TE Vwgh Erkenntnis 2017/10/16 Ra 2015/05/0052

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Veröffentlicht am 16.10.2017
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Oberösterreich
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich
L82000 Bauordnung
L82004 Bauordnung Oberösterreich
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO OÖ 1976 §68 Abs1 litb
BauO OÖ 1994 §57 Abs1 Z2
BauRallg
VStG §31 Abs2
VStG §44a

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des F R in G, vertreten durch Mag. Dr. Martin Enthofer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 16/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 26. Mai 2015, Zl. LVwG-100036/19/VG, betreffend Übertretung der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: BH) vom 2. Februar 2015 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als Bauherr verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass in der Zeit vom 30. Juni 2012 bis 10. Juli 2012 beim Wohnhaus auf einer näher bezeichneten Liegenschaft der KG G ein Zubau in Massivbauweise im Kellergeschoß errichtet und dieser bis zur Rohdecke fertiggestellt worden sei, ohne dass die dafür notwendige rechtskräftige Baubewilligung vorliege. Er habe dadurch ein nach der Oö. Bauordnung 1994 (im Folgenden: BO) bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Bewilligung ausgeführt und dadurch § 57 Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit § 24 und § 39 Abs. 1 BO verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 4.000, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 38 Stunden verhängt.

2        Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht).

3        In der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung gab der Revisionswerber unter anderem an, dass es in der Zeit vom 30. Juni 2012 bis 10. Juli 2012 keine Bautätigkeiten auf der gegenständlichen Liegenschaft gegeben habe, weder durch ihn selbst noch durch andere Personen. Der Revisionswerber sei in dieser Zeit in Wien gewesen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich - hinsichtlich des Spruchpunktes 1. (Zubau) des angefochtenen Straferkenntnisses der BH vom 2. Februar 2015 die Geldstrafe auf € 1.450 und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden herabgesetzt und die Beschwerde des Revisionswerbers im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5        In der Begründung führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, dass es sich bei einer Bauführung ohne baubehördliche Bewilligung um ein Zustandsdelikt handle und das strafbare Verhalten erst in dem Zeitpunkt aufhöre, in dem die Bauführung abgeschlossen sei. Da zum Zeitpunkt der Überprüfung am 10. Juli 2012 der Zubau noch nicht fertiggestellt gewesen sei (Fertigstellung bis zur Rohdecke) und in der Folge diesbezüglich der Baueinstellungsbescheid vom 10. Juli 2012 erlassen worden sei, sei jedenfalls auch die Frist von drei Jahren für den Eintritt der Strafbarkeitsverjährung nach § 31 Abs. 2 VStG, die bei einem Zustandsdelikt erst mit dem Zeitpunkt des Abschlusses der baulichen Maßnahme beginne, noch nicht abgelaufen.

6        Gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 BO begehe eine Verwaltungsübertretung unter anderem, wer als Bauherr ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausführe. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sei konkret umschrieben worden, welche Ausführungshandlung dem Revisionswerber angelastet werde (Errichten eines Zubaus in Massivbauweise im Kellergeschoß bis zur Rohdecke ohne rechtskräftige Bewilligung). Dadurch könne im gegenständlichen Fall die Tat eindeutig festgestellt werden. Um dem Bestimmtheitserfordernis des § 44a VStG zu genügen, sei es jedenfalls nicht erforderlich anzuführen, welche Arbeiten an welchem Tag durchgeführt worden seien, da bei einer unzulässigen Bauführung, die sich als Einheit darstelle und auch von einem einheitlichen Bauwillen getragen sei, von der Bestrafung ohnehin alle bis zum Zeitpunkt der Fällung (Zustellung) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesetzten Handlungen erfasst seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/05/0055). Somit sei es aber auch unerheblich, ob sich der Revisionswerber im angelasteten Tatzeitraum in Wien aufgehalten habe, weil es nicht darauf ankomme, ob im Tatzeitraum konkrete Baumaßnahmen durchgeführt worden seien. Dass der gegenständliche Zubau im angelasteten Tatzeitraum bereits bis zur Rohdecke ausgeführt gewesen sei, werde selbst vom Revisionswerber nicht in Abrede gestellt. Damit liege im angelasteten Tatzeitraum aber jedenfalls eine tatbildmäßige Ausführung im Sinn des § 57 Abs. 1 Z 2 BO vor.

7        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, dieses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

8        Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor. Die BH erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9        Die Revision erweist sich angesichts ihres Vorbringens zum angelasteten Tatzeitraum als zulässig.

10       Im Revisionsfall war die BO, LGBl. Nr. 66/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 36/2008 anzuwenden.

§ 57 BO lautet auszugsweise:

§ 57

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

...

2.   als Bauherr oder Bauherrin oder Bauführer oder Bauführerin ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausführt oder vom bewilligten Bauvorhaben entgegen den Vorschriften des § 39 Abs. 2 bis 4 abweicht;

...

(2) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis 36.000 Euro, in den Fällen des Abs. 1 Z 2, 7 und 14 mit Geldstrafen von 1.450 Euro bis 36.000 Euro zu bestrafen. ...“

11       Der Revisionswerber bringt im Wesentlichen vor, er habe bereits im Beschwerdeverfahren vorgebracht, dass er in der Zeit vom 30. Juni 2012 bis 10. Juli 2012 keinerlei Bauführungen durchgeführt habe und nicht einmal vor Ort gewesen sei. Dadurch dass der Tatzeitraum auf einen Zeitraum von 30. Juni 2012 bis 10. Juli 2012 eingeschränkt worden sei, seien dem Revisionswerber Bautätigkeiten in einem Zeitraum vorgeworfen worden, in dem keine Bautätigkeiten stattgefunden hätten bzw. keine Bautätigkeiten hätten nachgewiesen werden können. Infolge des unrichtigen Tatvorwurfes hätte die belangte Behörde (richtig: das Verwaltungsgericht) das erstinstanzliche Straferkenntnis beheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren vollständig zur Einstellung bringen müssen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkentnisses auf:

12       Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses (unter anderem) die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und dass die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Demnach sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Soweit die Strafbarkeit das Vorliegen bestimmter, in der Person des Täters gelegener besonderer Merkmale voraussetzt, sind insbesondere auch diese Merkmale zu bezeichnen. Hinsichtlich des unverwechselbaren Feststehens der Identität der Tat muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und muss der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/05/0055, mwN).

13       Die Bauausführung ohne baubehördliche Bewilligung nach der BO ist ein Zustandsdelikt; das strafbare Verhalten hört in dem Zeitpunkt auf, in dem die Bauführung abgeschlossen ist. Eine den dargelegten Grundsätzen des § 44a VStG entsprechende Umschreibung der Tat setzt daher in solchen Fällen voraus, dass der Zeitraum und (allenfalls) der Zeitpunkt der Beendigung der Bauführung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise dem Spruch des Bescheides entnommen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1990, Zl. 89/06/0138, mwN, betreffend die Steiermärkische Bauordnung, dessen Ausführungen auf die Rechtslage nach der BO übertragbar sind).

14       Strafbar gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 BO sind die vom Bauherrn oder Bauführer eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens unter den dort näher aufgezählten Voraussetzungen durchgeführten Ausführungshandlungen (vgl. dazu das zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 68 Abs. 1 lit. b der Oö. Bauordnung 1976 ergangene oben zitierte hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, mwN). Dies erfordert mit Blick auf die Anforderungen des § 44a VStG, dass im Spruch des Straferkenntnisses konkret umschrieben sein muss, welche Ausführungshandlungen dem Bauherrn oder Bauführer angelastet werden. Im zuletzt zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof weiters festgehalten, dass es im Lichte des § 44a VStG nicht erforderlich sei, anzuführen, welche Arbeiten an welchem Tag durchgeführt worden sind, da bei einer unzulässigen Bauführung, die sich als Einheit darstelle und auch von einem einheitlichen Bauwillen getragen sei, von der Bestrafung alle bis zum Zeitpunkt der Fällung (Zustellung) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesetzten Handlungen erfasst seien (sogenanntes fortgesetztes Delikt). Aus diesen Ausführungen lässt sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes aber nicht der Schluss ziehen, dass es nicht darauf ankomme, ob im Tatzeitraum überhaupt (noch) konkrete Baumaßnahmen durchgeführt worden seien. Vielmehr erschöpft sich der Tatbestand des § 57 Abs. 1 Z 2 BO in der Herstellung eines gesetzwidrigen Zustandes; aus dieser Bestimmung ist überdies nicht abzuleiten, dass ein Dauerdelikt vorläge, sodass auch die Aufrechterhaltung des (allenfalls bereits vor dem 30. Juni 2012) geschaffenen Zustandes strafbar wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1995, Zl. 93/06/0010). Aus dem zuletzt zitierten hg. Erkenntnis ergibt sich weiters, dass die Verjährungsfrist vom Zeitpunkt des Abschlusses der dem Beschuldigten angelasteten baulichen Maßnahmen zu laufen beginnt, mag der Bau auch noch nicht fertiggestellt sein (vgl. auch Moritz, BauO für Wien5 [2014] Anm zu § 135 Abs. 1, 425 zweiter Abs.).

15       Ausgehend von seiner verfehlten Rechtsanschauung, dass auch ohne die Setzung weiterer baulicher Maßnahmen im angelasteten Tatzeitraum ein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers vorgelegen wäre, hat es das Verwaltungsgericht unterlassen, im angefochtenen Erkenntnis ausreichende Sachverhaltsfeststellungen zum Abschluss der dem Revisionswerber angelasteten Baumaßnahmen insoweit zu treffen, um beurteilen zu können, ob im Tatzeitraum ein strafbares Verhalten des Revisionswerbers vorlag, sowie damit auch eine schlüssige Begründung dafür zu liefern, dass die Strafbarkeitsverjährung nicht eingetreten sei.

16       Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

17       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 16. Oktober 2017

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015050052.L00

Im RIS seit

09.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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