TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/13 L519 2142379-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.11.2017
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Entscheidungsdatum

13.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L519 2142379-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Islamische Republik Pakistan (im Folgenden: Pakistan), vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 22.11.2016, Zl. 1069411209-150523499, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.04.2017 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger Pakistans, brachte nach nicht rechtmäßiger Einreise am 19.5.2015 bei der belangten Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. dem BFA brachte der BF im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Sicherheitslage um XXXX sei sehr schlecht. Die Taliban würden der Bevölkerung nicht erlauben, die Schule zu besuchen sowie Strom und Gas abdrehen.

Der Vater des BF habe bei der Grenzpolizei gearbeitet und sei deshalb in die Talibankonflikte involviert. Der Vater habe auch einen Talibankommandanten getötet sowie Taliban festgenommen. Deshalb seien der BF und sein Vater nach dessen Rücktritt im Jahr 2014 von den Taliban bedroht worden. Vom BF sei verlangt worden, dass er zu den Taliban überläuft.

I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

Der BF habe bei der Erstbefragung angegeben, Pakistan wegen der Vorherrschaft der Taliban in seiner Herkunftsregion verlassen zu haben. Beim BFA habe er hingegen angegeben, sein Vater sei Grenzpolizist gewesen und habe einen Talibanführer getötet und weitere festgenommen. Nach dem Rücktritt des Vaters im jahr 2014 hätten die Taliban den BF bedroht und verlangt, dass er zu ihnen überläuft.

Die in der Erstbefragung angegebenen Gründe seien der Behörde bekannt und würden von Asylwerbern aus der Region XXXX häufig verwendet, ohne allerdings eine konkrete Bedrohung der Person des BF glaubhaft machen zu können. Was die beim BFA angebenen Gründe betrifft, sei festzustellen, dass der BF bei den geschilderten Ereignissen 2006 und 2007 gerade einmal 10 Jahre alt war und daher der zeitliche Zusammenhang zur Ausreise im Jahr 2015 fehlt. In diesen Jahren sei der Vater des BF als Polizist im Kampf gegen die Taliban aktiv gewesen.

Jetzt daraus einen Fluchtgrund zu konstruieren, der darin gipfelte, dass der BF 2014 2 Mal von den Taliban angerufen und aufgefordert wurde zu den Taliban überzulaufen, klinge doch sehr an den Haaren herbeigezogen. Wenn überhaupt, hätte der Vater des BF Bedrohungen durch die Taliban geltend machen können, jedoch mit Sicherheit nicht der BF. Wie vom BF auf Nachfrage bestätigt, habe dieser je weder einen Taliban gesehen, noch sei er physisch von einem Taliban bedroht worden. Der BF gab aber an, dass die Taliban 2014 in sein Dorf gekommen seinen, um den BF und seinen Vater zu suchen. So gesehen müsste der BF die Taliban auch gesehen haben. Dass diese den BF und seinen Vater lediglich angerufen haben sollen, klinge sehr unglaubwürdig. Wären die Taliban wirklich am BF interessiert gewesen, hätten sie sicher Mittel und Wege gefunden, um seiner habhaft zu werden.

Auch die Erklärung, die Drohanrufe bei der Polizei sogar angezeigt zu haben, von dieser aber abgewiesen und aufgefordert worden zu sein, auf sich selbst aufzupassen, klinge sehr an den Haaren herbeigezogen.

Die Behörde verkenne nicht die schwierige Sicherheitslage und die Bedrohung durch die Taliban in Pakistan. Es könne aber nicht von einer fehlenden Bereitschaft und Fähigkeit der pakistanischen Behörden, Schutz zu gewähren, ausgegangen werden. Allerdings gebe es wie nirgends sonst auf der Welt keinen lückenlosen Schutz.

Auch dass zwischen den Drohanrufen und der Ausreise im Jahr 2015 nahezu 1 Jahr vergangen ist, zeuge nicht von einem fluchtartigen Verlassen der Heimat, zumal der Vater des BF auch noch ein Grundstück verkauft hat, um die Ausreise des BF zu finanzieren.

Außerdem wäre es dem BF aufgrund der Bewegungsfreiheit in Pakistan möglich gewesen, sich in einer anderen Region niederzulassen, in der er ungefährdet leben könnte. Außerdem sei der BF keine derart exponierte Person, dass es für die Taliban so interessant wäre, ihn in einer der Großstädte zu suchen.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

Es hätten sich weiter keine Hinweise für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.

I.3. 1. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde neben Wiederholungen und allgemeinen Angaben vorgebracht, dass nach der Flucht des BF das Lebensmittelgeschäft der Familie angezündet und zerstört worden sei. Am 20.12.2015 sei der Bruder des BF entführt worden. Die Familie habe 2016 ein Mail erhalten, dass er bei den Moslems sei. Er sei zum Kampf gezwungen worden. Ein FIR betreffend Verschwinden des Bruders werde beigelegt, außerdem gebe es 3 Zeitungsberichte, die der Referent des BFA nicht angenommen habe. Der Polizei gelinge es nicht, die schiitische Minderheit effektiv zu schützen. Wegen der Drohanrufe sei kein FIR aufgenommen worden, ein FIR betreffend Zerstörung des Ladens werde ebenfalls beigelegt.

Der BF weigere sich aus politischen Gründen, auf der Seite der Taliban zu kämpfen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe für ihn nicht. Die Familie sei nicht gut situiert und könne den BF beim Aufbau einer neuen Existenz nicht unterstützen. Der BF sei auf sich alleine gestellt und käme in eine Notsituation. Außerdem sei die Bewegungsfreiheit von Menschen aus den FATA eingeschränkt.

I.3.2. In einer Beschwerdeergänzung vom 16.12.2016 wurde noch vorgebracht, dass eine Gruppenverfolgung schiitischer Paschtunen aus den FATA in Erwägung zu ziehen sei.

I.4. Für den 3.4.2017 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, an der der BF mit seiner Rechtsvertretung, einer Vertrauensperson und der von ihm beantragten Zeugin teilnahm.

I.5. Mit Schreiben des BVwG vom 23.8.2017 wurde den Verfahrensparteien die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 26.4.2017 zur Lage schiitischer Paschtunen in und außerhalb ihrer Herkunftsregion mit der Einladung, dazu binnen 1 Woche schriftlich Stellung zu nehmen, übermittelt.

I.5.1. Mit Schreiben vom 30.8.2017 führte der BF im Wesentlichen aus, dass er nunmehr eine Beschäftigungsbewilligung habe und aktuell eine Lehre als Restaurantfachmann absolviere. Außerdem nehme er am Projekt "Pages: Partizipation und Gesundheitskompetenz von Asylwerbern und anerkannten Flüchtlingen in Salzburg" teil.

Zur Anfragebeantwortung werde auf die Berichte von EASO vom Juli 2016, UNHCR vom Jänner 2017, ACCORD vom 29.3.2016 und US Commission on International Religious Freedom vom 26.4.2017 verwiesen. Die Sicherheitslage im FATA-Gebiet erlaube keine Rückkehr des BF. Außerdem sei im gesamten Staatsgebiet von Pakistan von einer Verfolgungsgefahr durch die Taliban auszugehen. Die TTP sei wesentlicher Akteur für Terrorattentate im Punjab und in allen Bundesstaaten Pakistans. Aufgrund des hohen Vernetzungsgrades mit anderen radikalen sunnitischen Milizen seien Verfolgungshandlungen auch in Gebieten zu erwarten, in denen die TTP keinen Einfluss hat.

Der pakistanische Staat sei nicht fähig und willig, Schutz zu gewähren. Schiiten würden in allen Teilen des Landes angegriffen, sodass auch eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht bestehe.

I.6. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Der Beschwerdeführer:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen pakistanischen Staatsangehörigen, welcher zur Volksgruppe der Paschtunen gehört und sich zum schiitischen Islam bekennt. Der BF ist damit Drittstaatsangehöriger.

Der BF ist ein lediger, junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann mit einer in Pakistan - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.

Der BF stammt aus der Region XXXX und hat 10 Jahre die Grundschule besucht. Er spricht neben Paschtu auch Urdu.

In Pakistan leben nach wie vor die Eltern des BF sowie 6 Geschwister.

Der BF ist strafrechtlich in Österreich bislang unbescholten und absolviert seit 28. August 2017 eine Lehre als Restaurantfachmann. Der BF hat eine Beschäftigungsbewilligung für die Zeit von 24.8.2017 bis 23.11.2020. Er hat die Pflichtschulabschlussprüfung abgelegt und hat ein B1 Sprachdiplom. Außerdem nimmt der BF am Projekt "PAGES:

Partizipation und Gesundheitskompetenz von Asylwerbern und anerkannten Flüchtlingen in Salzburg" teil.

Der BF hat keine familiären oder relevanten privaten Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die Identität des BF steht nicht fest.

Er reiste unrechtmäßig in die Europäische Union und in weiterer Folge in das österreichische Bundesgebiet ein.

Der BF hält sich lediglich aufgrund der Bestimmungen des Asylgesetzes vorübergehend legal in Österreich auf und besteht kein Aufenthaltsrecht nach anderen gesetzlichen Bestimmungen.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan:

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan werden folgende Feststellungen getroffen:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 2.8.2017: Shahid Khaqan Abbasi, neuer Premierminister (Abschnitt 1 / relevant für Abschnitt 2 Politische Lage)

Das pakistanische Parlament hat einen Nachfolger für den abgesetzten Premierminister Nawaz Sharif gewählt. Vom Parlament, in dem Sharifs Partei, Pakistan Muslim League-N (PML-N) über eine Mehrheit verfügt, wurde Shahid Khaqan Abbasi zum neuen Regierungschef bestimmt (tagesschau.de 1.8.2017).

Khaqan Abbasi wurde am 1.8.2017 von den Abgeordneten der Nationalversammlung zum Premierminister ernannt und von Präsident Mamnoon Hussain vereidigt (DAWN 1.8.2017b).

Der neue Premierminister gilt als loyaler Gefolgsmann des wegen Korruptionsverdachts abgesetzten, ehemaligen Premierminister Nawaz Sharif. Für diesen saß Khaqan Abbasi nach dem Putsch von General Pervez Musharraf im Jahre 1999, in welchem Sharif gestürzt wurde, für zwei Jahre im Gefängnis ein (NYT 1.8.2017).

Abbasi, ein Elektro-Ingenieur mit einem Master-Abschluss der George Washington University, bekleidete in Nawaz Sharifs dritter Amtszeit die Position des Ministers für Erdöl und natürliche Ressourcen (DAWN 1.8.2017a).

Es wird davon ausgegangen, dass Abbasi das Amt hält, bis Sharifs Bruder Shehbaz Sharif, er ist Ministerpräsident der Provinz Punjab, in der bevorstehenden Wahl einen Sitz im Parlament gewinnt und Premierminister werden kann (NYT 1.8.2017).

Vom Korruptionsskandal um die Familie seines Bruders ist Shehbaz Sharif bislang nicht betroffen (arte.tv 31.7.2017).

Quellen:

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arte.tv (31.7.2017): Pakistans Parlament bestimmt Nachfolger für abgesetzten Premierminister,

http://info.arte.tv/de/afp/Neuigkeiten/pakistans-parlament-bestimmt-nachfolger-fuer-abgesetzten-premierminister, Zugriff 2.8.2017

-

DAWN (1.8.2017a): Meet the new prime minister, https://www.dawn.com/news/1348954/meet-the-new-prime-minister, Zugriff 2.8.2017

-

DAWN (1.8.2017b): Shahid Khaqan Abbasi sworn in as prime minister of Pakistan, https://www.dawn.com/news/1348953, Zugriff 2.8.2017

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tagesschau.de (1.8.2017): Abbasi wird Premier auf Zeit, https://www.tagesschau.de/ausland/abbasi-permierpakistan-101.html, Zugriff 2.8.2017

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NYT - The New York Times (1.8.2017): Shahid Khaqan Abbasi: What You Need to Know About Pakistan's New Prime Minister, https://www.nytimes.com/2017/08/01/world/asia/shahid-khaqan-abbasi-pakistan-prime-minister.html, Zugriff 2.8.2017

KI vom 31.7.2017: Amtsenthebung von Ministerpräsident Nawaz Sharif durch das Oberste Gericht am 28.7.2017 (Abschnitt 1 / relevant für Abschnitt 2 Politische Lage).

Der oberste Gerichtshof in Pakistan hat Regierungschef Nawaz Sharif abgesetzt (Zeit Online 28.7.2017). Hintergrund sind die durch die Panama Papers enthüllten Vermögensverhältnisse der Familie, die Sharif Vorwürfe der Geldwäsche und Korruption eingebracht hatten. In Pakistan kann ein Ministerpräsident des Amtes enthoben werden, wenn sich herausstellt, dass er Vermögen verborgen hat. Sharif hat bisher nicht auf die Entscheidung reagiert (Süddeutsche Zeitung 28.7.2017).

Einen Tag nach dem Beschluss des pakistanischen Obersten Gerichts, hat die Regierungspartei Pakistan Muslim League-N (PML-N) am Samstag Nawaz Sharifs jüngeren Bruder Shahbaz für das Amt des Regierungschefs nominiert. Shahbaz Sharif soll in den nächsten 45 Tagen durch eine Nachwahl ins Parlament rücken und den Posten des Ministerpräsidenten übernehmen (Süddeutsche Zeitung 30.7.2017). Sharif will zunächst keinen Widerstand gegen die gefällte Entscheidung des Gerichts leisten. Er habe aber "starke Vorbehalte" gegen das Urteil und werde alle "Möglichkeiten der Konstitution und des Rechts nutzen" (Zeit Online 28.7.2017).

Nach dem Urteil gegen Sharif bewegte die Frage, ob die Entscheidung mit Billigung des mächtigen Militärs gefallen sei (The New Times 28.7.2017).

Quellen:

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Süddeutsche Zeitung (30.7.2017): Sharif folgt Sharif, http://www.sueddeutsche.de/politik/pakistan-sharif-folgt-sharif-1.3609664, Zugriff 31.7.2017

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Süddeutsche Zeitung (28.7.2017): Nach Panama-Papers-Enthüllung:

Gericht enthebt Pakistans Ministerpräsident des Amtes, http://www.sueddeutsche.de/politik/panama-papers-nach-panama-papers-enthuellung-gericht-enthebt-pakistans-ministerpraesident-des-amtes-1.3607163, Zugriff 28.7.2017

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The New Times (28.7.2017): Nawaz Sharif, Pakistan's Prime Minister, Is Toppled by Corruption Case, https://www.nytimes.com/2017/07/28/world/asia/pakistan-prime-minister-nawaz-sharif-removed.html, Zugriff 28.7.2017

-

Zeit Online (28.7.2017): Oberstes Gericht in Pakistan entmachtet Premier Sharif,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-07/panama-papers-pakistan-nawaz-sharif-ministerpraesident-amtsenthebung, Zugriff 28.7.2017

KI vom 25.7.2017: Abschluss Phase I, Khyber IV (Abschnitt 1, relevant für Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Die pakistanische Armee konnte schneller als erwartet die erste Phase der Operation Khyber-IV in der Region Rajgal in der Khyber-Agency abschließen (DAWN 23.7.2017). Khyber-IV als Teil der Operation Radd-UL-Fasaad wurde im Februar nach einem Anstieg von terroristischen Anschlägen im Land eingeleitet (TET, 22.7.2017). Sie zielt darauf ab, die internationale Grenze zu Afghanistan zu sichern, eine Infiltration von militanten Kräften von Afghanistan aus zu verhindern, den Terrorismus zu bekämpfen und räumliche Gewinne aus militärischen Operationen zu festigen (ARY NEWS 20.7.2017). Von der der afghanischen Regierung wurde die Operation kritisiert, da diese nicht mit ihr koordiniert worden war und ohne eine vereinbarte Überwachung durch die Vereinigten Staaten und China erfolgt ist (DAWN, 23.7.2017).

Quellen:

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ARY NEWS (20.7.2017): 13 terrorists killed, soldier martyred in Operation Khyber-IV,

https://arynews.tv/en/13-terrorists-killed-operation-khyber-4/, Zugriff 25.7.2017

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ARY NEWS (23.7.2017): Operation Khyber-IV: Army secures two strongholds in Khyber Agency,

https://arynews.tv/en/operation-khyber-iv-army-secures-two-strongholds-in-khyber-agency/, Zugriff 25.7.2017

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Dunya News (24.7.2017): Army clears mountain top Brekh Muhammad Kandao near Pak-Afghan border,

http://dunyanews.tv/en/Pakistan/398117-Army-clears-mountain-top-Brekh-Muhammad-Kandao-nea, Zugriff 25.7.2017

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DAWN (23.7.2017): Army captures strategic mountain top in Rajgal14 killed in suicide attack on Quetta's Gulistan Road, https://www.dawn.com/news/1347113/army-captures-strategic-mountain-top-in-rajgal, Zugriff 25.7.2017

-

The Express Tribune (22.7.2017): Operation Khyber 4's first phase completed as highest mountaintop cleared of terrorists, https://tribune.com.pk/story/1463935/operation-khyber-4-terrorist-hideouts-near-pak-afghan-border-cleared/, Zugriff 25.7.2017

KI vom 25.7.2017: Anschlag auf einen Gemüsemarkt in Lahore (Abschnitt 1, relevant für Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag auf einem Gemüsemarkt im ostpakistanischen Lahore sind mindestens 26 Menschen getötet und 58 verletzt worden (DAWN 24.7.2017). Die Explosion ereignete sich auf einem Markt während eines Polizeieinsatzes. (Kurier 24.7.2017).

In Lahore sind in den vergangenen Jahren immer wieder schwere Anschläge verübt worden. Zu Ostern 2016 waren mehr als 70 Menschen bei einem Selbstmordattentat getötet worden (Zeit Online 24.7.2017).

Die Verantwortung für diesen Anschlag übernahmen die pakistanischen Taliban und beendete eine Periode relativer Ruhe in Pakistans zweitgrößter Stadt (abc News 24.7.2017).

Quellen:

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abc News (24.7.2017): 26 killed in blast near Lahore's Ferozepur Road,

http://abcnews.go.com/International/wireStory/pakistan-car-bomb-killed-12-wounded-25-lahore-48813419, Zugriff 25.7.2017

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DAWN (24.7.2017): 26 killed in blast near Lahore's Ferozepur Road, https://www.dawn.com/news/1347364/26-killed-in-blast-near-lahores-ferozepur-road, Zugriff 29.6.2017

-

Kurier (24.7.2017): Pakistan: Mindestens 26 Tote bei Anschlag in Lahore,

https://kurier.at/politik/ausland/pakistan-mindestens-25-tote-bei-explosion-in-lahore/276.825.892, Zugriff 25.7.2017

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The Telegraph (24.7.2017): At least 26 killed in Lahore Taliban suicide blast that targeted police , http://www.telegraph.co.uk/news/2017/07/24/least-15-killed-lahore-blast-attack-near-government-building/, Zugriff 25.7.2017

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Zeit Online (24.7.2017):Viele Tote bei Anschlag in Pakistan, http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-07/bombenexplosion-pakistan-anschlag-tote-lahore, Zugriff 25.7.2017

KI vom 29.6.2017: Anschlagserie Quetta - Parachinar - Karatschi (Abschnitt 1, relevant für Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Kurz vor Ende des Fastenmonats Ramadan ist Pakistan am 23.6.2017 von mehreren Anschlägen erschüttert worden. Bei drei Explosionen im Süden und im Nordwesten des Landes sowie einem Überfall wurden mehr als 70 Menschen getötet und mehr als 260 verletzt (tagesschau.de 23.6.2017).

In Quetta, der Hauptstadt der Unruheprovinz Balutschistan, einer Hochburg islamistischer Aufständischer (SPIEGEL ONLINE 23.6.2017), hatte sich am Morgen des 23.6.2017 ein Selbstmordattentäter in einem Auto nahe dem Amtssitz des Polizeichefs in die Luft gesprengt (tagesschau.de 23.6.2017). Dabei wurden mindestens 14 Menschen getötet und 19 verletzt (DAWN 24.6.2017c). In der an Afghanistan und den Iran grenzenden Region kämpft die pakistanische Regierung seit 2004 gegen islamistische und nationalistische Aufständische (SPIEGEL ONLINE 23.6.2017). Die pakistanische Taliban-Gruppierung Jamaat-ul-Ahrar bekennt sich ebenso zur Durchführung des Anschlages, wie der Islamische Staat (tagesschau.de 23.6.2017).

Am Nachmittag explodierten an einem belebten Markt in Parachinar (Kurram Agency) in Nordwestpakistan an der Grenze zu Afghanistan innerhalb von drei Minuten zwei Bomben. Nach Angaben eines Abgeordneten richtete sich der Doppelanschlag offenbar gegen Schiiten, da die Bomben kurz nach der Auflösung einer schiitischen Prozession explodiert seien. Parachinar wird mehrheitlich von Schiiten bewohnt und ist oft Ziel von Anschlägen sunnitischer Extremisten. Der neue Anschlag war der dritte in der Stadt seit Jahresbeginn. Wer hinter der Tat steckt, ist unklar (Die Presse 23.6.2017). Sunnitische Hardliner, wie die Taliban oder der Islamische Staat bezeichnen Schiiten als Ketzer und bekämpfen diese (BBC News 23.6.2017). Parachinar steht seit geraumer Zeit unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Armee und paramilitärische Kräfte betreiben Checkpoints auf allen Einfahrtsstraßen der Stadt und führen strenge Kontrollen durch (DAWN 24.6.2017b).

Am späten Abend schossen in der südpakistanischen Millionenstadt Karatschi Männer von Motorrädern aus auf Polizisten, die zum Fastenbrechen in einem Straßenrestaurant gesessen hatten. Vier Polizisten seien bei dem Überfall getötet worden, sagte ein örtlicher Beamter (tagesschau.de 23.6.2017). Nach Angaben der Behörden soll die Jamaat-ul-Ansar Al-Sharia Pakistan - eine neue militante Organisation - die Verantwortung für den Anschlag übernommen haben (DAWN 24.6.2017a).

Quellen:

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BBC News (23.6.2017): Pakistan day of violence: Scores killed and injured, http://www.bbc.com/news/world-asia-40385007, Zugriff 29.6.2017

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DAWN (29.6.2017): Judicial probe sought into Parachinar bombings, https://www.dawn.com/news/1342100/judicial-probe-sought-into-parachinar-bombings, Zugriff 29.6.2017

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DAWN (24.6.2017a): 4 policemen gunned down in Karachi's SITE area during iftar, https://www.dawn.com/news/1341305, Zugriff 27.6.2017

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DAWN (24.6.2017b): At least 67 dead, 200 injured in twin explosions in Parachinar,

https://www.dawn.com/news/1341299/at-least-25-dead-100-injured-in-twin-explosions-in-parachinar, Zugriff 27.6.2017

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Dawn (23.6.2017c): 14 killed in suicide attack on Quetta's Gulistan Road,

https://www.dawn.com/news/1341271/13-killed-in-suicide-attack-on-quettas-gulistan-road, Zugriff 27.6.2017

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Die Presse (23.6.2017): Anschläge in Pakistan: Zahl der Toten steigt,

http://diepresse.com/home/ausland/welt/5240222/Anschlaege-in-Pakistan_Zahl-der-Toten-steigt, Zugriff 28.6.2017

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SPIEGEL ONLINE (23.6.2017): Mehr als 40 Menschen bei Anschlagserie getötet,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/pakistan-mindestens-42-tote-bei-vier-anschlaegen-in-pakistan-a-1153851.html, Zugriff 27.6.2017

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Tagesschau.de (23.6.2017): Viele Tote bei Anschlagsserie in Pakistan,

https://www.tagesschau.de/ausland/anschlaege-pakistan-101.html, Zugriff 27.6.2017

KI vom 4.5.2017: Update zur Sicherheitslage: Anschlagszahlen 1. Quartal 2017 (Abschnitt 1, relevant für Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Update: Anschlagszahlen des 1. Quartals 2017 laut Aufzeichnungen Pakistan Institute for Peace Studies

Im Jänner 2017 war Pakistan insgesamt von 29 Terroranschlägen betroffen, bei denen 40 Personen getötet wurden. 128 Personen wurden verletzt. Die regionale Verteilung zeigt folgendes Bild: Khyber Pakhtunkhwa - 6 Anschläge mit einem Toten; Sindh - 4 Anschläge mit 3 Toten; alle in Karatschi; Belutschistan - 14 Anschläge mit 7 Toten; FATA - 3 Anschläge mit 27 Toten (PIPS 10.2.2017). Darunter fiel auch der Sprengstoffanschlag auf einen Gemüsemarkt in Parachinar / Kurram Agency, bei welchem am 21.1.2017 mindestens 25 Menschen getötet und rund 85 Personen verletzt worden sind (Dawn 22.1.2017). Die Kurram Agency ist eine mehrheitlich von Schiiten bewohnte Agency, der Verwaltungssitz Parachinar oft Ziel von Anschlägen sunnitischer Extremisten (NZZ 31.3.2017). Punjab war von 2 Anschlägen mit 2 Toten betroffen. In Gilgit-Baltistan und Islamabad wurden keine Anschläge gemeldet (PIPS 10.2.2017).

Der Februar war nach einer langen Zeitspanne rückläufiger terroristischer Gewaltakte von einem starken Anstieg betroffen. In sechs aufeinanderfolgenden Selbstmordanschlägen wurden allein in weniger als einer Woche beinahe 100 Menschen getötet (BBC News 17.2.2017). Im Februar stiegen die Anschläge und Opferzahlen auf 159 Tote und 426 Verletzte in 32 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Regionale Verteilung: Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 23 Toten; Belutschistan - 8 Anschläge mit 9 Toten; Sindh - 92 Tote in 5 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Darunter finden sich auch die Opfer des Selbstmordanschlages auf den Lal Shahbaz Qalandar - Schrein des Sufismus in Sehwan vom 16.2.2017 (Dawn 17.2.2017). Drei der registrierten Anschläge fanden in Karatschi statt. Punjab war von einem Anschlag mit 16 Toten betroffen. Azad Jammu Kaschmir war von einem Anschlag mit 2 Verletzten betroffen. In der FATA wurden 10 Anschläge mit 19 Toten verübt. Islamabad verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 17.3.2017).

Im März ging die Zahl der Anschläge wieder zurück auf 28. Dabei wurden 40 Menschen getötet und 98 verletzt. Regionale Verteilung:

Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 9 Toten; FATA - 9 Anschläge, 30 Tote. Darunter war wieder ein größerer Anschlag in Parachinar, der alleine 23 Tote forderte. In Belutschistan fanden 9 Anschläge statt, niemand wurde dabei getötet. Sindh verzeichnete 2 Anschläge ohne Tote, dabei fand kein Anschlag in Karatschi statt. Der Punjab zählte einen Anschlag mit einem Toten. Islamabad verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 14.4.2017).

Das 1. Quartal 2017 verzeichnet mit insgesamt 89 Anschlägen bei einer Opferzahl von 239 Toten und 652 Verletzten zwar eine geringere Anzahl von Anschlägen als im Vergleichszeitraum des 1. Quartals 2016. In diesem wurden 103 Anschläge mit 285 Toten und 547 Verletzte aufgezeichnet (eigene Auswertung aus: PIPS 10.2.2017, PIPS 17.3.2017, PIPS 14.4.2017, PIPS 7.2.2016, PIPS 7.3.2016, PIPS 7.4.2016).

Quellen:

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BBC News (17.2.2017): Pakistan: IS attack on Sufi shrine in Sindh kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-38994318, Zugriff 17.2.2017

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Dawn (22.1.2017): 'Terrorists will fail in their attempt to regain lost relevance,' army chief says, http://www.dawn.com/news/1309800/terrorists-will-fail-in-their-attempt-to-regain-lost-relevance-army-chief-says, Zugriff 23.1.2017

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Dawn (17.2.2017): At least 70 dead as bomb rips through Lal Shahbaz shrine in Sehwan, Sindh, http://www.dawn.com/news/1315136/at-least-70-dead-as-bomb-rips-through-lal-shahbaz-shrine-in-sehwan-sindh, Zugriff 17.2.2017

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NZZ - Neue Züricher Zeitung(31.3.2107): Mindestens 24 Tote auf belebten Markt,

https://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/bombenanschlag-in-pakistan-mindestens-zehn-tote-auf-belebten-markt-ld.154575, Zugriff 3.5.2017

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (10.2.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: January, 2017, Zugriff 28.4.2017

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (17.3.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: February, 2017, Zugriff 28.4.2017

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (14.4.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: March, 2017, Zugriff 28.4.2017

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.2.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: January, 2016, Zugriff 28.4.2017

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.3.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: February, 2016, Zugriff 28.4.2017

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (8.4.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: March, 2016, Zugriff 28.4.2017

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber-Pakhtunkhwa (ehemals North West Frontier Province/NWFP) sowie den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA). Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan (die früheren "Northern Areas") und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bis dahin von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 12.2016a).

Die pakistanische Bevölkerung wird vom CIA World Factbook mit Stand Juli 2016 auf knapp unter 202 Millionen geschätzt. Pakistan ist damit der siebtbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 12.1.2017).

Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform verabschiedet. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die durch die Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen gegenüber der Zentralregierung, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 12.2016a).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, zehn weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die reservierten Sitze werden auf die in der Nationalversammlung vertretenen Parteien entsprechend deren Stimmenanteil verteilt. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 12.2016a).

Bei den Parlamentswahlen vom 11.5.2013 wurde eine von der Pakistan Peoples Party (PPP) geführte Regierung von der Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Nawaz Sharif abgelöst. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 - 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief. Die PML-N erreichte eine absolute Mehrheit der Mandate. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die ehemalige Regierungspartei PPP, dicht gefolgt von der PTI (Pakistan Tehreek-e-Insaf) des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karatschi und Hyderabad, stellt die viertstärkste Fraktion im Parlament (AA 12.2016a).

Ebenfalls am 11.5.2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50 Prozent der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber-Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei NP geführt, die eine Koalition mit PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 12.2016a).

Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen war überraschend hoch (NZZ 11.5.2013). Die TTP (Tehrik-e-Taliban Pakistan) hielt die Wahl für unislamisch und hatte für den Wahltag Anschläge angekündigt. Die Wahl fand deshalb unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt, mehr als 620.000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz (DZ 11.5.2013). Im Rahmen der Vorwahlzeit und der Wahlen verübten terroristische Gruppen mehr als 150 Anschläge, bei denen ca. 170 Menschen getötet und 700 verletzt wurden (BFA 10.2014).

Am 30.7.2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente den PML-N Politiker Mamnoon Hussain zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9.9.2013 vereidigt wurde. Hussain löst Asif Ali Zardari als Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts wurde als wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Demokratie in Pakistan gewürdigt (AA 12.2016a).

Ministerpräsident Nawaz Sharif erklärte wirtschafts- und finanzpolitische Themen sowie die Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten Afghanistan und Indien zu den Schwerpunkten seiner Amtszeit. Die Regierung setzt ihren vorsichtigen Reformkurs fort (AA 12.2016a).

Katastrophen

Nach dem Erdbeben 2005 wurde die National Disaster Management Authority (NDMA) und 2010 Katastrophenmanagement-Behörden in den Distrikten und Provinzen eingerichtet, doch leiden diese an einem Mangel an ausgebildetem Personal, Koordination und finanziellen Ressourcen (IRIN 3.4.2014). In den letzten Jahren haben sich allerdings die Kapazitäten der Regierungsbehörden, der Sicherheitskräfte und der heimischen zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der Bewältigung von Katastrophen deutlich verbessert (UNOCHA 31.1.2016).

Bei einem Erdbeben der Stärke 7,5 am 26.10.2015 kamen mindestens 248 Menschen ums Leben. Das pakistanische Militär und Zivilbehörden führten die Rettungsmaßnahmen durch (Dawn 28.10.2015). Beinahe 666.000 Menschen wurden in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa und der Agency Bajaur durch das Beben vertrieben (IDMC/NRC 5.2016). Zwischen März und Juli 2016 wurden 239 Menschen bei starken Monsoon Regenfällen in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa getötet. Die Regierung führte die Rettungs- und Suchaktionen durch, die internationale Gemeinschaft wurde nicht um Hilfe gebeten (UNOCHA 4.7.2016). Im April 2016 kamen 5 Menschen in Pakistan bei einem Erdbeben ums Leben, die Provincial Disaster Management Authority von Khyber Pakhtunkhwa sowie die NDMA übernahmen die Versorgung der von den Fluten Betroffenen, auch hier wurde die internationale Gemeinschaft nicht um Hilfe gebeten (UNOCHA 11.4.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 18.3.2017

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BFA Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives

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CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 18.13.2017.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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