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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der F Gesellschaft mbH in F, vertreten durch K&E Wirtschaftstreuhand GmbH in 8010 Graz, Glacisstraße 27, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. Juni 1999, Zl. 7-485-83/99-2, betreffend Kommunalsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH. Ihr Stammkapital wird zu 85 % von ihrem alleinigen Geschäftsführer FS gehalten.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde F wurde der Beschwerdeführerin für den Zeitraum Jänner 1994 bis Oktober 1997 Kommunalsteuer für die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers FS vorgeschrieben. Wegen der nicht fristgerechten Entrichtung der Abgabe wurde zusätzlich ein Säumniszuschlag von 6.232 S festgesetzt.
Die Berufung gegen diesen Bescheid wies der Gemeinderat als unbegründet ab. Er änderte den Spruch den erstinstanzlichen Abgabenbescheides dahingehend, dass die gesamte von der Beschwerdeführerin im Zeitraum Jänner 1994 bis Oktober 1997 zu entrichtende Steuer mit 3,735.782 S (bei einer Bemessungsgrundlage von 124,526.067 S, in welcher auch die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers enthalten sind) festgesetzt werde. Der Säumniszuschlag wurde auf 6.169 S angepasst. Der Geschäftsführerbezug habe von Jänner 1994 bis Dezember 1995 170.000 S pro Monat betragen und sei 14 Mal pro Jahr ausbezahlt worden. Im Jahr 1996 sei der - 14 Mal pro Jahr ausbezahlte - Geschäftsführerbezug auf 200.000 S pro Monat angehoben worden. In der Zeit von Jänner bis Oktober 1997 sei der auf der Höhe von 200.000 S pro Monat verbliebene Geschäftsführerbezug (im Hinblick auf zwei Sonderzahlungen) zwölf Mal ausbezahlt worden. Unabhängig vom Unternehmenserfolg seien somit dem Gesellschafter-Geschäftsführer konstante Bezüge ausbezahlt worden. Er erbringe seine Tätigkeit daher ohne Unternehmerrisiko und sei in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingegliedert. Dem stehe nicht entgegen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin Darlehen gewährt habe, weil sich diese Darlehensgewährung aus der Gesellschafterstellung des FS ergeben habe.
Der rechtzeitig erhobene Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. Bezüge von an Kapitalgesellschaften wesentlich Beteiligten iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 unterlägen wie die Bezüge der Dienstnehmer der Kommunalsteuerpflicht. Für die Frage, ob sonst aller Merkmale eines Dienstverhältnisses iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG gegeben seien, sei der Umstand der Beteiligung auszublenden und eine auf Grund der Beteiligungsverhältnisse fehlende Weisungsgebundenheit fiktiv hinzuzudenken. Sodann sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses gegeben seien.
Die Beschwerdeführerin bestreite die Eingliederung ihres Gesellschafter-Geschäftsführers FS in ihren betrieblichen Organismus und verweise auf das Fehlen einer festen Arbeitszeit und eines Urlaubsanspruches. Im Hinblick auf die im Wesentlichen durchgehende Tätigkeit in den Räumen der Beschwerdeführerin und die Geschäftsführerbezüge, die über lange Zeiträume in gleich bleibender Höhe ausbezahlt worden seien, fehle das Unternehmerwagnis und sei der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Art eines Dienstnehmers tätig. Die Beschwerdeführerin habe eingewendet, für ein ihr gewährtes Darlehen habe der Gesellschafter-Geschäftsführer FS die Haftung übernommen; dies ändere aber nichts an der Beurteilung, weil die Haftungsübernahme primär mit der Gesellschafterstellung des FS zusammenhänge. Auch wenn im gegenständlichen Fall der Gesellschafter-Geschäftsführer auf Grund seiner Beteiligung keinen Weisungen unterliege, er für seine Vertretung zeitweilig Dienstnehmer heranziehen könne, und es ihm möglich sei, seine Arbeitszeit und seinen Erholungsurlaub einzuteilen, seien seine Bezüge dennoch kommunalsteuerpflichtig. Dies ergebe sich bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung aus der laufenden Gehaltsauszahlung, dem Fehlen des Unternehmerrisikos und der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 2 KommStG sind Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988 Dienstnehmer.
Gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist dem in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 enthaltenen Tatbestandsmerkmal "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" das Verständnis beizulegen, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Dabei ist allerdings vom Vorliegen einer - auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlenden - Weisungsgebundenheit auszugehen und sodann zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbstständigkeit oder jene der Selbstständigkeit im Vordergrund stehen. Dem Vorliegen bzw. Fehlen des Unternehmerwagnisses kommt in diesem Zusammenhang wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, 99/14/0339).
Die Beschwerdeführerin bringt vor, der Gesellschafter-Geschäftsführer erhalte für seine Leistungen regelmäßige Bezüge in Höhe von 2,380.000 S bis 2,800.000 S pro Jahr. Die laufende Gehaltsauszahlung sei im gegenständlichen Fall nicht entscheidend, weil die Größe des Unternehmens, die Alleinverantwortlichkeit und der Erfolg des Gesellschafter-Geschäftsführers eine laufende Akontierung seines Anspruches erforderlich machten. Es wäre dem Leistenden nicht zumutbar, für eine laufend während des Jahres erbrachte Leistung erst am Jahresende den Gesamtbetrag zu erhalten. Bei Werkverträgen, die sich über längere Zeit hinzögen, seien laufende Akontierungen üblich. Der Gesellschafter-Geschäftsführer sei Geschäftsführer einer weiteren GmbH, in einer dritten GmbH leitend tätig und betätige sich auch als Liegenschaftsverwalter. Auch wenn es zutreffe, dass er sich für diese anderen Tätigkeiten teilweise in den betrieblichen Räumen der Beschwerdeführerin aufhalte, habe dies "nichts mit einer durchgehenden Tätigkeit für diese Gesellschaft zu tun". Die Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin sei daher nicht gegeben. Es sei schlichtweg falsch, aus der Tatsache, dass die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers in gleich bleibender Höhe und im Wesentlichen unabhängig vom Erfolg der Beschwerdeführerin ausbezahlt werden, das Fehlen eines Unternehmerwagnisses abzuleiten. Da im gegenständlichen Fall das Angeselltengesetz nicht anwendbar sei, würden keine Kündigungsfristen gelten und keine Ansprüche auf Abfertigung, Urlaub und Überstundenentgelte bestehen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer bezahle überdies die Sozialversicherungsbeiträge selber. Der gleich bleibend hohe Bezug des Gesellschafter-Geschäftsführers beruhe einzig und allein auf dem gleich gebliebenen Erfolg seiner Tätigkeit, welcher sich in einem hohen Reingewinn der Beschwerdeführerin niederschlage. Zu einer Verringerung seiner Bezüge habe unter diesen Voraussetzungen nicht die geringste Veranlassung bestanden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 26. Juli 2000, 2000/14/0061) steht ein deutlich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko des an der Kapitalgesellschaft Beteiligten Einkünften iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 entgegen. Es kommt daher im Beschwerdefall darauf an, ob den Gesellschafter-Geschäftsführer FS ein solches relevantes Unternehmerrisiko getroffen hat.
Das Unternehmerrisiko liegt vor, wenn der Steuerpflichtige die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich beeinflussen und damit den materiellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, 89/13/0131).
Die Beschwerdeführerin tritt den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach der Gesellschafter-Geschäftsführer FS laufend Bezüge erhalten hat, deren Höhe sich im Wesentlichen nicht verändert hat, nicht entgegen. Auch nach dem Beschwerdevorbringen hat der Geschäftsführerbezug jährlich zwischen ca 2,4 Mio S (monatlich 170.000 S in den Jahren 1994 und 1995) und 2,8 Mio S (monatlich 200.000 S in den Jahren 1996 und 1997) betragen. Unabhängig davon, ob die monatlichen Bezugszahlungen als Akontierungen des Jahresbezuges anzusehen sind, ist bei dieser Gestaltung ein Unternehmerrisiko des Gesellschafter-Geschäftsführers auf der Einnahmenseite nicht gegeben. Daran ändert nichts, dass - wie dies im Wirtschaftsleben oftmals der Fall ist - bei einem allfälligen Erfolgseinbruch beim Dienst- bzw Auftraggeber nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Vertragsverhältnis nicht bzw nur zu geänderten Konditionen verlängert wird.
Was die Ausgabenseite anlangt, wird in der Beschwerde lediglich darauf verwiesen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die Sozialversicherungsbeiträge habe tragen müssen. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im hg Erkenntnis vom 30. November 1999, 99/14/0270, ausgesprochen hat, spricht dieser Umstand nicht für ein Unternehmerwagnis, weil die Sozialversicherungsbeiträge in einer von vornherein absehbaren Relation zu den Geschäftsführerbezügen stehen und weil der Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge auch von "klassischen" Dienstnehmern getragen wird.
Zu Recht ist die belangte Behörde sohin davon ausgegangen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer FS seine laufende Tätigkeit ohne Unternehmerrisiko entfaltet hat. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden.
Im Spitzenmanagement tätige Fremdgeschäftsführer übernehmen, auch wenn sie Dienstnehmer sind, häufig weitere Funktionen, soweit sich ihre Dienstgeber nicht dagegen aussprechen. Der Umstand, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer auch für andere Gesellschaften und zudem auch selbstständig tätig ist, spricht jedenfalls nicht dagegen, dass die Bezüge, die er von der Beschwerdeführerin bezieht, zu Einkünften iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 führen.
Die Kündigungsfristen des AngG sowie der Anspruch auf Urlaub, Abfertigung, und Überstundenentlohnung sind Rechtsfolgen eines (speziellen) Arbeitsverhältnisses iSd Arbeitsrechts. Bei Einkünften iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 liegt allerdings regelmäßig (jedenfalls ab einer Beteiligung von 50 %) kein solches Arbeitsverhältnis vor. Den genannten arbeitsrechtlichen Rechtsfolgen kommt daher im gegebenen Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung zu (vgl nochmals das hg Erkenntnis 99/14/0270).
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiters Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 3. August 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000150097.X00Im RIS seit
15.01.2001