TE Bvwg Beschluss 2017/11/7 W217 2172852-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.11.2017
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Entscheidungsdatum

07.11.2017

Norm

AVG 1950 §13 Abs3
BPGG §11
BPGG §3
BPGG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13
VwGVG §17
VwGVG §9

Spruch

W217 2172852-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom XXXX, Zl. XXXX, mit welchem das auf Grund des Antrages vom 31.05.2016 auf Gewährung des Pflegegeldes eingeleitete und mit Bescheid vom XXXX abgeschlossene Verfahren wieder aufgenommen wird, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 9 Abs. 1, 17 und 31 Abs. 1 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

B)

DIE REVISION IST GEMÄß ART 133 ABS. 4 B-VG NICHT ZULÄSSIG.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (in der Folge: belangte Behörde) vom XXXX, Zl. XXXX, wurde das Verfahren, mit welchem Frau XXXX (in der Folge: BF) ein Pflegegeld der Stufe 2 ab 01.06.2016 zuerkannt wurde, wieder aufgenommen und der Antrag vom 31.05.2016 auf Gewährung des Pflegegeldes abgelehnt. Darüber hinaus wurde das der BF vom 01.06.2016 bis 30.04.2017 zu Unrecht angewiesene Pflegegeld von EUR 3.190,-- rückgefordert.

In der rechtlichen Begründung führte die belangte Behörde aus, dass ihr nach Bescheiderteilung bekannt geworden sei, dass die BF eine Leistung aus Polen beziehe. Unterliege nunmehr eine pflegebedürftige Person in der Krankenversicherung den Rechtsvorschriften eines anderen EU-Mitgliedstaates, EWR-Staates oder der Schweiz, sei dieser auch für pflegebedingte Leistungen zuständig. Da die BF der Krankenversicherung in Polen zugehörig sei, sei auch dieser Staat für pflegebedingte Leistungen zuständig. Der Antrag auf Pflegegeld sei daher abzulehnen.

In der Rechtsmittelbelehrung wurde ausgeführt, dass die BF das Recht habe, binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheides Beschwerde zu erheben. Diese Beschwerde sei an das Bundesverwaltungsgericht zu richten. In der Erläuterung zu den Rechtsmitteln ist weiters ausgeführt, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem AVG durch Beschwerde angefochten werden könne.

Weiters wurde die BF über das Klagerecht gegen die Feststellung(en) nach den Bestimmungen des ASVG beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht Wien belehrt.

2. Am 04.09.2017 übernahm die belangte Behörde die Beschwerde der BF gegen den Bescheid vom XXXX betreffend das rückgeforderte Pflegegeld. Begründend führte die BF aus, seit dem Bescheid vom XXXX habe sich ihre Situation nicht geändert. Sie könne zwar eine "Stornierung" des Pflegegeldes verstehen, jedoch könne sie eine Rückforderung weder nachvollziehen noch akzeptieren.

3. Mit Schreiben vom 03.10.2017, ho. eingelangt am 09.10.2017, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und führte dazu aus, dass erst nach Abschluss des Verfahrens hervorgekommen sei, dass die BF aus Polen seit 23.07.2009 eine Alterspension beziehe. Damit unterliege sie auch in der Krankenversicherung den Rechtsvorschriften Polens. Polen sei daher auch für pflegebedingte Leistungen zuständig, weshalb der Antrag auf Pflegegeld abzulehnen gewesen sei.

4. Das Bundesverwaltungsgericht, Gerichtsabteilung W217, erteilte der BF mit Schreiben vom 10.10.2017 einen Mängelbehebungsauftrag, in welchem die BF zunächst darauf hingewiesen wurde, dass in der Rechtsmittelbelehrung ausgeführt wurde, dass sie das Recht habe, binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheides gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens Beschwerde zu erheben.

Die BF wurde sohin aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des Bescheides betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens anzuführen, sowie das Begehren darzulegen. Weiters wurde die BF im Rahmen des Mängelbehebungsauftrages darauf hingewiesen, dass ihr Anbringen gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen werde, sofern die Mängelbehebung nicht innerhalb offener Frist durchgeführt wird.

Darüber hinaus wurde die BF darauf hingewiesen, dass mit dem Bescheid vom XXXX sowohl ihr Antrag vom 31.05.2016 auf Gewährung des Pflegegeldes abgelehnt sowie darüber hinaus das ihr zu Unrecht vom 1. Juni 2016 bis 30. April 2017 angewiesene Pflegegeld von EUR 3.190,-- rückgefordert und ausgesprochen wurde, dass dieses binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Bescheides bei sonstiger Exekution zurückzuzahlen sei. Die BF wurde nochmals auf die Belehrung über das Klagerecht hingewiesen.

Der Mängelbehebungsauftrag wurde der BF am 16.10.2017 zugestellt.

5. Die BF kam dem Mängelbehebungsauftrag innerhalb offener Frist nicht nach.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF brachte mit Schreiben vom 04.09.2017 eine mangelhafte Beschwerde ein; diesbezüglich wird auf die obige Darstellung im Verfahrensgang verwiesen.

Der Mängelbehebungsauftrag wurde am 16.10.2017 von der BF persönlich übernommen.

Dem Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.10.2017 wurde seitens der BF nicht entsprochen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt, die Einbringung einer ordnungsgemäß verbesserten Beschwerde ist bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht dokumentiert.

Die ordnungsgemäße Zustellung des Mängelbehebungsauftrages ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Zustellnachweis.

Die Beschwerde der BF entspricht nicht den in § 9 VwGVG festgelegten Vorgaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu enthalten:

(1) die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,

(2) die Bezeichnung der belangten Behörde,

(3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

(4) das Begehren und

(5) die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Die Materialien (RV 2009 der Beilagen XXIV. GP, S. 4) zu dieser Bestimmung enthalten folgende Ausführungen:

"Zu § 9:

Der vorgeschlagene § 9 regelt den Inhalt der Beschwerde. Gemäß Abs. 1 soll die Beschwerde den angefochtenen Bescheid (die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die angefochtene Weisung) und die belangte Behörde bezeichnen. Bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG tritt an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat. Die Beschwerde hat die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, das Begehren und die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde, zu enthalten.

Diese Angaben sind deshalb erforderlich, weil das Verwaltungsgericht gemäß dem vorgeschlagenen § 27 im Prüfungsumfang beschränkt sein soll. Die Anforderungen an die Beschwerde sind demnach höher als die Anforderungen an eine Berufung gemäß § 63 Abs. 3 AVG. Es darf jedoch nicht verkannt werden, dass schon das vorangegangene Verwaltungsverfahren den Parteien besondere Achtsamkeit abverlangt; so etwa die rechtzeitige Erhebung zulässiger, auf subjektive Rechte bezogener Einwendungen, um die Parteistellung nicht zu verlieren (§ 42 Abs. 1 AVG). Mangelhafte Beschwerden sind unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 AVG einer Verbesserung zugänglich.

Der vorgeschlagene Abs. 2 bestimmt den Begriff der ‚belangten Behörde' näher."

Aus den Ausschussfeststellungen (AB 2112 BlgNR XXIV. GP S.7) ergibt sich Folgendes:

"Der Verfassungsausschuss geht davon aus, dass die inhaltlichen Anforderungen an eine Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG jenen des § 63 Abs. 3 AVG materiell entsprechen. Aus der Beschwerdebegründung muss der Wille des Beschwerdeführers erkennbar sein, im Beschwerdeverfahren ein für ihn vorteilhafteres Verfahrensergebnis zu erreichen. Die inhaltlichen Anforderungen sind so zu verstehen, dass ein durchschnittlicher Bürger sie auch ohne Unterstützung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter erfüllen kann."

Gemäß § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Im vorliegenden Fall entspricht das als Beschwerde gewertete Schreiben der BF nicht den in § 9 VwGVG festgelegten Anforderungen. Die BF kam auch der Aufforderung zur Mängelbehebung nicht nach.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 AVG ab. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Frist, Mängelbehebung, Verbesserungsauftrag, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W217.2172852.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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