TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/8 VGW-152/071/2498/2017

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Veröffentlicht am 08.11.2017
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Entscheidungsdatum

08.11.2017

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Staatsbürgerschaft

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z3
VwGVG §8 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs7
AVG §73
StbG §10
StbG §

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Mag. Ivica Kvasina über die Säumnisbeschwerde der Frau Y. K. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35 - Einwanderung und Staatsbürgerschaft (belangte Behörde), Zl. MA35/IV - K 331/14, hinsichtlich des Antrags auf die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vom 08.07.2014,

zu Recht erkannt:

I. Der belangten Behörde wird gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG aufgetragen, binnen einer Frist von 8 Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses einen Bescheid, unter Bindung an die Rechtsansicht, dass die Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 bis 6, Z 8 und Abs. 2 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 idgF vorliegen, zu erlassen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Antrag vom 08.07.2014 begehrte die Beschwerdeführerin die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Dem Antrag wurden verfahrensdienliche Dokumente und Unterlagen angeschlossen. Die belangte Behörde führte laut eigener Angabe folgende Verfahrensschritte durch:

10.07.2014: Auskunft aus der Finanzstrafkartei eingelangt,

16.07.2014: Auskunft des BFA und der BH ... eingelangt,

17.07.2014: Einkommensnachweise und Deutschzeugnis eingelangt,

21.07.2014: Auskunft der LPD NÖ eingelangt,

05.09.2014: Auskunft der LPD Wien eingelangt,

30.10.2014: Niederschrift mit der Beschwerdeführerin und ZMR Abfrage,

28.01.2015: Staatsbürgerschaftsprüfung,

29.05.2015: Auskunft der LPD Wien eingelangt,

07.01.2016: AMS Bezugsbestätigung und Bankbestätigung eingelangt,

15.01.2016: Einkommensnachweise eingelangt.

Mit Schreiben vom 29.01.2017, bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangt, erhob die Beschwerdeführerin eine Säumnisbeschwerde.

Der Verwaltungsakt wurde seitens der belangten Behörde am 17.02.2017 (einlangend) an das Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung weitergeleitet. Von der Möglichkeit der Nachholung eines Bescheides gemäß § 16 VwGVG wurde Abstand genommen.

Das Verwaltungsgericht Wien nahm Einsicht in das Zentrale Melderegister, den Versicherungsdatenauszug, das Verwaltungsstrafregister des Magistrats der Stadt Wien, das Zentrale Fremdenregister (IZR), das Strafregister, das Polizeistrafregister, das MBA-Strafregister und das Finanzstrafregister und tätigte Anfragen an die LPD Wien und das BFA.

Aus dem den Beschwerdeführer betreffenden fremdenrechtlichen Administrativakt der belangten Behörde zur Zl. MA35/IV - K 331/14, den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumenten und Unterlagen sowie den vom Verwaltungsgericht Wien getätigten Abfragen ergibt sich folgender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Laut Berichten der Landespolizeidirektion Wien, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des Finanzstrafregisters vom 16.05.2017 bzw. 12.04.2017 und 25.04.2017 scheinen betreffend die Beschwerdeführerin keine Vormerkungen auf. Laut Einsicht in das Verwaltungsstrafregister des Magistrats der Stadt Wien vom 10.04.2017 scheinen betreffend die Beschwerdeführerin ebenfalls keine Vormerkungen auf

Hinweise darauf, dass gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachtes einer mit Freiheitsstrafe bedrohten Vorsatztat oder eines mit Freiheitsstrafe bedrohten Finanzvergehens bei einem inländischen Gericht ein Strafverfahren anhängig ist, ergaben sich keine. Ebenso ergeben sich keine Hinweise darauf, dass durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft die internationalen Beziehungen der Republik Österreich wesentlich beeinträchtigt werden, oder dass er mit fremden Staaten in solchen Beziehungen steht, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft die Interessen der Republik schädigen würde. Da die Beschwerdeführerin weder strafrechtliche noch verwaltungsstrafrechtliche Verurteilungen aufweist, erfüllt sie auch die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG. Hinweise, dass die Beschwerdeführerin einen der Verleihungshindernistatbestände des § 10 Abs. 2 StbG erfüllt, ergaben sich auf Grund der Aktenlage und den vom erkennenden Gericht getätigte Abfragen keine.

Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

I. Zur Säumnisbeschwerde:

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 73 AVG – welche grundsätzlich auch im Säumnisbeschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten herangezogen werden kann – hat die normierte sechsmonatige Frist sowohl für die Behörde als auch für die Verfahrensparteien rechtliche Bedeutung. Dies bedeutet für die Behörde, dass sie innerhalb dieser Frist den Bescheid zu erlassen hat, für die Verfahrenspartei hingegen, dass sie vor Ablauf dieser Frist keine zulässige Säumnisbeschwerde einbringen kann (vgl. etwa VwGH 26.3.1996, Zl. 95/19/1047, so auch Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 1. Aufl., K 4 zu § 8).

Die Beschwerdeführerin hat am 08.07.2014 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt. Die belangte Behörde hat über diesen Antrag nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden.

Die Verzögerung der Entscheidung ist dann ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, wenn diese Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde (VwGH 28.1.1992, Zl. 91/04/0125 u.a.). Ein „Verschulden“ der Partei ist dann anzunehmen, wenn die Gründe für die Verzögerung in ihrer Person liegen (vgl. VwGH, 18. November 2003, Zl. 2003/05/0115). Ihr Verhalten muss für die Verzögerung kausal und zusätzlich schuldhaft sein (VwGH 12.04.2005, Zl. 2005/01/0003). Ist die Säumnis sowohl durch ein Versäumnis der Behörde wie auch durch ein schuldhaftes Verhalten der Partei verursacht, ist abzuwägen, wem die Verzögerung überwiegend anzulasten ist.

Obwohl die Beschwerdeführerin anlässlich der Antragstellung am 08.07.2014 verfahrensdienliche Unterlagen für die Bearbeitung ihres Antrages der belangten Behörde vorgelegt hat und spätestens am 15.01.2016 sämtliche von der Beschwerdeführerin vorzulegende Dokumente und Unterlagen der belangten Behörde zugegangen sind, war diese aus unerklärlichen Gründen nicht in der Lage, bis zur Erhebung der Säumnisbeschwerde am 29.01.2017 die Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft abschließend zu prüfen. Dass daran die Beschwerdeführerin eine Schuld trifft, ergibt sich aus der Aktenlage nicht. Daraus ergibt sich eindeutig, dass die eingetretene Säumnis der Behörde zuzurechnen ist und daher der nunmehr eingebrachten Säumnisbeschwerde unter Beachtung der oben wiedergegebenen Judikatur Berechtigung zukommt.

II. Zum Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft:

§ 28 Abs. 1 und 7 VwGVG lauten:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der geltenden Fassung lauten:

Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

         1.       er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war;

         2.       er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist;

         3.       er nicht durch ein inländisches Gericht wegen eines Finanzvergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist;

         4.       gegen ihn nicht wegen des Verdachtes einer mit Freiheitsstrafe bedrohten Vorsatztat oder eines mit Freiheitsstrafe bedrohten Finanzvergehens bei einem inländischen Gericht ein Strafverfahren anhängig ist;

         5.       durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft die internationalen Beziehungen der Republik Österreich nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

         6.       er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet;

         7.       sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist oder der Fremde seinen Lebensunterhalt aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht oder nicht in ausreichendem Maße sichern kann und

         8.       er nicht mit fremden Staaten in solchen Beziehungen steht, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft die Interessen der Republik schädigen würde.

(1a) Eine gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie in Strafregisterauskünfte an die Behörde nicht aufgenommen werden darf. Eine gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 maßgebliche Verurteilung liegt vor, wenn sie wegen einer Jugendstraftat erfolgt.

(1b) Nicht zu vertreten hat der Fremde seinen nicht gesicherten Lebensun- terhalt insbesondere dann, wenn dieser auf einer Behinderung oder auf einer dauerhaften schwerwiegenden Krankheit beruht, wobei dies durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen ist.

(2) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden nicht verliehen werden, wenn

         1.       bestimmte Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 Z 2, 3, 5, 8, 9 und Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, vorliegen; § 53 Abs. 5 FPG gilt;

         2.       er mehr als einmal wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung mit besonderem Unrechtsgehalt, insbesondere wegen § 99 Abs. 1 bis 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, wegen § 37 Abs. 3 oder 4 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, § 366 Abs. 1 Z 1 i.V.m. Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, wegen §§ 81 bis 83 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, oder wegen einer schwerwiegenden Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes 2005, des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, des Grenzkontrollgesetzes (GrekoG), BGBl. Nr. 435/1996, oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, rechtskräftig bestraft worden ist; § 55 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, gilt;

         3.       gegen ihn ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung anhängig ist;

         4.       gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

         5.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

         6.       gegen ihn das mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG einhergehende Einreiseverbot weiterhin aufrecht ist oder gegen ihn in den letzten 18 Monaten eine Ausweisung gemäß § 66 FPG rechtskräftig erlassen wurde oder

         7.       er ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

(3) Einem Fremden, der eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, darf die Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden, wenn er

         1.       die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen unterläßt, obwohl ihm diese möglich und zumutbar sind oder

         2.       auf Grund seines Antrages oder auf andere Weise absichtlich die Beibehaltung seiner bisherigen Staatsangehörigkeit erwirkt.

(4) (…)

(5) Der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z 7) ist dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt im Durchschnitt von 36 Monaten aus den letzten sechs Jahren vor dem Antragszeitpunkt vom Fremden nachgewiesen werden, wobei jedenfalls die letzten geltend gemachten sechs Monate unmittelbar vor dem Antragszeitpunkt liegen müssen. Im geltend gemachten Zeitraum müssen die eigenen Einkünfte des Fremden ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach dem Durchschnitt der Richtsätze des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, der letzten drei Jahre entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und durch Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. Wird in den letzten geltend gemachten sechs Monaten unmittelbar vor dem Antragszeitpunkt Kinderbetreuungsgeld gemäß den Bestimmungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes – KBGG, BGBl. I Nr. 103/2001, bezogen, so gilt in dem Zeitraum in dem Kinderbetreuungsgeld bezogen wird, der Lebensunterhalt jedenfalls als hinreichend gesichert.

(6) (Verfassungsbestimmung) Die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 7 sowie des Abs. 3 entfallen, wenn die Bundesregierung bestätigt, daß die Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt.

(7) Die Bundesregierung kann über Vorschlag des Bundesministers für Inneres eine Verordnung erlassen, mit der nähere Bestimmungen über das Verfahren zur Erlangung einer Bestätigung der Bundesregierung in Verfahren gemäß Abs. 6 festgelegt werden.

Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

§ 28 Abs. 7 VwGVG ermöglicht es somit dem Verwaltungsgericht, sich in Säumnisbeschwerdeverfahren zunächst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen zu beschränken. Die Erläuterungen (RV BlgNR 2009 24. GP 7) nehmen ausdrücklich Bezug auf die frühere Bestimmung des § 42 Abs. 4 VwGG. Daher kann die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 42 Abs. 4 VwGG aF grundsätzlich auf § 28 Abs. 7 VwGVG übertragen werden. Die in § 28 Abs. 7 VwGVG genannten "einzelnen maßgeblichen Rechtsfragen" sind auch solche, die für die Entscheidung der Rechtssache (der materiellen Verwaltungssache) von Bedeutung sind. § 28 Abs. 7 VwGVG ermöglicht es dem Verwaltungsgericht somit (ebenso wie nach der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Rechtslage § 42 Abs. 4 VwGG dies dem Verwaltungsgerichtshof ermöglichte), aufgrund einer Säumnisbeschwerde zunächst ohne Durchführung eines umfassenden Ermittlungsverfahrens (ohne vollständige Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Sinne des § 37 Abs. 1 AVG) die wesentlichen für die Lösung des Falles maßgeblichen Rechtsfragen zu entscheiden (vgl VwGH 28.05.2015, Ro 2015/22/0017).

Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ist die Frage, ob die Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 bis 6, Z 8 und Abs. 2 StbG erfüllt sind, eine solche, die für die Entscheidung der Rechtsache (der materiellen Rechtssache) von Bedeutung ist.

Diese Frage war zu bejahen, da anhand der Aktenlage und auf Grund der vom Verwaltungsgericht Wien getätigten Abfrage keinerlei Hinweise auf Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Z 2 bis 6, Z 8 und Abs. 2 StbG vorgekommen sind.

Daher hat die belangte Behörde nunmehr binnen einer Frist von 8 Wochen zu prüfen, ob Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatbürgerschaft – ausgenommen diejenigen nach § 10 Abs. 1 Z 2 bis 6, Z 8 und Abs. 2 StbG – vorliegen und einen Bescheid schriftlich zu erlassen.

Ein Vorgehen nach § 28 Abs. 7 VwGVG wurde aus Gründen der Verfahrensökonomie gewählt.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verletzung der Entscheidungspflicht, Verschulden, Beschränkung Rechtsfragen, maßgebliche Rechtsfragen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.152.071.2498.2017

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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