TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/7 L523 2009934-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.11.2017
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Entscheidungsdatum

07.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

L523 2009934-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja Danninger-Simader als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 10.06.2014, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.04.2017, zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., und IV. als unbegründet abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste und zweite Satz zu lauten haben: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Georgiens, der ossetischen Volksgruppe und der orthodoxen Glaubensrichtung angehörig, stellte am 01.12.2013 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem sie am 30.11.2013 unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist war.

Anlässlich ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am gleichen Tag gab die Beschwerdeführerin zusammenfassend an, dass sie der Volksgruppe der Osseten angehöre und deshalb in Georgien verfolgt werde. Ihr Sohn sei Georgier und sei ihr dieser nach der Ehescheidung weggenommen worden, weil sie Ossetin sei. Nach der Berufung habe sie ihren Sohn aber wieder zurückbekommen. Die Beschwerdeführerin könne weder in Georgien noch in Ossetien wohnen und kriege in Georgien keine Arbeit.

2. Am 19.03.2014 wurde die Beschwerdeführerin niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen. Als Grund für ihre Ausreise brachte sie zusammengefasst vor, dass ihr die militärische Einheit XXXX im Jahr 1991 ein Grundstück wegnehmen hätte wollen und sie damals auch vergewaltigt worden sei. Sie habe einen drogenabhängigen Mann - welcher viele von den XXXX gekannt habe - heiraten müssen, um nicht mehr bedroht zu werden. Ausgereist sei sie schließlich, weil es gefährlich war, in Georgien zu leben. Es hätten immer wieder Kundgebungen stattgefunden, bei denen Menschen geschlagen worden seien. Bei einem Versuch die Grenze nach Georgien zu überqueren sei sie einmal von Russen verhöhnt und verdächtigt worden, zu spionieren. 1988 hat sich zudem ein Georgier in sie verliebt, dessen Familie die Beschwerdeführerin jedoch nicht akzeptiert habe, weil sie Ossetin sei. Bei einer Busfahrt im Jahr 1991 oder 1992 hätten auch nur Osseten bei einer Passkontrolle aussteigen müssen.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.06.2014 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 01.10.2013 gemäß

§ 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 und Absatz 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführerin zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.).

In seiner Entscheidungsbegründung stellte das BFA zunächst fest, dass die von der Beschwerdeführerin dargelegten Vorfälle im Jahr 1991 als glaubwürdig der Entscheidung zugrunde gelegt wurden, diese jedoch nicht als ausreisekausal einzustufen seien. Eine Verfolgung oder Diskriminierung aufgrund ihrer ossetischen Volksgruppenzugehörigkeit habe die Beschwerdeführerin nicht glaubwürdig darlegen können. Es hätte auch nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführerin in Georgien in eine existentielle Notlage geraten würde und die notwendigen Behandlungen ihrer Erkrankungen nicht gewährleistet seien.

4. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 18.06.2014 wurde gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Beschwerdeführerin amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

5. Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 23.06.2014 (AS 271) ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt, wogegen am 04.07.2014 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde. Nach einem allgemeinen Verweis auf den Grundsatz der amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhaltes folgte eine Zusammenfassung des bisherigen Vorbringens. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das BFA keinerlei Länderberichte über die Diskriminierung von Osseten in Georgien eingeholt habe und davon ausgehe, dass ein friedliches Zusammenleben zwischen Osseten in Georgien und Georgier herrsche. Zudem habe das BFA keine Recherchen zur Lage von ossetischen Frauen in Georgien vorgenommen. Im Weiteren wurde auszugsweise auf Berichte verwiesen, welche das Vorbringen der Beschwerdeführerin stützen würden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass keine weiteren Ermittlungen bezüglich der Erkrankungen der Beschwerdeführerin getätigt worden seien und weshalb eine psychische Erkrankung der Beschwerdeführerin festgestellt worden sei, aufgrund der wiederum die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin versagt worden sei. Darüber hinaus sei nicht auf die vorgebrachte Vergewaltigung der Beschwerdeführerin eingegangen worden. In der Einvernahme am 19.03.2014 sei es mehrmals zu unangenehmen Vernehmungssituationen gekommen. Die Einvernahmeleiterin sei oft ungeduldig gewesen und habe ihre Stimme erhoben. Zudem habe sie gereizt gewirkt und die Beschwerdeführerin zum Weinen gebracht. Diese Art der Einvernahme habe die Beschwerdeführerin mit Stress belastet, zumal die Fragestellung einem Polizeiverhör geglichen habe und sie dadurch das Bild einer psychisch Erkrankten gemacht habe. Der Beschwerdeführerin sei das Gefühl der Unglaubwürdigkeit ihrer Person vermittelt worden. Darüber hinaus hätte das BFA einen Vertrauensanwalt der österreichischen Botschaft in Georgien über die genannten Vorfälle befragen können. Die Fluchtproblematik sei nicht im Lichte der Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur ethnischen Gruppe der ossetischen Frauen durchleuchtet worden und gehe das BFA fälschlich davon aus, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Georgien dort wieder Fuß fassen könne. Im Weitern folgen allgemein rechtliche Ausführungen zu den Spruchpunkten I. und II. Hinsichlich Spruchpunkt III. wurde angemerkt, dass die Beschwerdeführerin bereits zahlreiche Schritte zur Integration gesetzt habe, die deutsche Sprache lerne und sich einen Freundeskreis aufbaue.

6. Am 19.04.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache der Beschwerdeführerin eine öffentlich mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde der Beschwerdeführerin umfassend Gelegenheit gegeben, neuerlich ihre Ausreisemotivation umfassend darzulegen. Zudem wurden der Beschwerdeführerin die aktuellen Länderfeststellungen zu Georgien zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von vierzehn Tagen eingeräumt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

1.1. Feststellungen zur Person

Die Identität der Beschwerdeführerin steht fest. Sie ist Staatsangehörige von Georgien und Angehörige der ossetischen Volksgruppe sowie der christlich orthodoxen Glaubensgemeinschaft.

Die Beschwerdeführerin wurde in Nordossetien geboren und ist in Georgien aufgewachsen. Nach der Eheschließung lebte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehegatten bis 2001 in XXXX und zog nach der Ehescheidung gemeinsam mit ihrem Sohn danach Tiflis, wo sie bis 2008 lebten. Anschließend wohnte die Beschwerdeführerin bis zu ihrer Ausreise in XXXX bei ihrer Mutter. Der Sohn der Beschwerdeführerin lebte ab 2008 bei der Schwiegermutter der Beschwerdeführerin in XXXX .

Die Beschwerdeführerin hat von 1967 bis 1978 die Grundschule besucht und danach eine Ausbildung als XXXX absolviert. Danach hat die Beschwerdeführerin in einem XXXX gearbeitet, ehe sie in Tiflis eine Anstellung als XXXX bekam. Nach ihrem Umzug nach XXXX im Jahr 2008 hat die Beschwerdeführerin wieder als XXXX gearbeitet.

Der Ex-Ehegatte der Beschwerdeführerin ist bereits verstorben. Der gemeinsame Sohn, welcher im November 2013 mit der Beschwerdeführerin nach Österreich einreiste, ist am 18.10.2016 freiwillig unter Gewährung von Rückkehrhilfe nach Georgien zurückgekehrt.

In Georgien leben nach wie vor zwei Cousinen, ein Cousin sowie der Sohn der Beschwerdeführerin, mit welchem sie regelmäig in Kontakt steht. Zudem hat sie in Georgien noch Bekannte und Freunde. Die Eltern der Beschwerdeführerin sind bereits verstorben.

In Österreich leben keine Verwandten der Beschwerdeführerin. Sie hat in Österreich einen Freundeskreis, welcher sich aus georgischen und österreichischen Staatsangehörigen zusammensetzt.

Die Beschwerdeführerin hat einen Deutschkurs (A2) besucht und am 30.07.2016 die diesbezügliche Prüfung bestanden. Sie spricht auf gutem Niveau die deutsche Sprache und ist seit April 2016 Mitglied in einem Chor. Zudem hat sie an Treffen im Rahmen des Projektes "Frauenzimmer" (Treffpunkt für Frauen zum gegenseiteigen Austausch) in ihrer Heimatgemeinde teilgenommen. Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Sie war in Österreich bisher nie legal erwerbstätig und lebt von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber.

Die Beschwerdeführerin leidet an XXXX .

Zudem leidet sie an XXXX .

Die Erkrankungen der Beschwerdeführerin werden medikamentös behandelt. Eine Operation der Gallensteine ist derzeit nicht zwingend vorgesehen (AS 177). Seit 17.06.2014 besucht die Beschwerdeführerin einmal in der Woche eine Psychotherapie. Im Jahr 2015 hat die Beschwerdeführerin zudem dreißig Psychotherapiestunden absolviert.

1.2. Länderfeststellungen

Hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien, legt das erkennende Gericht seiner Entscheidung die aktuelle Version der Länderfeststellungen der Staatendokumentation zu Georgien – datiert mit 22.03.2017 – zu Grunde. Jene Länderfeststellungen wurden auch in Wahrung des Parteiengehörs der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung mit 14-tägiger Stellungnahmemöglichkeit (wovon diese allerdings keinen Gebrauch machte) zur Kenntnis gebracht.

Auszugsweise werden aus den herangezogenen Länderfeststellungen insbesondere folgende Feststellungen explizit angeführt:

" Sicherheitslage:

Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in Tiflis. In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert (AA 20.3.2017a).

Rechtsschutz/Justizwesen:

Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft und 2007 die Abschaffung der Todesstrafe in der Verfassung verankert. In den Jahren seit der "Rosenrevolution" 2003/2004 hat Georgien anerkennenswerte Fortschritte bei der Polizeireform, dem erfolgreichen Kampf gegen die "Kleine Korruption" (Korruption im alltäglichen Umgang), der Reform der Steuergesetzgebung und der Verbesserung der Investitionsbedingungen erzielt. Im Rahmen der Justizreform wurde der Instanzenzug neu geregelt und eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt (AA 11.2016b).

Fortschritte sind insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug zu erkennen, wo inzwischen eine unmenschliche Behandlung (auch Folter), die in der Vergangenheit durchaus systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Zwei Reformwellen wurden bereits durchgeführt, die dritte Reformwelle steht seit einiger Zeit bevor. Sie betrifft insbesondere die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter und die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren. Sehr aktive NGOs und der unabhängige Ombudsmann beobachten diesen Prozess aufmerksam (AA 10.11.2016).

Allgemeine Menschenrechtslage:

Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte werden explizit in eigenen Verfassungsartikeln (Artikel 14 ff.) postuliert. Mit dem Ombudsmann für Menschenrechte (vom Parlament ernannt), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügen zwar nicht über Sanktionsmittel, nutzen aber sehr aktiv ihre Möglichkeiten zur Untersuchung von Vorgängen, greifen viele Themen auf und sind öffentlich sehr präsent. Mit Reformen haben in den letzten Jahren auch Staatsanwaltschaft und Gerichte in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen und werden zunehmend zur Wahrung bzw. Einklage individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern (AA 10.11.2016).

Georgien hat einen umfassenden rechtlichen Rahmen für die Menschenrechte und die Anti-Diskriminierung verabschiedet. Ein neuer, umfangreicher Aktionsplan zu den Menschenrechten für die Periode 2016-2017 wurde beschlossen. Die Umsetzung des rechtlichen Rahmenwerkes wird laut Europäischer Kommission insbesondere für Minderheiten und vulnerable Gruppen wichtig werden, damit sie ihre Rechte in Anspruch nehmen können (EC 25.11.2016).

Die im April 2014 beschlossene "nationale Strategie zum Schutz der Menschenrechte” stellt einen Meilenstein dar, da sie den höchsten internationalen Standards entspricht. Die Strategie bietet Beteiligungsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft, um die Einhaltung der Menschenrechte in Georgien zu stärken. Allerdings sind die Mechanismen für die Umsetzung der Strategie noch nicht vollständig vorhanden. Es gibt immer noch ernsthafte Probleme bei der Umsetzung der grundlegenden Menschen- und Bürgerrechte, insbesondere im Zusammenhang mit der selektiven Rechtsprechung, der häufigen Straflosigkeit der Gesetzesvollzugsorgane und der ungerechtfertigten oder übermäßigen Gewaltanwendung, wenn auch nicht in einem massiven Ausmaß (BTI 1.2016).

Menschenrechtsorganisationen kritisierten beständig die Staatsanwaltschaft, wonach diese die Untersuchungshaft durch neue Anklagepunkte zu verlängern trachtet, namentlich wenn es um Funktionäre der ehemaligen Regierungspartei UNM geht. Sowohl Menschenrechtsorganisationen als auch die Ombudsmannstelle drängten die Regierung weiterhin zu angemessenen Ermittlungen bei Anschuldigungen von Polizeigewalt (FH 27.1.2016).

Die georgische Menschenrechtsorganisationen "Human Rights Center” kritisierte in ihrem Jahresbericht 2016, dass die Rechtsvollzugsorgane weiterhin Menschenrechtsverletzungen gegen vulnerable Gruppen ungenügend nachgehen und bestrafen. Dazu gehören auch religiöse Minderheiten, LGBT-Individuen, sowie Frauen. Die Sicherung der Rechte von Menschen mit Behinderung stellt nach wie vor eine der größten Herausforderungen für die Regierung dar. Das gilt sowohl für das diesbezügliche Gesetzeswerk als auch für die soziale Integration. Zahlreiche Beispiele, wie seitens Regierungsvertretern Druck auf die Medien ausgeübt wurde, gab es auch 2016. Die Schaffung eines effektiven unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Fälle, bei denen die Gesetzesorgane strafbare Handlungen verübten, stellt ebenso eine Herausforderung dar, wie die Rehabilitation und Resozialisierung von Häftlingen, die Opfer von Folter wurden (HRC 2017).

Ethnische Minderheiten:

Gemäß Schätzungen aus dem Jahr 2014 sind 86,8% der Bevölkerung ethnische Georgier, 6,3% Aseri, 4,5% Armenier und 2,3% gehören anderen ethnischen Gruppen an. 87,6% der Bevölkerung sprechen offiziell Georgisch, 6,2% Aserisch, 3,9% Armenisch 1,2% Russisch, und 1% sprechen eine andere Sprache (CIA 12.1.2017).

Hinsichtlich der Gleichbehandlung wurde im August 2015 eine Gleichheits- und Integrationsstrategie mit einem dazugehörigen Aktionsplan (2015-2020) beschlossen. Die Aktivitäten zur Integration ethnischer Minderheiten sind bislang nicht in konkrete Fortschritte umgesetzt worden (EC 25.11.2016).

Eine gesellschaftliche Gleichstellung von Minderheiten kann allerdings auch staatlicherseits nicht ausreichend gewährleistet werden. Die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und damit ein sozio-ökonomischer Aufstieg bleiben vielen Angehörigen ethnischer Minderheiten aufgrund von mangelnder Kenntnisse der georgischen Sprache faktisch verwehrt. Auch spiegelt sich z.B. der Anteil der der aserbaidschanischen und armenischen Bevölkerung in den Exekutivorganen nicht wider. Staatliche Informationsquellen wie Fernsehen und Radio sind allein in georgischer Sprache verfügbar (AA 10.11.2016).

Ethnische Minderheiten sind in gewählten Positionen unterrepräsentiert. Im Parlament gab es drei Parlamentarier armenischer und vier aserbaidschanischer Herkunft, jedoch keinen Minderheitenvertreter in der Regierung, dem Höchst- oder dem Verfassungsgericht (USDOS 3.3.2017).

Die Verfassung verbietet die Diskriminierung aufgrund der Religion oder der ethnischen Herkunft, und die nationalen Minderheiten genießen alle politischen Rechte, auch das Recht ihre Muttersprache im privaten und öffentlichen Raum zu verwenden. Georgien hat auch die Rahmenkonvention des Europarates zum Schutze der nationalen Minderheiten ratifiziert, jedoch nicht die Europäische Charta für regionale oder Minderheitensprachen (ECRML). Die politische Teilnahme der nationalen Minderheiten ist begrenzt. Zu den Parlamentswahlen im Herbst 2016 nominierten etliche Parteien und Parteienbündnisse Kandidaten nationaler Minderheiten, allerdings wenige an aussichtsreichen Positionen. Die Minderheitensprachen wurden in den Minderheitengebieten, insbesondere in den aserischen, von den politischen Parteien und Kandidaten intensiv und ohne Hindernisse verwendet (OSCE 3.2.2017).

Historisch ethnischen Minderheiten in Georgien erfahren weiterhin Probleme im Bildungsbereich. Die Qualität der aus Georgischen in die Minderheitensprachen übersetzten Lehrbücher ist oft schlecht. Rund 70% der Texte wurden übersetzt, während 30% nur auf Georgisch verfügbar sind und meist von Lehrern in Minderheitenschulen ignoriert werden. Die Qualität des Georgisch-Unterrichts als Zweitsprache für Kinder ethnischer Minderheiten bleibt problematisch. All diese Faktoren führen zu einem niedrigeren Bildungsstandard bei Kindern ethnischer Minderheiten und verursachen später Hindernisse für diese in der Hochschulbildung und am Arbeitsplatz (ECRI 1.3.2016).

Relevante Bevölkerungsgruppen:

Frauen:

Gesetzlich sind Frauen den Männern gleichgestellt und genießen auch im öffentlichen Leben die gleichen Rechte. De facto können sie diese aber aufgrund gesellschaftlicher Traditionen und Konventionen nicht immer ausüben, dies trotz in der Regel höherer und besserer Teilhabe an formaler Bildung. Die Anwendung gesetzlicher Regelungen gegen Diskriminierung von Frauen und gegen häusliche Gewalt – die weit verbreitet ist - ist nicht ausreichend gewährleistet. Es herrschen weitgehend patriarchalische Gesellschafts- und Familienstrukturen, was sich im geringen Frauenanteil in der öffentlichen Verwaltung (ca. 30 %), nationaler und lokaler Politik (ca. 12 %), aber auch in der Ausübung schlechter bezahlter beruflicher Positionen in der Wirtschaft und im Gehaltsniveau (geschätzt ca. 1/3 niedriger als bei Männern) zeigt. Gleichwohl sind Frauen häufig sehr wichtige Stützen für Haushalt, Familie und Erwerbseinkommen und stellen mehr als die Hälfte aller Studierenden (54 %). Aus ökonomischen, aber auch traditionellen Gründen kommt es weiterhin vor, dass Mädchen zu sehr früher Eheschließung gedrängt werden. Ab 2017 sind Eheschließungen ohne Ausnahme erst mit 18 Jahren erlaubt (AA 10.11.2016)

In Bezug auf die Geschlechtergleichheit enthält der Aktionsplan zu den Menschenrechten Bestimmungen zum Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen, gegen häusliche Gewalt und zum Opferschutz. Überdies ist die Umsetzung der UN-Sicherheitsratsresolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit einbezogen. Die Teilnahme von Frauen an der Politik nahm zwar zu, bewegt sich jedoch immer noch auf einem niedrigen Niveau: 16% der jüngst 2016 gewählten Parlamentsabgeordneten waren Frauen, verglichen zu 12% bei den Wahlen zuvor. Weiterhin ist die Gewalt gegen Frauen weit verbreitet. Georgien hat bislang nicht die Istanbuler Konvention zur Vermeidung und Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen sowie der häuslichen Gewalt ratifiziert (EC 25.11.2016).

Sozialbeihilfen:

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen

Zuschüsse: Existenzhilfe, Reintegrationshilfe, Pflegehilfe, Familienhilfe, soziale Sachleistungen und Sozialpakete.

Gesetzliche Renten:

Voraussetzungen (nicht alle müssen erfüllt sein):

-

Rentenalter: männlich 65 Jahre; weiblich 60 Jahre;

-

Behindertenstatus;

-

Tod des Hauptverdieners

Die monatliche staatliche Rente beträgt 180 GEL (IOM 2016).

Die staatliche soziale Unterstützung (Einzelpersonen: 60 GEL bzw. 24 EUR monatlich; Vier-Personen-Haushalt: 200 GEL bzw. 80 EUR) bleibt weit unter dem festgestellten durchschnittlichen Lebensminimum (160 GEL für einen Erwachsenen). Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband (AA 10.11.2016).

Das Recht auf Karenz- und Pflegeurlaub gewährt 730 Tage, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal 1.000 GEL (SSA o.D.b.).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der "Familiendeklaration" der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen "Haushaltsunterstützung" oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

Medizinische Versorgung:

Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 10.11.2016)

Das "Universal Health Care" umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen:

-

Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

-

Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt.

-

Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten

-

Dialyse ist ebenfalls gewährleistet.

-

Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig

von der Krankheit (IOM 2016).

Zugang besonders für Rückkehrer:

-

Auswahl und Voraussetzungen: Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert, hierfür muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufgesucht werden.

-

Registrierung: für georgische Staatsbürger genügt es im Krankheitsfall eine Klinik aufzusuchen, alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Die Versicherung übernimmt 70-80% der Kosten, der Rest muss von dem Patienten beigesteuert werden.

-

Benötigte Dokumente: nur gültiger Ausweis (IOM 2016).

Unterstützung

Übernahme der Kosten bei Behandlungen nicht-stationärer Patienten (100%), Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überführung durch Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70%), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12.000GEL), Geburten (bis zu 500 GEL), Kaiserschnitte (bis zu 800 GEL) (IOM 2016).

Kosten

Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für

Rentner zahlt der Staat zusätzlich monatlich 100 GEL pro 3 Monate (IOM 2016).

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die Universal Health Care nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen. Jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Warteschlangen möglich. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden um von diesem die Verschreibung zu erhalten (IOM 2016).

Nach der Einführung der universalen Gesundheitsvorsorge hat sich der Zugang der Bevölkerung zu den Dienstleistungen des Gesundheitsbereiches signifikant verbessert. Allerdings finanziert das Programm eine Reihe medizinischer Betreuungsmaßnahmen nicht und der Finanzierungsumfang ist zu gering. Der georgische Ombudsmann empfahl die Liste der Krankheiten im Rahmen des Gesundheitsprogrammes zu erweitern und die Finanzierungsgrenzen zu erhöhen (PD 2015).

Einwohner der separatistischen Gebiete Abchasien und Südossetien werden in den georgischen Krankenhäusern auf Basis eines von der Regierung finanzierten Programms kostenlose versorgt. Diese wird wegen des vergleichsweise hohen medizinischen Standards auch in Anspruch genommen. Während Einwohner Südossetiens über den Umweg aus Russland nach Georgien einreisen, erlauben die abchasischen Behörden den direkten Übertritt nach Georgien. Während unter der Regierung von Expräsident Saakashvili die Betroffenen zuerst die georgische Staatsbürgerschaft erlangen mussten, war es unter der Nachfolgeregierung des "Georgischen Traums" nur mehr notwendig, einen Wohnsitz in Abchasien oder Südossetien nachzuweisen (JF 9.3.2015).

Rückkehr:

Georgische Rückkehrer/Rückgeführte können die gewöhnlichen, wenn auch unzureichenden Sozialleistungen in Anspruch nehmen, darunter eine kostenlose medizinische Basisversorgung. Darüber hinaus bietet der Familienverband traditionell eine soziale Absicherung. Gesetzliche Grundlagen (Migrationsstrategie, neues Ausländerrecht) wurden geschaffen und weiterentwickelt und erstmals auch Haushaltsmittel für die Reintegration von Rückkehrern zur Verfügung gestellt. Maßgebliche Gründe für diese Entwicklung waren vor allem die angestrebte Visaliberalisierung mit der EU, das anhaltende Engagement internationaler Organisationen vor Ort und die Zusammenarbeit aufgrund von Rückübernahme-Abkommen mit verschiedenen Partnern. Die überwiegende Zahl der Rückkehrer wendet sich dem Familienverband zu und erhält dort Unterstützung. 2014 hat die georgische Regierung erstmalig aus eigenen Haushaltsmitteln Gelder für Reintegrationsprojekte durch sieben zivilgesellschaftliche Akteure zur Verfügung gestellt. Internationale Organisationen – wie IOM, ICMPD – bieten ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt "Targeted Initiative Georgia" (finanziert aus einem Konsortium von EU-Mitgliedstaaten) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. Staatliche Repressalien gegenüber Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich (AA 10.11.2016).

Das Ministerium für Binnenflüchtlinge und Flüchtlinge ist für die Koordinierung der Reintegrationsmaßnahmen verantwortlich, welche in der Migrationsstrategie 2016-2020 neu geplant worden sind. Gemäß dieses Programms werden eine nachhaltige Finanzierung sowie eine erweiterte Kapazität garantiert, dass die sog. Mobilitätszentren unterschiedliche Reintegrationsdienste leisten. Überdies wird innerhalb des Ministeriums eine analytische Abteilung errichtet, die Daten zu Rückkehrern, beispielsweise zu ihren Qualifikationen und Bedürfnissen, sammelt (EC 18.12.2015).

2015 wurden im Staatsbudget 400.000 GEL für Reintegrationsmaßnahmen reserviert. Aus den Geldern wurden Mikro-Geschäfts-Projekte, temporäre Unterkünfte, Aus- und Fortbildungskurse, Förderungen für bezahlte Praktiken, Erste Hilfe und medizinische Grundversorgung, psychologische Rehabilitation und Rechtshilfe für Rückkehrer unterstützt. Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien angekommen sind (MRA o. D.). 2016 wurde das Programm auf 600.000 GEL aufgestockt, und das Ministerium setzte dessen Umsetzung unter Einbeziehung von NGOs fort (SCMI 16.8.2016)

"

1.3. Feststellungen zum Vorbringen der Beschwerdeführerin

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Georgien vor ihrer Ausreise einer aktuellen individuellen Verfolgung durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder sie im Falle einer Rückkehr nach Georgien einer solchen ausgesetzt wäre. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin aus wohlbegründeter, asylrelevanter Furcht vor Diskriminierungs- bzw. Verfolgungshandlungen anlässlich ihrer ossetischen Volksgruppenzugehörigkeit Georgien verlassen habe.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Fall der Rückkehr nach Georgien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Verletzung ihrer durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt ist oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

2. Beweiswürdigung

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, den Akt des BVwG, die amtswegige Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems sowie insbesondere auch durch die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Aufgrund der vorliegenden, unbedenklichen und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage ist das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.

2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit und Herkunft der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren diesbezüglichen Angaben, an denen auf Grund ihrer Sprachkenntnisse, der örtlichen Kenntnisse und Gegebenheiten auch nicht zu zweifeln war sowie aus der vorgelegten Geburtsurkunde.

Die Feststellungen zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu den familiären und privaten Verhältnissen der Beschwerdeführerin gründen sich auf deren in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren sowie auf das vorgelegte Wehrdienstbuch und den vorgelegten Gerichtsbeschluss im Obsorgeverfahren ihren Sohn betreffend.

Dass der Sohn der Beschwerdeführerin im Oktober 2016 freiwillig nach Georgien zurückgekehrt ist, ergibt sich aus dem Verfahrensakt des Sohnes XXXX sowie aus dem Fremdeninformationssystem.

Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin sowie die in Anspruch genommenen Behandlungen sind den medizinischen Unterlagen im Akt zu entnehmen.

Der Besuch eines Deutschkurses sowie die abgelegte Deutschprüfung der Beschwerdeführerin gehen aus den diesbezüglich im Verfahren vorgelegten Unterlagen hervor. Dass die Beschwerdeführerin auf einem guten Niveau die deutsche Sprache beherrscht, ist auf die persönlichen Wahrnehmungen der Richterin in der mündlichen Verhandlung zurückzuführen.

Dass die Beschwerdeführerin in Österreich über einen Freundeskreis verfügt, ist den vorgelegten Unterstützungsschreiben zu entnehmen.

Dass die Beschwerdeführerin Mitglied eines Chores ist sowie in einem Kirchenchor gesungen hat, kann dem diesbezüglich vorgelegten Schreiben entnommen werden.

2.3. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin

Zusammengefasst gründete die Beschwerdeführerin ihre Ausreise aus Georgien darauf, dass sie als Angehörige der ossetischen Volksgruppe in Georgien Diskriminierungen unterlegen sei, welche ihr einen Verbleib in diesem Land unmöglich gemacht hätten.

Zunächst verwies die Beschwerdeführerin darauf, dass sie Anfang der Neunzigerjahre während des georgisch-südossetischen Krieges vergewaltigt worden sei und dass ihr von einer georgischen Militäreinheit ein Grundstück wegegenommen worden sei.

Ungeachtet einer Glaubwürdigkeitsprüfung dieses Vorbringens ist dem BFA dahingehend zuzustimmen, dass die Beschwerdeführerin dahingehend eine wohlbegründete Furcht mangels aktueller Geschehnisse – bezogen auf den Ausreisezeitpunkt – nicht glaubhaft machen konnte. Die Voraussetzung "wohlbegründeter Furcht" wird in der Regel nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (VwGH 19.10.2000, Zahl 98/20/0430).

Es ist daher ist zu prüfen, inwieweit die begründete Furcht der Beschwerdeführerin vor Verfolgung auch im Zeitpunkt der Ausreise vorlag (VwGH 13.01.1999, Zahl 98/01/0361). Führt man sich im Falle der Beschwerdeführerin vor Augen, dass sich die oben als verfolgungsrelevant dargestellten Vorfälle 1991 bzw. 1993/1994 zugetragen haben, die Beschwerdeführerin ihren Schilderungen zufolge aber bis November 2013 in ihrem Heimatland verblieb und dort ohne diesbezügliche Probleme aufhältig war, so fehlt es bezogen auf die Ausreise im November 2013 am erforderlichen zeitlichen Konnex.

Gleiches gilt für das Vorbringen, wonach sie bei einem Versuch im Jahr 2009 die Grenze nach Georgien zu überqueren, von Russen verhöhnt worden sei und wonach im Jahr 1988 die Familie eines georgischen Verehrers sie nicht akzeptiert habe.

Auch diesbezüglich kann die Aktualität der Verfolgungsgefahr verneint werden, zumal ein zeitlicher Konnex zur vier bzw. fünfundzwanzig Jahre später folgenden Ausreise nicht gegeben ist.

Abgesehen von den oben dargelegten Vorfällen vermeinte die Beschwerdeführerin auch in anderen Lebensbereichen aufgrund ihrer ossetischen Volksgruppenzugehörigkeit diskriminiert worden zu sein.

Wenn sie diesbezüglich ausführt, dass sie ihren Arbeitsplatz in Tiflis verloren habe, so ist anzumerken, dass sie selbst ausführte, im Jahr 2008 bzw. 2010 nach XXXX zu ihrer Mutter gefahren zu sein, um diese zu besuchen. Aufgrund der Kriegssituation habe sie jedoch nicht mehr nach Tiflis zurückkehren können und habe bei einem späteren Besuch in Tiflis erfahren, dass sie ihre Arbeitsstelle deshalb verloren habe.

Ihre Vermutungen zum Grund der Auflösung des Arbeitsverhältnisses erschöpften sich jedoch in vagen Verweisen darauf, dass Freundinnen bzw. Bekannte ihr erzählt hätten, dass Ärzte sich weigern würden, mit ossetischem Personal zu arbeiten.

Für die Glaubhaftmachung eines behaupteten Bedrohungsszenarios reicht es jedoch nicht aus dieses bloß unsubstantiiert in den Raum zu stellen, sondern obliegt es einem Asylwerber dieses Szenario in erster Linie durch sein eigenes nachvollziehbares und plausibles Vorbringen glaubhaft darzustellen, insbesondere wenn das erkennende Gericht mangels sonstiger Erkenntnisquellen bei der Entscheidungsfindung alleine auf dessen persönlichen Vortrag angewiesen ist. Dies war der Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen, welches sich lediglich auf Informationen vom "Hörensagen" stützt jedenfalls nicht gelungen und war sohin für das erkennende Gericht zu folgern, dass die Beschwerdeführerin nicht angesichts ihrer Volksgruppenzugehörigkeit ihre Arbeitsstelle verloren habe. Es liegt zudem nahe, dass eine Arbeitsstelle neu besetzt wird, wenn der Arbeitnehmer für längere Zeit nicht am Arbeitsplatz erscheint, was bei der Beschwerdeführerin der Fall war, zumal sie für mehrere Jahre nicht in Tiflis aufhältig war.

Dass die Beschwerdeführerin generell aufgrund ihrer Volksgruppenzughörigkeit Probleme gehabt habe eine Arbeitsstelle zu finden, kann ebenfalls nicht nachvollzogen werden, zumal sie selbst ausführte, bis kurz vor ihrer Ausreise gearbeitet zu haben. Auch während ihrem Aufenthalt bei ihrer Mutter war sie als XXXX tätig und hat sie auch nach ihrer Ausbildung als XXXX bis zu einer Anstellung als solche in einem XXXX gearbeitet.

Wenn die Beschwerdeführerin ausführt, dass ihr die Obsorge ihres Sohnes nach der Scheidung entzogen worden sei, weil sie der ossetischen Volksgruppe angehöre, so sei darauf hingewiesen, dass ihr im Berufungsverfahren letztlich die Obsorge zugesprochen wurde, was eindeutig gegen die vermutete Diskriminierung spricht.

Die Beschwerdeführerin hat somit in einer Gesamtschau keine gegen sie persönlich gerichteten aktuellen und konkreten Verfolgungshandlungen glaubhaft behauptet und folglich auch keine zielgerichteten ethnisch motivierten existenzbedrohenden Gefährdungen vorgebracht.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den in den Länderfeststellungen angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen.

Es handelt sich hierbei um Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprungeshandelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten – von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen – diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten –immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyseder Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen –allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden- aufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt werden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Beschwerdeführerin ist auch den angeführten getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat nicht substantiiert entgegengetreten. Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, es wären weitere Ermittlungen im vom ihr beschriebenen Umfang durchzuführen gewesen, kann sich das ho. Gericht dem nicht anschließen und weist das ho. Gericht darauf hin, dass sowohl Recherchen vor Ort als auch die Beziehung eines Ländersachverständigen unterbleiben können, wenn der maßgebliche Sachverhalt auch anderweitig festgestellt werden kann, was hier zweifelsfrei der Fall war. Ein weitergehendes Ermittlungsverfahren würde letztlich in einem unzulässigen Erkundungsbeweis münden.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keine stichhaltigen Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

3. rechtliche Beurteilung

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.2. Republik Georgien - sicherer Herkunftsstaat:

Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren.

Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.

Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen.

Gem. dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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