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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §57 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des M E in Wien, geboren am 10. August 1977, vertreten durch Mag. Dr. Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Februar 2000, Zl. SD 44/00, betreffend Feststellung gemäß § 75 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. Februar 2000 wurde gemäß § 75
Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer in Sierra Leone gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.
Der Beschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme am 18. Juni 1999 ausgeführt, die Gründe für seinen Antrag im Asylverfahren vorgebracht zu haben. Darüber hinaus hätte er keine Probleme.
Im Asylverfahren habe er angegeben, wegen des Bürgerkrieges aus seinem Heimatland geflüchtet zu sein. Er hätte die Stadt Freetown verlassen, weil auch andere Leute diese Stadt verlassen hätten. Ihm selbst wäre nichts geschehen. Er wäre in seinem Heimatland nicht verfolgt worden.
In der im vorliegenden Verfahren erstatteten Berufung habe der Beschwerdeführer darüber hinaus vorgebracht, im Fall der Abschiebung eine schwere Strafe gewärtigen zu haben, weil er "davongelaufen sei, anstatt der Armee beizutreten". Er hätte kein Haus, kein Geld und keine Familie, die ihn unterstützen könnte.
Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren erster Instanz sei die Annahme, er liefe in Sierra Leone Gefahr, unmenschlicher Behandlung oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, nicht gerechtfertigt. Daran könne auch das Berufungsvorbringen nichts ändern. Die bloße Behauptung, er habe eine schwere Strafe zu gewärtigen, weil er davongelaufen sei, anstatt in die Armee einzutreten, stelle ein über die Angaben im Asylverfahren hinausgehendes Vorbringen dar. "Umso mehr" wäre es dem Beschwerdeführer oblegen, diese Angaben glaubhaft zu machen bzw. durch Bescheinigungsmittel zu untermauern. Auch habe er es unterlassen, diese Angaben zu konkretisieren. Er habe nicht vorgebracht, was ihm von wem vorgeworfen werden könnte bzw. um welche Art von möglicher Bestrafung es sich in seinem Fall handeln könnte. Darüber hinaus komme diesem Vorbringen "kein hohes Maß an Glaubwürdigkeit" zu, weil er im Asylverfahren nichts Derartiges erwähnt habe.
Was die Bedrohung im Grund des § 57 Abs. 2 FrG betreffe, habe der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren keine über das Vorbringen im Asylverfahren hinausgehenden Angaben gemacht. Es bestehe daher keine Veranlassung, vom Ergebnis des Asylverfahrens, wonach keine Gründe für die Annahme bestünden, dass das Leben des Beschwerdeführers oder dessen Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre, abzuweichen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 75 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfassten Staat gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0297).
2.1. Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass der im Heimatland des Beschwerdeführers nach dessen Vorbringen herrschende Bürgerkrieg an sich nicht geeignet ist, eine Bedrohung und/oder Gefährdung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/18/0394 mit ausführlichen weiteren Nachweisen).
2.2. Die Beschwerde macht geltend, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, die dem Beschwerdeführer aus der Bürgerkriegssituation konkret drohende Gefahr zu ermitteln. Es sei insbesondere nicht festgestellt worden, "welcher der offenbar untereinander kriegsführenden Bevölkerungsgruppen (dies ist ja das Wesen eines stattfindenden Bürgerkrieges) er angehört". Da der Beschwerdeführer jedoch selbst nicht ausführt, welcher - in relevanter Weise gefährdeten bzw. bedrohten - Bevölkerungsgruppe er angehört, tut er die Wesentlichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar.
3. Unstrittig hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren lediglich behauptet, eine "schwere Strafe" zu befürchten, weil er "davongelaufen sei, anstatt der Armee beizutreten".
Obwohl die Anforderungen an die Partei zur Erstattung eines konkreten Vorbringens im Rahmen der Mitwirkungspflicht im Verfahren betreffend die Feststellung gemäß § 75 FrG nicht überspannt werden dürfen, ist dieses Vorbringen mangels jeglicher Konkretisierung nicht geeignet, eine Gefährdung und/oder Bedrohung des Beschwerdeführers darzutun. Er hat nicht einmal vorgebracht, zu welcher der am Bürgerkrieg beteiligten bewaffneten Gruppen er einberufen hätte werden sollen und welche Schritte zu seiner Rekrutierung unternommen worden seien, vor denen er "davongelaufen" sei.
4. Die Ansicht der belangten Behörde, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, eine Gefährdung und/oder Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG darzutun, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 3. August 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000180121.X00Im RIS seit
22.03.2001