TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/7 L518 2157353-1

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Veröffentlicht am 07.11.2017
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Entscheidungsdatum

07.11.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
AsylG 2005 §13 Abs2 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L518 2157353-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Mag. Frühwirth, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VI. wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass dieser Spruchpunkt zu lauten hat:

Gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 und 3 AsylG hat XXXX , geb. XXXX , das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet mit 06.04.2017 verloren.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter betreffend der Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Mag. Frühwirth, wegen dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen an:

I.1. Bisheriger Verfahrenshergang

I.1.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger des Irak, der arabischen Volksgruppe sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach legaler Ausreise aus dem Irak und illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 02.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Sicherheitsorgan niederschriftlich einvernommen.

I.1.1.1. Im Rahmen der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer hinsichtlich der Fluchtgründe zu Protokoll, dass er von der Organisation Al-Hashid Al-Shaabi aufgefordert worden sei, mit in den Krieg zu ziehen. Er hätte dies nicht gewollt und sei in der Folge mit dem Tode bedroht worden. Seinen Reisepass habe er auf der Reise verloren.

I.1.1.2. Am 18.02.2016 füllte der BF das Rückkehrhilfe-Erhebungsformular (Rückkehrberatung Verein Menschenrechte Österreich) aus und unterschrieb dieses sowie die weiteren notwendigen Unterlagen.

I.1.1.3. Am 06.04.2017 wurde der BF in U-Haft genommen.

I.1.1.4. Mit Schreiben vom 06.04.2017 wurde von der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass gegen den BF eine Anklage beim LG für Strafsachen XXXX erhoben wurde.

I.1.1.5. Mit Verfahrensanordnung vom 13.04.2017 wurde dem BF mitgeteilt, dass er das Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verloren hat, dies wegen der Verhängung der Untersuchungshaft.

I.1.1.6. Am 13.04.2017 erfolgte eine Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge kurz als "BFA" bezeichnet).

Zu seinen Ausreisegründen befragt erklärte der BF zusammengefasst, er sei von Mitgliedern der Al-Haschd Al-Schaabi (Dachorganisation – Volksmobilmachungskräfte / schiitische Milizengruppierungen – idF auch: PMU) aufgefordert worden, mit ihnen zu kämpfen. Da er sich geweigert habe, werde er verfolgt und bedroht. Er sei von einem Freund aufgefordert worden, mitzumachen und habe es auch eine persönliche Drohung im Rahmen einer LKW-Kontrolle gegeben.

I.1.1.7. Das BFA erstellte einen Auszug aus dem Kriminalpolizeilichen Aktenindex. Es schienen am 18.04.2017 zwei Eintragungen auf, ein Vergehen vom XXXX 2017 sowie ein Vergehen vom XXXX 2017, Beide im Zusammenhang mit einer Übertretung nach dem Suchtmittelgesetz.

I.1.1.8. Mit Mail vom 20.04.2016 wurde der Widerruf der freiwilligen Rückkehr des BF von diesem Tage übermittelt.

I.1.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid des BFA gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG wurde der Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V) und festgehalten, dass der BF das Recht zum Aufenthalt mit 27.02.2017 verloren habe (Spruchpunkt VI).

I.1.2.1. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausführliche Feststellungen.

I.1.2.2. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das BFA aus, dass es dem BF nicht gelungen ist, ein fundiertes und substantiiertes Vorbringen rund um etwaige Fluchtgründe im Herkunftsland glaubwürdig darzulegen.

I.1.2.3. In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die aufschiebende Wirkung abzuerkennen sei.

I.1.3. Mit Verfahrensanordnung vom 19.04.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

I.1.4. Gegen den beim BVwG, Außenstelle Linz am 17.05.2017 eingelangten, gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Abschließend wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

* der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen

* eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen;

* die angefochtene Entscheidung beheben und nach etwaiger zur Verfahrensergänzung dem BF den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen;

* in eventu

die angefochtene Entscheidung dahingehend abändern, dass dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zuerkannt werde;

* in eventu die angefochtene Entscheidung dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung behoben und die dauerhafte Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung festgestellt werde;

* in eventu den Bescheid zu beheben und an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Mit der Beschwerde wurden eine Anmeldebestätigung und eine Kursbesuchsbestätigung des BF der VHS vorgelegt.

I.1.5. Das BVwG forderte den Protokollsvermerk mit gekürzter Urteilsausfertigung betreffend der Verurteilung des BF durch das LG für Strafsachen XXXX vom XXXX 2017 an, welcher am 19.05.2017 ho. einlangte. Weiters nahm das Gericht Einsicht in die zugänglichen Datenbanken (ZMR, GVS, IZR und Strafregister) hinsichtlich des BF bzw. teilweise hinsichtlich seines in Österreich lebenden Bruders sowie in Berichte betreffend die aktuelle Lage im Irak.

I.1.6. Am 23.08.2017 langte ein Fax über die Diakonie und Flüchtlingsberatung ein. Im Betreff wurde angeführt: "Antrag auf aufschiebende Wirkung vom 08.05.2017". Ausgeführt wurde, dass über diesen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde noch nicht abgesprochen worden sei und der VwGH in seinem Beschluss vom 19.06.2017 festgehalten habe, dass dieser Ausspruch binnen einer Woche zu erfolgen hätte.

I.1.7. Mit Schreiben vom 27.09.2017 wurde vom nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreter eine Vertreterbekanntgabe samt Fristsetzungsantrag und Antrag auf die Gewährung von Verfahrenshilfe übermittelt.

I.1.8. Mit Urkundenvorlage vom 29.09.2017 wurde ein Vermögensverzeichnis des BF nachgereicht. Ausgeführt wurde, dass dieses in Ergänzung zum "gemeinsam mit dem Fristsetzungsantrag" gestellten Antrag auf Verfahrenshilfe im "Sinne der Gebührenbefreiung" übermittelt werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

1.4. Verweise, Wiederholungen

1.4.1. Das erkennende ist Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

1.4.2. Ebenso ist es nicht unzulässig, Teile der Begründung des Bescheides der Verwaltungsbehörde wörtlich wiederzugeben. Es widerspricht aber grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen eines (insoweit erstmals entscheidenden) Gerichts, wenn sich der Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung nicht aus der Gerichtsentscheidung selbst, sondern erst aus einer Zusammenschau mit der Begründung des Bescheides ergibt. Die für die bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen müssen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen, da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof möglich ist (Erk. d. VfGH v. 7.11.2008, U67/08-9 mwN).

1.4.3. Grundsätzlich ist im gegenständlichen Fall anzuführen, dass das BFA ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchführte und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenfasste. Das BFA hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation im Irak auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht.

2. Zur Entscheidungsbegründung [Spruch 1.) A – Spruchpunkte I – III des bekämpften Bescheides]:

2.1. Basierend auf dem Ergebnis des Beweisverfahrens sind folgende Feststellungen zu treffen:

2.1.1. Der Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und Moslem der schiitischen Glaubensrichtung. Er wurde in XXXX geboren und lebte bis zur Ausreise im Oktober 2015 dort gemeinsam mit seinen Eltern. Seine Eltern, acht Brüder, sechs Schwestern und weitere Verwandte leben weiterhin in XXXX . In Österreich hält sich ein weiterer Bruder des BF auf, der BF lebt mit diesem seit Dezember 2016 nicht mehr an einer gemeinsamen Adresse. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Familienangehörigen im Irak in Kontakt.

Der Beschwerdeführer besuchte im Irak die Grund- sowie später drei Jahre die Mittelschule. Er arbeitete als LKW-Fahrer für ca. 4 Jahre bis zur Ausreise.

Der Beschwerdeführer ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit hinreichender Ausbildung in der Schule und Berufserfahrung sowie mit bestehenden Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat. Dem Beschwerdeführer ist insbesondere die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu Sicherstellung des eigenen Auskommens möglich und zumutbar.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine Wohnmöglichkeit im Familienverband im Irak.

Die Identität des BF steht nicht fest.

2.1.2. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

Es kann nicht festgestellt werden, dass Beschwerdeführer vor der nunmehrigen Ausreise von Angehörigen der PMU rekrutiert werden sollte oder von Personen dieser Organisation bedroht worden wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor der Ausreise aus dem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder Verfolgung durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

Der BF leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung des Beschwerdeführers festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie kriegerische Ereignisse oder extremistische Anschläge im Irak.

2.1.3. Der Beschwerdeführer hält sich seit etwa Anfang Oktober 2015 in Österreich auf. Er reiste rechtswidrig in Österreich ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich noch keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen und bezieht Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber, wobei er erwerbsfähig ist. Laut den eigenen Angaben und vorgelegten Unterlagen besucht er einen Sprachkurs auf dem Niveau A1.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration der Beschwerdeführer in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Der BF hat mit Ausnahme des nunmehrigen Aufenthalts in Europa das gesamte Leben im Irak verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor die nächsten Verwandten aufhalten.

Der BF wurde vom LG für Strafsachen XXXX mit XXXX 2017 gemäß § 27 Abs. 2a SMG, § 15 StGB wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer bedingten Haftstrafe von 5 Monaten unter Verhängung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Als mildernd wurde der Umstand der Unbescholtenheit angesehen. Der BF hat demnach am 05.04.2017 vorschriftswidrig Cannabiskraut öffentlich durch gewinnbringenden Verkauf anderen überlassen und wurden bei ihm noch 18 Baggies zum unmittelbar bevorstehenden Verkauf sichergestellt.

2.1.4. Die Lage im Herkunftsstaat Irak

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Insgesamt wurden seit 2014 über drei Millionen Binnenvertriebene sowie über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Iraks registriert.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Aktuell richten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave südlich von Kirkuk.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zur Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist aktuell angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise nur auf dem Landweg möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad ist im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des – als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.

Zur aktuellen Lage im Irak wird auch auf die länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde im Bescheid verwiesen, welche auch der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt werden. Insbesondere wurden nachstehende länderkundliche Feststellungen (unter Heranziehung der im angefochtenen Bescheid im Detail angeführten Quellen) getroffen.

1. Politische Lage

Die letzten nationalen Wahlen, die im April 2014 stattfanden, gewann der ehemalige Premierminister Nouri al-Maliki. Da es auf Grund seines autoritären und pro-schiitischen Regierungsstils massive Widerstände gegen Maliki gab, trat er im August 2014 auf kurdischen, internationalen, aber auch auf innerparteilichen Druck hin zurück (GIZ 6.2015). Es wird ihm unter anderem vorgeworfen, mit seiner sunnitisch-feindlichen Politik (Ausgrenzung von sunnitischen Politikern, Niederschlagung sunnitischer Demonstrationen, etc.) deutlich zur Entstehung radikaler sunnitischer Gruppen wie dem IS beigetragen zu haben (Qantara 17.8.2015). Maliki‘s Nachfolger ist der ebenfalls schiitische Parteikollege Haidar al-Abadi (beide gehören der schiitischen Dawa-Partei an), der eine Mehrparteienkoalition anführt, und der mit dem Versprechen angetreten ist, das ethno-religiöse Spektrum der irakischen Bevölkerung wieder stärker abzudecken (GIZ 6.2015). Allerdings gelang es Abadi bislang nicht, politische Verbündete für seine Reformpläne (insbesondere die Abschaffung des konfessionell-ethnischen Proporzes) zu finden. Er hat mit dem besonders Iran-freundlichen Ex-Premier Maliki (nunmehr Vorsitzender der Dawa-Partei) einen starken Widersacher innerhalb seiner Partei. Ein Problem Abadis ist auch die Macht der schiitischen Milizen, von denen viele vom Iran aus gesteuert werden (s. Abschnitt 3.1.). Diese Milizen - eher lose an die irakische Armee angeschlossen - sind für Abadi einerseits unverzichtbar im Kampf gegen den "Islamischen Staat" (Standard 5.1.2015), gleichzeitig wird deren Einsatz von der sunnitischen Bevölkerung aber als das "Austreiben des Teufels mit dem Beelzebub" gesehen. Die Sunniten fürchten das skrupellose Vorgehen dieser Milizen - einige betrachten den IS sogar als das geringere Übel und dulden die Extremisten daher in ihren Gebieten (ÖB Amman 5.2015). In der Tat unterscheiden sich einige der mit der Zentralregierung in Bagdad verbündeten schiitischen Milizen hinsichtlich ihres reaktionären Gesellschaftsbildes und ihrer Brutalität gegenüber Andersgläubigen kaum vom IS (Rohde 9.11.2015). Die US-Regierung (sowohl die Bush-, als auch die Obama-Regierung), die auch mit der Badr-Miliz zusammengearbeitet hat, hat vor den Gewaltexzessen der schiitischen Milizen gegenüber der sunnitische Bevölkerung die Augen verschlossen, und hat damit den Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten angetrieben (Reuters 14.12.2015). Die aufgestaute Wut der Sunniten - auch darüber, dass sie niemanden mehr in der Regierung haben, der mit machvoller Stimme für sie sprechen könnte, trägt in Kombination mit dem Vorgehen der schiitischen Milizen dazu bei, dass sich viele Sunniten radikalisieren oder sich einfach aus Mangel an Alternativen unter die Kontrolle des IS begeben (Qantara 17.8.2015).

Zwölf Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 ist der Irak ein Staat ohne Gewaltmonopol, ohne Kontrolle über große Teile seines Territoriums oder seiner Grenzen, dessen Souveränität zunehmend vom Iran ausgehöhlt wird (Standard 4.12.2015). Nach 2003 ist der Irak (gemeinsam mit Syrien) zum Spiel- und Schlachtfeld konkurrierender regionaler und globaler Interessen zwischen Iran, Saudi-Arabien, der Türkei, den USA und neuerdings auch Russland geworden (Rohde 9.11.2015), wobei sich das Kräfteverhältnis der beiden wichtigsten Verbündeten der irakischen Regierung - die USA auf der einen Seite und der Iran auf der anderen - zunehmend zu Gunsten des Iran verschiebt. Der eher schwache Premierminister Abadi versucht es beiden Verbündeten recht zu machen: Damit die USA ihn aus der Luft unterstützen, muss er versuchen, die iranisch-assoziierten schiitischen Milizen vom Schlachtfeld fernzuhalten (Standard 4.12.2015).

Unter großem öffentlichem Druck und nach Demonstrationen tausender Menschen vor dem schwer bewachten Regierungsviertel in Bagdad hat Abadi Ende März 2016 angekündigt, sein altes Kabinett durch eine Regierung unabhängiger Technokraten zu ersetzen. Bisher waren alle Minister mit politischen Gruppen verbunden. Die neuen sollen nun laut Abadi auf Basis von Professionalität, Effizienz und Integrität ausgewählt werden (Spiegel 31.3.2016). Jedoch scheint das neue Kabinett zu zerbröckeln, bevor es überhaupt zur Abstimmung kommt. Die meisten Parteien stemmen sich gegen den drohenden Machtverlust (SK 8.4.2016).

2. Sicherheitslage

Seit der US-Invasion in den Irak im Jahr 2003 ist ein starker Anstieg der Todeszahlen zu beobachten, der sich insbesondere ab dem Jahr 2012 noch einmal verstärkt. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Todeszahlen im Irak (in Dunkelrot) bis zum Jahr 2014.

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(VOH 17.11.2015)

Im Jahr 2014 war der Konflikt im Irak der zweit-tödlichste (nach Syrien) weltweit. Es wurden laut der österreichischen Botschaft in Amman 21.073 Todesopfer verzeichnet. Damit haben sich die Opferzahlen im Irak verglichen zu 2013 (9.742 Todesopfer) mehr als verdoppelt. Auch die Anschlagskriminalität im Irak erreichte, vor allem durch die Taten des IS, 2014 einen Höhepunkt. Die Anzahl der IrakerInnen, die 2014 Opfer von Anschlägen wurden, erreichte ein Ausmaß wie zuvor nur in den berüchtigten Bürgerkriegsjahren 2006/2007: über 12.000 tote und 23.000 verletzte ZivilistInnen (ÖB Amman 5.2015).

Die folgende Grafik zeigt die Anzahl der getöteten Zivilisten im Irak (inkl. Zivilpolizisten) für die Monate Jänner bis Dezember 2015 sowie die Anzahl der getöteten Iraker insgesamt. Demnach wurden im Jahr 2015 12.740 Iraker getötet, 7.515 davon waren Zivilisten (inklusive Zivilpolizei). 14.855 Zivilisten (inkl. Zivilpolizei) wurden verletzt. UNIRAQ wurde bei der Erfassung der Opferzahlen behindert, die Zahlen sollten daher als Minimumangaben gesehen werden. Sofern man anhand dieser Zahlen auf die Sicherheitslage im Irak schließen kann, hat sich die diese im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr 2014 gebessert. Verglichen mit dem Jahr 2013 war die Sicherheitslage im Jahr 2015 schlechter. In der folgenden Grafik finden sich die Mindestzahlen für das Jahr 2015:

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Quelle: Daten: UNAMI (Jänner bis Dezember 2015), Grafik:

Staatendokumentation

Für den Monat Februar 2016 berichtet UNAMI, dass zumindest 670 Iraker getötet und 1.290 verletzt wurden. Darunter waren 410 getötete Zivilisten (einschließlich Bundespolizei, Sahwa Zivilschutz, Leibwächter, Polizei für den Schutz von Gebäuden und Anlagen, sowie Feuerwehr) und 1.050 verletzte. Die Provinz Bagdad war (im Monat Februar 2016) mit zumindest 277 getöteten Zivilisten dabei am stärksten betroffen, ebenfalls stark betroffen waren Diyala (40 getötete Zivilisten), Nineweh (42 getötete Zivilisten) und Kirkuk (29 getötete Zivilisten). Auf Grund der unübersichtlichen und volatilen Sicherheitslage können laut UNAMI die zu Anbar dokumentierten Zahlen (4 getötete und 126 verletzte Zivilisten) besonders stark von den tatsächlichen Zahlen abweichen (UNAMI 2.2016). Im März 2016 wurden nach der Zählung von Iraq Body Count (IBC) 1.073 Zivilpersonen getötet. Nach der UN Assistance Mission for Iraq (UNAMI) gab es 575 zivile Todesopfer und 1.196 Verletzte im März 2016. Weiter wurden 544 Mitglieder der irakischen Armee, Peshmerga-Kämpfer und andere Verbündete (ohne Opferzahlen der Anbar-Operationen) getötet und 365 verletzt. Die am stärksten betroffene Provinz war im März abermals Bagdad mit 1.029 (259 Tote, 770 Verletzte) zivilen Opfern. In der Provinz Nineweh gab es 133 Tote und 89 Verletzte, in der Provinz Babil 65 Tote und 141 Verletzte, in der Provinz Kirkuk 34 Tote und 57 Verletzte, in der Provinz Diyala elf Tote und in der Provinz Salahuddin sechs Tote und einen Verletzten (Mindestzahlen) (BAMF 4.4.2016).

Am 27.2.2016 kam es zu einem Doppel-Selbstmordanschlag im schiitisch dominierten Viertel Sadr City (Bagdad) mit 70 Todesopfern. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Doppelanschlag (Reuters 29.2.2016). Bei einem weiteren – ebenfalls vom IS verübten – Selbstmordanschlag am 6.3.2016 südlich der Stadt Bagdad starben 47 Menschen (National 6.3.2016).

Die am meisten gefährdeten Personengruppen sind neben religiösen und ethnischen Minderheiten auch Berufsgruppen wie Polizisten, Soldaten, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte, Mitglieder des Sicherheitsapparats, sogenannte "Kollaborateure", aber auch Mitarbeiter von Ministerien (AA 18.2.2016, s. auch Abschnitt 8).

Insgesamt kann die Sicherheitslage im Irak im Jahr 2015 als weiterhin höchst instabil bezeichnet werden. Die Kampfhandlungen konzentrierten sich weitgehend auf die Provinzen Anbar, Ninewah und Salah al-Din. Die irakische Regierung und die KRG konzentrierten sich weiterhin darauf, territoriale Fortschritte gegen den IS zu machen (UN Security Council 26.10.2015).

Der Aufstieg der zahlreichen konfessionellen Milizen und sonstigen bewaffneten Organisationen und Gruppen geht insbesondere auf den Bürgerkrieg von 2005 bis 2007 zurück. Heute stehen sich v.a. der aus Al-Qaida hervorgegangene "Islamische Staat", die schiitischen Milizen und die kurdischen Peschmerga gegenüber. Die schiitischen Milizen in ihrer Gesamtheit werden als militärisch stärker als die irakische Armee eingeschätzt (Standard 18.11.2015), und einige davon machen sich massiver Menschenrechtsverletzungen schuldig (RSF 18.4.2015, vgl. HRW 20.9.2015, vgl. Rohde 9.11.2016). Neben deren gewaltsamen Übergriffen auf Teile der sunnitischen Bevölkerung gibt es auch schiitische Milizen, die - ähnlich wie islamistische sunnitische Gruppen - gegen (nach deren Definition) "un-islamisches" Verhalten vorgehen und z.B. Bordelle, Nachtclubs oder Alkoholgeschäfte attackieren (Washington Post 21.1.2016). Die Peschmerga kämpfen zwar an der Seite der Zentralregierung, beschränken sich jedoch auf die Verteidigung der kurdischen Gebiete gegen den IS (Rohde 9.11.2015), gleichzeitig befinden sie sich aber auch in einem gespannten Verhältnis zu den schiitischen Milizen (Deutschlandfunk 5.12.2015). All diese Akteure sind mit externen Mächten liiert, allen voran Iran, Saudi-Arabien, Türkei oder den USA (Rohde 9.11.2015). Die USA sind mit einigen tausend US-Soldaten im Irak präsent und haben vor, ihre Präsenz mit weiteren Bodentruppen auszubauen. (Spiegel 2.12.2015, vgl. FAZ 24.10.2015, vgl. Focus 9.3.2016). Die von den USA angeführte Koalition gegen den IS hat im Irak seit Beginn ihrer Luftangriffe im August 2014 mehr als 6.800 Luftschläge durchgeführt (auf der folgenden Karte in blau dargestellt). Die Karte zeigt außerdem, welche Gebiete vom IS kontrolliert werden, bzw. in welchen Gebieten der IS die Möglichkeit hat, frei zu operieren – schraffiert dargestellt (BBC 29.2.2016):

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Quelle: BBC (29.2.2016)

Die folgende Karte zeigt, welche Gebiete im Irak von welchen militärischen Organisationen/Milizen kontrolliert werden:

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Quelle: ISW (9.2.2016)

Laut einer Untersuchung des in den USA ansässigen Instituts IHS Jane's habe der IS im Jahr 2015 in Syrien und Irak insgesamt mehr Land eingebüßt als erobert. Insgesamt soll die Miliz etwa 14 Prozent ihres Territoriums eingebüßt haben. Zu den Verlusten im Irak zählten die Stadt Tikrit und die Raffinerie von Baiji. Zudem haben die Extremisten die Kontrolle über einen Teil einer Schnellstraße zwischen Raqqa in Syrien und Mossul im Irak verloren, was logistische Schwierigkeiten mit sich bringe. Erobert hat der IS im Irak die Provinz Anbar, sowie deren Hauptstadt Ramadi [letztere wurde in der Zwischenzeit wieder zurückerobert] (Standard 22.12.2015).

Im November 2015 eroberten die irakisch-kurdischen Peschmerga gemeinsam mit Einheiten der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihres syrischen Ablegers YPG und mit Unterstützung durch amerikanische Luftschläge die Stadt Sinjar vom IS zurück (NZZ 13.11.2015). (In der Folge dessen kam es dort zwischenzeitlich zu Zusammenstößen zwischen jesidischen Kämpfern und Einheiten der KDP-Peschmerga (Ekurd 26.11.2015).)

Den Kurden gelang es auch, den IS aus Dörfern in der Nähe von Kirkuk zu vertreiben (NTV 11.9.2015). Gleichzeitig benutzen die Kurden den Krieg gegen den IS aber auch, um in den ohnehin lange umstrittenen Gebieten kurdische Fakten zu schaffen (unter anderem auch mit der Übernahme der Stadt Kirkuk im Sommer 2014), Araber werden zum Teil vertrieben (20Minuten 8.2015, vgl. Deutschlandfunk 15.7.2015). Umgekehrt kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, wo Teile der sunnitischen Bevölkerung den vorrückenden Peshmerga in den Rücken fallen und mit dem IS zusammenarbeiten. Es herrscht Misstrauen auf beiden Seiten, bei den Kurden, sowie den Arabern (20Minuten 8.2015).

Im Dezember 2015 gab Abadi die Rückeroberung der Stadt Ramadis bekannt, die im Mai in die Hände des IS gefallen war. Für die Armee ist der Sieg in Ramadi ein wichtiger und lang ersehnter Erfolg (Standard 29.12.2015). In dem ein Jahr andauernden Kampf gegen den IS in Ramadi, wurde die Stadt völlig zerstört (Haaretz 18.1.2016).

Stammeskämpfer haben die am 19.02.16 begonnenen Gefechte gegen den IS in Falluja eingestellt, nachdem der IS Angaben der Armee zufolge mehr als 100 Bewohner der Stadt als Geiseln gefangen genommen hatte. Angaben des Verwaltungschefs zufolge soll es sich um rund 60 Gefangene handeln. Die Stämme befürchteten, dass die Geiseln hingerichtet würden (BAMF 22.2.2016). Ende März 2016 begannen irakische Truppen (mit Unterstützung durch US-Luftangriffe) mit einer Großoffensive auf die vom IS besetzte Großstadt Mossul, der zweitgrößten Stadt Iraks, die nach wie vor vom IS gehalten wird (Standard 24.3.2016).

2.1. Die wichtigsten im Irak operierenden militärischen Akteure und Milizen

Iraqi Security Forces (ISF)

Den ISF kommt nach dem Abzug der Streitkräfte der Koalition ab 2011 eine besonders gewichtige Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit im Irak zu. Die ISF haben drei Hauptzweige: die irakische Armee, die irakische Polizei und die National Police.

Die ISF sind zum Teil infiltriert von schiitischen Arabern, während sunnitische Araber in den ISF unterrepräsentiert sind (ISW o.D.a). Teilweise wurden schiitische Milizen, die für ihr brutales Vorgehen gegen Sunniten bekannt sind (s. Abschnitt 8., sowie 8.2.), auch in die ISF integriert, was die Sunniten Iraks mit besonderer Sorge sehen.

Die ISF verübten aber auch selbst Attacken auf zivile sunnitische Gebiete (ISW o.D.b). Darüber hinaus haben die ISF das Problem, dass es im Land schiitische Milizen gibt, die zusammengenommen sogar als militärisch stärker als die ISF eingeschätzt werden (Standard 18.9.2015).

Insbesondere im Sommer 2014 machten die ISF keine gute Figur und überließen dem IS kampflos große Gebiete des Landes - unter anderem die Stadt Mossul (Spiegel 15.6.2014). Zehntausende irakische Soldaten verließen im Juni 2014 ihre Posten und flüchteten. Viele aus Angst vor dem IS, viele meinten, sie hätten den Befehl dazu bekommen. Es fehlte unter anderem an einer starken Führung, sowie an fehlender Motivation, zweiteres wohl auch, weil sich viele nicht mit der Politik des damaligen Präsidenten Maliki identifizieren konnten. Die ursprünglich 400.000 Mann starke Armee, die mit US-Hilfe aufgebaut worden war, wird nunmehr auf 85.000 aktive Soldaten geschätzt. Das Verteidigungsministerium hatte die Zahl offenbar hochgespielt, man spricht in diesem Zusammenhang von "Geistersoldaten". Abadi gab im November 2014 zu, dass es 50.000 solcher Geistersoldaten gab (Global Security o.D.).

Schiitische Milizen

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Mahdi Armee (auch bekannt als Jaysh al-Mahdi - JAM): Die konfessionell geprägten Konflikte der Jahre 2006-2008 waren zum Teil angefacht von schiitischen Milizen, z.B. von Milizen wie der vom schiitischen Kleriker Moqtada Al Sadr aufgestellten Mahdi Armee, gegründet im Jahr 2004 um die militärische US-Präsenz im Irak zu bekämpfen (CRS 31.12.2015). Sadr beschloss 2008 die Miliz in eine friedliche Organisation umzuwandeln, behielt aber eine kleinere Truppe von Kämpfern. Darüber hinaus entstanden aus der Mahdi Army mehrere Splittergruppen (ISW 1.2009). Im Juni 2014 kam es zu einer Neugründung der Mahdi Armee durch Sadr unter dem neuen Namen The Peace Brigades, mit dem Ziel, den IS zu bekämpfen. Die Größe der Organisation wird (Stand Juni 2014) auf 10.000 bis 50.000 geschätzt (Stanford University 24.7.2015).

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Vom Iran trainierte Milizen (z.B.: Kata’ib Hezbollah und Asa’ib Ahl Al Haq): Ebenfalls von Sadr inspiriert, gründeten sich weitere schiitische Milizen, von denen sich einige später aus dem Kontrollbereich Sadrs herausbegaben und zunehmend unter die Kontrolle des Iran und des Kommandanten der iranischen Qods Forces, Maj. Gen. Qasem Soleimani, gelangten. Die beiden Milizen, die am stärksten von Soleimani ausgerüstet und beraten werden, sind Asa’ib Ahl al-Haq (AAH) und Kata’ib Hezbollah (Hezbollah Battalions). Zweitere wurde im Jahr 2009 von den USA als terroristische Organisation eingestuft (CRS 31.12.2015). Die Organisation Asaib Ahl al-Haq hat neben ihrem Hauptquartier in Bagdad, wo sie auch zwei politische Büros hat, weitere Büros in al-Khalis, Basra, Tal Afar, Hillah, and XXXX und unterhält darüber hinaus Kontakte zu Stammesführern in den Provinzen Thi-Qar, Muthanna, and Maysan. Der ehemalige Präsident Maliki setzte die Miliz in Anbar zum Teil anstelle von Polizisten ein (Stand August 2015) (Stanford University 13.8.2015). Die Organisation ist stark vernetzt mit der irakischen Regierung und der Polizei (insb. in Bagdad) (FIS 29.4.2015).

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Die Organisation Badr Miliz steht im Gegensatz dazu weder Sadr nahe, noch war sie in den Jahren 2003-2011 ein Gegenspieler der USA (CRS 31.12.2015). Sowohl die Bush-Regierung, als auch die Obama-Regierung haben mit der Badr-Miliz zusammengearbeitet (Reuters 14.12.2015). Die Badr Miliz war der bewaffnete Flügel des Islamic Supreme Council of Iraq, einer schiitischen Partei. Ihr Anführer Hadi al-Amiri ist einer der Hardliner, wenn es darum geht, schiitische Milizen dazu zu benutzen, um von Sunniten bewohnte Gebiete zurückzuerobern (CRS 31.12.2015).

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Schiitische Miliz-Soldaten, die sich nach der Offensive des IS 2014 formierten: Viele schlossen sich den sich gegen des IS richtenden Popular Mobilization Forces (PMF) an, denen auch einige Sunniten angehören (CRS 31.12.2015).

Sunnitische Milizen

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Islamischer Staat (IS): s. Abschnitte 2.2., 3., sowie 8.1.

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Army of the Men of the Naqshbandi Order (Jaysh Rij?l a?-?ar?qa an-Naqshabandiya, abkekürzt: JRTN) und ehemalige Militärkommandanten unter Saddam Hussein: Einige der aufständischen Gruppen bestehen aus Mitarbeitern des ehemaligen Saddam-Regimes oder aus ehemaligen Mitgliedern des irakischen Militärs. Darunter finden sich die Gruppen 1920 Revolution Brigades, die Islamic Army of Iraq und v.a. die Naqshabandi Order (JRTN). Letztere ist hauptsächlich in der Provinz Ninewah aktiv und wird von den USA als terroristische Organisation eingestuft. Die JRTN sowie mit ihr verbundene andere ex-baathistische Gruppierungen sind nicht mit der IS-Ideologie einverstanden, unterstützen den IS zum Teil jedoch als eine Organisation, die sich gegen die irakische Regierung wendet (CRS 31.12.2015).

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Sunnitische Stammesführer / Sons of Iraq Fighters:

Ungefähr 100.000 irakische Sunniten sind bekannt als "Sons of Iraq" (auch "Awakening" oder "Sahwa" genannt). Es handelt sich um bewaffnete Männer, die während der Jahre 2003-2006 das US-Militär im Irak bekämpften, aber sich danach mit den US-Streitkräften gegen Al Qaida Iraq (den Vorläufer des IS) verbündeten. Ihnen wurde zugesagt, dass sie in die ISF integriert werden sollen, aber nur ein Teil wurde letztlich tatsächlich eingegliedert. Die übrigen wurden in Checkpoints eingesetzt, und erhielten ein geringes Gehalt, wurden aber nicht formell eingegliedert. Als Ergebnis dessen waren einige dieser Kämpfer desillusioniert und Berichten zufolge schlossen sich einige (Zahlen sind nicht bekannt) dem IS an (CRS 31.12.2015).

Kurdische Kämpfer

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Die KDP-Peschmerga sind der militärische Arm der Partei der Barzani-Familie im nordirakischen Kurdistan. KDP-Peschmerga und PUK-Peschmerga teilen sich die Kontrolle über das autonome Gebiet Kurdistan auf. Die KDP-Peschmerga sind in den Provinzen Dahuk und Erbil präsent. Darüber hinaus kontrollieren sie größere Gebiete (außerhalb der autonomen Region) im Norden der Provinz Ninewah.

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Die PUK-Peschmerga sind in den Provinzen Sulaymaniyah und Halabja präsent, und sie kontrollieren größere Gebiete (außerhalb der autonomen Region) im Nordosten der Provinz Kirkuk (ISW 25.11.2015).

Es gibt seit langem Bestrebungen zur Zusammenführung der KDP-Peschmerga und der PUK-Peschmerga zu einer einheitlichen Armee. Eine effektive und vollständige Vereinigung ist jedoch auf Grund der Konkurrenzsituation und des Misstrauens gegeneinander nicht erfolgt (CMEC 16.12.2015).

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Die türkisch-kurdische Arbeiterpartei PKK, die von der Türkei als terroristische Organisation bekämpft wird, ist auch im Nordirak aktiv (insb. in den Qandil-Bergen), und betreibt dort einige Stützpunkte. Diese werden von den türkischen Streitkräften attackiert.

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Die syrische Partei PYD (Partei der Demokratischen Union) mit ihrem militärischen Arm YPG (Volksverteidigungseinheiten) gilt als der syrische Ableger der türkischen PKK (Standard 22.10.2015) und ist im Irak im Gebiet um Sinjar aktiv (ISW 25.11.2015).

Quellen:

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CRS - Congressional Research Service, Iraq: Politics and Governance, dated 16 September 2015, https://www.fas.org/sgp/crs/mideast/RS21968.pdf, date accessed: 27 October 2015

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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