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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §8 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des M J A, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Steyrergasse 103/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23. August 2017, W123 2138927- 1/12E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 5. November 2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 14. Oktober 2016 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab. Die Behörde erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG 2005) eine Rückkehrentscheidung, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung fest.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von "gefestigter Rechtsprechung" abgewichen, weil es entgegen zahlreicher Entscheidungen im deutschsprachigen Raum eine Gefährdung durch die Taliban in Kabul verneint habe. Diese seien jedoch als nichtstaatliche Akteure im Sinn von Art. 6 der Richtlinie 2004/83/EG zu qualifizieren, gegen die weder der afghanische Staat noch internationale Organisationen Schutz bieten könnten.
Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Revisionswerber nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzulegen.
7 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber, der eine Abweichung von der Rechtsprechung im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG behauptet, konkret anzuführen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des (österreichischen) Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. beispielsweise den hg. Beschluss vom 20. September 2017, Ra 2017/19/0363). Diesem Erfordernis wird die Revision, die sich auf "zahlreiche Entscheidungen im deutschsprachigen Raum", eine näher genannte Entscheidung des deutschen Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 6. März 2012 sowie auf eine Bestimmung der (mit Wirkung vom 21. Dezember 2013 durch die Richtlinie 2011/95/EU ersetzten) Richtlinie 2004/83/EG beruft, nicht gerecht.
8 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass er nicht verkennt, dass die Lage in Afghanistan sowohl hinsichtlich der Sicherheitslage in einzelnen Landesteilen als auch der wirtschaftlichen Situation angespannt ist. Davon zu unterscheiden ist aber das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK, das für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2017, Ra 2017/19/0205).
9 Soweit die Revision in diesem Zusammenhang auf die Gefährdung durch die Taliban in Kabul sowie die mangelnde Schutzfähigkeit des afghanischen Staats verweist, entfernt sie sich von den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen, ohne dabei jedoch auszuführen, inwieweit die diesbezügliche Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, das unter Berufung auf aktuelle Berichte zur Situation in Afghanistan von einer zwar angespannten Sicherheitslage in Kabul, aber einer dort durch polizeiliche Behörden dennoch ausreichend garantierten Sicherheit für die Zivilbevölkerung ausging, fehlerhaft wäre (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 19. Juni 2017, Ra 2017/19/0115).
10 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 18. Oktober 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017190420.L00Im RIS seit
23.11.2017Zuletzt aktualisiert am
01.12.2017