TE Bvwg Beschluss 2017/10/30 W215 2120512-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2017
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Entscheidungsdatum

30.10.2017

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W215 2120511-3/3E

W215 2120512-3/4E

W215 2120513-3/2E

W215 2120514-3/2E

W215 2120515-3/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. STARK in den amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch mündlich verkündete Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2017, Zahlen 1) 1025941901-171204625,

2) 1025942201-171205244, 3) 1025942103-171058497, 4) 171058462-171205265 und

5) 1025941705-171058454, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend 1) XXXX, geb. XXXX, 2) XXXX , geb. XXXX, 3) XXXX, geb. XXXX, 4) XXXX, geb. XXXX und 5) XXXX, geb. XXXX, alle Staatsangehörigkeit Republik Tadschikistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 22 Abs. 10 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, und § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erst- und die Zeitbeschwerdeführerin sind Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Alle Beschwerdeführer, deren Identitäten nicht festgestellt werden können, reisten illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellten am 20.07.2014 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.01.2016, Zahlen

1) 1025941901-14807346, 2) 1025942201-14807362, 3) 1025942103-14807397, 4) 1025941607-14807419 und 5) 1025941705-14807443, wurden die ersten Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß der §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Tadschikistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.09.2016,

1)

W211 2120511-1/37E, 2) W211 2120512-1/25E, 3) W211 2120513-1/23E,

4)

W211 2120514-1/16E und 5) W211 2120515-1/16E, wurden gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.01.2016, Zahlen 1) 1025941901-14807346,

2) 1025942201-14807362, 3) 1025942103-14807397, 4) 1025941607-14807419 und

5) 1025941705-14807443, fristgerecht eingebrachte Beschwerden nach Durchführung von zwei Beschwerdeverhandlungen gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm

§§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG, §§ 55 und 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 50 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

2. Die Beschwerdeführer kamen danach ihren Ausreiseverpflichtungen nicht nach, blieben illegal im Bundesgebiet und stellten am 20.12.2016 zweite Anträge auf internationalen Schutz.

Mit Bescheiden vom 20.04.2017, Zahlen 1) 1025941901-161625491, 2) 1025942201-161614228, 3) 1025942103-161614265, 4) 1025941607-161614325 und 5) 1025941705-161614228, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die zweiten Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß

§ 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Tadschikistan zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.).

Fristgerecht gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.04.2017, Zahlen 1) 1025941901-161625491, 2) 1025942201-161614228, 3) 1025942103-161614265, 4) 1025941607-161614325 und 5) 1025941705-161614228, eingebrachte Beschwerden wurde mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.05.2017, Zahlen 1) W233 2120511-2/2E, 2) W233 2120512-2/2E,

3) W233 2120513-2/2E, 4) W233 2120514-2/2E und 5) W233 2120515-2/2E, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen wurden die Beschwerden gegen Spruchpunkt II. und III. der Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG und § 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 50 und 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

3. Die Beschwerdeführer kamen danach weiterhin ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, blieben illegal im Bundesgebiet und stellten am 13.09.2017 ihre dritten Anträge auf internationalen Schutz.

Am 24.10.2017 wurden die Erst- bis Viertbeschwerdeführer niederschriftlich, in Gegenwart eines Dolmetschers und eines Rechtsberaters, zu den Gründen für die dritten Asylantragstellungen in Österreich befragt und schließlich gegenständliche Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2017 Zahlen 1) 1025941901-171204625, 2) 1025942201-171205244, 3) 1025942103-171058497, 4) 171058462-171205265 und 5) 1025941705-171058454, mündlich verkündet, wonach der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben wird. Begründend wurde im Verfahren des Erstbeschwerdeführers zusammengefasst folgendes ausgeführt:

"...Als Grund Ihres Erstantrages führten Sie aus, in Tadschikistan Probleme zu haben, weil Sie in Pakistan mit Ihrer Frau Sprachen studiert hätten. Die pakistanischen Universitäten wurden als amerikanische oder westliche Universitäten angesehen. Sie wurden von den Regierungsmitgliedern, welche mit den Russen zusammenarbeiten würde geschlagen und von ihnen bedroht werden. Sie wurden verfolgt und schikaniert. Aus Angst um Ihr Leben verließen Sie Tadschikistan. Bei einer Rückkehr nach Tadschikistan hätten Sie Angst um Ihr Leben.

Bei Ihrer zweiten Antragstellung führten Sie aus, dass sie nach dem Erhalt des negativ Bescheides mit Ihrer Schwester, welche in Russland lebt, telefoniert hätten und diese Ihnen mitgeteilt hätte, dass Ihr Vater Ihrer Schwester ausgereichtet hat, dass Sie nicht nach Tadschikistan zurückkehren sollen, da Sie gesucht werden würden. Sie wären politisch tätig gewesen und waren gegen das dortige Regime. Sie hätten Angst, dass Ihrer Familie etwas passieren würde, wenn Sie wieder zurück in Ihr Heimatland müssten.

Bei Ihrem dritten Antrag, dem gegenständlichen Verfahren, behaupteten Sie, dass Ihre Tochter XXXX im Jahr 2017 ohne Ihr Einverständnis nach XXXX reisten. Sie teilte Ihnen einen Tag später mit, dass Sie den XXXX heiraten wird. Am 25.06.2017 heiratete sie. Aufgrund der damaligen politischen Tätigkeit, und aufgrund dessen Ihre Tochter den XXXX geheiratet hätte größere Probleme. In einer Konferenz hat der Parteichef mitgeteilt, dass Parteimitglieder auf gar keinen Fall nach Tadschikistan zurückkehren dürften. Sie befürchten in Haft zu kommen und dort umgebracht zu werden.

Ihr nunmehriges Vorbringen leitet sich aus der persönlichen Situation Ihrer Tochter ab.

Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie aktive/ oder geheime Mitglieder der XXXX gewesen sind oder waren.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sie einer tatsächlichen Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt sind,

Es kann nicht festgestellt werden, dass im Falle einer Rückkehr nach Tadschikistan in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und Ihnen die notdürftigste Lebensgrundlange entzogen wird.

Es kann nicht festgestellt werden, dass eine maßgeblich ausgeprägte und verfestigte private oder familiäre Integration in Österreich vorliegt.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Ihr nunmehriges Vorbringen ist nicht glaubwürdig.

Ihr neuer Antrag auf internationalen Schutz wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Zur Gefährdungssituation bei einer Abschiebung:

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände konnte nicht festgestellt werden, dass Ihre Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Tadschikistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen kann kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden.

Zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Zu Tadschikistan werden folgende Feststellungen getroffen:

(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom 11.04.2016).

Politische Lage

Die Republik Tadschikistan hatte laut offizieller Statistik 2014 8,32 Millionen Einwohner, was ein Wachstum von rund zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr ausmachte (TAJSTAT 14.12.2015). Unter dem herrschenden präsidentiellen System wird das Land seit 1994 von Emomali Rachmon (Rakhmon) streng geführt. Tadschikistan befindet sich in einer starken Abhängigkeit von Russland, sowohl ökonomisch als auch in Hinblick auf den Umgang mit Sicherheitsfragen, wie den Kampf gegen Drogenschmuggel und dem radikalen Islam (BBC 09.2015).

Nach der Unabhängigkeit Tadschikistans am 09. September 1991 kam es zu Spannungen zwischen der kommunistischen Regierung unter Präsident Nabijew und einer starken nationaldemokratisch-religiösen Opposition, die sich zur Vereinigten Tadschikischen Opposition (UTO) zusammenschloss (Demokratische Partei Tadschikistans, Partei der Islamischen Wiedergeburt und Lali Badachschon). Trotz Machtbeteiligung der Opposition brach im Mai 1992 ein Bürgerkrieg aus, der bis zu 100.000 Opfer gefordert haben soll. Innertadschikische Gespräche unter russischer und iranischer Vermittlung führten am 17.09.1994 zu einem Waffenstillstand. Der Bürgerkrieg wurde mit Unterzeichnung des "Allgemeinen Abkommens über Frieden und Nationale Versöhnung in Tadschikistan" durch Präsident Rachmon und Oppositionsführer Nuri am 27.06.1997 in Moskau beendet. Zum Vorsitzenden der mit der Umsetzung der Friedensvereinbarungen beauftragten Nationalen Versöhnungskommission (NVK) wurde der 2006 verstorbene UTO-Chef Nuri gewählt. Zu den wichtigsten Ergebnissen der NVK-Tätigkeit zählen die Rückführung aller tadschikischen Flüchtlinge aus Afghanistan, der Austausch der Kriegsgefangenen und eine Amnestie für bürgerkriegsbedingte Straftaten. Nach Aufhebung des Verbots der Parteien und politischen Gruppierungen der UTO am 12.08.1999 konnten sich diese und andere Parteien registrieren lassen und am politischen Leben teilnehmen (AA 11.2015a).

Tadschikistan hat ein Zweikammer-Parlament mit einer Legislaturperiode von fünf Jahren. Die 34 Mitglieder der Nationalversammlung (Majlisi Milli), des Oberhaus, werden indirekt bestimmt: 25 durch lokale Körperschaften und acht durch den Präsidenten. Die Versammlung der Repräsentanten (Majlisi Namoyandagon), das Unterhaus, wird direkt gewählt, wobei 41 Mitglieder durch absolute Mehrheit in Einer-Wahlkreisen, und 22 proportional unter Erreichen einer Fünf-Prozent-Hürde bestimmt werden (IFES 2016, vgl. AA 11.2015a). Der Staatspräsident wird alle sieben Jahre gewählt. Der gegenwärtige Präsident, Emomali Rachmon, wurde infolge einer Verfassungsänderung aus dem Jahr 2003, die eine zweimalige Wiederwahl ermöglicht, im November 2013 wiedergewählt, (IFES 2016, vgl. GIZ 12.2015a).

Die Republik Tadschikistan ist von ihrer 1994 angenommenen Verfassung vordergründig ein eng an westlichen Vorbildern und Werten orientiertes Staatswesen - mit Gewaltenteilung, Parlament, Mehrparteiensystem und freien Wahlen, mit Presse-, Meinungs-, und Versammlungsfreiheit. Lediglich die starke, überwiegend in den Händen des Präsidenten konzentrierte Exekutive sticht bei den Bestimmungen der Verfassung ins Auge (GIZ 12.2015a).

Der Präsident ist laut Verfassung Staats- und Regierungsoberhaupt. Er kontrolliert die Exekutive, Legislative und Judikative, ernennt und entlässt die Provinzgouverneure und ist oberster Armeechef. Im Parlament hält seine Partei (Volksdemokratische Partei Tadschikistans) die für Verfassungsänderungen notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Alle wesentlichen Entscheidungen werden von dem parallel zu den staatlichen Strukturen agierenden Präsidialapparat getroffen. Alle Schlüsselpositionen in Politik, Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen sind mit Vertrauten des Präsidenten besetzt. Diese stammen, wie der Präsident selbst, aus der Region Danghara/Kulob. Durch Ämtervergabe an Angehörige der eigenen Loyalitätsgruppe hat Rachmon seine Herrschaft bis hinunter auf die lokale Ebene gefestigt und präsentiert sich als alleinigen Stabilitätsgarant und Friedensstifter (bpb 11.11.2015).

Ende Dezember 2015 unterzeichnete Präsident Rachmon ein Gesetz, das ihn zum Führer der Nation auf Lebenszeit erhebt. Beide Parlamentskammern hatten zuvor das Gesetz ohne Gegenstimmen gebilligt (UB 29.1.2016). Das Gesetz verleiht Rachmon und seinen Verwandten überdies lebenslange Immunität. Im Jänner 2016 wurde eine Verfassungsänderung beschlossen, die eine unbegrenzte Wiederwahl des Präsidenten ermöglicht. Hierzu wird im Mai 2016 ein Referendum abgehalten (RFE/RL 10.2.2016).

Bei den Parlamentswahlen vom 1.3.2015 gewann die regierende Volksdemokratische Partei Tadschikistans (PDPT) 51 der 63 zu vergebenden Sitze. Die OSZE bemängelte die Restriktionen hinsichtlich der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie den Zugang zu den Medien während des Wahlkampfes. Die Chancengleichheit im Wahlkampf wurde nicht gewährleistet. Der Wahlgang inklusive die Auszählung war von zahlreichen Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet (OSCE 15.5.2015).

Während eines Auslandsaufenthalts im Juni 2015 verkündete der Vorsitzende der "Islamische Wiedergeburt" (PIW), Muhiddin Kabiri, nicht mehr nach Tadschikistan zurückzukehren. Kabiri befürchtete, verhaftet zu werden und befindet sich seither im Exil. Nach blutigen Unruhen wurde Ende September 2015 die PIW als letzte Oppositionspartei verboten und als terroristische Vereinigung eingestuft (bpb 11.11.2015, vgl. Standard 29.9.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (11.2015a): Tadschikistan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.3.2016

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BBC - British Broadcasting Corporation (9.2015): Tajikistan country profile, http://www.bbc.com/news/world-asia-16201032, Zugriff 7.4.2016

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bpb - Bundeszentrale für politische Bildung (Deutschland) (11.11.2015): Konfliktporträt: Tadschikistan, http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54708/tadschikistan, Zugriff 16.3.2016

-

Der Standard (29.9.2015): Tadschikistan verbietet islamische Oppositionspartei,

http://derstandard.at/2000022978892/Tadschikistan-verbietet-islamische-Oppositionspartei, Zugriff 17.3.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2015a): Tadschikistan, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/tadschikistan/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2016

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IFES - International Foundation for Electoral Systems (2016):

Election Guide - Democracy Assistance & Election News, Republic of Tajikistan, http://www.electionguide.org/countries/id/210/, Zugriff 16.3.2016

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OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (15.5.2015): Tajikistan, Parliamentary Elections, 1 March 2015:

Final Report,

http://www.osce.org/odihr/elections/tajikistan/158081?download=true, Zugriff 17.3 2016

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OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (5.2.2014): Republic of Tajikistan Presidential Election 6 November 2013; OSCE/ODIHR Election Observation Mission Final Report, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1391693737_110986.pdf Zugriff 17.3.2016

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RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (10.2.2016): Date Set For Tajik Referendum On Constitutional Changes, http://www.rferl.org/content/tajikistan-date-set-for-constitutional-referendum/27542733.html, Zugriff 17.3.2016

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TAJSTAT - Statistical agency under the President of the Republic of Tajikistan (14.12.2015): macroeconomic indicators, http://www.stat.tj/en/macroeconomic-indicators/, Zugriff 7.4.2016

-

Universität Bremen - Forschungsstelle Osteuropa (29.1.2016):

Zentralasien-Analysen Nr. 97,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen97.pdf, Zugriff 17.3.2016

Sicherheitslage

Als mit dem Zerfall der Sowjetunion Subventionen aus Moskau ausblieben und Tadschikistan "unfreiwillig" die Unabhängigkeit erhielt, entwickelte sich rasch ein Konflikt um die politische und wirtschaftliche Macht entlang regionaler und ideologischer Linien. Die trennenden Gruppenloyalitäten und Solidaritäten haben durch den Bürgerkrieg zusätzlichen Auftrieb erhalten und sich weiter verfestigt. Als Sieger aus diesen Machtkämpfen ging die "Kulober" Fraktion hervor. 1994 wurde Emomali Rachmon als Repräsentant dieser Fraktion zum Präsidenten gewählt (bpb 11.11.2015).

Die Sicherheitsprobleme der jüngsten Jahre waren heimischer Natur, trotz des Versuches seitens der Regierung diese als aus dem Ausland herrührend darzustellen. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat wenig Wirkung auf die innere Stabilität Tadschikistans und stellt kaum eine externe Bedrohung dar. Allerdings führten die Ausbrüche von politisch motivierter Gewalt in Rascht (2010-2011) und Chorog (2012) zu dutzenden Toten sowohl in der Zivilbevölkerung als auch unter den Streitkräften. Die Sicherheitsbedrohung in der Peripherie bleibt bestehen. Ein Teil der Gewalt herrscht zwischen ehemaligen Bürgerkriegsgegnern oder der nächsten Generation jener Fraktionen, die sich im Streit um die lokale Macht und Kontrolle in Politik und der Schattenwirtschaft befinden. Jenseits der Verwicklung in Gewaltakte hat die jüngere Generation wenig Hoffnung, Beschäftigung im Land zu finden (BS 2016).

Nach einem Überfall auf einen Militärstützpunkt im September 2015, bei dem größere Mengen Waffen erbeutet wurden, kamen bei einer Schießerei im Stadtzentrum von Duschanbe acht Polizisten und neun Angreifer ums Leben. Die Regierung bezichtigte den, zuvor entlassenen, stellvertretenden Verteidigungsminister General Abduhalim Nazarzodas des Umsturzversuches. Zeitgleich brachte die Regierungsseite Nazarzodas angebliche Verbindung zur Partei der Islamischen Wiedergeburt von Muhiddin Kabiri in Umlauf. Seither gilt letzterer offiziell als Drahtzieher im Hintergrund. Kabiri bestritt alle Vorwürfe. Die Regierung blieb bei ihrer Darstellung und versuchte umgehend, daraus politisches Kapital zu schlagen. In einer Verhaftungswelle wurden praktisch alle hochrangigen Vertreter der "Islamische Wiedergeburt" festgenommen. Nazarzoda wurde laut offiziellen Angaben nach seiner Flucht ins Romit-Tal von Spezialkräften aufgespürt und getötet (bpb 11.11.2015). Bei der in diesem Zusammenhang durchgeführten Anti-Terror-Aktion wurden rund 40 Menschen getötet und etwa 140 festgenommen. Den Behörden zufolge kämpfen auch Hunderte Tadschiken für den sog. Islamischen Staat (IS) in Syrien (Standard 29.9.2015).

An der Grenze zu Afghanistan kommt es vereinzelt zu Schusswechseln zwischen afghanischen Drogenschmugglern und tadschikischen Grenztruppen sowie der Drogenkontrollbehörde. Angehörige der tadschikischen Grenztruppen wurden Ende 2014 nach Afghanistan verschleppt und sechs Monate festgehalten. In den Grenzgebieten zu Usbekistan und Kirgisistan gibt es islamische Gruppierungen mit potenziell terroristischer Ausrichtung (AA 17.3.2016b).

Im Mai 2015 wurde ein Verbot erlassen, welches Ausländern den Zutritt zur Autonomen Region Gorno-Badakhshan (GBAO) untersagt, da es laut Regierung zu Kämpfen an der afghanischen Grenze kommt. 2012-2014 gab es dort Gefechte zwischen Einheimischen und Regierungskräften. Die spärlich bewohnte GBAO nimmt 45 Prozent des Staatsgebietes ein. Gorno-Badakhshan ist die Heimat von ethnischen und kulturellen Minderheiten und gilt als Zentrum des Drogenschmuggels (ENet 15.5.2015).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (8.4.2016b): Tadschikistan: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/TadschikistanSicherheit.html, Zugriff 8.4 2016

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bpb - Bundeszentrale für politische Bildung (Deutschland) (11.11.2015): Konfliktporträt: Tadschikistan, http://www.ecoi.net/local_link/315601/454299_de.html, Zugriff 17.3 2016

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BTI - Bertelsmann Stiftung (2016): Tajikistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Tajikistan.pdf, Zugriff 17.3.2016

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Der Standard (29.9.2015): Tadschikistan verbietet islamische Oppositionspartei,

http://derstandard.at/2000022978892/Tadschikistan-verbietet-islamische-Oppositionspartei, Zugriff 17.3.2016

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ENet - EurasiaNet (15.5.2015): Tajikistan Closes Restive Tourist Region to Foreigners, http://www.eurasianet.org/node/73446, Zugriff 17.3.2016

Rechtsschutz/Justizwesen

Obgleich das Gesetz eine unabhängige Gerichtsbarkeit vorsieht, übt die Exekutive Druck auf Staatsanwälte und Richter aus. Korruption und Ineffizienz stellen erhebliche Probleme dar (USDOS 25.6.2015, vgl. BS 2016). Der Staatspräsident kontrolliert die Justiz durch sein verfassungsmäßiges Prärogativ, die Richter und den Generalstaatsanwalt zu ernennen oder zu entlassen. Die Gerichte werden zudem durch die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft beeinflusst. Die Staatsanwaltschaft rangiert über den Gerichten, was den Einfluss und die politische Macht betrifft. In politisch heiklen Fällen urteilen die Richter gemäß den Anweisungen mächtiger Offizieller aus der Präsidialverwaltung oder dem Geheimdienst (BS 2016).

Für Angeklagte gilt in der Praxis nicht die Unschuldsvermutung, denn die Gerichte befinden fast alle Angeklagten schuldig. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 gab es 14 Entlassungen (davon nur acht vollständige) in 4.588 Fällen. Im Allgemeinen erlauben die Gerichte den Angeklagten zeitgerecht einen Anwalt zu konsultieren, doch wird ihnen das Recht auf einen Verteidiger während der Untersuchshaft bzw. der Zeit der Untersuchungenoft vorenthalten. Angeklagte und Nichtregierungsorganisationen beklagen, dass die Regierung manchmal einen Pflichtverteidiger ernennt, um zu verhindern, dass der Angeklagte einen Rechtsbeistand nach eigener freier Wahl bekommt. Angeklagte und Verteidiger haben das Recht, alle behördlichen Beweismitten einzusehen und die Zeugen damit zu konfrontieren bzw. diese zu befragen. Niemand ist vom Zeugenstand ausgeschlossen, und im Prinzip erhalten alle Zeugenaussagen dasselbe Gewicht. Die Gerichte verleihen jedoch den Aussagen der Staatsanwaltschaft weit mehr Bedeutung als jenen der Verteidigung. Obschon alle Prozesse öffentlich sind, sieht das Gesetz die Möglichkeit von Geheimprozessen vor, wenn die nationale Sicherheit betroffen ist. NGOs wird der Zugang zu Gerichtsprozessen gegen hochrangige Persönlichkeiten verwehrt, weil diese Prozesse durch die Regierung als geheim eingestuft werden (USDOS 25.6.2015).

Aufgrund der Fügsamkeit der Justiz gegenüber der Exekutive, den massiven Menschenrechtsverletzungen und der Verletzung des Rechtsstaatsprinzips stufte Freedom House 2015 die Bewertung Tadschikistans in Bezug auf die Unabhängigkeit und das Funktionieren der Justiz von 6,25 auf 6,50 herab (FH 6.6.2015).

Quellen:

-

BTI - Bertelsmann Stiftung (2016): Tajikistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Tajikistan.pdf, Zugriff 17.3.2016

-

FH - Freedom House (6.6.2015): Nations in Transit 2015 - Tajikistan,

http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1441782415_nit2015-tajikistan.pdf, Zugriff 17.3.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2015a): Tadschikistan, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/tadschikistan/geschichte-staat/, Zugriff 17.3.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/306347/443621_de.html, Zugriff 17.3.2016

Sicherheitsbehörden

Das Innenministerium ist vorrangig für die Erhaltung der Öffentlichen Ordnung zuständig und kontrolliert die Polizei. Die Drogenkontrollbehörde, die Antikorruptionsbehörde, die staatliche Steuer- sowie die Zollbehörden können spezifischen Straftaten nachgehen und berichten dem Präsidenten. Das Staatskomitee für Nationale Sicherheit ist für den Nachrichtendienst verantwortlich, kontrolliert den Grenzschutz und untersucht Fälle von vermeintlichen extremistischen Aktivitäten im politischen oder religiösen Bereich, sowie Fälle von Menschenschmuggel und politisch sensible Fälle. Die Generalstaatsanwaltschaft beaufsichtigt die strafrechtlichen Untersuchungen der zuständigen Behörden. Es kommt zu beträchtlichen Überlappungen bei der Zuständigkeit. Die Gesetzesvollzugsbehörden fügen sich jedoch dem Staatskomitee für Nationale Sicherheit. Die Vollzugsbehörden sind in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität nicht effizient, da kriminelle Banden über Beziehungen zu hohen Regierungskreisen und Sicherheitsbehörden verfügen (USDOS 25.6.2015).

Straffreiheit der Behörden stellt ein gravierendes Problem dar. Während die Behörden begrenzte Schritte gegen Straftäter unternehmen, gibt es weiterhin Berichte von Folter und Misshandlungen von Häftlingen. Die Kultur der Straflosigkeit und der Korruption schwächen die Ermittlungen und die Strafverfolgung (BS 2016, vgl. USDOS 25.6.2015).

Die Polizei kann eine Person zwölf Stunden lang festhalten, bevor die Behörden Strafanklage erheben. Wenn letzteres nicht geschieht, muss die Person freigelassen werden. Allerdings informiert die Polizei die Festgenommenen oft nicht über ihre diesbezüglichen Rechte. Falls die Polizei Strafanzeige erhebt, kann eine Person bis zu 72 Stunden festgehalten werden, bevor die Polizei die Anzeige einem Richter zwecks Einvernahme unterbreiten muss (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Tajikistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Tajikistan.pdf, Zugriff 17.3.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/306347/443621_de.html, Zugriff 17.3.2016

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Behörden unternahmen in den letzten Jahren einige positive Schritte, um die Definition von Folter im Strafrecht in Einklang mit dem internationalen Recht zu bringen, sowie einige Folteropfer zu entschädigen (HRW 27.1.2016, vgl. USDOS 25.6.2015). Einerseits hatte Tadschikistan 2012 den Sonderberichterstatter für Folter sowie den Sonderberichterstatter für das Recht auf Gesundheit der Hochkommissarin für Menschenrechte eingeladen und gewährte ihnen im Rahmen ihrer Besuche weitgehend freien Zugang zu Haftanstalten und anderen geschlossenen Institutionen (AA 11.2015a). Andererseits schränkt das Justizministerium den Zutritt zu Haftanstalten für Vertreter der Internationalen Gemeinschaft immer noch ein. Dem Internationale Komitee vom Roten Kreuz fehlt der Zutritt, da es bislang kein diesbezügliches Übereinkommen mit der Regierung gibt. Die diesbezüglichen Verhandlungen stagnieren, weil die Regierung sich weigert, die IKRK Standards für Gefängnisvisiten zu akzeptieren. Die einheimische Organisation, "Koalition gegen Folter" und der Ombudsmann konnten auf der Basis einer Vereinbarung aus dem Jahr 2013 Haftanstalten besuchen, doch wurde ihnen der Zutritt anlässlich eines nicht angekündigten Besuches verweigert (USDOS 25.6.2015).

Seit dem Jahr 2012 wurde auch eine rechtlich wirksame Definition der Folter in den Gesetzeskanon aufgenommen. Die Strafen für Folter wurden verschärft und inzwischen auch einzelne Fälle vor Gericht gebracht und abgeurteilt (AA 11.2015a, USDOS 25.6.2015). Allerdings bleibt die Folter im System des Strafrechts weitverbreitet. Die Polizei wendet Folter regelmäßig an, um Geständnisse zu erpressen. Die Europäische Union hielt mit Tadschikistan einen Menschenrechtsdialog ab, bei dem auch die Besorgnis hinsichtlich der Anwendung von Folter zur Sprache kam (HRW 27.1.2016).

Die NGO Koalition gegen Folter dokumentierte zwischen 2011 und 2014 jährlich mehr als zwei Dutzend Fälle von vermeintlicher Folter und Misshandlungen an Männern, Frauen und Kindern in Untersuchungs- oder Strafhaft sowie bei den Streitkräften. Bis Mitte August 2015 sind 25 neue Folterfälle hinzugekommen. In wenigen Fällen wurden Untersuchungen eingeleitet. In den meisten bestätigten Fällen von Misshandlung oder Folter gab es für die Täter lediglich Disziplinarmaßnahmen. Meistens lehnten Opfer und deren Angehörige es ab, aus Angst vor Repressionen, Beschwerde einzulegen. Seit Beginn 2014 hat die Koalition gegen Folter zwölf Fälle von Folter oder Misshandlung in den Streitkräften (inklusive Grenzschutz) dokumentiert, wobei sechs Betroffene starben. Das Schikanieren von neuen Rekruten durch Dienstältere ist zwar verboten, jedoch unter Gutheißung und selbst Beteiligung der Offizier gang und gäbe. Diesbezügliche Beschwerden gelten als Verrat und können zu weiteren Missbrauch führen. In vielen Fällen werden Opfer nicht durch einen Anwalt vertreten, und falls doch, dann wird den Anwälten der Zugang zu wichtigen Akten verwehrt (CaT 11.9.2015, vgl. AI 24.2.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2016a): Tadschikistan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 8.4.2016

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/319709/458884_de.html, Zugriff 17.3.2016

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Coalition against Torture/ et alia (11.9.2015): TAJIKISTAN: Human rights situation on the ground - torture and ill-treatment. Submission to the UN Universal Periodic Review 25th session of the UPR Working Group, April-May 2016, http://notorture.tj/sites/default/files/articles/2016/files/2015_09_11_upr_submission_en_1.pdf, Zugriff 18.3.2016

-

HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Tajikstan, http://www.ecoi.net/local_link/318399/457402_de.html, Zugriff 17.3.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/306347/443621_de.html, Zugriff 17.3.2016

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Die Verfassung garantiert zwar die Vereinigungsfreiheit, doch hat die Regierung dieses Grundrecht eingeschränkt. NGOs berichteten von einer merkbaren Zunahme der Anzahl und Intensität von Registrierungs- und Steuerinspektionen durch die Behörden (USDOS 25.6.2015, vgl. AI 24.2.2016). Mehrere Menschenrechtsorganisationen wurden auch von der Generalstaatsanwaltschaft und dem Staatskomitee für Nationale Sicherheit unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit inspiziert und einigen informell "geraten" zuzusperren. Im August 2015 wurde die NGO "Büro für Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit" wegen angeblichen Steuervergehens zu umgerechnet fast 6.000 Euro verurteilt. Eine Erklärung seitens der Behörden blieb hierfür aus (AI 24.2.2016).

Das Wirken von tadschikischen NGOs ist stark reglementiert, zuletzt durch eine Novelle des Vereinsrechts, welche u.a. eine Neuregistrierung aller NGOs bis Januar 2008 verlangte. Die Aktivitäten von NGOs sind zumeist von außen, durch internationale Organisationen inspiriert und gefördert, so z.B. vom Open Society Institute und anderen US-amerikanischen Stiftungen, von UN-Organisationen oder auch von der OSZE, die seit 1994 mit einer Langzeitmission vor Ort vertreten ist (GIZ 3.2014a). Eine Änderung des Gesetzes über öffentliche Vereinigungen, die im August 2015 angenommen wurde, verpflichtet NGOs sich beim Justizministerium als "öffentliche Vereinigungen" zu registrieren. Dabei müssen die NGOs angeben, ob sie aus dem Ausland finanziert werden (AI 24.2.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/319709/458884_de.html, Zugriff 18.3.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2015a): Tadschikistan, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/tadschikistan/geschichte-staat/, Zugriff 18.3.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/306347/443621_de.html, Zugriff 18.3.2016

Allgemeine Menschenrechtslage

Sämtliche Bürgerrechte sind im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsstandards in der nationalen Gesetzgebung verankert. Allerdings werden in der Praxis die Bürgerrechte regelmäßig verletzt. Willkürliche Festnahmen, lange Untersuchungshaft, Folter und Missbrauch sind systematisch. Todesfälle während der Gefängnishaft passieren weiterhin. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind wegen der Überbelegung, den unhygienischen Zuständen und dem hohen Niveau an Tuberkulose und HIV/AIDS lebensgefährlich. Häusliche Gewalt gegen Frauen ist weit verbreitet. Speziell religiöse Gruppen, die nicht der von der Regierung propagierten Interpretation des Islam folgen, sind Zielscheiben (BS 2016, vgl. HRW 27.1.2016, AI 24.2.2016).

Die an und für sich bereits bedenkliche Situation der Menschenrechte verschlechterte sich 2015 nochmals, als die Regierung die führende Oppositionspartei zur Terrororganisation erklärte und rund 200 ihrer Aktivisten inhaftierte. Regierungskritiker wurden im Ausland gekidnappt, mehrere Rechtanwälte und zumindest ein Journalist festgenommen (HRW 27.1.2016, AI 24.2.2016). Gegen Oppositionsgruppen wurde auch Gewalt, mitunter mit Todesfolge, im In- und Ausland vorgegangen. Die Behörden setzten ihre umfassenden Restriktionen in Bezug auf die Meinungsfreiheit fort (AI 24.2.2016).

Unabhängige Rechtsanwälte stehen zunehmend im Visier der Regierung. So wurden einige Verteidiger von Angeklagten der Islamischen Wiedergeburt-Partei selbst angeklagt (IWPR 21.1.2016).

Nebst der Unmöglichkeit, dass die Bürger ihre Regierung durch Wahlen auswechseln können, der Folter und dem Missbrauch in Gefängnissen sowie anderer Personen durch die Sicherheitsorgane, werden die Meinungs- und Pressefreiheit sowie der freie Informationsfluss im Internet eingeschränkt (USDOS 25.6.2015).

Freedom House stufte Tadschikistan Anfang 2016 hinsichtlich der politischen Rechte von sechs auf sieben herab. Das Land wird als nicht frei bezeichnet mit einem Trend zum Schlechteren (FH 2016).

Am 11.6.2015 hielten die Europäische Union und Tadschikistan einen Menschenrechtsdialog ab. Die EU begrüßte die Arbeit des Ombudsmannes und rief die Regierung dazu auf, dessen institutionellen Rahmen zu stärken, insbesondere durch die geplante Einführung einer Ombudsperson für Kinder. Die Verabschiedung eines staatlichen Programmes gegen häusliche Gewalt wurde als positiver Schritt gewürdigt. Die EU begrüßte die Bekämpfung der Folter, betonte jedoch, dass zusätzliche Anstrengungen von Nöten seien, um der diesbezüglichen Straflosigkeit zu begegnen. Die EU zeigte sich wegen der Berichte über Druckausübung auf Journalisten besorgt und forderte die tadschikische Regierung auf, die Blockade der Nachrichten-Webseiten und der sozialen Medien aufzuheben (EU 12.6.2015).

Im November 2015 wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das Rechtsanwälte verpflichtet, alle fünf Jahre eine Lizenz vom Justizministerium einzuholen. Zuvor war nur die Mitgliedschaft in einer der acht Anwaltsverbänden notwendig. Rechtsanwälte, die einmal verurteilt wurden, können ihren Beruf nicht mehr ausüben (IWPR 21.1.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/319709/458884_de.html, Zugriff 18.3.2016

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Tajikistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Tajikistan.pdf, Zugriff 18.3.2016

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EU - European Union - European External Action Service (12.6.2015): EU-Tajikistan Human Rights Dialogue [Press Release 150612_02_en],

http://eeas.europa.eu/statements-eeas/2015/150612_02_en.htm, Zugriff 18.3.2016

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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