TE Vwgh Beschluss 2000/8/3 2000/15/0065

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Veröffentlicht am 03.08.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §17 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/15/0104

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, in der Beschwerdesache der Pgesellschaft mbH in S, vertreten durch Dr. Othmar Mair, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat II, vom 9. September 1999, RV 106.96/1-8/96, betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1993 und 1994, den Beschluss gefasst:

Spruch

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

2. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Begründung

Mit der am letzten Tag der Frist erhobenen, von ihrem Geschäftsführer verfassten Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin den im Spruch dieses Beschlusses genannten Bescheid. In der äußerst mangelhaft ausgeführten Beschwerde wird ua ausgeführt, "für die noch umfassenden Erhebungen, insbesondere Besorgung entscheidungsrelevanter Unterlagen und mit Medienrechtsfragen vertrauten Anwälten und Wirtschaftsprüfern wird eine Fristverlängerung von sechs Wochen beantragt".

Mit Verfügung vom 12. Mai 2000 (idF: Mängelbehebungsauftrag) forderte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführerin unter Zurückstellung der Beschwerde auf, diese innerhalb von zwei Wochen vom Tag der Zustellung an gerechnet mittels dreifach einzubringendem Schriftsatz folgendermaßen zu ergänzen:

"1.

Es ist der Tag, an dem der angefochtene Bescheid zugestellt wurde, anzugeben (§ 28 Abs 1 Z 7 VwGG).

2.

Es ist der Sachverhalt in einer zeitlich geordneten Darstellung des Verwaltungsgeschehens wiederzugeben (§ 28 Abs 1 Z 3 VwGG).

3.

Es ist ein bestimmtes Begehren (§ 28 Abs 1 Z 6 in Verbindung mit § 42 Abs 2 VwGG) zu stellen.

4.

Es ist der angefochtene Verwaltungsakt auch nach dem Datum zu bezeichnen (§ 28 Abs 1 Z 1 VwGG).

5.

Es ist das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte, § 28 Abs 1 Z 4 VwGG), bestimmt zu bezeichnen und es sind die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, anzuführen (§ 28 Abs 1 Z 5 VwGG).

6.

Es ist eine Ausfertigung, Gleichschrift oder Kopie des angefochtenen Bescheides anzuschließen (§ 28 Abs 5 VwGG).

7.

Es ist die Beschwerde mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes oder eines Wirtschaftsprüfers zu versehen (§ 24 Abs 2 VwGG).

8.

Es sind zwei weitere Ausfertigungen der Beschwerde für die belangte Behörde und den Bundesminister für Finanzen beizubringen (§§ 24 Abs 1 und 29 VwGG)."

Die Beschwerdeführerin wurde darauf aufmerksam gemacht, die zurückgestellte Beschwerde sei auch dann wieder vorzulegen, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht werde, und gelte die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde.

Der Mängelbehebungsauftrag wurde am 30. Mai 2000 gemäß § 17 ZustG beim Zustellpostamt hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten.

Mit am 13. Juni 2000 zur Post gegebenen Schriftsatz teilte die Beschwerdeführerin ua mit, ihr Geschäftsführer sei über zwei Wochen von der Abgabestelle abwesend gewesen. Ihr Geschäftsführer habe sich sowohl geschäftlich als auch privat in Bad Gleichenberg, Wien und am Lago Maggiore aufgehalten. Es wäre ihrem Geschäftsführer daher erst heute - somit am 13. Juni 2000 - möglich gewesen, den Mängelbehebungsauftrag zu beheben. Die Beschwerdeführerin stellte zunächst den Antrag, es möge davon ausgegangen, die Frist zur Ergänzung der Beschwerde beginne erst am 13. Juni 2000 zu laufen sowie weiters den Antrag, "die Frist auf einen Zeitraum von sechs Wochen zu erstrecken, weil noch umfangreiche Expertisen erforderlich sind. Auch einem Anwalt sollte ausreichend Zeit gegeben werden, den Fall vollumfänglich prüfen zu können."

Mit Verfügung vom 23. Juni 2000, zugestellt am 7. Juli 2000, forderte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführerin auf, innerhalb von zwei Wochen vom Tag der Zustellung an gerechnet unter Vorlage tauglicher Beweismittel den Nachweis zu erbringen, dass ihr Geschäftsführer vom 30. Mai 2000 bis 13. Juni 2000 zu keiner Zeit an der von ihr angegebenen Abgabestelle anwesend gewesen sei.

Mit am 27. Juni 2000 mittels Telekopie beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Schriftsatz beantragt die nunmehr durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wobei sie unter Wiederholung der Ausführungen in dem am 13. Juni 2000 zur Post gegebenen Schriftsatz behauptet, ihrem Geschäftsführer sei es infolge Abwesenheit von der Abgabestelle innerhalb der im Mängelbehebungsauftrag gesetzten Frist nicht möglich gewesen, die Beschwerde zu ergänzen. Die Zustellung des Mängelbehebungsauftrages während der Abwesenheit ihres Geschäftsführers von der Abgabestelle stelle ein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis dar, wodurch sie gehindert worden sei, von dessen Inhalt Kenntnis zu erlangen. Ihren Geschäftsführer treffe daran allenfalls nur ein Versehen minderen Grades, weil er im Hinblick auf seine Abwesenheit von der Abgabestelle auf die Wirkung der Zustellung - beginnend mit 13. Juni 2000 - habe vertrauen können. In der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit könnten Bestätigungen jener Hotels, in denen sich ihr Geschäftsführer vom 30. Mai 2000 bis 13. Juni 2000 aufgehalten habe, nicht besorgt werden. Diese Bestätigungen würden unverzüglich nach deren Einlangen nachgereicht.

Mit am 27. Juni 2000 zur Post gegebenen Schriftsatz ergänzte die Beschwerdeführerin die Beschwerde in den von ihr geforderten Punkten 1. bis 6.. Sie unterließ es jedoch, die Beschwerde mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes oder eines Wirtschaftsprüfers zu versehen (vgl Punkt 7.) und brachte nur eine weitere Ausfertigung der Beschwerde bei (vgl Punkt 8.). Wie bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kündigte die Beschwerdeführerin die Vorlage von Bestätigungen jener Hotels an, in denen sich ihr Geschäftsführer vom 30. Mai 2000 bis 13. Juni 2000 aufgehalten habe.

Mit am 21. Juli 2000 zur Post gegebenen Schriftsatz legte die Beschwerdeführerin drei Bestätigungen vor, mit denen die Abwesenheit ihres Geschäftsführers von der Abgabestelle glaubhaft gemacht werden sollte.

Ein Hotel in Bad Gleichenberg bestätigte den Aufenthalt des Geschäftsführers vom 26. Mai 2000 bis 1. Juni 2000.

Ein Hotel am Lago Maggiore bestätigte den Aufenthalt des Geschäftsführers vom 10. Juni 2000 bis 12. Juni 2000.

Die Eltern des Geschäftsführers bestätigten, ihr bei ihnen wohnender Sohn habe sich vom 25. Mai 2000 bis 12. Juni 2000 nicht in ihrem Wohnverband aufgehalten. Sie seien wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes im eben genannten Zeitraum nahezu ausschließlich zu Hause gewesen und hätten auch nicht auswärts genächtigt.

In der Beschwerdesache ist entscheidungswesentlich, an welchem Tag der Mängelbehebungsauftrag als zugestellt gilt. Dies ist eine im Rahmen der Beweiswürdigung zu lösende Frage (Sachverhaltselement).

Die Beschwerdeführerin behauptet bereits in dem am 13. Juni 2000 zur Post gegebenen Schriftsatz, ihr Geschäftsführer habe sich in Bad Gleichenberg, Wien und am Lago Maggiore aufgehalten, ohne diesbezügliche Beweismittel vorzulegen. Sowohl im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als auch in dem die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz kündigt die Beschwerdeführerin Bestätigungen jener Hotels an, in denen sich ihr Geschäftsführer vom 30. Mai 2000 bis 13. Juni 2000 aufgehalten habe. Ungeachtet dieser Ankündigungen hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 23. Juni 2000 aufgefordert, taugliche Beweismittel zum Nachweis zu erbringen, dass ihr Geschäftsführer vom 30. Mai 2000 bis 13. Juni 2000 zu keiner Zeit an der von ihr angegebenen Abgabestelle anwesend gewesen sei. Im Gegensatz zu ihren Ankündigungen hat die Beschwerdeführerin nur Bestätigungen über Hotelaufenthalte ihres Geschäftsführers vom 26. Mai 2000 bis 1. Juni 2000 sowie vom 10. Juni 2000 bis 12. Juni 2000 vorgelegt. Für den übrigen Zeitraum liegt keine Hotelbestätigung, sondern bloß eine Bestätigung der Eltern des Geschäftsführers vor. Diese Bestätigung sieht der Verwaltungsgerichtshof als Gefälligkeitsbestätigung, die im Rahmen familienrechtlicher Bindungen abgegeben worden ist, an. Denn wie sich aus dem Verhalten der Beschwerdeführerin ergibt, war sie bemüht, Fristverlängerungen bewilligt zu erhalten (vgl die Ausführungen in der Beschwerde sowie in dem am 13. Juni 2000 zur Post gegebenen Schriftsatz). Darüber hinaus ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid, dass die Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren ihren abgabenrechtlichen Pflichten insofern nicht nachgekommen ist, als sie keine Erklärungen abgegeben und trotz wiederholter Aufforderungen insbesondere Fristen nicht eingehalten und keine Unterlagen vorgelegt hat. Der Verwaltungsgerichtshof gelangt daher zu dem Schluss, dass die Behauptung der Beschwerdeführerin, ihr Geschäftsführer sei zumindest vom 30. Mai 2000 bis 12. Juni 2000 von der angegebenen Abgabestelle abwesend gewesen, nicht den Tatsachen entspricht. Vielmehr geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vom 1. Juni 2000 bis 10. Juni 2000 an der angegebenen Abgabestelle anwesend gewesen ist, es jedoch unterlassen hat, den am 30. Mai 2000 beim Zustellpostamt hinterlegten Mängelbehebungsauftrag zu beheben. Der Mängelbehebungsauftrag gilt daher gemäß § 17 Abs 3 ZustG am 2. Juni 2000 als zugestellt, weswegen diesem innerhalb der gesetzten Frist nicht entsprochen worden ist.

Selbst unter der Annahme, dem Mängelbehebungsauftrag wäre innerhalb der gesetzten Frist entsprochen worden, wäre für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Denn dem Mängelbehebungsauftrag wurde im Punkt 7. überhaupt nicht, im Punkt 8. nur teilweise entsprochen. Die nur teilweise Erfüllung des Auftrages zur Verbesserung einer Beschwerde schließt den Eintritt der im § 34 Abs 2 VwGG aufgestellten Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde nicht aus. Vielmehr ist eine solch mangelhafte Erfüllung der Unterlassung der Mängelbehebung überhaupt gleichzustellen (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 522 f).

Was den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, dass dieser Antrag in Ansehung des Schlusses des Verwaltungsgerichtshofes, der Mängelbehebungsauftrag gilt gemäß § 17 Abs 3 ZustG am 2. Juni 2000 als zugestellt, verspätet eingebracht worden ist (vgl § 46 Abs 3 VwGG). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher zurückzuweisen. Überdies begründet die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand damit, ihr Geschäftsführer habe erst am 13. Juni 2000 Kenntnis von der Hinterlegung des Mängelbehebungsauftrages erlangt. Diesfalls wäre dem Mängelbehebungsauftrag fristgerecht entsprochen worden, weswegen der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Versäumung einer Frist ebenfalls zurückzuweisen gewesen wäre (vgl Dolp, aaO, 664).

Da einerseits dem Mängelbehebungsauftrag nicht innerhalb der gesetzten Frist entsprochen worden ist, anderseits der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückzuweisen war, war das Verfahren über die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs 2 iVm § 33 Abs 1 VwGG einzustellen.

Wien, am 3. August 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000150065.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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