sexuelle Belästigung gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG vor.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch vor, wenn eine Person durch den/die ArbeitgeberIn dadurch diskriminiert wird, dass er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte (Z 3) eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen.
§ 6 Abs. 1 Z 2 GlBG enthält eine Konkretisierung der allgemeinen Fürsorgepflicht.7 Danach haben ArbeitgeberInnen auch dafür zu sorgen, dass die Persönlichkeitssphäre der in den Betrieb eingegliederten ArbeitnehmerInnen nicht durch Belästigungen durch Dritte beeinträchtigt wird.8 ArbeitgeberInnen haben daher dafür zu sorgen, dass die geschlechtliche Selbstbestimmung, sexuelle Integrität und Intimsphäre der ArbeitnehmerInnen nicht gefährdet werden.9 ArbeitgeberInnen sind zum unverzüglichen Einschreiten verpflichtet, wenn sexuelle Belästigungen hervorkommen, zum einen, um die Betroffenen nicht der Gefahr weiterer Belästigungen auszusetzen, zum anderen aber auch, um sich nicht selbst dem Vorwurf auszusetzen, nicht wirksam für angemessene Abhilfe gesorgt zu haben.10 „Angemessen“ ist die Abhilfe dann, wenn sie geeignet ist, die belästigte Person vor weiteren Belästigungen zu schützen.11 Welches Mittel angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und richtet sich dabei nach der Intensität des Eingriffes sowie den Aussichten des Erfolgs.12
Um ein schuldhaftes Unterlassen annehmen zu können, muss dem/der ArbeitgeberIn das Vorliegen einer Abhilfe gebietenden Situation entweder bekannt oder zumindest erkennbar sein. Für eine Haftung des Arbeitgebers genügt Fahrlässigkeit. Der/Die ArbeitgeberIn haftet daher nicht, wenn er/sie von der Belästigung eines Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin weder wusste noch wissen musste. Bei „Erkennbarkeit“ kommt es auf eine besondere „Bekanntgabe“ durch die betroffene Person nicht mehr an.13
Gemäß § 6 Abs. 3 AÜG obliegen die Fürsorgepflichten des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin für die Dauer der Beschäftigung auch dem/der BeschäftigerIn.
Der/Die BeschäftigerIn gilt als ArbeitgeberIn der überlassenen Arbeitskräfte im Sinne der Gleichbehandlungsvorschriften und Diskriminierungsverbote (§ 6a Abs. 1 AÜG).
Im Ermittlungsverfahren wurde daher überprüft, ob der 1. Antragsgegner von den Vorwürfen der sexuellen Belästigung der Antragstellerin durch den 2. Antragsgegner gewusst hat oder wissen hätte müssen.
Der zeitliche Ablauf stellte sich für den Senat wie folgt dar: Mit Anfang März begann der 2. Antragsgegner im „Haus …“ zu arbeiten. Bereits am zweiten Tag begannen die von der Antragstellerin geschilderten Vorfälle. Am 5. März 2014 erzählte die Antragstellerin der Büroangestellten, Frau J, von Problemen in der Zusammenarbeit mit ihrem neuen Kollegen. Diese informierte daraufhin den Hausdirektor Herrn Ing. G, welcher am 13. März 2014 ein Gespräch mit dem 2. Antragsgegner führte bei dem das Thema „sexuelle Belästigung“ zur Sprache kam. Im Anschluss daran berichtete der 2. Antragsgegner der Antragstellerin davon, wobei er erzählte, es sei ein „lustiges“ Gespräch gewesen. Am 2. April 2014 berichtete die Antragstellerin auf Rückfrage von Frau J, dass sich die Situation geklärt habe. Zwei Tage später, am 4. April 2014, trat sie jedoch mit Vorwürfen gegen den 2. Antragsgegner telefonisch an Frau Mag.a F heran. Es wurde ein persönliches Vier-Augen Gespräch zwischen der Antragstellerin und Frau Mag.a F vereinbart, welches jedoch von Ersterer abgesagt wurde. Die Antragstellerin nahm in weiterer Folge am 17. April 2014 Kontakt zu ihrer Betreuerin von Y, Frau Mag.a D, auf. Diese konfrontierte Frau Mag.a F am 17. April 2014 in einem E-Mail mit den Vorwürfen sexueller Belästigung der Antragstellerin gegen den 2. Antragsgegner. Am 18. April 2014 erhielt sie eine Antwort von Frau Mag.a F, es kam zu mehreren Telefonaten und ein Stufenplan bestehend aus mehreren Gesprächen wurde ausgearbeitet. Am 24. April 2014 wurde die Überlassung beendet. Am 25. April 2014 kam es anlässlich einer regulären Teamsitzung aller KlubbetreuerInnen zu einem Gespräch mit der Bezirksvorsteherin Frau K, bei dem auch Frau Mag.a F, Herr Ing. G und der 2. Antragsgegner anwesend waren. Danach gab es keinen Kontakt mehr zwischen der Antragstellerin und den Antragsgegnern. Bis zum Ende der vereinbarten sechs Monate war die Antragstellerin bei Y beschäftigt.
Aus der zeitlichen Abfolge der Ereignisse ergibt sich für den Senat, dass mit Herrn Ing. G spätestens am 13. März 2014 ein Vertreter des Arbeitgebers (Beschäftigers) von den Vorwürfen der sexuellen Belästigung wusste. Die Antragstellerin hatte die als belästigend empfundenen Verhaltensweisen im Vorfeld geschildert, wodurch für den Arbeitgeber erkennbar war, dass es sich um Vorwürfe sexueller Belästigung handelt. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Antragstellerin die geschilderten Vorfälle explizit als „sexuelle Belästigung“ betitelte.
Auch wenn der 1. Antragsgegner darlegen konnte, dass auf die Vorwürfe der Antragstellerin reagiert wurde und einige Versuche zur Klärung des Sachverhaltes stattgefunden haben, liegen für den Senat dennoch einige Faktoren vor, die die Vorgehensweise der 1. Antragsgegnerin als mangelhaft erscheinen lassen.
Wie eine EU-weite Erhebung der Grundrechteagentur der Europäischen Union zu Gewalt gegen Frauen zeigt, sind Scham und Verlegenheit, der Eindruck die erlebte Belästigung sei zu unbedeutend bzw. nicht schwerwiegend genug, Angst vor dem Täter und die Annahme, es werde/könne sowieso nichts getan werden, wichtige Gründe für betroffene Frauen den Vorfall nicht zu melden.14 Die Meldung sexueller Belästigung kann als peinlich und entwürdigend wahrgenommen werden, die Reaktion der Betroffenen hängt auch von deren Erwartung ab, ob die Situation im Unternehmen gelöst werden kann.15 In Anbetracht dieser Tatsachen ist es daher für den Arbeitgeber zur Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht nicht nur wichtig, sich dieser Spezifika sexualisierter Gewalt bewusst zu sein sondern daraus folgend dafür Sorge zu tragen, dass Voraussetzungen geschaffen werden, die Schwierigkeiten für betroffene Personen, Vorfällen sexueller Belästigung zu melden, zu reduzieren.
Im vorliegenden Fall wurde der Antragstellerin von Beginn an das Gefühl vermittelt, dass eine Lösung des Problems nur schwer möglich wäre und Ziel aller Gespräche das weitere Zusammenarbeiten mit dem 2. Antragsteller sei. Die Erwiderung ihrer Vorwürfe mit Aussagen zur personellen Situation, vermittelten der Antragstellerin den Eindruck, es könne ohnehin nichts gegen die sexuelle Belästigung unternommen werde. Zusätzlich bekam sie durch die Herangehensweise zur Aufklärung des Sachverhalts – der 1. Antragsgegner habe ihr berichtet es habe ein „lustiges Gespräch unter Männern“ mit Herrn Ing. G gegeben (Aussage vom 30. Mai 2017); Herr Ing. G bezeichnete dieses selbst als „feines Gespräch“ in dem er die Thematik „von Mann zu Mann“ besprochen habe (Aussage vom 9. August 2017) – das Gefühl vermittelt, ihre Aussagen würden nicht ernstgenommen.
Im Rahmen einer klärenden Sachverhaltsfeststellung ist es natürlich völlig berechtigt, beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Der Arbeitgeber hat dabei den erhobenen Vorwürfen aber in unvoreingenommener Weise nachzugehen. Es zeigte sich jedoch für den Senat, dass von Seiten des 1. Antragsgegners von Anfang an eine deutliche Tendenz vorlag, dem 2. Antragsteller Glauben zu schenken, diesen vor den Vorwürfen der Antragstellerin zu schützen und der Antragstellerin die Schuld zuzuschieben. Aus dem Gedächtnisprotokoll von Frau Mag.a D geht hervor, dass Frau Mag.a (FH) H zum Facebook Profil der Antragstellerin kommentierte, wenn sie das sehen würde, dann wüsste sie alles. In der mündlichen Befragung sagte Frau Mag.a D zudem aus: „Und ich hatte schon den Eindruck, dass Frau A hier die Schuld zugeschoben wird“; „Und das Andere war, dass es das absolut nicht geben kann, dass Herr B so etwas macht. Er sei ein langjähriger Mitarbeiter und das könne nicht sein. Sie hätte persönliche Gründe um ihn sozusagen ‚anzuschwärzen‘.“; „Deswegen wollte sie auch die ganzen Gespräche nicht, weil sie gesagt hat, ‚ich hab eh keine Chance. Ich werde immer die sein, die gehen muss‘.“ Die uneingeschränkte Glaubwürdigkeit der Aussagen von Frau Mag.a D ergibt sich für den Senat insbesondere daraus, dass sie diese trotz ihrer nach wie vor bestehenden Zusammenarbeit mit dem 1. Antragsgegner und ungeachtet etwaiger nachteiliger Konsequenzen auf diese tätigte.
Aus Sicht des Senates ist außerdem der Eindruck entstanden, dass bei den VertreterInnen des 1. Antragsgegners als Arbeitgeber nur mangelnde Kenntnisse des Tatbestandes der sexuellen Belästigung im GlBG vorlagen. Insbesondere fehlte dabei eine Differenzierung zwischen sexueller Belästigung iSd GlBG und unangebrachten Bekundungen von sexuellem Interesse. Ein/e ArbeitgeberIn handelt nach Ansicht des Senates jedoch fahrlässig, wenn im Betrieb nicht ausreichend Information über sexuelle Belästigung vorliegt, weil dadurch auch von den Führungskräften nicht der Fürsorgepflicht entsprechende adäquate Abhilfe geschaffen werden kann.
So kam es zwar nach Aufkommen der Vorwürfe zu einem Gespräch mit dem 2. Antragsgegner, dass grundsätzlich die Sensibilisierung zum Thema scheinbar harmloser Äußerungen, die aber schon als sexuelle Belästigung einzuordnen sind, bezweckte. Aus den Aussagen von Herrn B geht jedoch deutlich hervor, dass dieser das Gespräch eher als „lustiges Männergespräch“ wahrgenommen hat. In der mündlichen Befragung sagte Herr Ing. G aus: „Ich habe ihn auch von Mann zu Mann gefragt, die Frau schaut für ihn möglicherweise sexy aus, ist da was? Sagt er: ‚Nein, überhaupt nicht mein Typ.‘ Hat er mir seine Frau gezeigt: ‚Das wäre es.‘ Habe ich gedacht, ok die sind wirklich sehr unterschiedlich.“ Insbesondere zeigen diese Aussagen, dass bei diesem Gespräch vor allem auch das Thema eines eventuell vorhandenen sexuellen Interesses an der Antragstellerin abgeklärt wurde. Dies verdeutlicht das erwähnte, mangelnde Bewusstsein der Antragsgegner, im Bezug darauf, dass sexuelle Belästigung nicht mit sexuellem Interesse des Belästigers an der belästigten Person in Zusammenhang stehen muss.
Darüber hinaus wurde die Meldung der sexuellen Belästigung auch durch den Umstand erschwert, dass der Antragstellerin nachdem Frau I in den Krankenstand gegangen war, keine klare Ansprechperson bekannt war. Zudem zeigen auch der geschilderte Ablauf und die Vielzahl der darin involvierten Personen, dass zum Zeitpunkt der Erhebung der Vorwürfe beim 1. Antragsteller keine klaren Vorgehensweisen oder dafür vorgesehene Personen definiert waren (Gespräch mit dem 2. Antragsgegner durch Herrn Ing. G; Rückfrage durch Frau J; Erstellung eines Stufenplans durch Frau Mag.a F; Beendigung der Überlassung durch Frau Mag.a (FH) H).
Dem 1. Antragsgegner ist somit angesichts dieser Überlegungen im Hinblick auf den Vorwurf, im Falle sexueller Belästigung durch Dritte keine angemessenen Abhilfe gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG geschaffen zu haben, zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Es liegt somit ein schuldhaftes Unterlassen, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte angemessenen Abhilfe zu schaffen, gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG iVm § 6 Abs. 3 AÜG vor.
Gemäß § 3 Z 7 GlBG darf auf Grund des Geschlechtes im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Führt eine Diskriminierung zu einer Beendigung der Überlassung, so kann gemäß § 6a Abs. 4 AÜG eine in diesem Zusammenhang erfolgte Beendigung oder Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 12 Abs. 7 GlBG angefochten und Schadenersatz gefordert werden, als wäre die Beendigung oder Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Diskriminierung erfolgt.
Die Antragstellerin brachte vor, die Beendigung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses stehe in einem Zusammenhang damit, dass sie sich gegen das sexuell belästigende Verhalten des 2. Antragsgegners gewehrt und ihren Arbeitgeber (den Beschäftiger) um Abhilfe ersucht habe.
Im Fall der Antragstellerin war diese im Rahmen einer befristeten Arbeitskräfteüberlassung bei der 1. Antragsgegnerin beschäftigt. Der Überlasser und Arbeitgeber der Antragstellerin war dabei der Verein „Y“.
Wie bereits ausgeführt, war das Arbeitsverhältnis der Antragstellerin mit Y von Anfang an auf sechs Monate befristet, eine Verlängerung bzw. Übernahme durch Y nach Ablauf der sechs Monate, war nicht in Aussicht gestellt. Ziel war vielmehr die Übernahme durch den Beschäftiger (1. Antragsgegner) in ein neu zu begründendes Arbeitsverhältnis. Trotz vorzeitiger Beendigung der Überlassung blieb die Antragstellerin bis zum Ende der vereinbarten sechs Monate bei Y beschäftigt. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses trat somit durch den vereinbarten Fristablauf und nicht als Folge der Erhebung von Vorwürfen sexueller Belästigung ein.
Die Beendigung der Überlassung durch den 1. Antragsgegner führte somit nicht gleichzeitig zur vorzeitigen Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses.
Es liegt somit keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG iVm § 6a Abs. 4 AÜG vor.
Die Antragstellerin stellte in eventu den Antrag, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG zu prüfen, da es nicht zur ursprünglich in Ausschicht gestellten Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem 1. Antragsgegner gekommen sei.
Gemäß § 3 Z 1 GlBG darf auf Grund des Geschlechtes im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.
Die Wendung „bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses“ ist weit zu verstehen. Diese Formulierung beschränkt sich nicht auf die konkrete Entscheidung über die Einstellung, sondern erfasst Benachteiligungen im Rahmen des Auswahlverfahrens. Für die Beurteilung einer Diskriminierung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses ist somit auf dem Vertragsabschluss „vorgelagerte“ bzw. diesen „vorbereitende“ Verhaltensweisen des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder für diese/n handelnder Personen Bedacht zu nehmen.16
Gemäß § 13 GlBG darf als Reaktion auf eine Beschwerde ein/e ArbeitnehmerIn durch den/die ArbeitgeberIn innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden.
Der Regelungszweck des Benachteiligungsverbotes ist somit eine Verstärkung des Rechtsschutzes für jene ArbeitnehmerInnen, die sich mit rechtlich anerkannten Mitteln gegen (vermutliche) Diskriminierungen durch ihre ArbeitgeberInnen wenden.17 Die benachteiligende Reaktion des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin muss in einem plausiblen Zusammenhang mit dem Auftreten des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin stehen, wobei auch ein gewisser zeitlicher Konnex gegeben sein muss.18
Ob im Einzelfall eine Benachteiligung nach § 13 GlBG vorliegt, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Es reicht daher nicht aus, dass ein bestimmtes Verhalten des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin von dem betroffenen Arbeitnehmer bzw. der betroffenen Arbeitnehmerin subjektiv als benachteiligend empfunden wird.19
Das Vorbringen des 1. Antragsgegners, eine Übernahme bzw. die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Antragstellerin sei, anders als in anderen Überlassungsfällen, nie im Raum gestanden, da von Anfang an mit allen Beteiligten anderes (befristete Krankenstandsvertretung) vereinbart worden sei, stellt sich für den Senat nicht als glaubwürdig dar. Weder die Antragstellerin, noch ihre Betreuerin bei Y, Frau Mag.a D, berichteten von einer derartigen Vereinbarung. Im Gegenteil, die Antragstellerin schildert, dass ihr von Frau I zunächst eine Übernahme in Aussicht gestellt worden sei. Die Antragstellerin sagte aus, Frau I sei sehr zufrieden mit ihr gewesen und habe ihr die Stelle eigentlich zugesagt. Weiters wurden die vom 1. Antragsgegner als ausschlaggebend für die Personalentscheidung genannten Beschwerden von KlubbesucherInnen nicht näher geschildert. Frau I bestätigte in ihrer schriftlichen Stellungnahme die Aussage der Antragstellerin, indem sie schrieb diese sei „verlässlich, kompetent, ehrlich und sehr beliebt bei den Klubmitgliedern“ gewesen.
Die Aussagen von Frau Mag.a D und Frau Mag.a (FH) H, zum Ablauf der Entscheidung, die Überlassung vorzeitig zu beenden, zeigen deutlich, dass diese in Zusammenhang mit den von der Antragstellerin erhobenen Vorwürfen sexueller Belästigung stand. Frau Mag.a (FH) H, die die Entscheidung zur Beendigung der Überlassung traf, sagte etwa zur Auflösung befragt, sie habe das damals so entschieden. Die Vorwürfe wären im Raum gestanden, es hätte eine Lösung gefunden werden müssen und sie habe Kooperationsbereitschaft auf Seiten der Antragstellerin vermisst.
Für den Senat ergibt sich der Eindruck, dass man von einer eventuellen weiteren Zusammenarbeit und der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Antragstellerin absah, um den 2. Antragsgegner vor den Vorwürfen zu schützen und die Aufarbeitung aufgrund der als niedrig empfundenen Kooperationsbereitschaft der Antragstellerin als zu mühsam empfand. Die frühzeitige Beendigung der Arbeitskräfteüberlassung gegenüber Y durch den 1. Antragsgegner, ist daher als Entscheidung gegen eine mögliche Übernahme bzw. Begründung eines Arbeitsverhältnisses der Antragstellerin mit dem 1. Antragsgegner zu sehen.
Für den Senat wurde durch die Aussagen der genannten Auskunftspersonen sowie das Vorbringen der Antragstellerin glaubhaft dargelegt, dass die Erhebung der Vorwürfe sexueller Belästigung in Zusammenhang mit dieser Personalentscheidung stand.
Es liegt daher eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG iVm § 13 GlBG vor.
Vorschlag
Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, werden der 1. Antragsgegner, X, und der 2. Antragsgegner, Herr B, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und folgende Vorschläge zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
1. Leistung eines angemessenen Schadenersatzes und
2. Erstellung eines Code of Conduct für Fälle (sexueller) Belästigung.
Wien, 22. August 2017
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.
2 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 9.
3 Vgl. Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 76f; OGH 5.6.2008, 9 ObA 18/08z.
4 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 12.
5 Vlg. Mazal, Belästigung in der Arbeitswelt – Abhilfe durch Unternehmenskultur!, ecolex 2009, 460, 461.
6 RIS Justiz RS0131404, 20.04.2017.
7 Siehe dazu § 1157 ABGB, § 18 Abs. 4 AngG etc.
8 Vgl. OGH 26.8.2004, 8 ObA 3/04f.
9 Vgl. OGH 5.4.2009, 9 ObA 292/99b; 17.3.2004, 9 ObA 143/03z; 26.5.2004, 9 ObA 64/04h.
10 Vgl. OGH 17.3.2004, 9 ObA 143/03z.
11 Vgl. Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 51.
12 Vgl Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 51; OGH 29.9.2010, 9 ObA 13/10t.
13 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 13.
14 Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung, Zeitraum März – September 2012, Ergebnisse veröffentlicht im März 2014.
15 Vgl. Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 59.
16 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 3 Rz 13.
17 Vgl. ebd. § 13 Rz 7.
18 Vgl. ebd. § 13 Rz 33.
19 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 13 Rz 9.
Zuletzt aktualisiert am
30.05.2018