Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers F***** B*****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beklagte ***** K***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Nikolaus Bauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 49.864,88 EUR sA, über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Juli 2017, GZ 11 R 107/17m-30, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die beklagte Kinderschutzeinrichtung behandelt die minderjährige Tochter des Klägers psychotherapeutisch. Der Behandlungsvertrag wurde mit der Mutter abgeschlossen. Dass die Therapeutinnen der Beklagten das Mädchen in der Behandlung in ihrer Ablehnung gegen den Vater unterstützt oder bestärkt hätten, konnte nicht festgestellt werden. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass die Therapeutinnen ein Schreiben an das Gericht und den Jugendwohlfahrtsträger, in dem sie eine Kindeswohlgefährdung aufzeigten, mit dem Vorsatz verfasst hätten, den Kläger zu schädigen.
Die Vorinstanzen wiesen das auf Ersatz von materiellen und ideellen Schäden des Klägers gerichtete Zahlungsbegehren, das auf die Behauptung der fehlerhaften psychotherapeutischen Behandlung seiner Tochter – die Behandlung habe zu einer Entfremdung zwischen Vater und Tochter geführt – und der Schädigungsabsicht bei der Verfassung des Schreibens der Therapeutinnen der Beklagten gestützt war, aufgrund der genannten Negativfeststellungen ab.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.
Dem Kläger gelingt es in seiner außerordentlichen Revision nicht, Rechtsfragen in der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Der Kläger bemängelt zunächst, das Erstgericht habe über den Behandlungsvertrag zwischen der Beklagten und seiner Tochter keine Beweise erhoben, da sich die Psychotherapeutinnen unberechtigterweise auf ihre Verschwiegenheitspflicht berufen hätten.
1.2. Damit macht der Kläger einen Verfahrensmangel der ersten Instanz geltend, dessen Vorliegen bereits vom Berufungsgericht verneint wurde und der somit im Revisionsverfahren nicht neuerlich releviert werden kann (vgl 9 Ob 116/04f; 1 Ob 238/13a; 6 Ob 233/16g).
1.3. Dasselbe trifft auf die Rüge des Klägers zu, wonach seinem Vorlageantrag nach § 303 Abs 1 ZPO bezüglich der Behandlungsprotokolle nicht entsprochen worden sei.
2.1. Auch in seiner Rechtsrüge zeigt der Kläger keine erheblichen Rechtsfragen auf. Er verkennt, dass die Beweislast für die Verletzung einer Sorgfaltspflicht grundsätzlich den Geschädigten trifft (vgl RIS-Justiz RS0023498 [T9]), was im Bereich (ärztlicher) Behandlungsverträge insbesondere für das Vorliegen eines Kunstfehlers gilt (vgl RIS-Justiz RS0026412; RS0026209). Indem die Rechtsrüge die dazu getroffene Negativfeststellung des Erstgerichts, wonach eine Beeinflussung der Minderjährigen durch die Therapeutinnen gegen den Kläger nicht erwiesen sei, als „zunächst“ irrelevant bezeichnet, im Weiteren aber vollständig übergeht, ist sie schon im Ansatz verfehlt.
2.2. In der vom Kläger zitierten Entscheidung 9 Ob 83/09k wird die Einbeziehung des Lebensgefährten in den Schutzbereich des ärztlichen Behandlungsvertrags mit dem Argument begründet, dass der zum Tod der Patientin führende Kunstfehler nicht nur eine Verletzung der Hauptleistungspflicht gegenüber dieser Patientin, sondern zugleich eine Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber nahen Angehörigen sei, deren Interesse an Leben und körperlicher Unversehrtheit mit dem eigenen Interesse der Betroffenen parallel verläuft. Im vorliegenden Fall beschränkt sich der Kläger aber auf die umfassende Darstellung seiner eigenen Interessen, unterlässt es jedoch, substanziiert darzulegen, worin „das Kind als Gläubiger“ geschädigt worden sein soll, sondern behauptet vielmehr, das Kind habe selbst gar keinen Ersatzanspruch aus dem Vertrag. Vom Wohl des Patienten unabhängige Schutzpflichten aus einem Behandlungsvertrag zugunsten der Gefühls- und Beziehungswelt Dritter werden von der Rechtsprechung nicht anerkannt, insbesondere können sie nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung abgeleitet werden.
Textnummer
E119848European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00172.17Y.1024.000Im RIS seit
22.11.2017Zuletzt aktualisiert am
25.01.2019