RS Vfgh 2017/9/29 V43/2017 (V43/2017-11)

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Veröffentlicht am 29.09.2017
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Index

50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft

Norm

B-VG Art18 Abs2
WirtschaftskammerG 1998 §123 Abs2, Abs3
GrundumlagenV der Fachgruppe Holzindustrie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 07.10.2011 betr Grundumlage 2015

Leitsatz

Aufhebung einer als selbständige Verordnung zu qualifizierenden Verlautbarung der Fachgruppentagung der Fachgruppe Holzindustrie betreffend die Grundumlage 2015 wegen fehlerhafter Kundmachung angesichts der Einschränkung des zeitlichen Geltungsbereiches der mit Beschluss der Fachgruppentagung von 2011 festgelegten Grundumlage

Rechtssatz

Aufhebung der Verordnung "Beschluss der Fachgruppentagung" (der Fachgruppe Holzindustrie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich) vom 07.10.2011, verlautbart in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" vom 19.12.2014, Nr 51/52, betreffend Grundumlage 2015.

Das Verfahren hat ergeben, dass die Fachgruppentagung in keinem der Jahre von 2012 bis 2014 Umlagebeschlüsse gefasst hat.

Der Ausschuss der Fachgruppe ist nicht das zuständige Organ zur Beschlussfassung über die Grundumlage, dies fällt gemäß §123 Abs3 WirtschaftskammerG 1998 (WKG) in die Zuständigkeit der Fachgruppentagung. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Ausschuss der Fachgruppe nicht gesetzwidrig eine Kompetenz zur Beschlussfassung über die Grundumlage - wenn auch nur zur Beibehaltung für ein weiteres Jahr - in Anspruch genommen hat und diesen Beschlüssen nur deklarativer Charakter zukommt (s Protokolle der Ausschusssitzungen).

Der Beschluss der Fachgruppentagung vom 07.10.2011 legt die Grundumlage "mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2012" fest; der weitere Text des Beschlusses enthält keinerlei zeitliche Beschränkung.

Der Wortlaut der Kundmachung in der "Oberösterreichischen Wirtschaft" führt ausdrücklich einen zeitlich beschränkten Geltungsbereich, nämlich das Kalenderjahr 2015, an, der vom Beschluss der Fachgruppentagung nicht gedeckt ist. Angesichts dessen, dass sich diese zeitliche Beschränkung aus Textteilen ergibt, die ununterscheidbar im Zuge von normativen Anordnungen stehen, kann ihr keine bloß deklaratorische Wirkung beigemessen werden.

Das Gesetz sieht vor, dass Umlagenbeschlüsse jeweils für das Folgejahr zu fassen sind (vgl §123 Abs2 und Abs3 WKG). Der VfGH geht davon aus, dass es sich bei der Wendung "nach Maßgabe des Abs5" im ersten Satz des §123 Abs3 WKG um ein redaktionelles Versehen handeln dürfte und in Wahrheit Abs2 des §123 WKG gemeint ist.

Die Deutung der WKÖ, wonach im Ergebnis die Grundumlagenbeschlüsse zwar für jedes Jahr (bis zum 31. Oktober des Vorjahres) zur Genehmigung vorzulegen seien, aber nicht für jedes Jahr neu zu fassen sind, vermag nicht zu überzeugen.

Für die Beurteilung der Prozessvoraussetzungen bedeutet dieses Ergebnis, dass es sich bei der in Prüfung gezogenen Kundmachung um eine Verordnung handelt: Zwar handelt es sich um eine fehlerhaft kundgemachte Verordnung, indem der kundgemachte Text eine zeitliche Beschränkung des Geltungsbereichs auf das Jahr 2015 enthält, der dem Beschluss der Fachgruppentagung nicht zu entnehmen ist, das vermag aber an deren normativer Wirkung nichts zu ändern.

Für die Frage, ob es sich um eine selbständige Verordnung handelt, ist der mit normativer Wirkung kundgemachte Text maßgeblich. Dieser Text sieht eine Grundumlage lediglich für das Jahr 2015 vor. Die vom VfGH mit dem E v 08.03.2016, V136/2015 ua, vorgenommene Aufhebung betraf die für die Kalenderjahre 2013 und 2014 geltenden Verordnungen, die ihrerseits auf fehlerhaften, aber normative Wirkung entfaltenden, Kundmachungen beruhten.

Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

Aus den voranstehenden Überlegungen ergibt sich, dass die in Prüfung gezogene Verordnung wegen fehlerhafter Kundmachung gesetzwidrig ist: Die Kundmachung der Verordnung enthält eine durch den Titel "Grundumlagen 2015" und die Einleitung bewirkte Einschränkung des zeitlichen Geltungsbereichs der mit Beschluss der Fachgruppentagung vom 07.10.2011 festgelegten Grundumlage, die in diesem Beschluss nicht enthalten war.

(Anlassfall E2535/2016, E v 29.09.2017, Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Wirtschaftskammern, Grundumlage, Verordnungsbegriff, Verordnungserlassung, Verordnung Kundmachung, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:V43.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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