TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/10 VGW-242/002/RP12/7683/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.08.2017
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Entscheidungsdatum

10.08.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §1 Abs1
WMG §4 Abs3
WMG §14 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Schussek über die Beschwerde der Frau L. A. vom 21.4.2017 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, Sozialzentrum …, vom 7.4.2017, Zahl MA 40 - SH/2017/01485843-001,

zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als der Beschwerdeführerin eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für den Zeitraum von 09.12.2016 bis 30.09.2017 zuerkannt wird.

Die Leistung beträgt:

von 09.12.2016 bis 31.12.2016  € 621,56 (aliquotierter Anspruch für 23 Tage)

von 01.01.2017 bis 31.01.2017  € 781,15

von 01.02.2017 bis 28.02.2017  € 801,91

von 01.03.2017 bis 31.03.2017  € 837,76

von 01.04.2017 bis 30.04.2017  € 283,57

von 01.05.2017 bis 31.05.2017  € 264,46

von 01.06.2017 bis 30.06.2017  € 245,35

von 01.07.2017 bis 31.07.2017  € 264,46

von 01.08.2017 bis 31.08.2017  € 626,88

von 01.09.2017 bis 30.09.2017  €  20,60

Die Abweisung des Antrages auf Mietbeihilfe bleibt aufrecht.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, hat den Bescheid vom 07.04.2017 zur Zl. MA 40 – SH/2017/01485843-001 erlassen. Mit dem Bescheid wurde der Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin vom 09.12.2016 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) gemäß § 4 WMG abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bereits eine abgeschlossene Schulausbildung vorläge. Es sei von 02.12.2016 bis 19.01.2017 ein Kurs über das AMS besucht worden. Derzeit werde ein AMS-Kurs (Check In Plus) von 03.03.2017 bis 30.06.2017 (24,5 Wochenstunden) besucht. Zeitgleich sei Sie im Sommersemester 2017 als außerordentliche Studierende aufrecht an der Medizinischen Fakultät inskribiert. Sie besuche zeitgleich zum AMS-Kurs einen Vorstudienlehrgang (ganztags). Im Wintersemester habe Sie einen Vorstudienlehrgang (Deutsch für Studierende mit erweiterten Vorkenntnissen) für 24 Wochenstunden belegt. Das Ziel der Vorstudienlehrgänge sei eine ordentliche Zulassung für das Medizinstudium. Sie stehe daher dem Arbeitsmarkt nicht ganztags (Vollzeit) zur Verfügung.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 21.04.2017, in welcher die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ausführt, dass der Bescheid Ihres Erachtens rechtswidrig sei. Sie besuche laut Bescheid vom 03.03. bis 30.06.2017 einen AMS Kurs Check In Plus. Bei Check In Plus handle es sich allerdings nicht um einen Kurs, sondern um eine BBE, welche vom AMS beauftragt worden sei, während des Verfahrens zur Anerkennung des Maturazeugnisses TeilnehmerInnen des Vorstudienlehrgangs zu betreuen. Es werde auch der Lernerfolg überprüft. Mit Beginn eines regulären Studiums erfolge eine Abmeldung beim AMS. Sie habe am 27.03.2017 alle diesbezüglichen Unterlagen nachgereicht. Auch gäbe es eine Vereinbarung zwischen dem AMS und Frau K. von der MA 40 bezüglich des Bezuges von Mindestsicherung während des Besuchs des Vorstudienlehrgangs.

Die Magistratsabteilung 40 legte die Beschwerde mit dem Bezug habenden Akt dem Verwaltungsgericht Wien vor.

Das Arbeitsmarktservice (AMS) Wien Jugendliche übermittelte mit Schreiben vom 30.06.2017 dem Verwaltungsgericht Wien über Aufforderung eine ausführliche Stellungnahme betreffend die Beschwerdeführerin.

Zur Klärung des Sachstandes führte das Verwaltungsgericht Wien am 02.08.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde als Parteien geladen waren. Die Beschwerdeführerin ist zur Verhandlung ladungsgemäß erschienen. Die belangte Behörde entschuldigte sich mit Schreiben vom 26.07.2017 und ließ auch die Verhandlung unbesucht.

In der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien hat die Beschwerdeführerin Folgendes zu Protokoll gegeben:

„Ich möchte angeben, dass ich in Betreuung von CheckIn bin. All meine Freunde sind dies auch und erhalten die Differenz zu der AMS-Zahlung von der MA 40. Ich bin die Einzige, die lediglich die AMS-Zahlung erhält. Die Dame von CheckIn meinte zu mir, sie könne dies nicht verstehen, da dies nicht üblich sei. Ich werde über das AMS noch einen Englisch-Kurs besuchen. Dieser begann am 24.7.2017 und dauert sieben Wochen. Im Wintersemester 2017 werde ich mich wieder als außerordentliche Studentin anmelden. Das AMS unterstützt mich in meinem Vorhaben.

Der BF wird mitgeteilt, dass eine Stellungnahme des AMS eingeholt wurde, welche die von ihr getätigten Angaben bestätigt. In der Stellungnahme ist ebenfalls festgehalten, dass die BF im Winter bereits einen Kurs besucht hat und erfolgreich abgeschlossen hat. Darin ist auch vermerkt, dass sie eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts und auch Kursnebenkosten erhält. Auch ist angeführt, dass ein Englisch-Kurs angedacht ist. In der Stellungnahme ist ebenfalls vermerkt, dass der Abschluss der Ausbildung im Vordergrund steht und nicht die Vermittlung.

Als Nächstes wird die BF versuchen, einen Deutschkurs für Niveau B2 zu besuchen.

Die BF legt die Betreuungsvereinbarung des AMS vom November 2016 vor, welche bis 25.5.2017 Gültigkeit hatte. Sie gibt dazu an, dass sie keine neue Vereinbarung brauche, da sie in Betreuung von CheckIn stehe.

Bezüglich meiner Wohnsituation gebe ich an, dass derzeit ein älteres Ehepaar mit mir gemeinsam in der Wohnung lebt. Wohnungsplan habe ich heute keinen dabei, da ich nicht genau wusste, was damit gemeint ist. Befragt, wie die Wohnung aufgeteilt ist, gebe ich an, dass sie aus zwei Zimmern besteht. Im Wohnzimmer schläft das Ehepaar und ich habe das kleine Zimmer. Das Badezimmer ist in der Wohnung. Das WC ist am Gang vor der Wohnung. Eine Küche gibt es auch. Bis letztes Jahr habe ich mit meiner Freundin das Zimmer bewohnt. Herr S. ist der Mann meiner Freundin und der Sohn des Ehepaares, mit dem ich nach wie vor zusammen wohne. Ich habe damals meiner Freundin im Monat € 200,-- gegeben. Seit ich kein Geld mehr von der MA 40 bekomme, kann ich dies nicht bezahlen und habe vereinbart, dass ich es nachzahlen werde. Der BF wird mitgeteilt, dass derzeit vier Personen an ihrer Adresse gemeldet sind. Wenn ihr die Namen gezeigt werden, gibt diese an, dass es sich bei Herrn D. und Frau Al. um das Ehepaar handelt. Herr H. ist der Mann einer Freundin, welcher dort nicht mehr wohnhaft ist. Wohin Herr S. und seine Frau, also meine Freundin, gezogen sind, kann ich nicht angeben. Wir haben nur telefonischen Kontakt. Bei meiner Freundin, Fr. E., handelt es sich vielmehr um eine Bekannte, die ich aus meinem Deutschkurs kenne. Ich bin derzeit Single und habe keinen Freund. Angesprochen auf einen im Akt befindlichen Erlagschein mit der Notiz „Stipendium der Med Uni Wien“ gebe ich an, dass es sich hierbei um einen freien Kurs gehandelt hat, welcher für mich bezahlt wurde. Da ich nunmehr bei CheckIn bin, werden von dieser Institution die Kurse übernommen. Bezüglich meines Einkommens gebe ich nochmal an, dass ich außer der AMS-Unterstützung kein weiteres Einkommen beziehe. All meine Kurse werden vom AMS unterstützt. Vermögen habe ich keines, auch kein Auto und auch keinen Führerschein. Ich werde ca. zwei Jahre benötigen, um mit meinem Studium anfangen zu können. Es ist mir bewusst, dass ich ab diesem Zeitpunkt keine Unterstützung mehr erhalten werde. Die geforderten Kontoauszüge werden vorgelegt. Die BF gibt dazu an, dass sie alles in bar bezahlt und das Geld entsprechend von ihrem Konto abhebt.“

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Im Verfahren war zu klären, ob der Besuch eines Vorstudienlehrganges der Zuerkennung von Leistungen entgegensteht und auch, ob sich die Beschwerdeführerin in einer Lebens- bzw. Wirtschaftsgemeinschaft befindet.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, den Erörterungen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung und den nachträglich vorgelegten Unterlagen, ergibt sich wie folgt:

Der Beschwerdeführerin wurde zuletzt mit Bescheid vom 04.07.2016 eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für den Zeitraum von 12.05.2016 bis 31.10.2016 zuerkannt.

Die Beschwerdeführerin hat am 09.12.2016 einen neuen Antrag auf Mindestsicherung gestellt. Sie ist syrische Staatsbürgerin und wurde mit Bescheid vom 05.04.2016 zur Zahl ... ihrem Antrag auf internationalen Schutz vom 17.10.2015 stattgegeben und ihr der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Die Beschwerdeführerin ist seit 02.11.2015 aufrecht mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet und derzeit in Wien, M.-Straße wohnhaft. Sie besitzt kein Vermögen und bezieht seit Dezember 2016 laufend AMS-Leistungen.

Sie hat sich bereits im Wintersemester 2016/2017 für den Vorstudienlehrgang angemeldet und Kurse zum Erwerb der deutschen Sprache besucht. Dem Spruch des Bescheides der Medizinischen Universität Wien vom 08.02.2016 ist u.a. zu entnehmen, dass auf Grund der mangelnden Gleichwertigkeit der vorgelegten Zeugnisse mit einer inländischen Reifeprüfung Ergänzungsprüfungen aus Biologie, Chemie und Physik zur Erlangung der allgemeinen Universitätsreife vorgeschrieben werden. Diese Prüfungen wurden laut eigenen Angaben noch nicht alle absolviert. Im Dezember 2016 ist sie in die Betreuung von AMS Wien Jugendliche übernommen worden und hat an dem Kurs „ams.job.werkstatt Nord bis 25 Jahre“ von 02.12.2016 bis 19.01.2017 teilgenommen und mit Zertifikat abgeschlossen. Dieser Kurs fand von Montag bis Freitag von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr statt. Im Zeitraum von 02.12.2016 bis 19.01.2017 hat die Beschwerdeführerin vom AMS Wien Beihilfen zu den Kursnebenkosten in Höhe von monatlich € 58,50 erhalten.

Bereits im November 2016 wurde eine Betreuungsvereinbarung mit dem AMS mit Gültigkeit bis 25.05.2017 abgeschlossen. Im Jänner 2017 wurde mit Check In Plus, Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen eine Betreuungsvereinbarung abgeschlossen. Darin festgehalten ist u.a. die Förderung des Vorstudienlehrganges durch das AMS Wien, eine Lernfortschrittskontrolle während des Vorstudienlehrgangs, Beratung und Betreuung während des Besuchs des Vorstudienlehrgangs und Informationen über den geplanten Prozess zur Anerkennung der ausländischen Matura durch Check In Plus. Im Bildungsplan (ABl. 125) ist festgehalten, dass der Besuch des Vorstudienlehrgangs durch das AMS Wien gefördert wird. Eine Bestätigung über die Kurszeiten vom AMS Wien (ABl. 231 und 232) liegt vor. Von 03.03.2017 bis 30.06.2017 erhielt die Beschwerdeführerin Leistungen des AMS Wien zur Deckung des Lebensunterhalts von € 17,14 tägl. sowie eine Beihilfe zu den Kursnebenkosten von € 1,97 tägl. Dies wurde vom AMS-Wien nochmals in ihrer Stellungnahme vom 30.06.2017 bestätigt und auch ausgeführt, dass seit der Übernahme der Betreuung durch Check In Plus die Ausbildung und nicht die Vermittlung im Vordergrund stehe. Die Beschwerdeführerin besucht mittlerweile einen Englischkurs; auch dieser Kurs wird vom AMS Wien unterstützt und dauert bis Anfang September. Danach ist die Fortsetzung des Vorstudienlehrgangs in Planung.

Zur Wohnsituation bzw. Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft:

Die Beschwerdeführerin bringt glaubhaft vor, dass Sie die Wohnung in Wien, M.-Straße mit lediglich zwei weiteren Personen bewohnt. Bei diesen Personen handelt es sich um ein Ehepaar (die Eltern einer Freundin). Sie bewohnt in dieser, lt. Mietvertrag 50 m² Wohnung, ein kleines Zimmer, für welches sie im Moment keine Miete bezahlt, da es sich mit dem ihr zur Verfügung stehenden Geld nicht ausgeht. Der im Akt aufscheinende, Herr M. S. war der ehemalige Hauptmieter der Wohnung. Hierbei handelt es sich um den Freund, mittlerweile Mann einer Freundin. Herr S. ist laut aktuellem ZMR-Auszug seit 16.06.2017 in Graz hauptgemeldet. Die Beschwerdeführerin konnte glaubhaft darlegen, dass es sich hierbei nicht um ihren Lebensgefährten handelt und sie sich auf Grund der noch vorhandenen Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache vor der Behörde falsch ausgedrückt habe. Es ist als erwiesen anzusehen, dass die Beschwerdeführerin derzeit ledig ist und sich mit keiner weiteren Person in einer Lebensgemeinschaft befindet.

Rechtlich ist dazu auszuführen:

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1.

Ziele und Grundsätze

(1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hat zum Ziel, Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden sowie die dauerhafte Eingliederung oder Wiedereingliederung in das Erwerbsleben weitest möglich zu fördern.

(2) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung erfolgt durch Zuerkennung von pauschalierten Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie von den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch.

(3) Die Zuerkennung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.

(4) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung dient der Beseitigung einer bestehenden Notlage. Sie erfolgt auch vorbeugend, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Eine Fortsetzung ist solange möglich, als dies notwendig ist, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Die Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. Eine Zuerkennung von Leistungen für die Vergangenheit ist nicht möglich.

§ 4.

Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen

(1) Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hat, wer

1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

(2) Ein Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs einschließlich Mietbeihilfe besteht ab einem errechneten Mindestbetrag von fünf Euro monatlich.

(3) Personen, die bereits eine für Erwerbszwecke geeignete abgeschlossene Ausbildung oder eine Schulausbildung auf Maturaniveau haben und ihre Arbeitskraft allein deshalb nicht voll einsetzen können, weil sie eine weiterführende Ausbildung absolvieren, steht ein Anspruch auf Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht zu.

§ 6.

Pflichten der Hilfe suchenden oder empfangenden Personen

Hilfe suchende oder empfangende Personen haben nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen

1. zur Abwendung und Beseitigung der Notlage ihre Arbeitskraft einzusetzen,

2. an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen,

3. eigene Mittel vorsorglich und zweckmäßig einzusetzen,

4. Ansprüche, die der Deckung der Bedarfe nach diesem Gesetz dienen, nachhaltig zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos, unzumutbar oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbunden ist,

5. zuerkannte Leistungen zweckentsprechend, das heißt zur Abdeckung der Bedarfe für die sie zuerkannt wurden, zu verwenden und

6. ihre Mitwirkungspflichten im Verfahren und während des Bezuges von Leistungen zu erfüllen.

§ 8.

Mindeststandards

(1) Die Bemessung der Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs erfolgt auf Grund der Mindeststandards gemäß Abs. 2, die bei volljährigen Personen auch einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 vH des jeweiligen Mindeststandards enthalten. Für Personen, die das Regelpensionsalter nach dem Bundesgesetz vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG) erreicht haben und für volljährige, auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen beträgt der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs 13,5 vH der Mindeststandards, wenn sie alleinstehend sind oder mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft leben. Liegen bei mehr als einer Person in der Bedarfsgemeinschaft diese Voraussetzungen vor, beträgt der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs 9 vH der Mindeststandards.

(2) Die Mindeststandards betragen:

1. 100 vH des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. b ASVG abzüglich des Beitrages für die Krankenversicherung

a) für volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben;

b) für volljährige Personen, die ausschließlich mit Personen nach Z 3 oder Z 4 (Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher) eine Bedarfsgemeinschaft bilden;

2. 75 vH des Wertes nach Z 1 für volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 leben;

3. 50 vH des Wertes nach Z 1

a) für volljährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 4;

b) für volljährige Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ohne Einkommen oder mit einem Einkommen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 4;

4. 27 vH des Wertes nach Z 1 für minderjährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 3.

(3) Personen, die das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht haben und volljährigen, auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähigen Personen ist zum monatlich wiederkehrenden Mindeststandard jährlich in den Monaten Mai und Oktober je eine Sonderzahlung in der Höhe des Mindeststandards zuzuerkennen. Ein 13. oder 14. Monatsbezug, den die Person von anderer Seite erhält, ist auf diese Sonderzahlungen anzurechnen.

(4) Der Mindeststandard nach Abs. 2 Z 1 erhöht sich mit dem gleichen Prozentsatz wie der Ausgleichszulagenrichtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. b ASVG. Die Beträge der Mindeststandards werden durch Verordnung der Landesregierung kundgemacht.

§ 14.

Einsatz der Arbeitskraft

Mitwirkung an arbeitsintegrativen Maßnahmen

(1) Hilfe suchende oder empfangende Personen sind verpflichtet, zumutbare Beschäftigungen anzunehmen, sich nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen und von sich aus alle zumutbaren Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen. Diese Pflichten bestehen insbesondere auch dann, wenn mit einer ausgeübten Beschäftigung der Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht gedeckt werden kann oder das volle Beschäftigungsausmaß nicht erreicht wird. Wenn die Hilfe suchende oder empfangende Person nach angemessener Frist keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen kann, ist sie verpflichtet, auch Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, die nicht unmittelbar ihrer beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen, die ihr jedoch im Hinblick auf diese zugemutet werden können. Bei weiter andauernder Arbeitslosigkeit ist sie verpflichtet, andere Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen, auch wenn sie nicht der beruflichen Eignung und Vorbildung entsprechen.
(2) Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft darf nicht verlangt werden von Personen, die

1. das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht haben,

2. erwerbsunfähig sind,

3. Betreuungspflichten gegenüber Kindern haben, welche das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und keiner Beschäftigung nachgehen können, weil keine geeigneten Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen,

4. pflegebedürftige Angehörige, welche ein Pflegegeld mindestens der Stufe 3 beziehen, überwiegend betreuen,

5. Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkrankten Kindern (§§ 14a, 14b Bundesgesetz, mit dem arbeitsvertragsrechtliche Bestimmungen an das EG-Recht angepasst, Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz– AVRAG, und das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz und das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz geändert werden) leisten,

6. in einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen und zielstrebig verfolgten Erwerbs- oder Schulausbildung stehen, sofern sie noch keine abgeschlossene Erwerbsausbildung oder Schulausbildung auf Maturaniveau haben.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Gesetz zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien 2016 (WMG-VO) lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1.

Mindeststandards, Grundbeträge zur Deckung des Wohnbedarfs und Geringfügigkeitsgrenze

(1) Für volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben, und für volljährige Personen, die ausschließlich mit Personen nach § 7 Abs. 2 Z 3 oder Z 4 WMG eine Bedarfsgemeinschaft bilden, beträgt der Mindeststandard EUR 837,76.

Dieser enthält folgenden Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs:

a) für volljährige Personen, soweit sie nicht unter lit. b fallen EUR 209,44;

b) für Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben, oder für auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen EUR 113,10.

(2) Für volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 2 WMG leben, beträgt der Mindeststandard EUR 628,32.

Dieser enthält folgenden Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs:

a) für volljährige Personen, soweit sie nicht unter lit. b oder c fallen EUR 157,08;

b) für Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben, oder für auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen, wenn sie mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft leben EUR 84,82;

c) für Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben, oder für auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen, wenn bei mehr als einer Person der Bedarfsgemeinschaft diese Voraussetzungen vorliegen EUR 56,55.

(3) Für volljährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 7 Abs. 2 Z 4 WMG und für volljährige Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ohne Einkommen oder mit einem Einkommen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 7 Abs. 2 Z 4 WMG beträgt der Mindeststandard EUR 418,88.

Dieser enthält einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs in der Höhe von EUR 104,72.

(4) Für minderjährige Personen gemäß § 7 Abs. 2 Z 3 WMG beträgt der Mindeststandard EUR 226,20.

(5) Die Geringfügigkeitsgrenze beträgt EUR 415,72.

Die Mindestsicherung hat u.a. zum Ziel Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden sowie die Eingliederung in das Erwerbsleben weitest möglich zu fördern.

Die Beschwerdeführerin wird seit Ihrer Antragstellung im Dezember und auch bereits davor vom AMS Wien Jugendliche betreut. Die Übernahme von Check In Plus ist eine vom AMS Wien geförderte Maßnahme. Sie hat alle ihr vorgeschlagenen Kurse besucht und wurde auch durch finanzielle Leistungen des AMS Wien unterstützt. Es geht aus den Unterlagen ganz klar hervor, dass die Ausbildung der Beschwerdeführerin im Vordergrund steht und nicht die Arbeitsvermittlung. Auch die Vermittlung des Englischkurses zielt hier offenbar auf die Ausbildung der Beschwerdeführerin ab. Der Besuch des Vorstudienlehrgangs inklusive Ablegung diverser Prüfungen ist für die Anerkennung der ausländischen Matura notwendig. (ABl. 246)

All diese Maßnahmen erscheinen notwendig, um die Eingliederung der Beschwerdeführerin in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen und die Anerkennung ihrer ausländischen Matura abzuschließen. Sobald die Beschwerdeführerin als ordentliche Studierende an der Medizinischen Universität inskribiert, wird auch die finanzielle Unterstützung durch das AMS Wien eingestellt. Dies lässt sich aus der Vereinbarung zur aktiven Vermittlungsunterstützung (ABl. 123) entnehmen.

Es erscheint im gegenständlichen Fall zielführend, die Beschwerdeführerin im Rahmen der Mindestsicherung zu unterstützen, sofern Sie die begonnene „Ausbildung“ zielstrebig fortsetzt und alle Maßnahmen ergreift, um eine baldige Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Berechnung:

Der derzeitige Richtsatz (Mindeststandard) für die Beschwerdeführerin beträgt gemäß § 1 Abs. 1 WMG-VO € 837,76 (darin ist der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs in der Höhe von € 209,44 enthalten).

Nach Heranziehung des oben angeführten Einkommens in Form von Arbeitslosengeld und/bzw. Kursnebenkosten von 02.12.2016 bis 19.01.2017 monatlich € 58,80, von 03.03.2017 bis 30.06.2017 von € 19,11 tägl. (Leistungen Lebensunterhalt und Kursnebenkosten) und von 24.07.2017 bis 08.09.2017 von € 26,36 tägl. ergibt sich nachstehende Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für den Zeitraum von 09.12.2016 bis 30.09.2017.

Die Leistung beträgt:

von 09.12.2016 bis 31.12.2016  € 621,56 (aliquotierter Anspruch für 23 Tage)

von 01.01.2017 bis 31.01.2017  € 781,15

von 01.02.2017 bis 28.02.2017  € 801,91

von 01.03.2017 bis 31.03.2017  € 837,76

von 01.04.2017 bis 30.04.2017  € 283,57

von 01.05.2017 bis 31.05.2017  € 264,46

von 01.06.2017 bis 30.06.2017  € 245,35

von 01.07.2017 bis 31.07.2017  € 264,46

von 01.08.2017 bis 31.08.2017  € 626,88

von 01.09.2017 bis 30.09.2017  €  20,60

Hierbei ist anzumerken, dass die erhaltenen Leistungen des AMS Wien Jugendliche jeweils für den Folgemonat anzurechnen sind, da diese im Nachhinein ausbezahlt werden. Etwaige Minderungen des Einkommens durch fehlende Kurstage werden durch die Mindestsicherung nicht ersetzt. Die AMS-Leistungen für 12/16 und 01/17 wurden auf Grund der Kursdauer (02.12.2016 bis 19.01.2017 aliquotiert.

Die Leistung war auf Grund des absehbaren Kursendes mit 08.09.2017 vorerst bis Ende September 2017 zuzuerkennen. Die Beschwerdeführerin ist angehalten etwaige Einkommensänderungen (z.B. AMS-Leistungen) rechtzeitig bekannt zu geben, um einer Rückforderung entgegenzuwirken. Bei einem Folgeantrag wird die Situation der Beschwerdeführerin erneut zu prüfen sein, vor allem ob diese weiterhin durch Check In Plus und AMS Wien Jugendliche betreut wird und ihre Ausbildung bzw. den Vorgang zur Anerkennung der ausländischen Matura zielstrebig verfolgt. Nichts desto trotz ist die Beschwerdeführerin angehalten eine Arbeitsstelle im Rahmen ihrer zeitlichen Möglichkeit zu finden, um zumindest einen Teil ihrer Bedarfe selbst decken zu können und Erfahrung am Arbeitsmarkt zu sammeln. Eine aufrechte Meldung als Arbeitssuchende beim AMS Wien ist daher zielführend.

Die Abweisung des Antrages auf Mietbeihilfe bleibt unverändert. Die von der Beschwerdeführerin selbst angegeben Kosten für ein Zimmer in Höhe von € 200,-- sind vorläufig durch den in der Leistung enthaltenen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs in Höhe € 209,44 gedeckt.

Gemäß § 21 Abs. 1 WMG haben Hilfe empfangende Personen jede Änderung der für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Umstände, insbesondere der Vermögens-, Einkommens-, Familien- oder Wohnverhältnisse sowie Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten oder sonstige, voraussichtlich länger als zwei Wochen dauernde Abwesenheiten vom Wohnort unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien anzuzeigen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Mindestsicherung; Ausbildung für Erwerbszwecke, Matura, Anerkennung, Ergänzungsprüfungen, Lernfortschritt, AMS

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.242.002.RP12.7683.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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