Entscheidungsdatum
30.10.2017Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W183 2174515-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
(Teilerkenntnis)
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. PIELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.10.2017, Zl. 15-1066939410-150447610, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 01.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 02.05.2015 erklärte der BF, befragt zu seinen Fluchtgründen, dass Somalia ein unsicheres Land sei und er mit seiner Familie dort nicht leben könne. Mehr könne er im Moment dazu nicht angeben.
2. Im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde am 27.09.2017 gab der BF an, dass in seiner Heimat sein Vater, seine Frau und seine Kinder leben. Mit diesen habe er bis zu seinem Haftantritt in Österreich Kontakt gehabt. Es habe Schwierigkeiten aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit gegeben. Somalia habe er aus wirtschaftlichen Gründen und weil es dort nicht sicher sei, verlassen. Im Falle einer Rückkehr könne er seine Familie nicht ernähren.
3. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid (zugestellt am 09.10.2017) wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 FPG 2005 erteilt und wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen sowie festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Mit Spruchpunkt IV. wurde festgestellt, dass der BF gem. § 13 Abs. 2 Z 2, 3 und 4 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 10.01.2017 verloren habe. Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.). Mit Spruchpunkt VI. wurde der Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Zu den Gründen für den Verlust des Aufenthaltsrechts wurde festgestellt, dass über den BF Untersuchungshaft verhängt worden sei, er wegen gerichtlich strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt sei und am 01.09.2017 eine Gerichtsverhandlung stattgefunden habe, wobei aber weder die Behörde noch der BF das Urteil erhalten hätten.
4. Mit Verfahrensanordnung vom 05.10.2017 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
5. Mit Verfahrensanordnung vom 05.10.2017 wurde der BF gemäß § 52 Abs. 2 BFA-VG darüber in Kenntnis gesetzt, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.
6. Mit per E-Mail am 20.10.2017 bei der belangten Behörde eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seinen Vertreter binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid zur Gänze und brachte unter einem einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ein. Zu den Beschwerdegründen werde auf das bisher Vorgenbrachte verwiesen.
7. Mit Schriftsatz vom 23.10.2017 (eingelangt am 25.10.2017) legte die belangte Behörde die Beschwerde (samt Antrag) mit den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2017, Zl. W183 2174515-1/2Z, wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF brachte mit E-Mail vom 20.10.2017 bei der belangten Behörde das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid zur Gänze sowie unter einem einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ein.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellung ergibt sich aus den von der belangten Behörde vollständig vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen. 3.
Rechtliche Beurteilung:
3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1.3. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.2. Gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebungen oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zu Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. § 18 Abs. 7 BFA-VG schließt die Anwendung der §§ 13 Abs. 2-5 und 22 VwGVG aus. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, ausgeführt hat, kann sich der Beschwerdeführer im Rahmen des § 18 BFA-VG in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des BFA über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFAVG wenden. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren ist ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen. Es kann dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen (vgl. auch VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 bis 0285). Aus VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 bis 0285, ergibt sich weiters, dass das BVwG über eine Beschwerde, soweit sie jene Aussprüche betrifft, mit denen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde förmlich zu entscheiden hat.
Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde daher zurückgewiesen und über die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides mit gegenständlichem Teilerkenntnis zu entscheiden.
3.2.3. Im gegenständlichen Fall bedarf die Aktenlage einer näheren Überprüfung, um eine Gefährdung im Sinne des §§ 18 Abs. 5 BFA-VG ausschließen zu können. Es ist daher erforderlich, die Glaubwürdigkeit des Vorbringens in Zusammenschau mit aktuellen Länderberichten in einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des BF ehestmöglich zu überprüfen und einen persönlichen Eindruck vom BF zu bekommen.
Es kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, dass durch eine Außerlandesbringung des BF nicht seine in Art. 8 EMRK geschützten Rechte verletzt werden würden. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W183.2174515.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.11.2017