TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/15 I414 2172406-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.11.2017
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Entscheidungsdatum

15.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z4
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2

Spruch

I414 2172406-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den "Verein Menschenrechte Österreich", Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2017, XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.11.2017 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 07.11.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag stattfindenden Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte der Beschwerdeführer, Anfang 2016 Nigeria verlassen zu haben und über Libyen nach Italien gereist zu sein. In Italien, sei er von Männern der Organisation aufgesucht worden, welche ihn nach Nigeria zurückbringen wollten, daher sei er nach Österreich gereist. Befragt nach seinem Fluchtgrund gab er an, dass er Nigeria verlassen habe, da sein Vater Anführer der Organisation XXXX sei und als ältester Sohn sei er dazu bestimmt, die Rolle des Vaters zu übernehmen. Sein Vater und die Anhänger der Organisation XXXX haben ihn auf diese Rolle vorbereiten wollen. Der Beschwerdeführer habe diese Funktion nicht annehmen wollen und so sei er auf den Rat seiner Mutter folgend geflüchtet. Sein Vater habe von der Flucht nichts mitbekommen.

2. Das Verfahren wurde am 30.01.2017 zugelassen, und der Beschwerdeführer wurde am 17.08.2017 niederschriftlich durch die belangte Behörde einvernommen. Er erklärte, dass er am XXXX in Benin City geboren, ledig, Christ sei und der Volksgruppe der Edo angehöre. Seine Familie bestehend aus seinem Vater, seiner Mutter, seine drei Schwestern und seine drei Brüder würden in Benin City leben. Er habe zwölf Jahre die Schule besucht und einer seiner Schwestern hätte ihm das Friseurhandwerk beigebracht.

In Nigeria habe er niemals Probleme aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit und niemals Probleme mit staatlichen Behörden, Gerichten oder der Polizei gehabt. In Nigeria habe er sich nie politisch betätigt. Er habe Probleme aufgrund seiner Religionsangehörigkeit, weil sein Vater Heide sei und vom Beschwerdeführer als ältester Sohn erwarte werde, dass er die Rolle seines Vaters im Voodoo einnehmen müsse. Sein Vater hätte den Beschwerdeführer mit einer Machete geschlagen. Im Lager in Italien habe er Albträume gehabt und manchmal sei er nachts von einem nigerianischen Mann im Schlaf gestört worden, welcher ihm sagte, er solle wieder nach Nigeria zurückkehren. Er nehme an es handle sich dabei um einen Kultisten (Voodoo- Anhänger).

In Österreich habe er einen Deutschkurs besucht, spreche jedoch kein Deutsch, derzeit besuche er keinen Deutschkurs. In Österreich habe er einen Freund, welcher XXXX heisse, mit XXXX spiele er Fußball. Seit diesem Vorfall mit seinem Vater sei er traumatisiert, er müsse Medikamente einnehmen. Er sei nervös, habe Herzrasen und leide an Schlaflosigkeit.

3. Mit Bescheid vom 06.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), (Spruchpunkt I.), sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs. Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA- Verfahrensgesetz (BFA- VG) wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. Z. 2 FPG 2005 (Fremdenpolizeigesetz) erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.) und die aufschiebende Wirkung wurde aberkannt (Spruchpunkt IV.).

4. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22.09.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Der Beschwerdeführer fasst den Sachverhalt betreffend seine Fluchtmotive wie folgt zusammen. Der Beschwerdeführer sei nigerianischer Staatsbürger, Christ und gehört der Volksgruppe der Edo an. Er sei aus Nigeria ausgereist, weil sein Vater Anführer der Organisation XXXX sei. Der Beschwerdeführer sei als ältester Sohn dazu bestimmt, diese Rolle zu übernehmen. Bei einer Rückkehr wisse er nicht, was ihm die Anhänger der Ajeylala antun würden.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer eine Bedrohung durch eine Privatperson vorgebracht habe und dass eine Schutzsuche und Unterschutzstellung bei den nigerianischen Behörden möglich sei, könne der Beschwerdeführer nicht nachvollziehen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit dem gesamten individuellen Vorbringen sachgerecht auseinanderzusetzen und diesbezüglich ein adäquates Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Befragung zu dem Fluchtgrund erweise sich als für die Ermittlung des wesentlichen Sachverhaltes als völlig unzureichend, sodass eine neuerliche Befragung zur Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes unerlässlich sei. Der angefochtene Bescheid leide daher an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel.

Falls dem Vorbringen des Beschwerdeführers dennoch keine Asylrelevanz zugebilligt werde, stelle er in eventu den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, weil dem Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde und die Gefahr bestehe, dass der Beschwerdeführer in eine ausweglose Lage geraten würde. Im Falle einer Rückkehr wäre er einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Aus diesen Gründen hätte ihm die belangte Behörde zumindest den Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen.

Der Beschwerdeführer leide an einem Trauma, seine Hände würden zittert und er leide an Schlafstörungen. Daher wird die Aufhebung der gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Rückkehrentscheidung beantragt.

Der Beschwerdeführer beantragt zudem, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da eine Abschiebung nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten würde. Im Hinblick auf die drohende Gefährdung und der realen Gefahr würden dem Antrag auf ausschiebende Wirkung keine öffentlichen Interessen entgegenstehen.

Es werde daher beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid zu beheben, dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. In eventu, den Bescheid bezüglich des Spruchpunktes II. zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG Abs. 1 Z. 1 zuzuerkennen. In eventu, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen. In eventu dem Beschwerdeführer gem. § 57 und 55 AsylG einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zuerkennen, die gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Ausweisung und Rückkehrentscheidung aufheben, sowie die aufschiebende Wirkung gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG zuerkennen.

5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.10.2017, Zl. I414 2172406-1/4Z, wurde der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2017 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.

6. Mit Schreiben vom 08.11.2017 wurden vom Beschwerdeführer eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs, Besuchsbestätigungen über die laufende Teilnahme eines Kurses der Volkshochschule Salzburg "Deutschpass", sowie ein ärztliches Überweisungsschreiben nachgereicht.

7. Am 10.11.2017 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht, in deren Verlauf der Beschwerdeführer zu seiner Identität und seinen persönlichen Lebensumständen, zu seinen Fluchtgründen, zur Situation im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria und zu seiner derzeitigen Situation in Österreich befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen männlichen, nigerianischen Staatsbürger, und somit um einen Drittstaatsangehörigen gemäß des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Weitere Feststellungen zu seiner Identität können allerdings nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, nicht verheiratet, bekennt sich zum Christentum und ist Angehöriger der Volksgruppe der Edo.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist er daher auch erwerbsfähig. Der Beschwerdeführer weist eine mehrjährige Schulbildung in Nigeria auf.

Der Beschwerdeführer befindet sich in der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer hält sich seit mindestens 07.11.2016 in Österreich auf.

Er verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Er spricht etwas Deutsch, verfügt aber über keine Deutschprüfung. Er weist keine überdurchschnittlichen Integrationsmerkmale in beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Nigeria einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Nicht festgestellt werden kann auch, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria: Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 06.09.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung Im angefochtenen Bescheid wurde das zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria zitiert. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden die aktuellen Länderfeststellungen erläutert und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt, worauf dieser aber verzichtete und auf die bereits abgegebene Stellungnahme verwies.

Es wird weiters festgestellt, dass er, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl, können nicht festgestellt werden.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, dem Verhandlungsprotokoll des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.11.2017, seiner Nachreichung vom 08.11.2017, durch die Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei in der mündlichen Verhandlung am 10.11.2017, in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), in das Zentralen Melderegister (ZMR), in das European Dactyloscopy (EURODAC), dem Grundversorgungssystem und das Strafregister der Republik Österreich sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017.

Die belangte Behörde hat sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und der Frage seines Herkunftslandes umfassend auseinandergesetzt und in der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Administrativverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2017. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Zuletzt bestätigte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeverhandlung vom 10.11.2017 glaubhaft, dass es ihm körperlich gut gehe, er aber seit der körperlichen Gewalt durch seinen Vater infolge von Schlaflosigkeit psychisch etwas überlastet ist, er jedoch dagegen keine Medikamente einnimmt. Unter dieser gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet er schon im Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer legte keine ärztlichen Befunde vor, vorgelegt wurde eine Überweisung zu einer fachärztlichen Untersuchung.

Die Feststellungen zu seiner Schulbildung und seinen familiären Anknüpfungspunkten ergeben sich aus seinen diesbezüglich ebenfalls glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2017.

Hinsichtlich seiner sozialen Verfestigung gab der Beschwerdeführer glaubhaft an, einen Deutschkurs zu besuchen und er legte diesbezüglich eine Bestätigung vor. Eine Deutschprüfung legte er bislang noch nicht ab. Die Zugehörigkeit zu einem Verein oder einer Organisation brachte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nicht vor, allerdings verwies er darauf, dass er in einem Fußballteam der nigerianischen Community in Salzburg mitgespielt hat. Die Feststellungen, dass keine soziale und integrative Verfestigung in Österreich bestehen, ergeben sich aus seinen eigenen Angaben, wie auch, dass weder ein schützenswertes Privat- noch Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität besteht.

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 04.10.2017.

2.3. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Nigeria weder aufgrund seiner politischen oder religiösen Einstellung, noch aufgrund seiner sozialen Herkunft, seiner Rasse, seiner Nationalität oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird, ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung seiner Aussagen im Administrativverfahren und vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters in der Beschwerdeverhandlung.

Das gegenständliche Verfahren begründet der Beschwerdeführer wie folgt. Sein Vater sei Oberhaupt eines Kultes XXXX und als ältester Sohn müsse er die Rolle seines Vaters einnehmen. Eines Tages sei sein Vater mit einer Machete auf ihn losgegangen, um ihn zu töten. Da der Beschwerdeführer die Rolle des Vaters nicht übernehmen wolle, werde er vom Vater und dessen Anhängern XXXX verfolgt. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland fürchte er um sein Leben.

In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er, nachdem er von seinem Vater geschlagen worden sei, sein Elternhaus verlassen habe und zu seiner Tante gezogen sei, welche in der gleichen Stadt (Benin City) wie seine Eltern wohnen würden. Bei seiner Tante habe er ca. drei Jahre gelebt. Seit dem Vorfall mit seinem Vater sei er krank geworden. Dass er in Österreich sei, wisse außer seiner Mutter niemand, er habe seine Heimat verlassen, um ein besseres Leben zu führen. In seinen Träumen habe er manchmal das Gefühl, als würde jemand zu ihm sagen, er solle wieder nach Nigeria zurückkehren. Bei einer Rückkehr nach Nigeria glaube er, dass er den nächsten Tag nicht erleben werde. Bei der schriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl blieb der Umstand, dass der Beschwerdeführer drei Jahre unbehelligt von den Repressionen seines Vaters und dessen Anhängern in Benin City gelebt habe und dass er sein Heimatland verlassen habe um ein besseres Leben zu führen, vollkommen unerwähnt.

Generell drängt sich nach der Durchsicht der Einvernahmeprotokolle und Durchführung der mündlichen Verhandlung der Eindruck einer gesamthaft nicht nachvollziehbaren Darstellung auf. Der erkennende Richter erachtet das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er in Nigeria einer Verfolgung aufgrund seiner Ablehnung die Rolle seines Vaters zu übernehmen ausgesetzt gewesen sei, als nicht glaubhaft. Insbesondere erwiesen sich – wie umseits ausführlich dargestellt – die Schilderungen des Beschwerdeführers als äußerst allgemein, oberflächlich und vage gehalten. Zudem gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, dass er sein Heimatland verlassen habe um ein besseres Leben zu führen. Zusammenfassend ergibt daher die Würdigung aller Umstände, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist.

Es wäre völlig lebensfremd, dass der Beschwerdeführer trotz behaupteter massiver Verfolgung durch seinen Vater und dessen Anhänger XXXX auf seine Flucht aus Nigeria drei Jahre zugewartet habe, womit jeglicher zeitlicher Konnex zwischen dem behaupteten Fluchtgrund und seiner Ausreise aus Nigeria fehlen würde.

Darüberhinaus ist auszuführen, dass selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung des Vorbringens, er werde von diesem Geheimkult verfolgt, es sich um eine Verfolgung durch Privatpersonen handeln würde, dieser hätte er durch Inanspruchnahme von Schutz seitens der staatlichen Behörden begegnen können. Darüberhinaus ist dieser Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt des völligen Fehlens eines Meldesystems in Nigeria zu sehen, worunter auch die Nichtexistenz eines polizeilich funktionierenden Fahndungssystems fällt, die es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich macht nach verdächtigen Personen zu fahnden, dies sollte daher insbesondere für private Gruppen gelten.

Der erkennende Richter kommt daher zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt bzw. dass sein Vorbringen hinsichtlich der angeblichen Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Dies auch insbesondere, da der Beschwerdeführer, wie oben angeführt, hinsichtlich der Geschehnisse nur vage Angaben machte und erst auf Nachfrage konkreter Erlebnisse schilderte und sich dabei wiederholt widersprach.

Besteht aber für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Flucht- bzw. Schutzalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, Zl. 98/01/0352; VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401; VwGH 22.5.2003, Zl. 2001/20/0268, mit Verweisen auf Vorjudikatur).

Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, der über eine mehrjährige Schulbildung verfügt, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde, zumal er in Nigeria auch über ein familiäres Netzwerk verfügt.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation: Nigeria,

3. Quartal 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 8. November 2016, herangezogen.

Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr, die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land, sodass sich Bürger in jedem Teil des Landes niederlassen können. Es besteht daher auch für den Beschwerdeführer die Möglichkeit Repressionen Dritter, durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen.

Zur wirtschaftlichen Lage ist allgemein auszuführen, dass Nigeria seit 2014 als die größte Volkswirtschaft Afrikas gilt, im Jahr 2014 wurde sogar das Bruttoinlandsprodukt von Südafrika übertroffen (GIZ 7.2017c), neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (AA 21.11.2016). Neben Millionen von Kleinbauern gibt es Großfarmen. In den letzten Jahren wuchs dieser Sektor mit 10 Prozent überdurchschnittlich, denn die Förderung der Landwirtschaft mittels finanzieller und technischer Anreize (Produktivitätssteigerung mittels Düngermittel und Ausbau des Transportnetzwerkes) stand im Mittelpunkt von Wirtschaftsreformen der Regierung (GIZ 7.2017c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde – durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet. Die unterentwickelte Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 4.2017c). Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen aber auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten nicht mehr aus (ÖBA 9.2016)

Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit (BS 2016). Die überwiegende Mehrheit der Nigerianer ist im informellen Arbeitsmarkt tätig und bekommt somit keine Pension (TE 25.10.2014). Jedoch wurde das Pension Reform Act novelliert, um die Kosten und Nutzen für die Mitarbeiter von öffentlichen und privaten Sektor zu harmonisieren (BS 2016). Bis März 2016 waren es etwa 7,01 Millionen Arbeitnehmer die beim Contributory Pension Scheme registriert sind und dazu beitragen. Dies repräsentiert etwa 7,45 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung und 3,95 Prozent der gesamten Bevölkerung. 26 von 36 Bundesstaaten haben das Contributory Pension Scheme übernommen (TD 2.5.2016).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Community Economic Empowerment and Development Strategy (CEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 7.2017c). Geldtransfers und Investitionen der im Ausland lebenden Nigerianer tragen wesentlich zur Unterstützung der Wirtschaft bei (AA 3.12.2015).

Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe (IOM 8.2014). Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten.

Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist je nach Region um 35-80 Euro zu erhalten. Saison- und regionalmäßig werden auch gebratene Maiskolben zusätzlich angeboten. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "Minifarming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare über Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Schnecken und "grass-cutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖBA 9.2016).

Der Begriff "Kult" ist in Nigeria sehr weitgreifend und kann für jede organisierte Gruppe von Menschen verwendet werden, um welche sich Geheimnisse ranken. Der Begriff umfasst auch eine religiöse Dimension (UKHO 12.2013; vgl. DACH 2.2013, EASO 6.2017), die gene-rell auf die Verwendung von Juju abzielt. Die Spannweite reicht von den berühmten Ogboni über ethnische Vigilantengruppen bis zu Bruderschaften an Universitäten. Kulte und Ge-heimgesellschaften sind vor allem im Süden von Nigeria verbreitet, nur in geringem Maße im Norden. Die geheimen Bruderschaften operieren bis hinauf in die gesellschaftliche Elite des Landes (UKHO 12.2013; vgl. DACH 2.2013; vgl. EASO 6.2017). Mitglieder dieser Kulte sind auch hochrangige Nigerianer, Beamte, Unternehmer, Politiker und sogar Sicherheitskräfte (DT 18.6.2016). Es wird in Nigeria weithin angenommen, dass Personen an der Macht ge-heime Netzwerke bilden, bei welchen der Missbrauch okkulter Kräfte zur Routine gehört (UKHO 12.2013; vgl. DACH 2.2013). Viele treten Kulten bei, da diese mit Macht, Reichtum und Ansehen in der Gesellschaft verbunden werden. Es gibt auch eigene Kulte für Frauen (DT 18.6.2016; vgl. EASO 6.2017).

Gewalt, die von Kulten ausgeht, ist ein fester Bestandteil des sozialpolitischen Umfelds im Bundesstaat Rivers. Insbesondere in diesem Bundesstaat dienen Kulte als Gateway für di-verse Arten von Kriminalität, Gewalt und Militanz. Solche Gruppen haben einen weitreichen-den geographischen Wirkungskreis und sind sehr gut bewaffnet. Im Bundesstaat Rivers so-wie in anderen Bundesstaaten überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten, Jugendverbänden und Milizen (FFP 11.2015).

Bewaffnete Jugendliche terrorisieren die Bevölkerung. Kulte sind de facto Banden, deren Mitglieder anonym bleiben und durch einen Schwur gebunden sind. Früher standen die Kulte für den Schutz und die Emanzipierung der Menschen im Nigerdelta. Heute sind sie eines der am meisten gefürchteten Elemente der Gesellschaft. Eine Mitgliedschaft bei einer (studentischen) Bruderschaft zurückzulegen ist schwierig. Es wurden auch schon Mitglieder getötet, die dies versucht hatten. Die einst geachteten Bruderschaften sind zu Kult-Banden verkommen, die Studenten und Professoren gleichermaßen terrorisieren (FFP 10.12.2012; vgl. EASO 6.2017). Die Aktivitäten der Studentenkulte sind üblicherweise auf die betroffene Universität beschränkt, manche unterhalten aber Zweigstellen an mehreren Universitäten. Nach ex-Mitgliedern wird selten gesucht und wenn doch, dann wird eine erfolglose Suche nach zwei oder drei Monaten abgebrochen (VA1 16.11.2015). Auch religiösen Kulten kann man sich durch Flucht entziehen, sie sind nicht in der Lage, eine Person in ganz Nigeria zu verfolgen (VA2 16.11.2015).

‚Mafiöse Kulte‘ prägen – trotz Verboten – das Leben auf den Universitäts-Campussen, etwa mit Morden und Serienvergewaltigungen in Studentenheimen. Diese Kulte schrecken auch vor Menschenopfern nicht zurück, was zu häufigen Meldungen über den Fund von Körperteilen bei ‚Ritualists‘ führt (ÖBA 9.2016).

Kulte greifen generell niemanden an, der nicht selbst in Kult-Aktivitäten involviert ist (VA1 16.11.2015; vgl. IRB 3.12.2012). Angriffe auf Anti-Kult-Aktivisten können vorkommen (IRB 3.12.2012). Die Bundesregierung hat die Rektoren angewiesen, gegen die Kult-Gewalt an den Universitäten Maßnahmen zu setzen, darunter z. B. Sanktionen gegen Kult-Mitglieder und Sensibilisierungskampagnen (IRB 3.12.2012; vgl. EASO 6.2017). Das "Secret Cult and Similar Activities Prohibition" Gesetz aus dem Jahr 2004 listet offiziell ca. 100 Kult-Gruppen auf, die verboten worden sind. Diese Kulte umfassen kriminelle Banden; spirituell und politisch motivierte Gruppen auf der Suche nach Macht und Kontrolle; sowie Banden, die Wasserwege, Durchfahrtswege oder Ölreserven kontrollieren (UKHO 1.2013; vgl. EASO 6.2017).

Personen, die sich vor einer Schlechtbehandlung/Misshandlung durch derartige Gruppierun-gen fürchten, können entweder Schutz erhalten oder aber eine innerstaatliche Relokations-möglichkeit in Anspruch nehmen, um der befürchteten Misshandlung zu entgehen (UKHO 12.2013).

Da ein Meldewesen nicht vorhanden (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2016) ist und auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem nicht existiert, ist es damit in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 9.2016).

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 21.11.2016). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 3.3.2017). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 9.2016). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 21.11.2016). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee (USDOS 3.3.2017). Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b). Zum Rechtsschutz ist auszuführen, dass das Institut der Pflichtverteidigung erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt wurde. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen (AA 21.11.2016). Rechtsberatungen und Rechtsbeistand bieten u.a. die folgenden Organisationen: Legal Aid Council; die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC); Legal Defence and Assistance Project (LEDAP) (IOM 8.2013). Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben (AA 21.11.2016).

Es besteht auch wie im Länderbericht ausgeführt, keine Gefahr dahingehend, dass der ob eines abgelehnten Asylantrages rückgeführte Asylwerber bei seiner Rückkehr nach Nigeria mit staatlichen Repressionen zu rechnen habe.

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verur-teilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vor-schriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwen-dung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt außerdem darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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