TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/30 LVwG-2017/22/1705-7

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Veröffentlicht am 30.10.2017
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Entscheidungsdatum

30.10.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §360 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Franz Triendl über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.6.2017, Zl. ****, wegen Einschränkung der Betriebszeit des Gastronomiebetriebes „Y Pub“ in Z, Adresse 2 gemäß §  360 Abs 4 GewO 1994 nach öffentlicher, mündlicher Verhandlung

zu Recht erkannt

I.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft X nach umfangreichen Ermittlungen gemäß § 360 Abs 4 GewO 1994 angeordnet, dass die Betriebsanlage „Y Pub“ in Z, Adresse 2, täglich um 22:00 zu schließen ist und sohin in den Nachtstunden von 22:00 bis 06:00 Uhr nicht betrieben werden darf. Begründend stützte sich die Behörde auf gutachterliche Äußerungen des gewerbetechnischen und medizinischen Sachverständigen. In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde zusammenfassend vorgebracht, dass aus den vorliegenden Gutachten eine Schließung der Innenteile der Betriebsanlage (die Schließung der Terrasse wurde nicht angefochten) nicht zwingend abgeleitet werden könne.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde leitete das Landesverwaltungsgericht Tirol, nachdem die Frage der Vollmachtserteilung geklärt wurde, ein (umfangreiches) Ermittlungsverfahren ein.

Zunächst wurde die Behörde auf die Argumente in der Beschwerde verwiesen, wonach sich die seitens der Amtsärztin konstatierte Gesundheitsgefährdung allein auf den Lärm durch Gäste auf der Terrasse beziehe. Diesbezüglich erfolgte mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.6.2017 eine Klarstellung.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol erläuterte der gewerbetechnische Sachverständige der Bezirkshauptmannschaft X Ing. BB, nachdem er die Historie der Betriebsanlage kurz dargelegt hatte, seine bisherigen lärmtechnischen Messungen und die daraus gezogenen Schlüsse. Der seitens des erkennenden Gerichts beigezogene gewerbetechnische Amtssachverständige Ing. CC, Abteilung ESA, bestätigte, dass die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen der Bezirkshauptmannschaft X dem Stand der Technik entsprechen. Sie seien schlüssig und gut nachvollziehbar. Auf diesen Ausführungen aufbauend, erörterte die beigezogene medizinische Amtssächverständigen Dr. DD eingehend, dass es aufgrund der vorherrschenden Lärmsituation für die nächstgelegenen Nachbarn, hervorgerufen v.a. durch Weckreaktionen, zu einer Gesundheitsgefährdung sowohl durch Lärm, der von der Terrasse ausgeht, als auch von Lärm aus dem Inneren der Betriebsanlage. kommt. Im Einzelnen führte sie vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol aus wie folgt:

„Gemäß den aktuellen Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung sowie Empfehlung der WHO ist es bekannt, dass der menschliche Organismus insbesondere in den Nachtstunden, definiert ab 22.00 Uhr besonders sensibel in Form von Stressreaktionen auf Lärmimmissionen reagiert. Die Empfehlung der WHO spreche deshalb davon, dass ein Lärmimmissionswert von 35 dB gemessen im Innenraum am Ohr des schlafenden nicht überschritten werden sollte. Zusammenfassend kann unter Synopsis der vorliegenden Messberichte sowie des durchgeführten Ortsaugenscheines damit verbunden des persönlichen Höreindruckes geschlossen werden, dass aufgrund der gemessenen Werte in den Nachtstunden das Kriterium einer Gesundheitsgefährdung für die unmittelbaren Nachbarn resultiert. Aufgrund der ungünstigen Charakteristik des Lärmes kommt es schon durch Gespräche in der Betriebsanlage zur Weckreaktion bei den Nachbarn, dies führt auf längere Sicht aus medizinischer Sicht zu einer Gefährdung der Gesundheit. Zum Grund ist aus medizinischer Sicht die Schließung des gesamten Betriebes also nicht nur der Terrasse sondern auch des Innenbereiches ab 22.00 Uhr notwendig. „

Der Beschwerdeführer hatte keine Fragen an die beigezogenen Sachverständigen.

II.      Erwägungen

Die hier maßgeblich Bestimmung der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 idF BGBl I 2013/85 lautet wie folgt:

„j) Einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen

§ 360. …

(4) Um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforderungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (§ 71) verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, hat die Behörde, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stillegung von Maschinen, Geräten oder Ausrüstungen oder deren Nichtverwendung oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.

(5) Die Bescheide gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sind sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

(6) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 nicht mehr vor und ist zu erwarten, daß in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.“

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Betrieb der gegenständlichen Anlage, sowohl was die Terrasse (diesbezüglich wurde der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X nicht angefochten) als auch das Innere des Lokales betrifft, zu einer Gesundheitsgefährdung der nächstgelegenen Nachbarn führt. Die diesbezüglichen Ausführungen sowohl des gewerbetechnischen als auch der medizinischen Sachverständigen sind schlüssig und gut nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer ist ihnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol nicht entgegengetreten. Somit sind die Voraussetzungen für die Setzung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr gegeben. Die Einschränkung der Betriebszeit im erfolgen Ausmaß erscheint dabei im Hinblick auf die Ausführungen der medizinischen Amtssachverständigen als gelindestes Mittel.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

III.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Franz Triendl

(Richter)

Schlagworte

Gesundheitsgefährdung; Nachbarn; Maßnahmen zur Gefahrenabwehr; gewerbebehördliche Betriebsanlage;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.22.1705.7

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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