Entscheidungsdatum
23.10.2017Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §359bText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Mag. Gerold Dünser über die Beschwerden von Herrn BA und Herrn CA, beide vertreten durch Herrn Rechtsanwalt DD, Adresse 1, **** Y, mitbeteiligte Partei AA, vertreten durch Rechtsanwälte EE, Adresse 2, **** Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 31.05.2017, Zl ****, betreffend Genehmigungen nach der GewO
zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde wird keine Folge gegeben.
2. Der Spruchteil des bekämpften Bescheides zitiert unter der Überschrift gewerbebehördliche Genehmigung auf Seite 6 des angefochtenen Bescheides hat zu lauten wie folgt:
„Es wird festgestellt, dass die Betriebsanlage ‚L‘ in **** Z, Adresse 3, entsprechend der Genehmigung vom 09.05.1974, Zl ****, auch unter Berücksichtigung der verfahrensgegenständlichen Änderungen laut Betriebsbeschreibung die Voraussetzungen gemäß § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994, nämlich ein Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen von insgesamt nicht mehr als 800 m² sowie dass die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangten Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt, erfüllt.
Weiters ist aufgrund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten, das Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 GewO 1994 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a GewO 1994) vermieden werden. Die im bekämpften Bescheid vorgeschriebenen Auflagen gelten als Aufträge im Sinne des § 359b Abs 3 GewO 1994.
Diese Feststellung stützt sich auf die im Bescheid näher umschriebene Änderung der Betriebsanlage nach Maßgabe der dem Bescheid angefügten, einen wesentlichen Bestandteil desselben bildenden, Projektunterlagen.“
3. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde Herrn AA die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung der mit Bescheid vom 09.05.1974, Zl ****, genehmigten gewerblichen Betriebsanlage L in **** Z, Adresse 3, erteilt. Die belangte Behörde stützt sich im Spruch betreffend die Erteilung der Genehmigung auf die §§ 74 Abs 2, 77 Abs 1 und 81 Abs 1 GewO 1994. Aus der Beschreibung der Betriebsanlage ergibt sich, dass diese eine Gesamtfläche im Ausmaß von 239,7 m² beansprucht. Die elektrische Anschlussleistung beträgt laut den Feststellungen auf Seite 5 des Bescheides 32 kW.
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde von Herrn CA und Herrn BA.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat nach Vorlage des Aktes den Parteien des Verfahrens zur Kenntnis gebracht, dass die Voraussetzungen des § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994 in der Fassung BGBl Nr 96/2017 vorliegen. Dazu wurden Stellungnahmen von der mitbeteiligten Partei sowie von den Beschwerdeführern erstattet. Die belangte Behörde hat sich dazu nicht geäußert, von der Antragstellerin wird den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichts ausdrücklich zugestimmt.
In der Stellungnahme der Beschwerdeführer wird nichts vorgebracht, weshalb die Feststellungen betreffend Größe und elektrische Anschlussleistung nicht richtig wären. Vielmehr wird eine Beeinträchtigung der Schutzgüter nach der GewO 1994 behauptet und vorgebracht, dass das Verfahren vor der Behörde nicht im Sinne des § 395b GewO 1994 geführt worden sei, weshalb es nicht verständlich sei, wenn das Landesverwaltungsgericht, welches die Entscheidung der belangten Behörde auf Grundlage der Beschwerde zu überprüfen habe, nunmehr den Beschwerdeführern das Recht einer Parteistellung im Genehmigungsverfahren abspreche.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol geht vom nachstehenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Antragsgegenständlich ist die Änderung einer Betriebsanlage (L) in Z. Nach den Beschreibungen im angefochtenen Bescheid beträgt die insgesamt in Anspruch genommene Fläche der Betriebsanlage 239,7 m², die elektrische Anschlussleitung beträgt 32 kW.
Aufgrund des bereits von der belangten Behörde durchgeführten Bewilligungsverfahrens bestehen beim Landesverwaltungsgericht Tirol keinerlei Zweifel daran, dass bei Einhaltung der von der belangten Behörde erteilten Aufträge die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinn des § 74 Abs 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen und nachteilige Einwirkungen im Sinn des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Beweiswürdigung:
Die Größe der Anlage sowie das Ausmaß der elektrischen Anschlussleistung der darin verwendeten Geräte ergeben sich aus der Beschreibung im angefochtenen Bescheid. Die Richtigkeit dieser Angaben wurde auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten.
Die Einhaltung der zur Wahrung der Schutzgüter der GewO, nämlich die Hintanhaltung von Gefährdungen im Sinn des § 74 Abs 2 Z 1 GewO sowie die Beschränkung der Belästigungen und Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß ergibt sich aus dem von der belangten Behörde durchgeführten Verfahren, insbesondere aus dem Gutachten des Amtssachverständigen FF vom 03.03.2017 sowie der Stellungnahme des Arbeitsinspektorat Y vom 20.03.2017.
Rechtliche Erwägungen:
Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs 2 bis 4 GewO 1994 idF der Novelle BGBl I Nr. 96/2017 ist gemäß Abs 1 Z 2 leg cit durchzuführen, wenn das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt. Weitere Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens sind seit der angeführten Novelle, die am 17.07.2017 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, nicht vorgesehen.
Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353 GewO 1994), dass zumindest eine der Voraussetzungen des § 359b Abs 1 GewO 1994 erfüllt ist, so hat die Behörde gemäß Abs 2 leg cit das Projekt mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, drei Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Für diese Bekanntgabe ist § 356 Abs 1 GewO 1994 sinngemäß anzuwenden. Innerhalb dieser Frist können Nachbarn einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Auf diese Rechtsfolge ist in der Bekanntmachung ausdrücklich hinzuweisen. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß. Darüber hinaus gehend steht den Nachbarn keine Parteistellung zu.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.11.1996, 96/04/0193 festgestellt hat obliegt im Verfahren gem § 359b GewO 1994 der Schutz der öffentlichen Interessen (nur) der Behörde von Amts wegen im Rahmen der ihr nach dieser Gesetzesstelle auferlegten Verpflichtung und gesetzlichen Verantwortlichkeit; es ist den Nachbarn keine Stellung eingeräumt, deren Beeinträchtigung von ihnen als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend gemacht werden könnte (Hinweis E 31.3.1992, 92/04/0038).
Dem Umstand, ob die bescheidmäßige Feststellung nach § 359b Abs 1 GewO 1994 unmittelbar aufgrund des Genehmigungsansuchens (§ 353 GewO 1994), nach Durchführung eines behördlichen Lokalaugenscheins oder aber erst im Instanzenzug getroffen wurde, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu (Hinweis E 24.5.1994, 93/04/0092).
Unter Hinweis auf die Feststellungen wird daher nochmals darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994 im vorliegenden Fall erfüllt werden und anderes auch nach entsprechender Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht nicht vorgebracht wurde. Aus diesem Grund ist hier nicht das „normale“ Genehmigungsverfahren nach § 356 GewO 1994 durchzuführen, sondern das vereinfachte Verfahren nach § 359b GewO 1994.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat gemäß § 28 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden und dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung anzuwenden. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, wurde doch in der Novelle BGBl I Nr. 96/2017 eine abweichende Bestimmung betreffend das in Kraft Treten der Novelle für § 359b GewO 1994 nicht vorgesehen.
Entgegen der Stellungnahme der Beschwerdeführer war zu Folge der oben wiedergegebenen Judikatur, welche auch für die Entscheidungsbefugnis der an Stelle einer Berufungsinstanz getretenen Landesverwaltungsgerichte anzuwenden ist, daher klar zu stellen, dass im vorliegenden Fall keine Genehmigung nach § 356 GewO zu erteilen, sondern eine Feststellung gemäß § 359b GewO 1994 zu treffen war.
Vor diesem Hintergrund war auf die inhaltlichen Bedenken im Rechtsmittel nicht weiter einzugehen. Abschließend wird daher darauf hingewiesen, dass entgegen der Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 18.09.2017 das Landesverwaltungsgericht in seiner Kognitionsbefugnis nicht auf die Beschwerde gegen einen Bescheid beschränkt ist, sondern dass das Landesverwaltungsgericht nach einer entsprechenden Beschwerde im Rahmen der Mitsprachebefugnisse einer Partei eine Entscheidung in der Sache zu treffen hat. In wie weit die belangte Behörde daher ein vereinfachtes oder „normales“ Genehmigungsverfahren durchgeführt hat ist auch nach den Vorgaben des VwGVG irrelevant.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
Im vorliegenden Fall war keine Rechtsfrage zur Klärung, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur Frage der Anwendbarkeit des § 359b Abs 1 GewO 1994 wird ebenso wie betreffend die Frage der Verpflichtung des Landesverwaltungsgerichts zur Umstellung des Verfahrens auf die in der Begründung wiedergegebene Judikatur verwiesen. Daran hat auch die Novelle BGBl I Nr. 96/2017 nichts geändert. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Gerold Dünser
(Richter)
Schlagworte
Nachbarn; keine Verletzung subjektiv-öffentlichen Rechte;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.15.1592.4Zuletzt aktualisiert am
22.11.2017