TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/25 LVwG-2015/20/1677-24

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Veröffentlicht am 25.10.2017
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Entscheidungsdatum

25.10.2017

Index

32/01 Finanzverfahren, allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §237

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alfred Stöbich über die gemeinsame Beschwerde der AA und des BA, **** Z, beide vertreten durch die Rechtsanwälte CC, Adresse 1, **** Y, gegen den am 07.10.2014 zugestellten Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X ohne Datum, Zl ****, soweit damit über den Antrag auf Aufhebung der Rückstandsausweise vom 06.03.2013 betreffend EZ **1 KG X, entschieden wurde (Spruchpunkt 1.), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung,

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 279 BAO wird die Beschwerde als keine Folge gegeben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Beschwerdeführern und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt beim Verfassungsgerichtshof eingebracht werden.

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche/außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder Wirtschaftstreuhänderin oder durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder beim Landesverwaltungsgericht Tirol eingebracht werden.

Die für eine Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabegebühren ergeben sich aus § 17a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.   Bisheriger Verfahrensgang:

Mit Eingabe an die Abgabenbehörde vom 19.07.2013 erhoben AA und des BA (in der Folge: Beschwerdeführer) durch ihren damaligen Rechtsvertreter unter anderem Einwendungen gegen die von der Abgabenbehörde ausgestellten Rückstandsausweise vom 06.03.2013 und wurde die sofortige ersatzlose Behebung dieser Rückstandsausweise beantragt.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Beauftragung im Zusammenhang mit einem von DD betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren erfolgt sei und im Zuge der diesbezüglich durchgeführten Akteneinsicht vier Rückstandsausweise bekannt geworden seien. DD habe die offenen Abgabenforderungen der Gemeinde X gegenüber den „E-Eigentümern“ (EZ **1 GB **** X) entsprechend der Vereinbarung vom 27.01.2012 eingelöst, was bedeute, dass die Abgabenbehörde ab 28.02.2012 keine wie auch immer gearteten Abgabenforderungen mehr gegenüber den Eigentümern habe, weshalb die Ausstellung des Rückstandsausweises unzulässig gewesen sei. Darüber hinaus seien entsprechend der im Sommer 2009 zwischen der Abgabenbehörde, der TCM und der RIM getroffenen Vereinbarung sämtliche Miteigentümer, welche aliquot ihrem Miteigentumsanteil Teilzahlungen auf die bestehende Gesamtabgabenschuld geleistet hätten, aus der Solidarhaftung entlassen worden. Zu diesen Miteigentümer würden auch die beiden Antragsteller zählen. Aus diesem Grunde würden Einwendungen gegen sämtliche, die Antragsteller betreffenden Rückstandsausweise erhoben, welche, gleich wie die den Rückstandsauweisen zugrundeliegenden Bescheide, den Antragstellern nie zugestellt worden seien.

Nachdem die Abgabenbehörde mit der Entscheidung über die vorgenannten Anträge säumig war, erhoben die beiden Beschwerdeführer durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter Säumnisbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol.

Dem Auftrag des Landesverwaltungsgerichtes Tirol gemäß § 284 Abs 2 BAO vom 05.08.2014 kam die Abgabenbehörde fristgerecht nach und erließ sodann den nunmehr angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X (ohne Datum), Zl ****, der am 07.10.2014 nachweislich zugestellt wurde. Ua wurde darin in Spruchpunkt 1. der Antrag auf Aufhebung der Rückstandsausweise vom 06.03.2013 betreffend EZ **1 KG X, als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Rückstandsausweise nur die Vollstreckbarkeit der rechtkräftig vorgeschriebenen Abgabenbescheide bestätigen würden, welche zur exekutiven Geltendmachung des Anspruchs des DD, welcher die Abgabenansprüche aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung mit der Gemeinde einlöst habe, ausgestellt worden seien. Die diesbezüglichen Zwangsversteigerungsverfahren seien bereits abgeschlossen. Weiters hätten im Zuge der erhobenen Einwendungen nach § 35 EO alle relevanten Umstände vorgebracht werden müssen, welche eine (teilweise) Aufhebung gerechtfertigt hätten, so zB dass die fälligen Abgabenschulden bezahlt worden wären. Privatrechtliche Vereinbarungen betreffend die Entlassung aus der Haftung würden nicht vorliegen und seien auch nicht belegt worden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer durch ihre nunmehr ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht die Beschwerde vom 05.11.2014. Zur Begründung bzw zum Sachverhalt wurde auf den Aktenvermerk vom 22.10.2014 samt Inhaltsverzeichnis sowie auf die zugleich vorgelegten Beilagen verwiesen. Weiters wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sowohl der angefochtene Bescheid als auch die angefochtenen Rückstandsausweise vom 06.03.2013 ebenso wie die zugrunde liegenden Abgabenbescheide von einem faktischen Organ der Abgabenbehörde 1. Instanz, nämlich Rechtsanwältin FF verfasst und ausgefertigt worden seien. Selbiges gelte auch für die gegenständlich durchaus rechtlich relevante “Einlösungsbestätigung“ des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 28.02.2012. F wiederum sei während des fraglichen Zeitraumes der Erlassung der zugrunde liegenden Abgabenbescheide, der Einlösebestätigung und der angefochtenen Rückstandsausweise vom 06.03.2013 sowie des angefochtenen Bescheides zugleich Rechtsvertreterin des DD gewesen. Als faktisches Organ der Abgabenbehörde gemäß § 76 BAO hätte sich F wegen Befangenheit der Ausübung ihres Amtes enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen gehabt. Da sie dies nicht veranlasst habe, seien die zugrundeliegenden Abgabenbescheide, die Rückstandsausweise vom 06.03.2013 als auch der angefochtene Bescheid im Lichte dieser Beteiligung von F absolut nichtig.

Hinzu komme, dass den Beschwerdeführern wie auch allen übrigen 70 Miteigentümern die zugrundeliegenden Abgabenbescheide in keiner wie auch immer gearteten Form zugegangen, respektive gegenüber ihnen erlassen worden seien. Der angefochtene Bescheid sei daher absolut nichtig.

Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen sowie die genannten Zeugen einzuvernehmen. Weiters wurde beantragt, von Amts wegen vorab zu erheben, ob die zugrundeliegenden Abgabenbescheide überhaupt erlassen wurden, sowie den angefochtenen Bescheid sowie die Rückstandsausweise und die diesen zugrundeliegenden Abgabenscheide ersatzlos zu beheben.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 07.05.2015, Zl ****, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

In weiterer Folge brachten die Beschwerdeführer dagegen fristgerecht den Vorlageantrag vom 22.05.2015 ein und wurde von der Abgabenbehörde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zu Entscheidung vorgelegt.

Am 18.07.2016 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt, die am 24.11.2016 fortgesetzt wurde, anlässlich derer die Verfahren des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zu den Zahlen LVwG-2015/29/1676, LVwG-2015/36/1678, LVwG-2016/20/0541, LVwG-2016/36/0542 und LVwG-2016/29/0543, welche in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren stehen, zu einer gemeinsam Verhandlung verbunden wurden.

In diesen Verhandlungen wurden die Sach- und Rechtslage mit den Parteien und deren Vertretern erörtert und der Bürgermeister der Gemeinde X, GG sowie die Zeugen JJ, KK, LL, MM und FF ebenso wie der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren BA und der Beschwerdeführer im Parallelverfahren NN einvernommen.

Beweis wurde weiters aufgenommen durch Einsichtnahme die genannten Akten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol sowie die diesbezüglichen Akten der Abgabenbehörde, in die Akten der oben angeführten Parallelverfahren, sowie in die Akten des Bezirksgerichtes W zu den Zahlen ****, **** und ****.

II. Sachverhalt:

AA und BA (in der Folge: die Beschwerdeführer) waren aufgrund des Kaufvertrages vom 25.07.1984 zu jeweils 12/7142 Anteilen Miteigentümer an der Liegenschaft EZ **1, KG **** X, mit welchen Wohnungseigentum an W 235 gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975 untrennbar verbunden war (Grundbuchsauszug vom 04.01.2002).

Hiebei handelte es sich um Miteigentumsanteile am sogenannten „Hotel E“ an der Adresse Adresse 2, **** X. Neben AA und BA gab es noch zahlreiche weitere Miteigentümer an dieser Liegenschaft (Grundbuchsauszüge).

Das Hotel selbst wurde von verschiedenen Betreibern geführt, welche unter anderem auch für die Entrichtung der laufenden Abgaben aufkamen. Im Laufe der Jahre entstanden betreffend die gegenständliche Liegenschaft immer wieder Abgabenrückstände gegenüber der Abgabenbehörde. Von Seiten der Gemeinde X wurde diesbezüglich teilweise versucht, die offenen Abgabenrückstände im Wege der Exekution einbringlich zu machen, was jedoch nur teilweise gelang.

Der – laut der Gemeinde X - offene Abgabenrückstand hinsichtlich der Liegenschaft in EZ **1, Grundbuch **** X betreffend den Zeitraum 4. Quartal 2008 bis einschließlich 1. Quartal 2012 in Höhe von Euro 173.144,51 sowie (titelmäßig nicht festgesetzt) die Forderung auf Ersatz der Kosten der Forderungseinbringung in der Höhe von Euro 23.293,98, gesamt sohin Euro 196.438,49, wurde mit Einlösungsvereinbarung vom 27.01.2012, abgeschlossen zwischen der Gemeinde X und DD, an DD um Euro 143.000,-- „verkauft“.

Mit Schreiben vom 28.02.2012 bestätigte der Bürgermeister der Gemeinde X, dass DD gemäß Vereinbarung vom 27.01.2012 die seitens der Gemeinde X gegenüber den Miteigentümern der Liegenschaft in EZ **1, Grundbuch **** X, bestehenden Abgabenforderungen samt Nebengebühren und Kosten in der Höhe von insgesamt € 196.138,49 gemäß § 1122 ABGB eingelöst hat (Einlösebestätigung vom 28.02.2012).

Mit Datum 06.03.2013 wurden betreffend die beiden Beschwerdeführer nachstehende Rückstandsausweise vom Bürgermeister der Gemeinde X ausgestellt:

Abbildung 1 entfernt (im Pdf ersichtlich)

Abbildung 2 entfernt (im Pdf ersichtlich)

Abbildung 3 entfernt (im Pdf ersichtlich)

Abbildung 4 entfernt (im Pdf ersichtlich)

In der Folge beantragte DD beim Bezirksgericht W die Zwangsversteigerung der im Eigentum der beiden Beschwerdeführer stehenden Liegenschaftsanteile von je 12+12/7142 Miteigentumsanteilen an EZ **1, KG **** X, wobei als Titel die vorgenannten Rückstandsausweise mit dem Hinweis vorgelegt wurden, dass mit Einlösungsbestätigung vom 28.02.2012 die Abgabenforderungen der Gemeinde X gegenüber den Eigentümern der genannten Liegenschaft auf die nunmehr betreibende Partei übergegangen sei.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes W vom 02.06.2013, ****, wurde die Zwangsversteigerung gegen die beiden Beschwerdeführer zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von Euro 173.144,51 sowie der Kosten des Exekutionsantrages ob den im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Liegenschaftsanteilen (12+12/7142) an EZ **1, KG **** X bewilligt.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes W vom 24.10.2014, ****, wurde der PP GesmbH der Zuschlag um das Meistbot (nach Überbot) von Euro 9.410,-- als Meistbietender erteilt, dieser Beschluss wurde mit 20.11.2014 rechtskräftig.

Der Beschluss des Bezirksgerichtes W vom 26.02.2015, **** (ON 46) über die Meistbotsverteilung ist seit 25.03.2015 rechtskräftig und vollstreckbar.

Das Eigentumsrecht ob den im Eigentum der Beschwerdeführer gestandenen Liegenschaftsanteile ob der Ersteherin PP GmbH wurde rechtskräftig mit 20.07.2015 im Grundbuch einverleibt (Beschluss BG W vom 15.06.2015, ON 49)

III. Beweiswürdigung:

Vorangeführter Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten unbedenklichen Beweismitteln und nachstehender Beweiswürdigung:

Die Zahlung des Einlösebetrages sowie die Ausbuchungen von 20 % der Forderungen betreffend die Jahre 2008 bis 2010 ergeben sich anhand eines Aktenvermerks des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 02.02.2016. Die Einlösung der Abgabenforderungen und die Ausstellung der Rückstandsausweise sind durch die entsprechenden Schriftstücke dokumentiert.

Die Aufnahme der weiters angebotenen Beweise, insbesondere der Einvernahme der weiteren Miteigentümer konnte unterbleiben, zumal damit keine weitere Klärung des Sachverhaltes von Statten gegangen wäre und der entscheidungsrelevante Sachverhalt aufgrund der unbedenklichen Urkunden und Zeugeneinvernahmen als erwiesen feststeht.

IV. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Im gegenständlichen Fall wurden von den Beschwerdeführern Einwendungen gegen Rückstandausweise vom 06.03.2013 erhoben und beantragt, diese Rückstandsauweise aufzuheben, wobei dies im Wesentlichen damit begründet wurde, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung der Rückstandsauweise auf Grund einer bereits abgewickelten Einlösungsvereinbarung gegenüber der Gemeinde X keine Abgabenschuld der Beschwerdeführer mehr bestanden habe bzw die Abgabenbescheide nicht ordnungsgemäß zugestellt worden seien.

Grundsätzlich ist dazu zunächst auszuführen, dass ein Rückstandsausweis den Bestand und die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld bestätigt und weder ein dem Abgabenschuldner noch ein dem Verpflichteten im Exekutionsverfahren zuzustellender Bescheid ist (vgl VwGH 28.09.1951, Zl 849/49; VwGH 27.11.2000, Zl 2000/17/0100; VwGH 24.10.2002,
Zl 2000/15/0141). Den Erledigungen vom 06.03.2013 kommt daher keine Bescheidqualität zu.

Rückstandsausweise stellen aus den Rechnungsbehelfen der Behörde gewonnene Aufstellungen über Zahlungsverbindlichkeiten dar und sind eine öffentliche Urkunde über den Bestand und die Vollstreckbarkeit von Abgabenschulden (vgl VwGH 29.09.1997,
Zl 96/17/0454; VwGH 10.06.2002, Zl 2002/17/0063; VwGH 24.10.2002, Zl 2000/15/0141).

Eine Zusendung des Rückstandsausweises an den Abgabenpflichtigen ist nicht gesetzlich vorgesehen (VwGH 14.11.1980, Zl 1223/80; VwGH 09.11.2011, 2009/16/0175; ua). Die Vollstreckbarkeit von Rückstandsausweisen hängt daher auch nicht von ihrer vorherigen Zustellung an den Vollstreckungsschuldner ab (vgl VwGH 27.11.2000, Zl. 2000/17/0100; ua).

Hinsichtlich der inhaltlichen Kriterien an einen Rückstandsausweis ist weiter auszuführen, dass dieser die Person des Verpflichteten sowie die Art und den Umfang der geschuldeten Leistung eindeutig bezeichnen muss. Die Nennung der Person, die die Leistung zu erbringen hat, und die Art der Leistung müssen mit den Leistungsgeboten übereinstimmen (vgl Stoll, BAO-Kommentar, 2378; VwGH 29.09.1997, Zl 96/17/0454).

Rechtserheblich sind Rückstandsausweise insofern, als diese gemäß § 229 BAO Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren und sohin unabdingbare Voraussetzung im Vollstreckungsverfahren sind (vgl auch § 4 AbgEO bzw § 1 Z 13 EO). Sie entfalten ihre Wirkung erst im Vollstreckungsverfahren und besteht auch die Möglichkeit ihrer Überprüfung.

So ist der Abgabenschuldner in der Lage, die Richtigkeit des Rückstandsauweises nach Bewilligung der Vollstreckung mit Einwendungen gegen den Anspruch zu bekämpfen.

Dabei ist die Rechtswidrigkeit von Rückstandsausweisen mit Einwendungen geltend zu machen (vgl VwGH 09.03.1990, Zl 85/17/0116; VwGH 10.06.2002, Zl 2002/17/0063; VwGH 24.10.2002, Zl 2000/15/0141). Die Zuständigkeit richtet sich dabei nach den Vorschriften, die für das dem Exekutionstitel zugrunde liegende Verwaltungsverfahren gelten (vgl VwGH 09.12.1986, Zl 86/07/0202; VwGH 29.05.2013, 013/16/0036; uva).

Hinsichtlich der Zuständigkeit ist weiters auszuführen, dass Einwendungen gegen Exekutionstitel bei jener Behörde geltend zu machen sind, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist (vgl § 35 Abs 2 EO, § 12 Abs 2 AbgEO; VwGH 19.04.2012, 2012/01/0049 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, S 554).

Es sind daher Einwendungen gegen die materielle Gültigkeit, Gesetzmäßigkeit und Richtigkeit von Rückstandsausweisen nicht beim Exekutionsgericht, sondern im Verwaltungsweg geltend zu machen (3 Ob 199/00m RdW 2001/753; näher dazu Nunner-Krautgasser, ÖJZ 2000, 833).

In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass Einwendungen, die sich gegen den Abgabenanspruch oder gegen die Abgabenbescheide richten, im Abgabenverfahren mit Beschwerde gegen den jeweiligen Abgabenbescheid geltend zu machen sind (vgl Liebeg, Abgabenexekutionsordnung § 12 Rz 3).

Gemäß § 2 Abs 1 Abgabenexekutionsordnung – AbgEO gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auch für die Einbringung der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche. Soweit sich aus der AbgEO nichts anderes ergibt, sind die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden.

Gemäß § 12 Abs 1 AbgEO können gegen den Anspruch im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.

Gemäß § 15 Abs 1 AbgEO sind im Exekutionstitel (§ 4) unterlaufene offenbare Unrichtigkeiten von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners zu berichtigen. Nach § 15 Abs 2 AbgEO ist eine gesetzwidrig oder irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit der Behörde, die den Exekutionstitel ausgestellt hat, von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners aufzuheben. Mit diesem Antrag kann der Antrag auf Einstellung oder Aufschiebung der Vollstreckung verbunden werden.

Erkennt die Behörde, die den Exekutionstitel ausgestellt hat (Titelbehörde), von selbst, dass der Exekutionstitel an den im § 15 AbgEO angeführten Mängeln leidet (offenbare Unrichtigkeit, gesetzwidrig oder unrichtig erteilte Vollstreckbarkeitsklausel), so hat sie ihn von Amts wegen zu berichtigen bzw aufzuheben (formlos, ohne dass es eines förmlichen Bescheides bedarf).

Ebenso hat die Behörde vorzugehen, wenn sie auf solche Mängel durch einen Antrag des Vollstreckungsschuldners hingewiesen wird und den Antrag für gerechtfertigt erachtet.
Glaubt jedoch die Behörde, einem solchen Vorbringen nicht oder nicht voll entsprechen zu können, muss das Vorbringen als eine Einwendung nach § 13 AbgEO in Behandlung genommen und hierüber mit Bescheid abgesprochen werden (vgl VwGH 25.03.2004, Zl 2002/16/0266, mwN).

Wird eine nicht rechtswirksame Zustellung der Abgabenbescheide behauptet, so bedeutet dies nichts anderes, als dass die Berechtigung der Abgabenbehörde zur Ausstellung eines Rückstandsausweises gem § 229 BAO bestritten wird. Darüber ist nur in einem Verfahren gemäß § 15 Abs 2 AbgEO abzusprechen (vgl Liebeg, Abgabenexekutionsordnung, § 15, Rz 4 mwN).

Eine Rechtswidrigkeit eines Rückstandsausweises kann sich aber nicht nur aus einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung von Abgabenbescheiden ergeben. Rechtswidrig sind etwa auch Rückstandsausweise, mit welchen die Vollstreckbarkeit von Abgabenschuldigkeiten bestätigt wird, welche bereits getilgt sind (VwGH 24.10.2002, 2000/15/0141).

Wird aufgrund eines Rückstandsausweises gerichtlich Exekution geführt, dann hat über Einwendungen gemäß § 35 Abs 2 letzter Satz EO ebenfalls die Titelbehörde, die den Rückstandsausweis ausgestellt hat, zu entscheiden (vgl Liebeg, Abgabenexekutionsordnung, § 12, Rz 18).

Auch nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte ist für Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung iSd § 36 Abs 1 EO gegen einen von einer Verwaltungsbehörde stammenden Titel (nach § 1 Z 12 EO) der Rechtsweg unzulässig, "wenn es um die sachliche Überprüfung des verwaltungsbehördlichen Exekutionstitels oder um die Richtigkeit der von der Verwaltungsbehörde ausgestellten Bestätigung der Vollstreckbarkeit geht"

Wurde daher – so wie auch im gegenständlichen Fall - wegen Abgabenschuldigkeiten ein gerichtliches Exekutionsverfahren eingeleitet, sind die dem § 12 AbgEO entsprechenden Einwendungen gemäß § 35 Abs 2 EO nicht im Klagewege (Oppositionsklage), sondern im Verwaltungsverfahren bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist (vgl VwGH 25.03. 2004, Zl 2002/16/0266, mwN).

In zeitlicher Hinsicht ist ergänzend auszuführen, dass Einwendungen gemäß § 12 Abs 1 AbgEO nur bis zur Beendigung der Anlassexekution erhoben werden können.

Auch die Exszindierungsklage ist nur ab Beginn der Exekution bis zur Beendigung der Exekution zulässig (vgl OGH 26.06.1996, Zl 3 Ob 6/96; OGH 25.10.2000, Zl 3 Ob 233/00m; ua). Nach erfolgte Verteilung des Meistbotes steht demjenigen, der Rechte iSd § 37 EO behauptet, nicht mehr die Klage nach § 37 EO zu.

Der Vollständigkeit halber wird ergänzend angemerkt, dass ua gemäß § 18 Z 4 Abgabenexekutionsordnung bzw § 42 Abs 1 Z 5 EO die finanzbehördliche Vollstreckung auf Antrag aufgeschoben werden kann, wenn gemäß §§ 12 oder 13 Einwendungen erhoben werden bzw wenn Einwendungen nach den §§ 35 oder 36 EO gerichtlich geltend gemacht werden oder Klage nach § 37 EO erhoben wird, wenn aus anderen Gründen auf Unzulässigerklärung der Exekution geklagt wird (§ 39 Abs. 1 Z 5) oder wenn Einwendungen gegen den Anspruch bei der Behörde erhoben werden, von welcher einer der in § 1 Z 10 und 12 bis 14 angeführten Exekutionstitel ausgegangen ist.

Wird aufgrund eines Rückstandsausweises gerichtlich Exekution geführt, dann hat iSd § 42 Abs 1 Z 5 EO über die Aufschiebung der Exekution das Exekutionsgericht unabhängig davon zu entscheiden, ob die Titelbehörde oder das Gericht zur Entscheidung über die Einwendungen berufen ist (vgl Liebeg, Abgabenexekutionsordnung, § 13 Rz 25, OGH 26.06.1991, 3 Ob 14-18/91).

Ein Antrag auf Aufschiebung der Exekution wurde im gegenständlichen Fall im gerichtlichen Exekutionsverfahren **** nicht gestellt.

Im gegenständlichen Fall wird von den Beschwerdeführern die Einlösung von gegenüber den Beschwerdeführern bestehenden Abgabenforderungen im Rahmen einer Zession und somit die Tilgung der Abgabenforderung der Gemeinde X gegenüber den Beschwerdeführern geltend gemacht. Darüber hinaus werden Zustellmängel hinsichtlich der den Rückstandausweisen zugrunde liegenden Abgabenbescheide behauptet.

Beide Einwendungen berühren die Gesetzmäßigkeit und Richtigkeit von Rückstandsausweisen. Diese Einwendungen sind daher – wie vorstehend im Detail ausgeführt - nicht beim Exekutionsgericht, sondern im Verwaltungsweg bei jener Abgabenbehörde, die die Rückstandsauweise ausgestellt hat, geltend zu machen.

Der Bürgermeister der Gemeinde X als Abgabenbehörde hatte sich somit mit diesen Einwendungen auseinanderzusetzen. Die Abgabenbehörde ging im Rahmen der Prüfung dieser Einwendungen davon aus, dass keine den Abgabenanspruch ganz oder teilweise aufhebenden Tatsachen vorgebracht worden seien und wäre insbesondere nach Eintritt der Rechtskraft und Fälligkeit der Abgabenbescheide keine Zahlung erfolgt. Sie wies daher den Antrag auf Behebung der Rückstandsausweise ab und bestätigte diese Entscheidung mit der Beschwerdevorentscheidung vom 08.05.2015.

Am 25.03.2015 wurde der Beschluss des Bezirksgerichtes W vom 26.02.2015 über die Meistbotsverteilung rechtskräftig und vollstreckbar. Dieser Umstand ist für die Entscheidung über die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen gegen den Rückstandsausweis von wesentlicher Bedeutung. Derartige Einwendungen dürfen nämlich nur „im Zuge des Exekutionsverfahrens“ erhoben werden und unterliegen insofern einer zeitlichen Einschränkung.

"Im Zuge des Exekutionsverfahrens" bedeutet nach nunmehr überwiegender Auffassung die Zeit zwischen der Exekutionsbewilligung und der gänzlichen Beendigung (voller Erfolg der Exekution durch Vollzugsmaßnahmen [bei der Forderungsexekution volle Befriedigung durch Zahlung des Drittschuldners]; 3 Ob 51/93; 3 Ob 163/02w) oder der Einstellung einer Exekution (somit deren Abschluss kraft gerichtlicher Verfügung iSd § 39 Abs 1 EO) oder der rechtskräftigen Abweisung des Exekutionsantrags, setzt doch die Geltendmachung eines Oppositionsgrundes die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung nicht voraus (3 Ob 213/02y = JBl 2003, 586 = EvBl 2003/111 = RZ 2003, 188 = RdW 2003, 451). Maßgeblicher Zeitpunkt in allen Fällen ist jedenfalls der Schluss der Verhandlung erster Instanz (OGH 25.02.2004, 3Ob111/03z mwN).

Wird die bei Einbringung der Oppositionsklage zunächst anhängig gewesene Exekution in der Folge beendet oder eingestellt oder wird die Exekutionsbewilligung durch die Rechtsmittelinstanzen beseitigt, so ist die Klage (bei Einstellung erst nach Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses) wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses abzuweisen, sofern die oppositionsklagende Partei das Klagebegehren nicht auf Kosten eingeschränkt hat (Jakusch aaO Rz 68 mwN aus der stRsp; OGH 25.02.2004, 3Ob111/03z).

So hat der OGH in seinem Urteil vom 19.06.2013, 3Ob96/13h, in Bezug auf eine Exzindierungsklage ausgesprochen, dass eine solche die Anhängigkeit einer bewilligten Exekution voraussetzt. Fehlt es an einer solchen, dann erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem geltend gemacht Recht am Exekutionsobjekt. In diesem Urteil hält der OGH auch ausdrücklich fest, dass unter Beendigung der Exekution nicht nur die vollständige Befriedigung der betriebenen Forderung zu verstehen ist, sondern die Exekution auch dann beendet ist, wenn alle in Betracht kommenden Exekutionsschritte in Bezug auf das konkrete Verfahren gesetzt worden sind.

Diese Erwägungen des OGH gelten in gleicher Weise in Bezug auf Einwendungen gegen einen Rückstandausweis, welche bei der Abgabenbehörde geltend zu machen sind, dienen diese doch genau dazu, den Vollzug der Exekution, im konkreten Fall die Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile, zu verhindern.

Im gegenständlichen Fall wurde die Exekution gegenüber den beiden Beschwerdeführen im März 2015 beendet. Somit ist im Sinne der Erwägungen des OGH im oben angeführten Urteil vom 25.02.2004 das Rechtsschutzinteresse weggefallen und hatte sich das erkennende Gericht daher nicht mehr mit den Einwendungen gegen den Rückstandsausweis auseinanderzusetzen.

V.   Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf die in dieser Entscheidung angeführte höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, von der auch mit gegenständlicher Entscheidung nicht abgewichen wurde. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Alfred Stöbich

(Richter)

Schlagworte

Rückstandsausweis; Exekutionstitel; Einwendungen; Zuständigkeit; Aufschiebung der Exekution;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2015.20.1677.24

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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