TE Vwgh Beschluss 2017/10/18 Ra 2017/19/0435

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Veröffentlicht am 18.10.2017
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Index

E1P;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

12010P/TXT Grundrechte Charta Art4;
AsylG 2005 §5 Abs3;
AsylG 2005 §5;
BFA-VG 2014 §21 Abs3;
BFA-VG 2014 §21 Abs6a;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §21;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art3;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache der X (alias X) C, vertreten durch Mag. Alfons Umschaden, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. August 2017, W240 2153289-1/5E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Anordnung einer Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine chinesische Staatsangehörige, stellte am 29. Juli 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Eine Abfrage des Visa-Informationssystems (VIS) durch das Bundesministerium für Inneres ergab, dass der Revisionswerberin von Italien ein von 28. Juni 2016 bis 27. Juli 2016 gültiges Visum C ausgestellt wurde.

2 Mit Bescheid vom 24. März 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag der Revisionswerberin gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass gemäß Art. 12 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Unter einem ordnete es gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung der Revisionswerberin an und stellte fest, dass "demzufolge" gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Italien zulässig sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Die Revisionswerberin kritisiert mit ihrem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen das italienische Asylwesen und erblickt im Fall ihrer Überstellung nach Italien eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben die Asylbehörden bei Entscheidungen nach § 5 AsylG 2005 auch die Bestimmungen der EMRK und der GRC, insbesondere Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC, zu berücksichtigen und bei einer drohenden Verletzung derselben das im "Dublin-System" vorgesehene Selbsteintrittsrecht auszuüben. Weiters wurde in der Judikatur festgehalten, dass die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 widerlegbar ist. Dabei ist die Frage, ob ein Staat als "sicher" angesehen werden kann, vorrangig eine Tatsachenfrage, die nicht vom Verwaltungsgerichtshof zu lösen ist. Die Beurteilung, ob die festgestellten Mängel im Zielstaat die Sicherheitsvermutung widerlegen und einer Überstellung des Asylwerbers unter Bedachtnahme auf die EMRK und die GRC entgegenstehen, ist hingegen eine - unter den Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG - revisible Rechtsfrage (vgl. etwa VwGH 20. Oktober 2016, Ra 2016/20/0221, mwN).

7 Das Bundesverwaltungsgericht führt unter Heranziehung der vom BFA getroffenen Feststellungen zum Asylwesen in Italien aus, der Revisionswerberin drohe im Fall ihrer Überstellung keine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte. Sie habe in diesem Zusammenhang kein Vorbringen erstattet, welches die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 widerlegt hätte. Die Revisionswerberin zeigt mit ihrer bloß pauschalen Zulässigkeitsbegründung nicht auf, weshalb diese Beurteilung durch das Verwaltungsgericht von der oben zitierten Rechtsprechung abweichen würde.

8 Sofern die Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision ferner rügt, das Bundesverwaltungsgericht sei dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung "nicht nachgekommen", ist ihr zu entgegnen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/19/0072, ausführlich mit dem Verhältnis der Bestimmungen des § 21 Abs. 3, Abs. 6a und Abs. 7 BFA-VG auseinandergesetzt hat. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Dass das Bundesverwaltungsgericht von den in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur im Zulassungsverfahren - (auch) in Bezug auf die Durchführung einer Verhandlung - gebotenen Vorgangsweise abgewichen wäre, zeigt die Revisionswerberin nicht auf.

9 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 18. Oktober 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017190435.L00

Im RIS seit

22.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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