Entscheidungsdatum
06.11.2017Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §26 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Hermann Riedler über die Beschwerde des AA, vertreten durch RA Mag. BB, Adresse 1, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.07.2017, ****, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.07.2017, Zl ****, wurde Herrn AA gemäß § 26 Abs 1 GewO 1994 die Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung wegen gerichtlicher Verurteilung für die Ausübung des „Mietwagen-Gewerbes“ verweigert. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass AA mit Urteil des Landesgerichtes X vom 06.03.2006, Zl ****, wegen §§ 127 und 128 StGB zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe von 6 Monaten – Verbrechen des schweren Diebstahls – verurteilt worden sei. Im Hinblick auf die beabsichtigte Gewerbeausübung im Taxi- bzw Mietwagen-Gewerbe und vor allem im Hinblick auf die mit dieser Tätigkeit verbundenen Geldgeschäfte im direkten Kundenkontakt könne nicht ausgeschlossen werden, dass die berufliche Position zur Erlangung persönlicher Vorteile missbraucht werde. Obwohl die Verurteilung schon einige Jahre zurückliege, sei in Hinsicht auf die mit dem Gelegenheitsverkehrs-Gewerbe verbundenen Sorgfaltspflichten sowie der für die Ausübung des Gewerbes erforderlichen Zuverlässigkeit der maßgeblichen Personen und vor allem des gewerberechtlichen Geschäftsführers zu befürchten, dass eine gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begangen werde.
Insgesamt sei der Nachsichtswerber wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen (Sachbeschädigung), mehrmaliger gefährlicher Drohung, mehrmaliger fahrlässiger Körperverletzung, Diebstahl und schwerem Diebstahl verurteilt worden. Im Hinblick auf die Persönlichkeit des Verurteilten sei zu erkennen, dass sich auch die Art der Verurteilungen trotz rechtskräftiger Strafen wiederhole. Der Nachsichtswerber sei offensichtlich nicht in der Lage, sich an die Gesetze zu halten.
Im österreichischen Strafregister würden insgesamt sieben rechtskräftige Verurteilungen aufscheinen und habe der Beschwerdeführer angegeben, im Jahre 2006 wegen des Vergehens des Diebstahls verurteilt worden zu sein und dass es noch zwei Verurteilungen im Rahmen von Verkehrsunfällen gebe. Der Antragsteller sei eindeutig nicht gewillt, sich den Großteil seiner Taten einzugestehen und streite diese trotz rechtskräftiger Verurteilungen ab. Dies zeige eine stark mangelnde Schuldeinsicht und könne seitens der belangten Behörde keine positive Prognoseentscheidung für eine zukünftige Gewerbeausübung abgegeben werden.
Auch wenn der Großteil der Verurteilungen an sich keinen Gewerbeausschluss darstelle, könne festgestellt werden, dass sich die Straftaten der letzten 15 Jahre innerhalb kurzer Abstände zahlreich wiederholt hätten. Die letzte Verurteilung sei erst im Jahre 2017 gewesen. Die Behörde müsse davon ausgehen, dass diese offensichtliche Neigung zu strafbaren Handlungen weitergeführt werde und sich vor allem bei der beabsichtigten Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer weitere Straftaten ereignen. Auch im Hinblick auf den Umgang mit Geschäftspartnern und oft auch schwierigen Kunden im besagten Gewerbe sei stark zu befürchten, dass Herr AA wiederum derartige Delikte begehe. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Nachsicht würden somit nicht vorliegen.
Gegen diese Entscheidung wurde von AA, nunmehr vertreten durch RA Mag. BB, Y, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und diese seinem vollen Umfang nach bekämpft und die gänzliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw dessen Abänderung dahingehend begehrt, dass dem Beschwerdeführer die beantragte Nachsicht vom Gewerbeausschluss wegen gerichtlicher Verurteilung gewährt wird. Die einzige den Tatbestand einer von einem Gericht wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen datiere vom 06.03.2006 und sei daher schon mehr als 10 Jahre zurückliegend. Die anderen vorhandenen Verurteilungen würden den Gewerbeausschlussgrund nach § 13 Abs 1 GewO unstrittig nicht erfüllen und hätten bei der Beurteilung, ob dem Beschwerdeführer Nachsicht gewährt werden könne oder nicht, außer Acht zu bleiben. Die allenfalls einen Gewerbeausschlussgrund darstellende Verurteilung aus dem Jahr 2006 wäre auch - für sich betrachtet – bereits lange getilgt. Schon hieraus ergebe sich, dass bei richtiger Gesetzesanwendung Nachsicht zu gewähren gewesen wäre.
Eine unterstellte „Neigung“ des Beschwerdeführers zu strafbaren Handlungen, insbesondere zu solchen, die mit dem beabsichtigten Gewerbe in irgendeinen Zusammenhang zu bringen seien, bestehe tatsächlich jedenfalls nicht.
Beim „Mietwagen-Gewerbe“ sei allenfalls vordringlich ein Umgang mit Barmitteln erforderlich. Seit seiner Verurteilung aus dem Jahr 2006 habe und hatte der Beschwerdeführer stets mit dem Inkasso und der nachfolgenden Abführung von inkassierten Mitteln zu tun. Seit über 10 Jahren sei es bei dieser Tätigkeit zu keinerlei Beanstandungen gekommen. Der Beschwerdeführer habe durch diesen langen Zeitraum daher mehr als nur bewiesen, dass er eine verlässliche Person sei. Der genannten Verurteilung vom 06.03.2006 nachfolgend sei der Beschwerdeführer tatsächlich drei weitere Male verurteilt worden (zuvor zwei Mal im Jahr 2002).
Zu diesen Verurteilungen sei festzuhalten, dass es sich bei jener vom 23.04.2008 und bei jener vom 05.06.2013 je um Verurteilungen nach § 88 StGB gehandelt habe, sohin jedenfalls um Fahrlässigkeitsdelikte (und eben gerade keine Vorsatztaten). Diese beiden, der Verurteilung vom 06.03.2006 nachfolgenden Verurteilungen, seien daher jedenfalls nicht geeignet, um zum Schluss zu gelangen, dass beim Beschwerdeführer eine „offensichtliche Neigung bestünde, strafbare Handlungen zu begehen“, wie es die belangte Behörde rechtlich unzutreffend unterstelle.
Ob der Verurteilung vom 05.01.2017 sei festzuhalten, dass es sich hierbei um eine Verurteilung nach § 125 StGB, sohin eine Sachbeschädigung, gehandelt habe. Eine solche habe mit dem „Mietwagen-Gewerbe“ nichts zu tun, möge dort auch – was tatsächlich nicht der Fall sei – vereinzelt ein Umgang mit „schwierigen Kunden“ nötig sein. Wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung sei der Beschwerdeführer im Übrigen ja überhaupt nie verurteilt worden.
Der erstbehördliche Schluss, aus drei Verurteilungen binnen 10 Jahren, die isoliert und für sich betrachtet den genannten Gewerbeausschluss je nicht erfüllen, eine Tendenz zu strafbaren Handlungen ableiten zu können, sei verfehlt und unbillig zu Lasten des Beschwerdeführers hart. Der Beschwerdeführer habe sein Leben geordnet und werde in Zukunft nicht mehr mit den Strafbehörden in Konflikt geraten. Dieser habe seine Taten auch eingestanden und streite diese auch nicht ab. Rechtlich richtig wäre dem Beschwerdeführer die beantragte Nachsicht zu gewähren gewesen.
Es wurden die Anträge an das Landesverwaltungsgericht gestellt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und der gegenständlichen Beschwerde stattzugeben, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw zufolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben und auszusprechen, dass dem Beschwerdeführer die beantragte Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund wegen gerichtlicher Verurteilungen erteilt werde, in eventu den angefochtenen Bescheid im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die gegenständliche Rechtssache zur ergänzenden Entscheidung an die Behörde I. Instanz zurückzuverweisen.
Ergänzend zum Beschwerdevorbringen wurde mit Schriftsatz vom 15.09.2017 eine Bestätigung des Herrn EE vom 15.09.2017 nachgereicht, aus welcher hervor geht, dass der Beschwerdeführer am 07.04.2016 einen im von ihm gelenkten Bus des Unternehmens „DD“ aufgefundenen Geldbetrag in der Höhe von ca Euro 9.800,00 aufgefunden und diesen Herrn EE vollständig retourniert habe, welcher diesen Geldbetrag in weiterer Folge seinen abgereisten zwei portugiesischen Mitarbeitern aushändigen konnte. Auch dadurch habe der Beschwerdeführer bewiesen, dass er eine verlässliche Person sei. Im Zuge seiner für das Mietwagengewerbe berufsspezifisch einschlägigen Tätigkeit sei es nicht nur zu keinen Beanstandungen gekommen, er habe auch sein Wohlverhalten mehr als nur bewiesen.
Beweis aufgenommen wurde durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und in jenen des Landesverwaltungsgerichts Tirol zu Zl FF sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol, im Rahmen welcher der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit hatte, seinen Rechtsstandpunkt darzulegen.
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Mit E-Mail vom 30.05.2017 beantragte AA, damals vertreten durch RA Dr. GG, Z, bei der Bezirkshauptmannschaft Y die Nachsicht vom Gewerbeausschluss wegen gerichtlicher Verurteilungen zur Ausübung des „Taxi-Gewerbes“ und des „Mietwagen-Gewerbes“.
Im Strafregister der Republik Österreich – geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheinen folgende Verurteilungen gegen AA auf:
„01) LG Y **** vom 23.10.2002 RK 29.10.2002
PAR 107/1 StGB -
Geldstrafe von 100 Tags zu je 5,00 EUR (500,00 EUR) im NEF 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3
Jahre
Vollzugsdatum 03.10.2006
zu LG Y **** RK 29.10.2002
Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen
LG Y **** vom 04.03.2004
02) BG Y **** vom 06.11.2002 RK 12.12.2002
PAR 88/1 StGB
Geldstrafe von 40 Tags zu je 29,00 EUR (1.160,00 EUR) im NEF 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 2 Jahre
IN DER FASSUNG BG Y **** VOM 06.02.2003
Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG Y **** RK 29.10.2002 Vollzugsdatum 12.12.2002
zu BG Y **** RK 12.12.2002
(Teil der) Geldstrafe nachgesehen, endgültig
Vollzugsdatum 12.12.2002
BG Y **** vom 16.12.2004
03) LG Y **** vom 04.03.2004 RK 08.03.2004
PAR 107/1 U 2 StGB
Geldstrafe von 180 Tags zu je 2,00 EUR (360,00 EUR) im NEF 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Vollzugsdatum 04.09.2006
04) LG X **** vom 06.03.2006 RK 06.03.2006
PAR 127 128 ABS 1/4
Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Vollzugsdatum 06.03.2006
zu LG X **** RK 06.03.2006
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
BG T **** vom 23.04.2008
zu LG X **** RK 06.03.2006
(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig
Vollzugsdatum 06.03.2006
LG X **** vom 09.03.2012
05) BG T **** vom 23.04.2008 RK 28.04.2008
PAR 88/1 U 3 (81 ABS 1 /1) StGB
Datum der (letzten) Tat 13.12.2007
Geldstrafe von 120 Tags zu je 10,00 EUR (1.200,00 EUR) im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Vollzugsdatum 04.06.2009
06) BG Y **** vom 05.06.2013 RK 13.05.2014
§ 88 (1 u 4) 1. Fall StGB
Datum der (letzten) Tat 29.04.2012
Geldstrafe von 120 Tags zu je 4,00 EUR (480,00 EUR) im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Vollzugsdatum 19.05.2015
07) BG Z **** vom 16.02.2017 RK 21.02.2017
Datum der (letzten) Tat 05.01.2017
Geldstrafe von 150 Tags zu je 4,00 EUR (600,00 EUR) im NEF 75 Tage Ersatzfreiheitsstrafe“
Aus dem Strafregisterauszug ist ersichtlich, dass nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragungen der Tilgungszeitraum (zurzeit) nicht errechenbar ist.
Der Beschwerdeführer scheint weiters wegen zahlreicher Verwaltungsübertretungen zwischen dem 14.11.2012 und dem 15.03.2017 (Missachtung des Rotlichtes einer Ampelanlage, Geschwindigkeitsüberschreitungen, Parkübertretungen, Nichterteilung der Lenkerauskunft, Telefonieren während des Fahrens ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung) auf.
Der Beschwerdeführer ist 40 Jahre alt, lebt in Lebensgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin und hat zwei Kinder im Alter von drei und acht Jahren. Laut eigenen Angaben verfügt er seit etwa 10 Jahren über einen Taxiführerschein und hat in den letzten fünf Jahren auch Busse gelenkt. Seit etwa 8 Monaten ist der Beschwerdeführer als Taxilenker für das Unternehmen „RR“ in Z tätig und hat nach eigenen Angaben mittlerweile die Konzession für Personenbeförderung für Taxis erworben. Er hat die Absicht, sich selbständig zu machen. Der Beschwerdeführer streitet seine Straftaten nicht ab und bereut diese.
Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich schlüssig aus dem Akt der belangten Behörde zu **** und aus dem Akt des Verwaltungsgerichtes Tirol zu Zl LVwG-****, diese wurden auch vom Beschwerdeführer im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.10.2017 nicht bestritten.
III. Rechtliche Erwägungen:
Gemäß § 13 Abs 1 Z 1 lit b und Z 2 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie wegen einer sonstigen (Anmerkung: nicht unter lit a fallenden) strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen von einem Gericht verurteilt worden sind und die Verurteilung nicht getilgt ist. Dieser Ausschließungsgrund greift auch, wenn vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes X vom 06.03.2006, Zl ****, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, weil er am 17.05.2005 in U Verfügungsberechtigten des Hotels „PP“ fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von über Euro 3.000,00, nämlich ein computergesteuertes Abrechnungssystem-Sendegerät im Wert von Euro 2.300,00 sowie einen Bargeldbetrag von Euro 1.296,00 mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Bereits vor dieser Verurteilung war der Beschwerdeführer vom Landesgericht Y am 23.10.2002 wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, am 04.03.2003 vom Bezirksgericht Y ebenfalls wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (eine Frau war wiederholte Male gefährlich mit dem Tod bedroht worden, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen) und mit Urteil des Bezirksgerichtes Y vom 06.11.2002 wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB (Verkehrsunfall) jeweils zu Geldstrafen verurteilt worden.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes T vom 23.04.2008 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, am 13.12.2007 als Lenker eines LKW`s auf einen vor ihm verkehrsbedingt anhaltenden PKW insgesamt dreimal aufgefahren zu sein, wobei er krankheitsbedingt fahruntüchtig war, sohin unter besonders gefährlichen Verhältnissen, wodurch der Lenker und der Beifahrer fahrlässig am Körper verletzt wurden und dadurch das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 3 (§ 81 Abs 1 Z 1) StGB befangen zu haben, weswegen er zu einer Geldstrafe von insgesamt Euro 1.200,00, im UEF 60 Tage, verurteilt wurde.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Y vom 05.06.2013 zu Zl **** wurde der Beschwerdeführer neuerlich wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 1. Fall StGB zu einer Geldstrafe von insgesamt Euro 480,00, im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.
Schließlich wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes Z vom 16.02.2017 wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,00, im NEF 75 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt, weil er am 05.01.2017 in Z eine fremde Sache, nämlich den Seitenspiegel eines LKW`s durch Schläge mit der Hand beschädigt hat, wodurch ein Schaden in der Höhe von Euro 731,62 entstanden ist.
Eine Tilgung der verhängten Strafen ist bislang noch nicht eingetreten.
Die Verurteilung des LG X vom 06.03.2006 zu Zl **** erfüllt grundsätzlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs 1 Z 1 lit b und Z 2 GewO 1994, weshalb der Beschwerdeführer von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen ist.
Gemäß § 26 Abs 1 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs 1 oder 2 leg cit die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist. Bei der Prognose nach § 26 Abs 1 GewO 1994 ist auf den seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum abzustellen, wobei dem zwischenzeitigen Wohlverhalten des Berufungswerbers jenes Gewicht beigemessen werden können muss, um von einer eine negative Prognose der nach dieser Bestimmung ausschließenden Wandlung des Persönlichkeitsbildes ausgehen zu können (VwGH 27.05.2009, Zahl 2009/04/0101; 17.09.2010, Zahl 2010/04/0026).
Bei der Erteilung der Nachsicht gemäß § 26 Abs 1 GewO 1994 handelt es sich um eine gebundene Entscheidung; sie liegt nicht im Ermessen der Behörde (arg: „…hat…zu erteilen…“). Das Wort „hat“ normiert – wie das Wort „ist“ in dem diesbezüglich vergleichbaren § 87 Abs 1 GewO 1994 (vgl dazu Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2 (2003), Rz 2 zu § 87, S 738) – eine exakte Verhaltensdeterminante der Verwaltung und zeigt, dass die Erteilung der Nachsicht nicht im Ermessen der Behörde liegt, sondern bei Zutreffen der Voraussetzungen erfolgen muss (vgl VwGH 17.09.2010, 2008/04/0040).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Nachsicht gemäß § 26 Abs 1 GewO 1994 erst dann zu erteilen, wenn die in dieser Bestimmung genannte Befürchtung gar nicht besteht. Bei der Prüfung der Frage, ob die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist, hat die Behörde sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen (vgl VwGH 28.09.2011, Zahlen 2011/04/0148-0151).
Nach ständiger Rechtsprechung soll mit dem Nachsichtrecht vermieden werden, dass Bestimmungen, die für den Regelfall richtig sind, auf Ausnahmefälle angewendet zu widersinnigen Ergebnissen führen. Eine Nachsicht soll immer die Ausnahme bilden und darf nicht eine Regel werden [Gruber/Baliege-Barfuß, GewO7 (11. Erg-Lfg 2012) Einl zu § 26 Anm 1] Anmerkung 1 zu § 26).
In der vorliegenden Beschwerde werden die sieben oben genannten strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers aus den Jahren 2002 bis 2017, sohin in einem Zeitraum von rund 15 Jahren, außer Streit gestellt.
Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass lediglich die gerichtliche Verurteilung aus dem Jahre 2006, welche schon mehr als 10 Jahre zurückliegt, den Tatbestand des § 13 Abs 1 GewO erfüllt und die anderen Verurteilungen außer Betracht zu bleiben hätten und es sich bei den Verurteilungen vom 23.04.2008 und vom 05.06.2013 jeweils um Fahrlässigkeitsdelikte handelt sowie der Verurteilung vom 05.01.2017 eine Sachbeschädigung zugrunde liege, die mit dem Mietwagen-Gewerbe nichts zu tun hätte, ist darauf hinzuweisen, dass es auf die Hintergründe der verübten strafbaren Handlungen nicht ankommt (vgl VwGH vom 17.04.2012, Zl 2008/04/0009).
Bei der Prüfung der Frage der Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Befürchtung, der Verurteilte werde die gleiche oder ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen, ist sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf die Persönlichkeit des Verurteilten Bedacht zu nehmen, wobei auf den Umstand der gerichtlichen Verurteilung abzustellen ist (vgl VwGH vom 09.09.1998, 98/04/0117; VwGH vom 20.12.1994, Zahl 92/04/0097).
Die dem Gewerbeausschluss zugrunde liegende Verurteilung vom Jahre 2006 hatte das Vergehen eines schweren Diebstahles zum Gegenstand, die Verurteilungen vom 23.10.2002 und vom 04.03.2004 jeweils gefährliche Drohungen und die letzte Verurteilung vom 16.02.2017 eine Sachbeschädigung. Aus diesen Verurteilungen, aber auch aus den oben zitierten drei fahrlässigen Körperverletzungen, ergibt sich somit ein Charakterbild des Beschwerdeführers, aus dem offensichtlich der Schluss naheliegt, dass dieser ein unbeherrschter Mensch ist, der in verschiedenen Gelegenheiten zu Straftaten neigt. Diese Delikte hat der Beschwerdeführer zwar nicht in Ausübung eines Gewerbes begangen, jedoch ist aus der Eigenart der strafbaren Handlungen der Schluss zulässig, dass der Beschwerdeführer bei Ausübung des beantragten Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen könnte. Gerade im Mietwagen-Gewerbe kommt es auch immer wieder zu Stresssituationen, in welchen beim Beschwerdeführer die Neigung besteht, dass seine Unbeherrschtheit ausbricht und er zu Straftaten neigen könnte. Auch beim Mietwagen-Gewerbe sind viele Personenkontakte verbunden, wobei aggressives Verhalten gegenüber Kunden und Geschäftspartnern zu vermeiden ist.
Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn diese zur Auffassung gelangt, dass aufgrund der in den letzten 15 Jahren zahlreich wiederholten Straftaten, wobei die letzte Verurteilung aus dem Jahr 2017 datiert, dass der Beschwerdeführer diese offensichtliche Neigung zu strafbaren Handlungen weiter führen könnte und im Hinblick auf den Umgang mit Geschäftspartnern und oft auch schwierigen Kunden im Mietwagen-Gewerbe zu befürchten ist, dass der Beschwerdeführer wiederum derartige Delikte begehen könnte. Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 29.04.2014, 2013/04/0150-6, ausgeführt, dass es nicht unschlüssig ist, wenn sich die belangte Behörde bezüglich der Eigenart des strafbaren Verhaltens darauf stützte, die Ausübung eines Gewerbes biete Gelegenheit zur Begehung von Vermögensdelikten gegenüber Kunden und anderen Geschäftspartnern. Dass der Beschwerdeführer ein unkritisches Verhalten gegenüber der Rechtsordnung an den Tag gelegt hat, ergibt sich auch aus den oben genannten zahlreichen Verwaltungsübertretungen im Straßenverkehr. Gerade aber von einem Taxi- bzw Mietwagenlenker muss erwartet werden können, dass er sich konsequent an Verkehrsregeln hält. Nachvollziehbar hat deshalb die belangte Behörde aus den strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers in den letzten 15 Jahren gegen fremdes Vermögen (Sachbeschädigung), mehrmaliger gefährlicher Drohung, mehrmaliger fahrlässiger Körperverletzung, Diebstahl und schwerem Diebstahl den Schluss gezogen, es könne die Befürchtung gemäß § 26 Abs 1 GewO 1994, dass der Beschwerdeführer eine gleiche oder ähnliche Straftat bei der Ausübung des von ihm angestrebten Gewerbes begehen werde, nicht verneint werden.
Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer sein Leben geordnet hat und in Zukunft nicht mehr mit den Strafbehörden in Konflikt geraten wird und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.10.2017 seine Taten bereut hat, ist darauf hinzuweisen, dass die letzte strafgerichtliche Verurteilung vom 16.02.2017 und die letzte Verwaltungsübertretung (§ 103 Abs 2 KFG) vom 15.03.2017, rechtskräftig am 15.05.2017, datieren, sodass diesen Umständen, vor dem Hintergrund des vorangegangenen, wiederholten Rückfalls des Beschwerdeführers in das deliktische Verhalten, noch kein hinreichendes Gewicht zukam, um die Befürchtung im Sinne des § 26 Abs 1 GewO 1994 zu verneinen.
Schließlich ist mit dem Vorbringen, dass lediglich die strafgerichtliche Verurteilung vom 06.03.2006 einen Gewerbeausschlussgrund bildet und die anderen sechs Verurteilungen außer Betracht zu bleiben hätten, zumal diese, isoliert für sich betrachtet, den genannten Gewerbeausschluss je nicht erfüllen würden und dass daraus eine Ableitung einer Tendenz zu strafbaren Handlungen verfehlt und zu Lasten des Beschwerdeführers unbillig hart wäre, nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Obwohl bei der Prognose nach § 26 Abs 1 GewO 1994 auf den seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum abzustellen ist (VwGH vom 17.09.2010, 2010/04/0026), kann im konkreten Fall unter Berücksichtigung sämtlicher Straftaten und Verwaltungsübertretungen über einen Zeitraum von rund 15 Jahren auch nach etwa 12 Jahren (Verurteilung durch das LG X aufgrund einer Straftat vom 17.07.2005) nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen und Heranziehung der diesbezüglichen höchstgerichtlichen Judikatur nicht jenes Gericht beigemessen werden, das die in Rede stehende Befürchtung rechtswidrig erscheinen ließe, zumal die letzte Verurteilung, wie bereits vorhin erwähnt, noch kein Jahr zurückliegt. An dieser Prognose vermag auch der vom Beschwerdeführer im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.10.2017 gewonnene persönliche Eindruck und der Umstand nichts zu ändern, dass es beim Beschwerdeführer seit über 10 Jahren beim Inkasso und der nachfolgenden Abführung von Geldern zu keinerlei Beanstandungen gekommen ist und dieser lobenswerterweise, aufgrund der beigebrachten Bestätigung des Herrn EE, im Jahre 2016 einen erheblichen Bargeldbetrag in seiner Zeit von ihm gelenkten Bus aufgefunden und diesen wiederum vollständig retourniert hat. Dem Versprechen des Beschwerdeführers, sein Leben geordnet zu haben und in Zukunft nicht mehr mit den Strafbehörden in Konflikt zu treten, kann nach Ansicht des erkennenden Gerichtes unter Zugrundelegung der vorliegenden Vergehen und den damit zusammenhängenden Ausführungen zumindest derzeit noch nicht jenes Gewicht beigemessen werden, um von einer eine negative Prognose nach § 26 Abs 1 GewO 1994 ausschließenden Wandlung des Persönlichkeitsbildes ausgehen zu können. Es wird am Beschwerdeführer gelegen sein, durch sein künftiges Wohlverhalten unter Beweis zu stellen, dass er sich an die Rechtsordnung hält, um dadurch künftighin eine für ihn günstige Zukunftsprognose zu erwirken
Insgesamt ist das Verwaltungsgericht Tirol zum derzeitigen Zeitpunkt nicht davon überzeugt, dass nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des angestrebten Gewerbes nicht zu befürchten wäre und sieht daher keinen Grund gegeben, die Entscheidung der belangten Behörde zu korrigieren.
Bei diesem Verfahrensergebnis war wie im Spruch zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hermann Riedler
(Richter)
Schlagworte
Mietwagen; Gewerbeausschluss; Nachsicht; gerichtliche Verurteilung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.41.1857.4Zuletzt aktualisiert am
27.11.2017