TE Lvwg Erkenntnis 2017/7/24 VGW-242/002/RP12/10059/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.07.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.07.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

AVG §68
WMG §5 Abs2

Text

                                                                                                              

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Schussek über die Beschwerde der Frau K. B. vom 9.7.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, Sozialzentrum für den ... Bezirk, vom 7.6.2017, Zahl MA 40 - SH/2017/01685636-001,

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, hat mit Bescheid vom 07.06.2017 zur Zl. MA 40 – SH/2017/01685636-001 die zuletzt mit Bescheid vom 08.09.2016, Zl. MA 40 – SH/2016/00767933-001 zuerkannte Leistung mit 30.06.2017 eingestellt und gleichzeitig eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs neuerlich von 01.07.2017 bis 31.07.2017 in Höhe von € 25,96 zuerkannt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Grund der Judikatur des Verwaltungsgerichts, Herr B. O. keinen Anspruch auf Leistungen der Mindestsicherung habe, da er österreichischen Staatsbürgern nicht gleichgestellt sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 09.07.2017, in welcher die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ausführt, dass die Streichung der Unterstützung von Familienangehörigen nicht der richtige Weg sei. Ihr Mann sei seit 2013 hier und habe, obwohl dies sehr schwierig sei, schon gearbeitet. Sie selbst habe 30 Jahre gearbeitet und musste im Oktober 2015 krankheitsbedingt ihren Beruf aufgeben. Sie versuche derzeit die Berufsunfähigkeitspension zu erhalten, da sie ohne Hilfe so gut wie nichts machen könne. Sie sei glücklich, dass ihr Mann zuhause sei, er sei praktisch ihre Pflegehilfe. Sie habe nachgelesen und Ausnahmen entdeckt. Vielleicht gäbe es doch eine Möglichkeit der Unterstützung.

Die Magistratsabteilung 40 legte die Beschwerde mit dem Bezug habenden Akt dem Verwaltungsgericht Wien vor.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender verfahrensrelevanter Sachverhalt:

Der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus Frau K. B. und Herrn O. B., wurde zuletzt auf Grund ihres Antrages vom 11.08.2016 mit Bescheid vom 08.09.2016, Zl. MA 40 – SH/2016/00767933-001 Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs zuerkannt.

Der Bescheid blieb unangefochten und ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schreiben vom 23.09.2017 hat die Beschwerdeführerin ordnungsgemäß eine Adressänderung bekannt gegeben und einen aktuellen Meldezettel übermittelt.

Daraufhin hat die Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

Dazu ist auszuführen:

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und mit Herrn O. B., tunesischer Staatsbürger, verheiratet. Herr B. ist seit 27.12.2013 (mit einer Unterbrechung von 13.06.2106 bis 15.09.2016) aufrecht im Bundesgebiet gemeldet und hat bei Antragstellung am 11.08.2016 u.a. seinen Aufenthaltstitel Familienangehöriger gültig bis 25.12.2017, vorgelegt. Beide sind derzeit an der Adresse Wien, A.-Gasse, aufrecht mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Der Bedarfsgemeinschaft wurde zuletzt mit Bescheid vom 08.09.2016 eine Leistung für den Zeitraum von 11.08.2016 bis 31.07.2017 zuerkannt. Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 07.06.2017 wurde neuerlich eine Leistung für einen Zeitraum, über welchen bereits rechtskräftig abgesprochen wurde, nämlich für die Zeit von 01.07.2017 bis 31.07.2017, zuerkannt. Damit steht der bekämpfte Bescheid in unauflösbarem Widerspruch zur Rechtskraft des Bescheides vom 08.09.2016. Die damit verbundenen Bescheidwirkungen der Unwiderrufbarkeit, Unabänderlichkeit und Unwiederholbarkeit sowie Verbindlichkeit treten jenen Personen gegenüber ein, die am Verfahren teilgenommen haben und denen gegenüber der Bescheid erlassen wurde (Vgl. zur materiellen und formellen Rechtskraft von Bescheiden: Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz 558 ff.)

Eine Durchbrechung der Rechtskraft ist somit nur in den vom Gesetzgeber vorgegebenen Fällen möglich (vgl. z.B. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG, sowie Verwaltungsvorschriften, die vorsehen, dass bescheidmäßig zuerkannte Berechtigungen nachträglich von der Behörde auch außerhalb eines Berufungs- bzw. Beschwerdeverfahrens eingeschränkt oder wieder zurückgenommen werden können). Das Wiener Mindestsicherungsgesetz enthält jedenfalls keine derartige vorsehende Regelung, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Abschließend wird angemerkt, dass bereits bei Antragstellung am 11.08.2016 der belangten Behörde der Aufenthaltstitel (Familienangehöriger) von Herrn O. B. vorlag und diese bereits zu diesem Zeitpunkt feststellen hätte müssen, dass mit diesem Aufenthaltstitel eine Gleichstellung mit österreichischen Staatsbürgern, wie sie im § 5 Abs. 2 WMG normiert ist, nicht besteht. Er verfügt derzeit über keine(n) zur Gleichstellung führende(n) Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltstitel iSd § 5 Abs. 2 WMG (keinen der in Z 3 und 4 genannten Daueraufenthaltstitel). Sein aktenkundiger Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ ist bis 25.12.2017 gültig.

Durch das Versäumnis der belangten Behörde haben sich weder Änderungen noch neue Tatsachen ergeben, auch wurden keine Tatsachen verheimlicht.

Bemerkt wird, dass sich aus einer in der Vergangenheit zuerkannten Leistung kein Rechtsanspruch auf zukünftige Leistungen ableiten lässt.

Schlagworte

Verfahrensrecht; Mindestsicherung; Einstellung, Rechtskraft, Unwiderrufbarkeit, Unabänderlichkeit, Unwiederholbarkeit, Verbindlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.002.RP12.10059.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten