Entscheidungsdatum
30.10.2017Norm
ASVG §410Spruch
W229 2003439-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Dr. Heinz-Wilhelm STENZEL, Geibelgasse 16, 1150 Wien, gegen Spruchteil 2 des Bescheides der Wiener Gebietskrankenkasse vom 13.07.2011, GZ XXXX , den Beschluss:
A)
Die Beschwerde wird gem. §§ 28 Abs.1 und 31 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgenden WGKK) stellte im zweiten Rechtsgang mit "Ersatzbescheid" vom 13.07.2011, XXXX , in dessen Spruchteil 1. fest, dass XXXX , VSNR XXXX (im Folgenden: UG), aufgrund ihrer Tätigkeit als ärztliche Leiterin beim Dienstgeber
XXXX (im Folgenden Beschwerdeführerin) vom 07.03.1986 bis 31.03.1999 und vom 01.09.1999 bis 30.09.2007 der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-) versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege.
Im Spruchteil 2. wurden die jährlichen Beitragsgrundlagen für die Beitragszeiträume zwischen 01.03.1986 und 30.09.2007 festgestellt. Eine Verpflichtung zur Zahlung wurde nicht ausgesprochen.
Begründend wurde u.a. ausgeführt, das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen sei für den Zeitraum 01.03.1986 bis 31.08.2001 gemäß § 68 Abs 1 ASVG verjährt. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund der seit 01.01.2006 neu eingeführten Bestimmungen des § 68a Abs. 1 ASVG Beiträge zur Pensionsversicherung, die nach § 68 ASVG bereits verjährt sind, auf Antrag der versicherten Person von dieser nachentrichtet werden können. Der Antrag sei längstens bis zum Stichtag (§ 223 Abs. 2 ASVG) beim zuständigen Träger der Krankenversicherung zu stellen, der das Vorliegen der Zeiten der Pflichtversicherung festzustellen und die nachzuentrichtenden Beiträge vorzuschreiben habe. Beitragsschuldnern sei die versicherte Person.
2. Mit Schreiben vom 03.08.2011 erhob die Beschwerdeführerin Einspruch (nunmehr Beschwerde) und führte aus, zwischen der Beschwerdeführerin und UG liege ein Werkvertrag und kein Dienstvertrag vor und ergebe sich deshalb keine Beitragspflicht. Eine Verlängerung der Verjährung auf 5 Jahre sei ebenfalls unzutreffend. Weiters beantragte sie, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
3. Mit Teilbescheid vom 22.05.2012 entschied der Landeshauptmann von Wien über den Spruchteil 1. des angefochtenen Bescheides und stellte fest, dass UG im Zeitraum vom 07.03.1986 bis 31.03.1999 und vom 01.09.1999 bis 30.09.2007 nicht der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege. Weiters stellte er fest, dass UG in der Zeit vom 01.07.1996 bis 31.03.1999 und vom 01.09.1999 bis 30.09.2007 der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterliege.
4. Gegen den Teilbescheid vom 22.05.2012 erhoben sowohl die WGKK als auch die Beschwerdeführerin rechtzeitig Berufung an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.
5. Mit Teilbescheid vom 14.06.2012, GZ XXXX setzte der Landeshauptmann von Wien das Verfahren gegen den Bescheid vom 13.07.2011 betreffend Spruchpunkt 2. (Beitragsgrundlagen) bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren über die Versicherungspflicht aus. Weiters erkannte er der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu.
6. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 wurde das Bundesverwaltungsgericht eingerichtet. Der Landeshauptmann von Wien legte in weiterer Folge die Beschwerde vom 03.08.2011 betreffend einerseits die Versicherungspflicht und andererseits die Feststellung der Beitragsgrundlagen samt Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung in zwei Verfahren (GZ W209 2004442-1, W209 2114195-1; sowie GZ W229 2003439-1) vor.
7.1. Im Verfahren über die Versicherungspflicht erließ das Bundesverwaltungsgericht am 21.09.2015 das Erkenntnis GZ: W209 2004442-1/2E, welches der Verwaltungsgerichtshof in weiterer Folge mit Erkenntnis vom 28.12.2015 Zl. Ra 2015/08/0156 bis 0157-9 wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob.
7.2. Am 03.11.2016 erließ das Bundesverwaltungsgericht das Erkenntnis GZ W209 2004442-1/17E, W209 2114195-1/18E und gab der Beschwerde gegen den Teilbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22.05.2012, GZ XXXX teilweise Folge und stellte fest, dass UG aufgrund ihrer von 01.05.1986 bis 31.03.1999 und von 01.09.1999 bis 30.09.2007 dauernden Tätigkeit als ärztliche Leiterin und Fachärztin für Physikalische Medizin der Beschwerdeführerin im Zeitraum von 20.04.1990 bis 31.10.1992 gemäß § 4 Abs. 3 Z 11 ASVG idF vor dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 - ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139, der Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG und gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Arbeitslosenversicherung unterliege. In den übrigen festgestellten Zeiträumen ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin bestehe keine Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG.
7.3. Das Erkenntnis hinsichtlich der Versicherungspflicht erwuchs in Rechtskraft, damit war das ausgesetzte Verfahren zur Feststellung der Beitragsgrundlagen fortzusetzen und zu entscheiden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Spruchteil 2 des Bescheides wurden jährliche Beitragsgrundlagen festgestellt. Eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Zahlung von Beiträgen wurde wegen Verjährung des Rechts auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung nicht festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde mit 01.01.2014 (Art. 151 Abs. 51 Z 6 B-VG) das Bundesverwaltungsgericht (Art. 129 B-VG) eingerichtet. Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde, auf die Verwaltungsgerichte über. Im konkreten Fall ist somit die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Wien, bei welchem das gegenständliche Verfahren mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängig war, mit 1. Jänner 2014 auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.
3.2. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. In Ermangelung eines entsprechenden Antrages liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.4. Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
3.4.1. Gem. § 68 Abs. 1 ASVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
3.4.2. Gem. Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Art. 131 Abs. 1 B-VG idF vor BGBl. I Nr. 51/2012 ausgesprochen, dass ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist – unabhängig von der Frage der Parteistellung im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren –, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid – ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit – in einem subjektiven Recht überhaupt verletzt sein kann (vgl. VwGH vom 23.04.1985, 85/07/0054, mit weiteren Nachweisen). Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt, oder aufgehoben wird (vgl. VwGH vom 13.12.1991, 91/18/0214 mHa VwGH vom 21.04. 1977, Slg. N.F. Nr. 9304/A, und VwGH vom 29.11.1982, Slg. N.F. Nr. 10903/A). In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass er zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtsmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist, und ein Rechtsschutzbedürfnis ua dann zu verneinen ist, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer ohne objektiven Nutzen ist und wenn die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen daher nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. VwGH 31.07.2006, 2006/05/0156). Diese zitierten Aussagen lassen sich auch auf die Beurteilung der Legitimation zur Erhebung eines Rechtsmittels der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht übertragen (zur Rechtsverletzungsmöglichkeit als Voraussetzung der Beschwerdelegitimation gemäß der Rechtslage nach der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012, siehe Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit [2013] Art. 132 B-VG, Rz. 6 ff).
Wie festgestellt, wurden im Spruchteil 2 des Bescheides jährliche Beitragsgrundlagen festgestellt. Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen ist – wie bereits die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat – für den im Spruch genannten Zeitraum gem. § 68 ASVG bereits verjährt gewesen. Der Beschwerdeführerin sind somit aus dem Spruchteil 2 des Bescheides keine Verpflichtungen erwachsen. Eine mögliche Verletzung in einem subjektiven Recht kann nicht gesehen werden. Da die Erreichung des Verfahrenszieles für die Beschwerdeführerin ohne objektiven Nutzen ist und die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen soweit sie Spruchteil 2 des Bescheides betreffen nur von theoretischer Bedeutung sind, war die Beschwerde mangels Beschwer der Beschwerdeführerin, welches hinsichtlich Spruchteil 2 des angefochtenen Bescheides bereits bei Erhebung der Beschwerde nicht vorgelegen ist (vgl. VwGH 15.05.1991, 90/05/0242, 02.07.199, 98/07/0018), zurückzuweisen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. Z 1 VwGVG ohne mündliche Verhandlung gefällt werden.
3.6. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
mangelnde Beschwer, Verjährung, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W229.2003439.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.11.2017