Entscheidungsdatum
08.11.2017Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
L519 1302581-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren XXXX, StA. Türkei, vertreten durch RA Mag. Dr. Rosenkranz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2016, Zl. 751035209-161056179, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013
idgF iVm § 88 FPG, BGBl 100/2005 idgF abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als bP bezeichnet) beantragte am 27.07.2016 die Ausstellung eines Fremdenpasses im Interesse der Republik gemäß § 88 Abs. 1 Z 1 FPG. Im entsprechenden Formular wurde das diesbezügliche Kästchen angekreuzt. Weiters wurde festgehalten, dass die bP staatenlos mit letztem Aufenthaltsstaat Türkei sei. Die bP besitze einen Fremdenpass, ausgestellt von der Republik Österreich. Sie besitze keinen ausländischen Reisepass. An Nachweisen wurde ein Meldezettel, eine Kopie der Niederlassungsbewilligung (gültig bis 03.11.2016), Unterlagen zur abgelegten Deutschprüfung A2 sowie eine Kopie des Fremdenpasses (ausgestellt am 26.02.2014, gültig bis 25.02.2016) der bP vorgelegt.
I.2. Die bP stellte bereits am 12.07.2005 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass sie die Türkei wegen Problemen aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der PKK verlassen habe.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde letztlich mit Erkenntnis des BVwG vom 13.02.2014 gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 Z AsylG 1997 als unbegründet abgewiesen und wurde unter einem festgestellt, dass die Ausweisung der bP gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 auf Dauer unzulässig ist.
In den Feststellungen in dieser Entscheidung wurde festgehalten, dass die bP eine türkische Staatsangehörige ist, deren Identität feststeht.
I.3. Mit Schreiben vom 31.07.2016 wurde der bP von der belangten Behörde mitgeteilt, dass aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervorginge, dass sie staatenlos oder eine Person mit ungeklärter Staatsangehörigkeit ist. Vielmehr wurde festgestellt, dass sie türkischer Staatsangehöriger wäre, dies sei auch im Hinblick auf die Niederlassung evident.
Da auch alle anderen Voraussetzungen nicht zuträfen, ginge die Behörde davon aus, dass sie einen Antrag gemäß § 88 Abs. 1 Z 3 FPG stellen hätte wollen. Es gehe aus der Akte jedoch weder hervor, dass die bP nicht in der Lage wäre, ein gültiges Reisedokument des Heimatlandes zu beschaffen, noch dass sie das Modul 2 der Integrationsvereinbarung erfülle (Deutsch Niveau B1).
Das BFA erteilte daher die Aufträge, binnen einer Frist von 3 Wochen nachzuweisen, dass die bP die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 45 NAG erfüllt, eine Bestätigung einer Vertretungsbehörde vorzulegen, dass diese kein Reisedokument ausstellt oder sonstige Unterlagen vorzulegen, weshalb es ihr nachweislich nicht möglich wäre, sich ein Reisedokument des Heimatstaates zu beschaffen. Sollte die bP ihren ursprünglichen Antrag gemäß § 88 Abs. 1 Z 1 FPG aufrechterhalten wollen, wurde ihr diese Mitteilung ebenfalls binnen gleicher Frist aufgetragen. In diesem Fall hätte die bP nachzuweisen, dass sie Staatenlos oder eine Person mit ungeklärter Staatsangehörigkeit ist.
Das Schreiben wurde am 03.08.2016 zugestellt.
Eine Stellungnahme langte innerhalb der gesetzten Frist nicht ein. Am 01.09.2016 sprach die bP persönlich bei der Behörde vor und gab an, dass sie von der Vertretungsbehörde keine Bestätigung bekommen hätte.
I.4. Der gegenständliche Antrag der bP wurde mit im Spruch genannten Bescheid gemäß § 88 Abs. 1 FPG abgewiesen.
Die belangte Behörde ging davon aus, dass die bP türkische Staatsangehörige und rechtmäßig in Österreich aufhältig ist. Fest stünde, dass die bP weder staatenlos noch eine Person mit ungeklärter Staatsangehörigkeit ist.
Die bP erfülle die Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 FPG nicht und wäre auch in der Lage, einen Reisepass des Herkunftsstaates zu erlangen.
I.5. Gegen den angefochtenen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Es wurde der Antrag auf Beischaffung des Asylaktes der bP gestellt und wurde darauf hingewiesen, dass sich aus diesem die Fluchtgründe entnehmen ließen. Der BF sei in der Türkei zur Fahndung ausgeschrieben. Im türkischen Generalkonsulat in Salzburg sei dem BF lediglich mitgeteilt worden, dass im System angemerkt sei, dass er keinen Reisepass bekommt. Eine schriftliche Bestätigung hierüber bekomme er nicht. Ausgeführt wurde weiters, dass wenn der türkische Staat wie im konkreten Fall seiner Verpflichtung, Dokumente auszustellen, nicht nachkomme, die Person zu einer staatenlosen Person werde und damit die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Fremdenpasses vorliegen würden.
I.6. Das BVwG schaffte den Asylakt der bP bei und nahm Einsicht in diesen sowie in die zur Verfügung stehenden Datenbanken.
I.7. Am 16.10.2017 langte ein Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung der bP ein. Es wurde um Erlassung einer Entscheidung bzw. Bekanntgabe eines Verhandlungstermins ersucht, da ansonsten ein Fristsetzungsantrag von der bP gestellt werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der oben wiedergegebene Verfahrensgang wird der Entscheidung zugrunde gelegt.
Die beschwerdeführende Partei ist Staatsangehörige der Türkei und lebt seit 2005 in Österreich.
Das Asylverfahren wurde negativ entschieden, im Asylverfahren wurde die Staatsangehörigkeit mit Türkisch festgestellt und wurde die Ausweisung der bP für auf Dauer unzulässig erklärt.
Die bP verfügt aktuell über einen bis 03.11.2020 gültigen Aufenthaltstitel.
Die bP wurde mit Entscheidung des BG XXXX vom XXXX, Zl. XXXX wegen Verstrickungsbruch zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt.
Nicht festgestellt werden konnte ein Interesse der Republik an der Ausstellung eines Reisepasses für die bP.
2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und Einsicht in das Zentrale Melderegister sowie das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, das Strafregister und den Asylakt der bP genommen.
Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt.
II.2.2. Es ist festzuhalten, dass sich die Ausführungen der belangten Behörde als schlüssig darstellen. Es kann der rechtsfreundlichen Vertretung der belangten Behörde nicht gefolgt werden, dass die Staatsbürgerschaft der bP ungeklärt wäre oder die bP staatenlos wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Mangels einer von oa. Bestimmung abweichenden Rechtsnorm liegt im gegenständlichen Fall die Zuständigkeit des Einzelrichters vor.
II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
II.3.3. Prüfungsumfang
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Im gegenständlichen Fall hat das erkennende Gericht daher letztlich durch den oa. vorgegebenen Rahmen vor dem Hintergrund des Inhaltes der Beschwerde zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs. 2 FPG vorliegen.
II.3.4. Gesetzliche Grundlagen im Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl 100/2005 idgF zur Ausstellung eines Fremdenpasses:
Ausstellung von Fremdenpässen
§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.
(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend.
Zu A)
II.3.5.1. Im gegenständlichen Fall wurde von der belangten Behörde festgestellt, dass die bP die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass sie staatenlos ist bzw. ihre Staatsbürgerschaft als ungeklärt anzusehen wäre.
Tatsächlich scheint im Fremdenregister die bP aktuell mit Staatsangehörigkeit Türkei auf und wurde weder im Asylverfahren noch im gegenständlichen Verfahren ein Nachweis erbracht, dass sie tatsächlich staatenlos wäre. Vielmehr ist im rechtskräftigen Erkenntnis des BVwG vom 13.02.2014 die türkische Staatsangehörigkeit festgestellt worden. Auch im letzten der bP ausgestellten Fremdenpass wurde die Staatsangehörigkeit mit "Türkei" eingetragen.
Unrichtig sind die unsubstantiierten Ausführungen in der Beschwerde, wonach eine Person zu einer staatenlosen Person werden würde, wenn der Herkunftsstaat - wie im Fall behauptet - seiner Verpflichtung, gegenüber seinem Staatsangehörigen zur Ausstellung von Reisedokumenten nicht nachkommt. Dieser Behauptung liegt weder ein rechtliches Fundament zugrunde, noch ist letztlich glaubwürdig, dass der BF tatsächlich von der Vertretungsbehörde eine negative Auskunft erhalten hat. Vielmehr wäre davon auszugehen - und ist dies dem BVwG aus einer Vielzahl von vergleichbaren Fällen bekannt - dass zumindest eine Bestätigung über die Anwesenheit / Anfrage ausgestellt wird bzw. ein schriftlich eingebrachter Antrag dem Gericht vorgelegt wird.
Jedenfalls wäre selbst bei tatsächlicher Nichtausstellung von Reisedokumenten durch die Türkei für die bP letztlich daraus noch nicht abzuleiten, dass die bP ihre Staatsangehörigkeit verloren hat, da hierzu ein förmlicher Akt notwendig wäre. Ein Nachweis bzw. Beweis über die Aberkennung bzw. den Verlust der türkischen Staatsbürgerschaft wurde nicht vorgelegt.
Für das Bundesverwaltungsgericht steht somit in Ermangelung anderer Anhaltspunkt unzweifelhaft fest, dass die bP weiterhin türkischer Staatsangehöriger ist. Nunmehrige abweichende Behauptungen in der Beschwerde werden als nicht mit der Tatsachenwelt in Übereinstimmung zu bringende, nicht ausreichend konkretisierte Behauptungen qualifiziert, welche situationselastisch aus Opportunitätserwägungen im Hinblick auf den erhofften Verfahrensausgang getätigt wurden.
II.3.5.2. Die bP stellte einen Antrag und kommt ihr so im Verfahren eine erhöhte Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren zu, indem sie etwa ihren Antrag entsprechend begründet. Mit der auch im antragsbedürftigen Verfahren amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung korrespondiert die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime befreit die Parteien nicht davon, durch substanziiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf; eine solche Mitwirkungspflicht ist dann anzunehmen, wenn der behördlichen Ermittlung faktische Grenzen gesetzt sind und die Behörde von sich aus nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden (siehe die Nachweise bei Hengstschläger-Leeb, AVG § 39 Rz. 9 f; Erk. d. VwGH vom 24.4.2007, 2004/05/0285).
Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche unterlässt (Erk. d. VwGH vom 12.9.2006, 2003/03/2006).
Im gegenständlichen Fall konnte sich die belangte Behörde kein ausreichendes Bild über den relevanten Sachverhalt machen, weshalb die bP im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert wurde. Dem kam die bP nicht entsprechend nach und unterließ sie somit die zumutbare Mitwirkung im Verfahren
Es steht der belangten Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung offen, hieraus entsprechende Schlüsse abzuleiten und die unterlassene Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung -idR zum Nachteil der Partei- zu berücksichtigen (VwGH 26.2.2002, 2001/11/0220; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 172; Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH).
Die bP hat ihren Antrag nicht dahingehend geändert, dass sie sich auf eine andere Ziffer des § 88 FPG stützen will. Damit ist die belangte Behörde zu Recht lediglich auf § 88 Abs. 1 Z 1 FPG - wie von der bP beantragt - eingegangen. Wie bereits dargestellt liegen die Voraussetzungen hierfür - nämlich Staatenlosigkeit oder ungeklärte Staatsangehörigkeit - nicht vor und war in Ermangelung der Vorlage von weiteren Unterlagen oder einer entsprechenden Äußerung der bP auch keine darüber hinausgehende Prüfung vorzunehmen.
II.3.5.3. Am Rande sei erwähnt, dass Fremdenpässe gemäß § 88 Abs. 1 FPG zusätzlich nur ausgestellt werden können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist.
Die bP hat jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses für sie im Interesse der Republik gelegen ist.
Die Regelung des § 88 Abs. 1 FPG hält an der bisherigen Systematik fest, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses nicht nur im Interesse des Betroffenen liegen muss, sondern vielmehr auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung vorliegen muss (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I 2009/122 (330 der Beilagen XXIV. GP).
Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab (VwGH 29.01.2008, 2007/18/0601). Dies gilt auch für die Verwirklichung jedes einzelnen der in den § 88 Abs. 1 Z 1 bis 5 FPG umschriebenen Tatbestände (Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht 2014, § 88 FPG E 1.).
Wesentliche Voraussetzung für die Verwirklichung der im § 88 Abs. 1 FPG umschriebenen Tatbestände ist, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist. Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen, wobei ein restriktiver Maßstab anzulegen ist (VwGH 22.01.2014, Zl. 2013/21/0043 vgl. auch VwGH vom 15. September 2010, Zl. 2010/18/0279, und vom 19. Mai 2011, Zl. 2009/21/0288, jeweils mwN).
Dass dem Beschwerdeführer durch die Nichtausstellung eines Fremdenpasses die Möglichkeit einer Reise in das Ausland genommen werde stellt gerade keinen Grund dar, der ein öffentliches Interesse im Sinne des § 88 Abs. 1 FPG dartun könnte (VwGH 15.09.2010, 2010/18/0279).
Auch der Umstand, der Fremdenpass werde benötigt, damit der Fremde reisen könne, bildet nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen Grund, der ein öffentliches Interesse dartun könnte (vgl. VwGH v. 2.9.1999, 96/18/0137, VwGH v. 19.11.2003, 2003/21/0053).
Inhaltlich wird auf die Entscheidung des VwGH vom 22.01.2014, Zl. 2013/21/0043 verwiesen, wonach weder Einkäufe von Lebensmitteln in Italien noch der Besuch von Verwandten ein Interesse der Republik begründen können. Ein über die privaten Interessen der bP hinausgehendes Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses wurde gerade im Hinblick auf "Einkaufsreisen für den Gastronomiebetrieb" verneint.
Von der bP wurden im gegenständlichen Verfahren keinerlei Interessen an der Ausstellung des Reisepasses behauptet.
Im Ergebnis kann die bP mit ihrem Vorbringen das kumulativ zu erfüllende Tatbestandselement des § 88 Abs. 1 FPG, wonach die Ausstellung eines Fremdenpasses im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, nicht darlegen.
II.3.5.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19.03.2013, Zl. 2011/21/0242 festgehalten:
Aus der bisher vorgenommenen Ausstellung eines Fremdenpasses kann kein Rechtsanspruch auf eine Stattgabe weiterer Anträge abgeleitet werden. Vielmehr ist aus Anlass eines jeden Antrags von neuem zu prüfen, ob die im Gesetz normierten Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses gegeben sind.
Eine allfällige rechtswidrige Anwendung des Gesetzes bei der Erlassung von Verwaltungsakten gegenüber anderen Betroffenen gibt niemandem ein Recht auf diesbezügliche Gleichbehandlung (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 26. September 2012, Zl. 2008/04/0117, mwN).
Soweit für die bP bereits einmal ein Fremdenpass ausgestellt wurde, kann damit kein Recht auf eine weitere Ausstellung für die bP abgeleitet werden. Es wäre an der bP gelegen gewesen, ihren Antrag entsprechend mit Nachweisen zu belegen.
II.3.5.5. Die Ausführungen in der Beschwerde betreffend Verletzung der bP in einem Recht auf Ausstellung eines Fremdenpasses sowie Recht auf Durchführung eines den Verwaltungsverfahrensgesetzen entsprechenden Verfahren können vom BVwG schon an sich nicht nachvollzogen werden und wurden auch nicht näher konkretisiert.
II.4. Die bP ist weder staatenlos, noch ist deren Staatsangehörigkeit ungeklärt. Die belangte Behörde ist damit zu Recht davon ausgegangen, dass der bP der beantragte Fremdenpass gemäß § 88 FPG Abs. 1 Z 1 FPG nicht auszustellen bzw. der Antrag abzuweisen war.
Es liegen letztlich die genannten Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses im Sinne des § 88 Abs. 1 Z. 1 nicht vor. Weder ist sie staatenlos noch eine Person ungeklärter Staatsangehörigkeit. Darüber hinaus würden auch die Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 Z. 2 bis 5 FPG nicht vorliegen, da die bP auf keine der genannten Regelungen Bezug nahm und nehmen kann. Sie verfügt weder über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, noch wäre sie nicht in der Lage sich ein gültiges Reisedokument des Heimatstaates zu beschaffen, noch ist erkennbar, dass die bP ein Reisedokument für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet benötigen würde und hat weder der zuständige Bundesminister noch die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der von der bP erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder Landes liege. Die bP hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses für sie im Interesse der Republik gelegen ist.
Es liegen im gegenständlichen Fall - wie oben ausgeführt wurde - die Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 FPG damit nicht vor, weshalb die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen war.
II.5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht und weiters das Neuerungsverbot zur Anwendung gelangt. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG und wurde eine mündliche Verhandlung auch nicht beantragt.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragsbegehren, Fremdenpass, mangelnder Anknüpfungspunkt,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:L519.1302581.2.00Zuletzt aktualisiert am
21.11.2017