Entscheidungsdatum
12.09.2017Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VwGVG §9 Abs1Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Landesrechtspflegerin Ziegler über die Eingabe der Frau Mag. U. A., Wien, B.-gasse, im Vollstreckungsverfahren des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, Zahlungsreferenz: 696507692099, betreffend das Verwaltungsstrafverfahren zur Zl. MA 67 – RV-12021/7/0, den
BESCHLUSS
gefasst:
Gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 VwGVG wird das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingestellt.
Entscheidungsgründe
Aus den von der belangten Behörde vorgelegten Akten der Magistratsabteilung 67, Zl. MA 67 – RV-12021/7/0, und der Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, Zahlungsreferenz: 696507692099, ergibt sich folgender für das Verwaltungsgericht Wien relevanter Sachverhalt:
Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 30.01.2017, Zl. MA 67 – RV-12021/7/0, wurde Frau Mag. U. A. für schuldig befunden, am 19.10.2016 um 20.23 Uhr in Wien, V.-gasse mit dem Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-… gegen die Rechtsvorschrift des § 8 Abs. 4 StVO (Abstellen des Fahrzeuges mit einem Rad auf dem Gehsteig, welcher hierdurch vorschriftswidrig benützt wurde) verstoßen zu haben. Es wurde daher über sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 118,00, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, verhängt.
Diese Strafverfügung wurde laut Zustellnachweis RSb nach einem erfolglosen Zustellversuch an der Adresse der Bescheidadressatin postamtlich hinterlegt und ab 07.02.2017 in der Post Geschäftsstelle … Wien zur Abholung bereitgehalten. Laut Übernahmebestätigung wurde das Schriftstück am 22.02.2017 der Empfängerin gegen eigenhändige Unterschrift übergeben.
Mangels Einbringung eines Einspruches dagegen ist die gegenständliche Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen und stellt diese im vorliegenden Vollstreckungsverfahren den Titelbescheid dar.
Mit Vollstreckungsverfügung vom 30.03.2017, Zahlungsreferenz: 696507692099, verfügte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, als Vollstreckungsbehörde gegenüber der Verpflichteten, Frau Mag. U. A., gemäß §§ 3 und 10 VVG die Zwangsvollstreckung zur Einbringung des im Verwaltungsstrafverfahren zur Zahl MA 67 – RV-12021/7/0 aushaftenden Betrages von EUR 118,00.
Am 14.06.2017 langte bei der Behörde (MA 6 BA 32 – Kanzlei) ein E-Mail von Frau Mag. U. A. mit folgendem Wortlaut (auszugsweise wörtliche Wiedergabe) ein:
„Subject: Vollstreckungsverfügung/Zahlungsreferenz 696507692099
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Fahrer des Autos, zu dem diese Vollstreckungsverfügung gehört, ist am 24. Mai durch Selbstmord verstorben. Ich gehe davon aus, dass die Rechnung noch nicht beglichen wurde. Ich selber bin seine Ex-Frau und daher auch noch in den Zulassungspapieren des PKWs angegeben.
Wie wäre hier weiter vorzugehen?
Vielen Dank und freundliche Grüße
U. A.“
Auf Grund dieses E-Mails hat die Magistratsabteilung 65 der belangten Behörde mit Schreiben vom 03.07.2017 Frau Mag. A. aufgefordert, bekanntzugeben, gegen welchen Bescheid bzw. welches behördliches Schreiben sich ihre Eingabe richtet. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass, sollte sich das Anbringen als Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung vom 30.03.2017, Zahlungsreferenz: 696507692099, richten, diese als verspätet erhoben erscheint.
Am 17.07.2017 langte bei der Behörde ein E-Mail von Frau Mag. U. A
. mit folgendem Wortlaut (auszugsweise wörtliche Wiedergabe) ein:
„Betreff: Vollstreckungsverfügung/Zahlungsreferenz 696507692099
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 3.7.2017.
Ja, es ging um die Vollstreckungsverfügung vom 30.3.2017, Zahlungsreferenz wie im Betreff angegeben, bzw. auch in Ihrem Schreiben wiederholt.
Und ja, es stimmt auch, dass die Frist für einen Einspruch meinerseits nicht eingehalten wurde. Ich war grundsätzlich davon ausgegangen, dass mein Ex-Mann die Zahlung getätigt hätte, da ich ihm die Verfügung übergeben hatte.
Nach den Vorkommnissen in der Nacht von 23. auf 24. Mai (tätlicher Angriff gegen mich, Zerstörung meiner Wohnung durch Brandstiftung und schließlich Selbstmord – die Sache war auch groß in den Medien) kommen jetzt viele unbezahlte Strafen, Mahnungen etc. herein, von denen ich nicht wusste, dass sie unbeglichen sind.
Ganz offen gesprochen hoffe ich auf eine kulante Vorgehensweise in dieser Sache und bedanke mich im Vorhinein für Ihr Bemühen!
Ich sende anbei auch noch die Sterbeurkunde.
Freundliche Grüße
U.A.“
Das mittels E-Mail vom 14.06.2017 bei der Behörde eingebrachte Anbringen der Frau Mag. U. A. wurde vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 65, als Beschwerde gewertet und dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vorgelegt.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Nach Abs. 2 Z 1 dieser Gesetzesstelle ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle tritt an die Stelle der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, die Erklärung über den Umfang der Anfechtung, soweit bei Beschwerden gegen Bescheide gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG eine Verletzung des Beschwerdeführers in Rechten nicht in Betracht kommt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH vom 03.06.1992, Zl. 92/13/0127, sowie VwGH vom 20.01.1993, Zl. 92/13/0192, sowie VwGH vom 24.01.1994, Zl. 93/10/0192) kommt es bei der Beurteilung von Anbringen von Personen nicht auf die zufälligen verbalen Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Verfahrensschrittes und auf die Absicht der Person an, wobei bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens eine davon abweichende Auslegung unzulässig ist; maßgebend ist somit nur die Erklärung des Willens, auf die ihr zugrunde gelegten Absichten und Beweggründe kommt es nicht an, sodass auch ein Irrtum nicht geeignet ist, einen eindeutigen Inhalt eines Begehrens zu ändern.
Nach Überprüfung der vorliegenden Eingaben der Frau Mag. U. A. kommt das Verwaltungsgericht Wien zum Schluss, dass Frau Mag. A. mit ihrem Anbringen auf eine „kulante Vorgehensweise in dieser Sache hofft“. Dass es sich bei ihrer Eingabe um eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Verwaltungsbehörde handeln soll, hat die Einschreiterin nicht einmal ansatzweise behauptet.
Da es sich bei der von der Verwaltungsbehörde vorgelegten Eingabe somit um keine Beschwerde handelt, hat das Verwaltungsgericht Wien auch keine Entscheidung über eine Beschwerde zu treffen.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047) geht aus diesen Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren (hier: ein vermeintliches Beschwerdeverfahren) einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls auch die Einstellung eines vermeintlichen Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnisses ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens – wie im gegenständlichen Fall die Prüfung des Vorliegens einer von der Verwaltungsbehörde behaupteten Beschwerde – nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung im Sinne des § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. nochmals u.a. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Vermeintliche Beschwerde; Inhalt einer BeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.251.078.RP10.10356.2017Zuletzt aktualisiert am
22.11.2017