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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des Q S, vertreten durch Dr. A. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juli 2017, W232 2115918-2/2E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Anordnung der Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe - im Hinblick auf vom Revisionswerber vermisste Feststellungen zur Situation in Bulgarien - zu Unrecht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung der beantragten Verhandlung Abstand genommen. Dabei übersieht der Revisionswerber allerdings, dass im asylrechtlichen Zulassungsverfahren besondere Verfahrensbestimmungen zur Anwendung kommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/19/0072, ausführlich mit dem Verhältnis der - auch hier maßgeblichen - Bestimmungen des § 21 Abs. 3, Abs. 6a und Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz befasst. Die Revision legt nicht dar, dass dem Bundesverwaltungsgericht der Vorwurf zu machen wäre, die dort angeführten Leitlinien verletzt zu haben.
5 Der Revisionswerber macht zudem geltend, es sei in rechtswidriger Weise von der beantragten Vernehmung der von ihm bekannt gegebenen Zeugin abgesehen worden.
Es ist ihm beizupflichten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die "freie Beweiswürdigung" gemäß § 45 Abs. 2 AVG - bezogen auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht: iVm § 17 VwGVG - erst nach einer vollständigen Beweiserhebung durch die Behörde einsetzen darf; eine vorgreifende Beweiswürdigung, die darin besteht, dass der Wert eines Beweises abstrakt (im Vorhinein) beurteilt wird, ist unzulässig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2017, Ra 2016/18/0197, mwN).
Die Zulässigkeit der Revision im Fall der Behauptung eines - eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden - Verfahrensmangels setzt allerdings voraus, dass die Revision auch von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Davon kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang - im Sinn seiner Eignung, bei einem mängelfreien Verfahren zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen - dargetan wird. Die Partei hat daher die Entscheidungswesentlichkeit des Mangels konkret zu behaupten; im Fall einer unterbliebenen Vernehmung hat sie darzulegen, was die betreffende Person ausgesagt hätte bzw. welche anderen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 9. September 2017, Ra 2016/08/0178, mwN).
Eine solche konkrete Darstellung der Relevanz der Unterlassung der Einvernahme der beantragten Zeugin enthält die Revision nicht. Die in der gesamten Revision nicht näher konkretisierte und bloß pauschal gebliebene Behauptung, durch die Vernehmung der Zeugin hätte bestätigt werden können, dass sich der Revisionswerber vor seiner erneuten Antragstellung mehr als drei Monate in Serbien aufgehalten habe, wird den angeführten Anforderungen an die Darstellung der Relevanz nicht gerecht. Ausführungen dazu, was die Zeugin konkret - bezogen auf das in Rede stehende Beweisthema - hätte angeben können, fehlen in der Revision gänzlich.
6 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgezeigt, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 18. Oktober 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017190375.L00Im RIS seit
22.11.2017Zuletzt aktualisiert am
01.03.2018