TE OGH 2017/11/7 14Os83/17p

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Veröffentlicht am 07.11.2017
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut V***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 2. Mai 2017, GZ 17 Hv 22/17m-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut V***** der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I) und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (II) sowie mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach §§ 212 Abs 1 Z 1, 15 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er in V***** und an anderen Orten Österreichs an seiner am 11. März 2001 geborenen Tochter Kathrin W***** in jeweils zahlreichen Angriffen

(I) von 2007/2008 bis zumindest 11. März 2015 außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen vorgenommen und von ihr an sich vornehmen lassen, indem er ihre Brust und ihre unbekleidete Scheide betastete, ihre Hand auf seinen unbekleideten Penis legte, ihre Hand umfasste und sodann Selbstbefriedigungshandlungen durchführte;

(II) von 2008/2009 bis 2010/2011 durch Einführen seines Penis in ihre Scheide den Beischlaf unternommen und

(III) von 2007/2008 bis zumindest 2016 durch die unter (I) und (II) beschriebenen Taten sowie im Jahr 2016 durch Betasten ihrer Brüste und versuchtes Betasten ihres Schambereichs geschlechtliche Handlungen vorgenommen und vorzunehmen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Ableitung erheblicher Bedenken aus den Akten im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5a StPO bedeutet, dass die Beschwerde konkrete, in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweismittel bezeichnen und aus diesen
– gemessen an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter – die aus ihrer Sicht bestehenden Zweifel an der Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen entwickeln muss (
Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481, 487).

Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Tatsachenrüge, indem sie aus im Urteil ohnehin erörterten Verfahrensergebnissen – dem Wortlaut einer Statusmeldung des Tatopfers Kathrin W***** auf Facebook (ON 9 S 63 f; US 7), einem Schreiben der Genannten an das Jugendamt (ON 9 S 51 bis 61; US 8), ihrem generellen Aussageverhalten (US 6) und ihren Depositionen samt darin enthaltenen, von den Tatrichtern allerdings als unbedeutend beurteilten, Abweichungen (US 5 ff), ihrem (an sich guten) Verhältnis zu ihrem Vater (US 7) sowie der (als unglaubwürdig erachteten) Verantwortung des Angeklagten (US 7 f) – für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen zieht als das Erstgericht.

Falschaussagen der Minderjährigen zu ihrem Drogenkonsum anlässlich ihrer polizeilichen Vernehmung in einem gegen sie selbst geführten (zwischenzeitig eingestellten) Verfahren (ON 14 S 23) und die ihrer Mutter gegenüber geäußerte Behauptung, der Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten in der Wohnung seiner nunmehrigen Lebensgefährtin sei nur beim Versuch geblieben (ON 2 S 18), betreffen keine entscheidenden Tatsachen. Nur solche wären aber tauglicher Bezugspunkt des – der Sache nach erhobenen  – Einwands von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) bei der Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen (RIS-Justiz RS0119422 [T4]). Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen vermag die Beschwerde mit dem Hinweis auf die diesbezüglichen Depositionen nicht zu wecken.

Soweit sie im Folgenden eigene Überlegungen zum Verhalten von Pubertierenden und von Missbrauchsopfern im Allgemeinen und zu jenem der Kathrin W***** im Besonderen anstellt, verfehlt sie die

Bezugnahme auf aktenkundiges Beweismaterial (RIS-Justiz RS0119424).

Insgesamt bekämpft die Rüge mit ihrem Vorbringen im Ergebnis bloß die Überzeugung des Schöffensenats von der Glaubwürdigkeit der genannten Zeugin nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

3 Alle Os-Entscheidungen

Textnummer

E119858

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00083.17P.1107.000

Im RIS seit

23.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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