Entscheidungsdatum
09.11.2017Norm
AsylG 2005 §8 Abs1Spruch
W191 2132150-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2016, Zahl 1077547707-150837540, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.01.2017 zu Recht:
A)
I. Gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wird XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
II. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 09.11.2018 erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben am 11.07.2015 irregulär und schlepperunterstützt in Österreich ein. Er wurde mangels eines gültigen Aufenthaltstitels vorläufig festgenommen und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der BF am 17.06.2015 in Mytilini (Griechenland) erkennungsdienstlich behandelt worden war.
1.2. In seiner Erstbefragung am 12.07.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Burgenland, Competence Center (CC) Eisenstadt, gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari im Wesentlichen Folgendes an:
Er sei im Jahr 1995 in Mashhad im Iran geboren und aufgewachsen, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, [sunnitischer] Moslem und ledig. Er habe elf Klassen Grundschule absolviert. Seine Familie (Eltern, Geschwister) würden weiter im Iran leben. Der BF schilderte detailliert seine Reise über die sogenannte "Balkanroute".
Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, Afghanen hätten im Iran keine Rechte und würden sehr schlecht behandelt. Er habe keine Möglichkeit für Bildung gehabt und hätte nicht (weiter) zur Schule gehen dürfen.
1.3. Bei seiner Einvernahme am 09.02.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), Regionaldirektion Niederösterreich in Traiskirchen, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari, bestätigte der BF die Richtigkeit seiner bisher gemachten Angaben. Bezüglich seines Aufenthaltes im Iran hätte er eine befristete Karte gehabt, die abgelaufen sei. Sie sei abgegeben und vernichtet worden. Er sei noch nie in Afghanistan, woher seine Eltern kämen, gewesen. Auf Nachfragen machte der BF nähere Angaben zu seinen Lebensumständen im Iran.
In seine Unterkunft käme einmal in der Woche eine Deutschlehrerin.
1.4. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 20.07.2016 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 11.07.2015 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt III. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 oder 55 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 2 Wochen [richtig: 14 Tage] ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Afghanistan. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen und es komme daher auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.
Der BF habe kein Fluchtvorbringen geltend gemacht. Dass er angegeben hätte, er habe elf Klassen die Schule besucht, stehe im Widerspruch zu seinem Vorbringen, er habe keine Möglichkeit zu Bildung gehabt und seine Schwester sei im Iran Lehrerin, zudem lebe seine Familie nach wie vor im Iran.
Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer "Rückkehr" des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes nicht gegeben sei.
Eine Herkunftsregion wurde nicht angeführt. Der BF habe jedoch eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul.
1.5. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit offenbar von seinem Rechtsberater unterstützt erstelltem Schreiben vom 03.08.2016 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von erheblichen Verfahrensvorschriften ein.
In der Beschwerdebegründung wurde im Wesentlichen das bisherige Vorbringen des BF zusammengefasst wiederholt. Die Lage in Kabul und Herat habe sich zuletzt erheblich verschlechtert, wozu aus diversen Berichten, gutächtlichen Stellungnahmen und Judikaten zitiert wurde. Zum Onkel in Herat habe der BF seit etwa fünf Jahren keinerlei Kontakt und er betreibe dort einen Kiosk. Weiters folgten Rechtsausführungen.
1.6. Das BVwG führte am 16.01.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari durch, zu der der BF persönlich in Begleitung seiner zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaterin erschien. Die belangte Behörde verzichtete im Vorhinein auf die Teilnahme an der Verhandlung.
Dabei gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):
"[...] RI [Richter]: Was ist Ihre Muttersprache?
BF: Dari. Ich spreche auch Farsi.
RI an D [Dolmetsch]: In welcher Sprache übersetzen Sie für den BF?
D: Dari bzw. Farsi.
RI befragt BF, ob er D gut verstehe; dies wird bejaht.
Zur heutigen Situation:
RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?
BF: Ja.
RI: Leiden Sie an chronischen oder akuten Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen?
BF: Nein.
[...]
Der BF hat bisher keine Bescheinigungsmittel oder Belege für sein Vorbringen vorgelegt und hat auch heute keine bei sich.
BF: Ich hatte im Iran eine Aufenthaltsberechtigungskarte, die aber abgelaufen ist, nicht verlängert worden und eingezogen worden ist.
[...]
Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen
Lebensumständen:
RI: Sind die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?
BF: Ja.
RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe gehören Sie an?
BF: Ich bin Tadschike.
RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?
BF: Ich bin schiitischer Moslem.
RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?
BF: Ledig.
RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?
BF: Ich habe elf Jahre die Grundschule im Iran besucht.
RI: Womit haben Sie sich in Ihrem Herkunftsstaat Ihren Lebensunterhalt verdient bzw. wer ist für Ihren Lebensunterhalt aufgekommen?
BF: Ich habe als Schneider gearbeitet.
RI: Wann haben Sie Ihren Herkunftsstaat zuletzt genau verlassen?
BF: Ich war noch nie in Afghanistan.
[...]
RI: Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
BF: Dort wo ich bin, gibt es eigentlich gar nichts zu machen. Ich beschäftige mich meistens mit dem Internet.
[...]
RI: Unterhalten Sie von Österreich aus noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen? Wenn ja, wie sieht dieser Kontakt konkret aus (telefonisch, brieflich, per E-Mail), bzw. wie regelmäßig ist dieser Kontakt?
BF: Manchmal hab ich noch Kontakt nachhause. Ich habe per Internet ca. einmal im Monat mit meinen Eltern Kontakt.
Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:
RI: [...] Fassen Sie kurz zusammen, warum Sie nach Europa gereist sind.
BF: Ich bin im Iran geboren. Dort habe ich nur elf Klassen die Schule besucht, danach durfte ich nicht mehr die Schule besuchen. Ich durfte dort auch nicht arbeiten, weil das den Afghanen dort nicht gestattet ist. Deshalb war ich gezwungen, den Iran zu verlassen.
RI: Aber Ihre Eltern leben ja auch noch dort, warum sind sie dort geblieben?
BF: Sie sind gezwungen, dort zu bleiben.
RI: Warum?
BF: Sie können nicht zurück nach Afghanistan, und sie können auch nicht nach Europa, weil der Weg nach Europa sehr beschwerlich ist.
RI: Warum können die Eltern nicht zurück nach Afghanistan?
BF: Meine Eltern sind zu dem Zeitpunkt, als die Taliban regierten, in den Iran geflüchtet, weil sie von den Taliban bedroht worden sind. Ich glaube deswegen, weil die Familie meiner Mutter sehr reich gewesen ist.
RI: Wo haben Ihre Eltern gelebt, in welcher Provinz?
BF: In Herat.
RI: Haben Sie dort noch Verwandte?
BF: Einen Onkel väterlicherseits.
RI: Warum können Sie jetzt nicht nach Afghanistan zurückkehren?
BF: Ich habe noch nie in Afghanistan gelebt. Wenn ich nach Afghanistan bzw. nach Kabul reisen müsste, erkennt man an meinem Verhalten, dass ich schon im Iran gewesen bin. Die Leute dort akzeptieren die Leute nicht, die aus dem Iran zurückgekehrt sind.
RI: Warum können Sie nicht bei Ihrem Onkel in Herat leben?
BF: Er hat eine große Familie und besitzt nur ein kleines Geschäft. Er verdient nicht viel, aus diesem Grund kann ich nicht zu ihm.
RI: Verdienen können Sie ja selber?
BF: Dort sind selbst Jugendliche, die dort geboren und aufgewachsen sind, arbeitslos. Wenn jemand aus dem Iran zurückkehrt, ist es dann für ihn noch schwieriger.
RI gibt BFV [Vertreterin des BF] die Möglichkeit, zu den bisherigen Angaben der Parteien eine mündliche Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.
BFV: Haben Sie Kontakt zu Ihrem Onkel?
BF: Nein.
BFV: Wann haben Sie den letzten Kontakt gehabt?
BF: Möglicherweise vor fünf Jahren.
Der RI bringt [...] in das Verfahren ein.
Der RI erklärt die Bedeutung und das Zustandekommen dieser Berichte. Im Anschluss daran legt der RI die für die Entscheidung wesentlichen Inhalte dieser Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat dar und folgt der BFV je eine Kopie dieser Erkenntnisquellen aus.
Der RI gibt BF die Möglichkeit, in diese herkunftsstaatsbezogenen Berichte Einsicht zu nehmen sowie zu den vom RI dargelegten Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben.
BFV: Aufgrund der Tatsache, dass der BF noch nie in Afghanistan war, kann er sich im Falle seiner Rückkehr wahrscheinlich nicht in Afghanistan reintegrieren und wirtschaftlich ein menschenwürdigendes Leben aufbauen. Die Berichte von Dr. Rasuly bestätigen die Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nach Kabul. Unterstützt wird diese Einschätzung von Dr. Rasuly durch die Anmerkungen von UNHCR an das deutsche Innenministerium zur Situation in Afghanistan von Dezember 2016, die hiermit ebenfalls in das Verfahren eingebracht werden. Der lebenslange Aufenthalt des BF im Iran wäre aufgrund seiner Sprache sowie seines Verhaltens für die ansäßige Bevölkerung sofort erkennbar, weshalb er mit weitergehenden Diskriminierungen und Erschwerungen beim Zugang zur Unterbringung, zum Arbeitsmarkt und beim Aufbau eines menschenwürdigen Lebens zu rechnen hätte.
Dem BF wird eine Frist von - drei Monaten - zur Nachbringung von Belegen dafür, dass sein Vorbringen bezüglich seines Aufenthaltes im Iran richtig ist, eingeräumt.
Laut Einschätzung der D entspricht die vom BF gesprochene Sprache seinem Vorbringen.
[...]
BFV: Wir ziehen die Beschwerde betreffend Spruchpunkt I. zurück.
RI befragt BF, ob er D gut verstanden habe; dies wird bejaht. [...]"
Das erkennende Gericht brachte weitere Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF in das Verfahren ein (aufgelistet unter Punkt 2.).
Das BFA beantragte nicht die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und beteiligte sich auch sonst nicht am Verfahren vor dem BVwG. Dem BFA wurde die Verhandlungsschrift samt Beilagen übermittelt.
1.7. Mit Schreiben seiner Vertreterin vom 31.01.2017 übermittelte der BF Belege zu seinem Aufenthalt im Iran (Impfausweis, Schulzeugnisse und Fotos), deren Übersetzung vom BVwG amtlich veranlasst wurde.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 12.07.2015 und der Einvernahme vor dem BFA am 09.02.2016 sowie die Beschwerde vom 03.08.2016
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (Aktenseiten 80 bis 141 im Verwaltungsakt)
* Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 16.01.2017 sowie Einsichtnahme in die vom BF nachgebrachten Belege zu seinem Aufenthalt im Iran sowie in die im Beschwerdeverfahren zusätzlich in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF (u.a. Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministerium des Innern vom Dezember 2016)
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:
3.1. Zur Person des BF:
Der BF führt den Namen XXXX, geboren am XXXX, ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari, er spricht aufgrund seines Lebens im Iran auch Farsi.
3.1.2. Der BF ist in Mashhad (Iran) geboren und aufgewachsen und lebte dort bis Sommer 2015 gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern. Er besuchte elf Jahre die Grundschule und verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Schneider.
Der BF hat nie in Afghanistan gelebt.
Ein Onkel des BF lebt in Herat und betreibt dort einen Kiosk. Der BF hat zu diesem Onkel, der zuletzt vor etwa sechs Jahren im Iran auf Besuch war, keinen Kontakt. Der BF hat keine Verwandten oder Bekannten in Afghanistan, mit denen er Kontakt pflegt.
Die Eltern und Geschwister des BF sind nach wie vor im Iran aufhältig. Der BF steht mit seinen Eltern per Internet in regelmäßigem, ca. monatlichen Kontakt.
3.2. Die Frage der asylrelevanten Verfolgung des BF in seinem Heimatstaat ist nach Zurückziehung der Beschwerde gegen die Abweisung in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens.
3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:
Dem BF, einem Angehörigen der Volksgruppe der Tadschiken mit schiitischem Glaubensbekenntnis, würde derzeit bei einer Rückkehr in seinen Herkunftssstaat Afghanistan, in dem er nie gelebt hat, ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Zudem liefe er mangels familiärer oder sonstiger sozialer Anknüpfungspunkte, mangels Kenntnis der dortigen Gegebenheiten, Örtlichkeiten und Lebensgewohnheiten Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
In Ermangelung einer Herkunftsprovinz ist dem BF eine Rückkehr und Ansiedelung etwa in der Stadt Kabul nicht zumutbar, zumal er auch dort Gefahr liefe, mangels familiärer oder sonstiger sozialer Anknüpfungspunkte, mangels Kenntnis der dortigen Gegebenheiten, Örtlichkeiten und Lebensgewohnheiten grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.
3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:
Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:
3.4.1. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, zuletzt aktualisiert am 25.09.2017, Schreibfehler teilweise korrigiert):
Politische Lage:
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet (IDEA o.D.) und im Jahre 2004 angenommen (Staatendokumentation des BFA 7.2016; vgl. auch: IDEA o.D.). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahre 1964. Bei Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann und Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation des BFA 3.2014; vgl. Max Planck Institute 27.01.2004).
Die Innenpolitik ist seit der Einigung zwischen den Stichwahlkandidaten der Präsidentschaftswahl auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) von mühsamen Konsolidierungsbemühungen geprägt. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern der Regierung unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah sind kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 schließlich alle Ministerämter besetzt worden (AA 9.2016). Das bestehende Parlament bleibt erhalten (CRS 12.01.2017), nachdem die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen wegen bisher ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden konnten (AA 9.2016; vgl. CRS 12.01.2017).
Parlament und Parlamentswahlen:
Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wähler/innen. Seit Mitte 2015 ist die Legislaturperiode des Parlamentes abgelaufen. Seine fortgesetzte Arbeit unter Ausbleiben von Neuwahlen sorgt für stetig wachsende Kritik (AA 9.2016). Im Jänner 2017 verlautbarte das Büro von CEO Abdullah Abdullah, dass Parlaments- und Bezirksratswahlen im nächsten Jahr abgehalten werden (Pajhwok 19.01.2017).
Die afghanische Nationalversammlung besteht aus dem Unterhaus, Wolesi Jirga, und dem Oberhaus, Meshrano Jirga, auch Ältestenrat oder Senat genannt. Das Unterhaus hat 249 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze und für die Minderheit der Kutschi 10 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 13.04.2016 vgl. auch: CRS 12.01.2017).
Das Oberhaus umfasst 102 Sitze. Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für Behinderte bestimmt. Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von 25% im Parlament und über 30% in den Provinzräten. Ein Sitz im Oberhaus ist für einen Sikh- oder Hindu-Repräsentanten reserviert (USDOS 13.04.2016).
Die Rolle des Zweikammern-Parlaments bleibt trotz mitunter erheblichem Selbstbewusstsein der Parlamentarier begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit der kritischen Anhörung und auch Abänderung von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Regierungsarbeit destruktiv zu behindern, deren Personalvorschläge zum Teil über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse teuer abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus spielt hier eine unrühmliche Rolle und hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht (AA 9.2016).
Parteien:
Der Terminus Partei umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einigen von ihnen war es möglich, die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).
Die afghanische Parteienlandschaft ist mit über 50 registrierten Parteien stark zersplittert. Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf fehlende strukturelle Elemente (wie z.B. ein Parteienfinanzierungsgesetz) zurückzuführen sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange, werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016).
Im Jahr 2009 wurde ein neues Parteiengesetz eingeführt, das von allen Parteien verlangte, sich neu zu registrieren, und zum Ziel hatte, ihre Anzahl zu reduzieren. Anstatt wie zuvor die Unterschrift von 700 Mitgliedern müssen sie nun 10.000 Unterschriften aus allen Provinzen erbringen. Diese Bedingung reduzierte tatsächlich die Zahl der offiziell registrierten Parteien von mehr als 100 auf 63, trug aber anscheinend nur wenig zur Konsolidierung des Parteiensystems bei (USIP 3.2015).
Unter der neuen Verfassung haben sich seit 2001 zuvor islamistisch-militärische Fraktionen, kommunistische Organisationen, ethno-nationalistische Gruppen und zivilgesellschaftliche Gruppen zu politischen Parteien gewandelt. Sie repräsentieren einen vielgestaltigen Querschnitt der politischen Landschaft und haben sich in den letzten Jahren zu Institutionen entwickelt. Keine von ihnen ist eine weltanschauliche Organisation oder ein Mobilmacher von Wähler/innen, wie es Parteien in reiferen Demokratien sind (USIP 3.2015). Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bis hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani verbrachte selbst die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil (AA 9.2016).
Friedens- und Versöhnungsprozess:
Im afghanischen Friedens- und Versöhnungsprozess gibt es weiterhin keine greifbaren Fortschritte. Die von der RNE sofort nach Amtsantritt konsequent auf den Weg gebrachte Annäherung an Pakistan stagniert, seit die afghanische Regierung Pakistan der Mitwirkung an mehreren schweren Sicherheitsvorfällen in Afghanistan beschuldigte. Im Juli 2015 kam es erstmals zu direkten Vorgesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban über einen Friedensprozess, die aber nach der Enthüllung des jahrelang verschleierten Todes des Taliban-Führers Mullah Omar bereits nach der ersten Runde wieder eingestellt wurden. Die Reintegration versöhnungswilliger Aufständischer bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück, auch wenn bis heute angeblich ca. 10.000 ehemalige Taliban über das "Afghanistan Peace and Reintegration Program" in die Gesellschaft reintegriert wurden (AA 9.2016).
Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG):
Nach zweijährigen Verhandlungen (Die Zeit 22.09.2016) unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.01.2017), das der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtet sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.09.2016). Einen Tag nach Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der Hezb-e Islami und der Regierung erklärte erstere in einer Stellungnahme eine Waffenruhe (The Express Tribune 30.09.2016). Das Abkommen beinhaltet unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.01.2017). Sobald internationale Sanktionen aufgehoben sind, wird von Hekmatyar erwartet, nach 20 Jahren aus dem Exil nach Afghanistan zurückkehren. Im Jahr 2003 war Hekmatyar von den USA zum "internationalen Terroristen" erklärt worden (NYT 29.09.2016). Schlussendlich wurden im Februar 2017 die Sanktionen gegen Hekmatyar von den Vereinten Nationen aufgehoben (BBC News 04.02.2017).
Sicherheitslage:
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.01.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint Einzelberichten zufolge auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.02.2017).
INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).
Mit Stand September 2016 schätzt die Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.01.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 05.01.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: Intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen den Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.08. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen:
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im dritten Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.01.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal an: Zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit fünf von sechs Distrikten und Helmand mit acht von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.01.2017).
Rebellengruppen:
Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin, durch Bedrohungen, Entführungen und gezielte Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).
Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistische Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).
Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihre Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).
Taliban und ihre Offensive:
Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).
Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstützte Regierung zu vertreiben (Reuters 12.04.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD 12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).
Der derzeitige Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. Hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand wie einst Mansour (Reuters 27.01.2017).
Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.05.2016; vgl. auch: The National 13.01.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.05.2016; vgl. auch:
The National 13.01.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.01.2017), und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.05.2016).
Haqqani-Netzwerk:
Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.01.2017).
Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.05.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.01.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).
Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul -,Operationen durchzuführen; es finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich, um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.01.2017).
Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit, eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.01.2017).
Al-Qaida:
Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.01.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Camp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.01.2017; vgl. auch: FP 02.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 02.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.01.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzentrierte und nicht, wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.04.2016).
Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG):
Siehe oben unter "Friedens- und Versöhnungsprozess".
IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat:
Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:
MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 03.11.2016).
Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 03.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen, die Gruppe wird von den Ansäßigen jedoch großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansäßigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verlusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.10.2017).
Unterstützt von internationalen Militärkräften führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.01.2017).
Drogenanbau und Gegenmaßnahmen:
Einkünfte aus dem Drogenschmuggel versorgen auch weiterhin den Aufstand und kriminelle Netzwerke (USDOD 12.2016). Laut einem Bericht des afghanischen Drogenbekämpfungsministeriums vergrößerte sich die Anbaufläche für Opium um 10% im Jahr 2016 auf etwa 201.000 Hektar. Speziell in Nordafghanistan und in der Provinz Badghis verstärkte sich der Anbau: Blaumohn wächst in 21 der 34 Provinzen im Vergleich zum Jahr 2015, wo nur 20 Provinzen betroffen waren. Seit dem Jahr 2008 wurde zum ersten Mal von Opiumanbau in der Provinz Jawzjan berichtet. Helmand bleibt mit 80.273 Hektar (40%) auch weiterhin Hauptanbauprovinz, gefolgt von Badghis, Kandahar und der Provinz Uruzgan. Die potenzielle Opiumproduktion im Jahr 2016 macht insgesamt 4.800 Tonnen aus - eine Steigerung von 43% (3.300 Tonnen) im Gegensatz zum Jahr 2015. Die hohe Produktionsrate kann einer Steigerung des Opiumertrags pro Hektar und eingeschränkten Beseitigungsbemühungen aufgrund von finanziellen und sicherheitsrelevanten Ressourcen zugeschrieben werden. Hauptsächlich erhöhten sich die Erträge aufgrund von vorteilhaften Bedingungen, wie z.B. des Wetters und nicht vorhandener Pflanzenkrankheiten (UN GASC 17.12.2016).
Zivile Opfer:
Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 01.01. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation war weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED) und gezielten und willkürlichen Tötungen (UNAMA 06.02.2017).
UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 06.02.2017).
Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivile Opfer (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffen auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte) sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 06.02.2017).
Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfe zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% zivile Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 06.02.2017).
Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte:
Die Taliban greifen weiterhin Mitarbeiter/innen lokaler Hilfsorganisationen und internationaler Organisationen an - nichtsdestotrotz sind der Ruf der Organisationen innerhalb der Gemeinschaft und deren politischer Einfluss ausschlaggebend, ob ihre Mitarbeiter/innen Problemen ausgesetzt sein werden. Dieser Quelle zufolge sind Mitarbeiter/innen von NGOs Einschüchterungen der Taliban ausgesetzt. Einer anderen Quelle zufolge kam es im Jahr 2015 nur selten zu Vorfällen, in denen NGOs direkt angegriffen wurden (IRBC 22.02.2016). Angriffe auf Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen wurden in den letzten Jahren registriert; unter anderem wurden im Februar 2017 sechs Mitarbeiter/innen des Internationalen Roten Kreuzes in der Provinz Jawzjan von Aufständischen angegriffen und getötet (BBC News 09.02.2017); im April 2015 wurden fünf Mitarbeiter/innen von "Save the Children" in der Provinz Uruzgan entführt und getötet (The Guardian 11.04.2015).
Die norwegische COI-Einheit Landinfo berichtet im September 2015, dass zuverlässige Berichte über konfliktbezogene Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen vorliegen. Andererseits konnte nur eine eingeschränkte Berichtslage bezüglich konfliktbezogener Gewalt gegen ehemalige Übersetzer, Informanten oder andere Gruppen lokaler Angestellter ziviler oder militärischer Organisationen festgestellt werden (Landinfo 09.09.2015). Ferner werden reine Übersetzerdienste, die auch geheime Dokumente umfassen, meist von US-Staatsbürgern mit lokalen Wurzeln durchgeführt, da diese eine Sicherheitszertifizierung benötigen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).
Grundsätzlich sind Anfeindungen gegen afghanische Angestellte der US-Streitkräfte üblich, da diese im Vergleich zu ihren Mitbürger/innen verhältnismäßig viel verdienen. Im Allgemeinen hält sich das aber in Grenzen, da der wirtschaftliche Nutzen für die gesamte Region zu wichtig ist. Tätliche Übergriffe kommen vor, sind aber nicht nur auf ein Arbeitsverhältnis bei den internationalen Truppen zurückzuführen. Des Weiteren bekommen afghanische Angestellte bei den internationalen Streitkräften Uniformen oder Dienstbekleidung, Verpflegung und Zugang zu medizinischer Versorgung nach westlichem Standard. Es handelt sich somit meist um Missgunst. Das Argument der Gefahr im Beruf für lokale Dolmetscher wurde von den US-Streitkräften im Bereich der SOF (Special Operation Forces), die sehr sensible Aufgaben durchführen, dadurch behoben, dass diesen Mitarbeitern nach einer gewissen Zeit die Mitnahme in die USA angeboten wurde. Dieses Vorgehen wurde von einer militärischen Quelle aus Deutschland bestätigt (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).
Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)
Distrikt Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen
21
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe
18
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen
50
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften
31
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt
28
Andere Vorfälle
3
Insgesamt
151
(EASO 11.2016)
Im Zeitraum 01.09.2015 - 31.05.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Provinz Kabul Gewalt gegen Einzelpersonen
5