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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §108 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der R GmbH in W, vertreten durch die Merkur taxaid Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 1150 Wien, Diefenbachgasse 53/1, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 27. Oktober 2016, Zl. RV/7106033/2015, betreffend Zurückweisung eines Vorlageantrages wegen Verspätung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 12. Jänner 2015 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer der Revisionswerberin für das Jahr 2012 abweichend von der Steuererklärung fest, wogegen die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 12. Februar 2015 Beschwerde erhob.
2 Das Finanzamt änderte den Körperschaftsteuerbescheid vom 12. Jänner 2015 mit Beschwerdevorentscheidung vom 9. September 2015, welche der Revisionswerberin laut dem in den Verwaltungsakten einliegenden Zustellnachweis am 14. September 2015 zugestellt worden ist, ab.
3 Mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 beantragte die Revisionswerberin "gem. § 264 BAO binnen offener Frist die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2012" durch das Verwaltungsgericht. Das Schreiben vom 9. Oktober 2015 wurde am 19. Oktober 2015 bei der gemeinsamen Einlaufstelle der Finanzämter Wien eingebracht und zudem mit Postaufgabe vom 19. Oktober 2015 an das für die Revisionswerberin zuständige Finanzamt versendet.
4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht den mit 9. Oktober 2015 datierten und am 19. Oktober 2015 beim Finanzamt eingebrachten bzw. an das Finanzamt versendeten Vorlageantrag als verspätet zurück. Zur Begründung führte es aus, die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom 9. September 2015 sei von der steuerlichen Vertretung der Revisionswerberin "gemäß Rückschein am Samstag, 14. September 2015 übernommen und damit ordnungsgemäß zugestellt" worden. "Samstage sind für den Beginn und den Lauf einer Frist bedeutungslos". Die einmonatige Frist für die Einbringung des Antrages auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht habe somit gemäß § 108 Abs. 2 BAO am Mittwoch, den 14. Oktober 2015 geendet. Das Schreiben vom 9. Oktober 2015 sei gemäß Postaufgabestempel am 19. Oktober 2015 der Post übergeben und zudem mit gleichem Datum bei der gemeinsamen Einlaufstelle der Finanzämter Wien eingebracht worden. Die Frist zur Einbringung eines Antrages auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht sei somit nicht eingehalten worden, weshalb der Vorlageantrag gemäß § 260 Abs. 1 BAO zurückzuweisen gewesen sei.
5 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für unzulässig, weil sich die Rechtsfolge der Zurückweisung wegen erwiesener Verspätung aus dem Gesetz ergebe.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der Revision wird zur Zulässigkeit iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vorgebracht:
"Das Bundesfinanzgericht hat in seiner Entscheidung den Sachverhalt in Zusammenhang mit dem Fristenlauf zur Einbringung der Beschwerde verkannt. Die Zustellung kann nicht an einem Samstag, dem 14. September 2015 erfolgt sein, da der 14. September 2015 ein Montag war. Die Rechtsfolge der Zurückweisung kann sich nur aus einer erwiesenen Verspätung ergeben. Es ist daher nun zu klären ob von einer ‚erwiesenen Verspätung' auszugehen ist, wenn ein tatsächlich unmöglicher Beginn des Fristenlaufes behauptet wird."
10 Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
11 Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden behördliche Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.
12 Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden gemäß § 108 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
13 Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 108 Abs. 3 BAO durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
14 Das Bundesfinanzgericht stellte im angefochtenen Beschluss - unter Hinweis auf den in den Verwaltungsakten einliegenden Rückschein - fest, dass die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom 9. September 2015 von der steuerlichen Vertretung der Revisionswerberin am 14. September 2015 übernommen worden ist. Dass die Zustellung tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte, ist dem mit 9. Oktober 2015 datierten und unstrittig am 19. Oktober 2015 eingebrachten Vorlageantrag nicht zu entnehmen und wird auch in der Revision nicht behauptet. Die Frist für die Einbringung des streitgegenständlichen Vorlageantrages hat demnach gemäß § 108 Abs. 2 BAO am 14. Oktober 2015 (Mittwoch) geendet. Dass der 14. September 2015 - wie vom Bundesfinanzgericht wohl nur irrtümlich angenommen - ein Samstag gewesen sei (und nicht ein Montag), hat auf den tatsächlich erfolgten Fristablauf keinen Einfluss.
15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. Oktober 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017130003.L00Im RIS seit
21.11.2017Zuletzt aktualisiert am
15.12.2017