Entscheidungsdatum
18.10.2017Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §54b Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Sigmund Rosenkranz über die Beschwerde des Herrn Mag. AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Landeshauptstadt Z vom 03.11.2016, Zl ****, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zahlungsaufschub der offenen Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00 (aufgrund der Strafverfügung vom 26.03.2015, rechtskräftig seit 15.04.2015, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tiroler Landespolizeigesetz) für die Dauer von 12 Monaten abgewiesen.
Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid unterstelle, dass er innerhalb der Jahresfrist nicht in der Lage sein werde, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden und rechtswidrig Exekution gegen den Beschwerdeführer geführt werde, ob schon gegenwärtig keine Vollstreckbarkeit gegeben sei. Außer Streit gestellt werde, dass der Beschwerdeführer derzeit Arbeitslos sei, dies bei einem Taggeld in der Höhe von Euro 25,78, weshalb eine gegenwärtige wirtschaftliche Einschränkung vorliege, die eine unverzügliche Zahlung der Geldstrafe unzumutbar mache. Es wäre eine denkunmögliche Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen, wenn bei einem Arbeitslosen in Zukunft eine Freiheitsstrafe verhängt werden müsste, nur weil ein Sachbearbeiter einer Behörde subjektiv der Meinung sei, dass dieser ohnehin keinen Arbeitsplatz mehr finden könne. Der Vollzug einer Freiheitsstrafe könne immer nur Ultima Ratio sein. Die Argumentation der Behörde sei widersprüchlich, da sie gegen den Beschwerdeführer Exekution führe, sodass die Behörde offensichtlich selbst von der unverzüglichen Einbringlichkeit der Forderung ausgehe. Die Prognose der Behörde, dass der Beschwerdeführer innerhalb Jahresfrist nicht in der Lage wäre, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden, sei willkürlich.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers und durch Einsichtnahme in den Akt des Landesverwaltungsgerichts.
Nachstehender Sachverhalt steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:
Der Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung der Bürgermeisterin der Stadt Z vom 26.03.2015, **** wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 lit c iVm § 21 Abs 1 Tiroler Landes-Polizeigesetz schuldig erkannt und wurde über ihn gemäß § 21 Abs 1 Tiroler Landes-Polizeigesetz eine Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt.
Diese Strafverfügung wurde rechtskräftig, da der vom Beschwerdeführer gegen die Strafverfügung erhobene Einspruch fälschlich an die E-Mail-Adresse „****“ anstatt korrekt „****“ gesendet wurde. Der vom Beschwerdeführer daraufhin eingebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung wurde mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Z vom 22.08.2016, Zl **** als unbegründet abgewiesen und der zugleich eingebrachte Einspruch als verspätet zurückgewiesen.
Mit E-Mail vom 27. September 2016 hat der Beschwerdeführer beim Stadtmagistrat Z unter Hinweis darauf, dass er arbeitslos sei und die unverzügliche Bezahlung der Strafe ihm derzeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar sei, den Antrag gestellt, die Einhebung der Strafe um 12 Monate aufzuschieben.
Mit E-Mail vom 19.10.2016 hat der Beschwerdeführer die Mitteilung über den Leistungsanspruch des AMS vom 10.05.2016 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass der Beschwerdeführer vom 09.05.2016 bis 19.04.2017 Notstandshilfe beziehe und der Anspruch täglich Euro 25,78 betrage.
Mit Schriftsatz vom 13.09.2017 hat der Beschwerdeführer sodann dem Landesverwaltungsgericht die Mitteilung über den Leistungsanspruch des AMS vom 02.05.2017 übermittelt, aus der sich ergibt, dass der Beschwerdeführer nunmehr vom 28.04.2017 bis 26.04.2018 Notstandshilfe bezieht. Der Anspruch beträgt weiterhin täglich Euro 25,78.
Anlässlich der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er kein Vermögen habe. Weiters hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er derzeit für die Maklerprüfung, die glaublich im November 2017 in Vorarlberg beim Wifi erfolgen werde, studiere und lerne. Der Beschwerdeführer habe in der Folge vor, sich als Makler in Tirol selbständig zu machen.
Diese Feststellungen konnten in unbedenklicher Weise aufgrund des behördlichen Aktes bzw aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers getroffen werden.
II. Rechtslage:
“Vollstreckung von Geldstrafen
(1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.
(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.
(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.“
III. Erwägungen:
Aus § 54b Abs 3 VStG ergibt sich, dass einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen hat.
Die Anwendung des § 54b Abs 3 VStG setzt voraus, dass die Geldstrafe an sich einbringlich (der Bestrafte mithin zahlungsfähig) ist. Die Einbringlichkeit muss beim Bestraften selbst gegeben sein. Im Fall der Uneinbringlichkeit ist nach § 54b Abs 2 VStG vorzugehen und die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen und kein Aufschub zu gewähren (vgl VwGH 24.06.2008, 2005/17/0078; 23.01.1991, 90/02/0211).
Für die Anwendung des § 54b Abs 3 VStG müssen Gründe angeführt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass durch die Bewilligung der Zahlungserleichterung vorübergehende finanzielle Schwierigkeiten des Bestraften vermindert oder vermieden werden (vgl VwGH 22.03.1991, 90/18/0265). Werden vom Bestraften Gründe angegeben, die noch bloß vorübergehende finanzielle Schwierigkeiten implizieren, sodass keine Prognose dahingehend möglich ist, dass der Bestrafte die Geldstrafe überhaupt zahlen kann, so hat die Behörde von der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe auszugehen (vgl VwGH 20.05.1994, 94/02/0165 ua). Damit ist der Antrag auf Aufschiebung abzuweisen und nach § 54b Abs 2 vorzugehen (vgl VwGH 21.10.1994, 94/17/0374 ua).
Im Zusammenhang mit § 54b Abs 3 VStG trifft den Bestraften eine besondere Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsermittlung dahingehend, dass er die für die Zahlungserleichterung geltend gemachten wirtschaftlichen Gründe konkret darzulegen hat (vgl zB VwGH 08.09.1995, 95/02/0032 ua). Der Beschwerdeführer hat substantiiert dazutun, das finanzielle Schwierigkeiten bestehen, die nicht nur vorübergehender Natur sind und dass er auch tatsächlich in der Lage sein wird, die Geldstrafe nach Ablauf der von ihm gewünschten Frist zu entrichten (vgl VwGH 22.02.1989, 88/02/0126).
Die Frage, ob von einer Uneinbringlichkeit der Geldstrafe auszugehen ist, ist zu nächst dahingehend zu prüfen, dass nicht die Zahlungsbereitschaft des Bestraften sondern die tatsächliche Uneinbringlichkeit der Geldstrafe, das heißt also dass der Bestrafte zur Leistung der Geldstrafe wirtschaftlich außerstande ist, besteht oder die begründete Annahme, dass die verhängte Geldstrafe mit hoher Wahrscheinlichkeit uneinbringlich ist. Nach der Rechtsprechung ist eine Geldstrafe jedenfalls dann uneinbringlich, wenn eine Zwangsvollstreckung bereits erfolglos versucht wurde und ist insbesondere zu überprüfen, ob der Bestrafte einer regelmäßigen Beschäftigung nachgeht oder ob er über sonstige Einkünfte oder Vermögen verfügt.
Die bloße Behauptung des Verurteilten, er habe gegenwärtig sehr große finanzielle Schwierigkeiten, ist nicht geeignet, einem Ansuchen auf Strafaufschub entsprechen zu können. Er muss vielmehr dartun, dass seine finanziellen Schwierigkeiten nur vorübergehender Natur sind und er auch tatsächlich in der Lage sein wird, die Geldstrafen nach Ablauf der von ihm gewünschten Frist zu entrichten (vgl VwGH 22.02.1989, 88/02/0126).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Feststellungen, dass der Beschwerdeführer Notstandshilfe bezieht. Aus dem täglichen Anspruch ergibt sich ein monatlicher Anspruch in Höhe von rund Euro 773,40 und liegt dieser Betrag sohin unter dem Existenzminimum, welches einer gerichtlichen Exekution unterzogen werden könnte. Die Existenzminimumbeträge 2017 werden vom Bundesministerium für Justiz und der Internetadresse www.justiz.gv.at bekannt gegeben und betragen im Jahr 2017 Euro 889,00 monatlich bzw Euro 29,00 täglich. Aus den Feststellungen ergibt sich weiters, dass der Beschwerdeführer kein sonstiges Vermögen besitzt.
Er hat angegeben, dass er im November 2017 die Maklerprüfung in Vorarlberg am Wifi ablegen will und in der Folge selbständig als Makler in Tirol tätig sein möchte.
Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass eine Prognose zu erfolgen hat, ob der Bestrafte die Geldstrafe überhaupt zahlen kann und das diesbezüglich der Bestrafte substantiiert darzutun hat, dass seine finanziellen Schwierigkeiten nicht nur vorübergehender Natur sind.
Der Beschwerdeführer hat nach den Feststellungen am 27. September 2016 den Antrag gestellt, die Einhebung der Strafe um 12 Monate aufzuschieben. Nach Ablauf dieser 12 Monate ist jedoch festzustellen, dass der Beschwerdeführer weiterhin Notstandshilfe bezieht. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zur Maklerprüfung antreten möchte. besagt im weiteren nicht, dass er diese auch tatsächlich positiv absolvieren wird und selbst wenn er diese positiv absolviert ist damit noch nicht gewährleistet, dass er als selbständiger Makler in Tirol fußfassen und in absehbarer Zeit ein Einkommen erwirtschaften wird, von dem auszugehen ist, dass seine vorübergehenden finanziellen Schwierigkeiten damit beseitigt sind.
Da sohin von nicht nur vorübergehenden finanziellen Schwierigkeiten auszugehen ist, war der Beschwerde keine Folge zu geben.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen wird auf die vorzitierte Rechtsprechung verwiesen.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Sigmund Rosenkranz
(Richter)
Schlagworte
Zahlungsaufschub; nicht nur vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten; Notstandshilfe;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.27.0505.3Zuletzt aktualisiert am
22.11.2017