TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/8 W200 2166917-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.11.2017
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Entscheidungsdatum

08.11.2017

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W200 2166917-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Mag. Wagner sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice,

Landesstelle Wien, vom 13.07.2017, OB: 77419316000037, mit dem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2,

§ 45 Abs. 1 und 2 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Erstverfahren:

Mit Bescheid vom 12.07.2010 wies das Bundessozialamt einen Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ab und stellte einen Grad der Behinderung von 30 vH fest. Als Gesundheitsschädigungen wurden "Zustand nach rezidivierender Beinvenenthrombose, Pulmonalembolie 2009, Positionsnr. g.z. 701, Grad der Behinderung 30%", "degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Positionsnr. 190, Grad der Behinderung 20%" sowie "degenerative Gelenksveränderungen, Positionsnr. g.z. 417, Grad der Behinderung 10%" festgestellt. Der Gesamtgrad der Behinderung betrug 30 vH.

Zweitverfahren (gegenständliches Verfahren):

Der Beschwerdeführer stellte am 27.01.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Als Gesundheitsschädigungen gab er "Bewegungsapparat", "Herz und Kreislauf" sowie "Sehbehelfe" an. Dem Antrag angeschlossen waren ein Wirbelsäulen-Befund einer Fachärztin für Radiologie vom 30.09.2014, ein weiterer Befund derselben Ärztin vom 02.02.2016, ein Arztbrief vom 26.07.2016, ein Belastungs-EKG-Befund vom 26.07.2016, ein augenärztlicher Befund vom 18.11.2016, ein Befundblatt (Labordaten der WGKK) vom 09.11.2016 sowie ein Befund über eine urlogische Begutachtung vom 23.11.2016.

Das vom Sozialministeriumservice eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten vom 10.07.2017 ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH und gestaltete sich in Auszügen wie folgt:

"Anamnese:

Siehe auch VGA vom 17.05.2010: Zustand nach rezidivierender Beinvenenthrombose 30%, Degenerativ Veränderungen der Wirbelsäule 20%, Degenerativ Gelenksveränderungen 10%

Gesamt-GdB 30%

Derzeitige Beschwerden:

Ich hätte gerne die Vergünstigungen. Ich hätte gerne 50 %. Meine komplette Wirbelsäule ist deformiert, meine Schulter ist desolat. Meine Augen verschlechtern sich sukzessive. Außerdem habe ich Senkfüße und einen Hallux valgus. Jetzt habe ich eine Thrombose bekommen, da musste ich kurzfristig Lovenox nehmen. Das konnte ich jetzt wieder absetzen. Ich bekomme jetzt eine neue Brille.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Acecomb, Atordavid, Allopurinol, Ibumetin, Darmflora akut [ ]

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Augenzentrum Wien - Dr. med. univ. XXXX vom 18.11.2016: Visus c.c.:

RA 0,7, LA 0,7, Bin.Vis. Ferne: 0,7 Nähe: 0,63

Intern.Kard.Angiolog.Gruppenpraxis Dr. K.XXXX -Dr. L. XXXX-Dr. XXXX vom 26.07.2016

BEFUND BERICHT:

Unauffällige cardiale Befunde, Kontrolle bei Bedarf. Beschwerden eher psychischer Natur.

Röntgenbefund vom 02.02.2016

Wirbelsäulengesamtaufnahme: langstreckige mäßige linkskonvexe Skoliose der unteren BWS und LWS mit Scheitel am thoracolumbalen Übergang. Ausgeprägter Beckenschiefstand. Die rechte Darmbeinschaufel und der rechte Femurkopf stehen mehr als 2 cm höher als links. An den Hüftgelenken ist die Deckung der Femurköpfe nach Hu?ftgelenksdysplasie beiderseits mangelhaft mit Zeichen einer incipienten Secundärarthrose.

Röntgenbefund vom 30.09.2016

Beide Kniegelenke: Incipiente Gonarthrose

Mitgebrachter Befund

Krankenhaus Hietzing vom 06.03.2017: Beinschwellung rechts,

Diagnose: tiefe Beinvenenthrombose rechte untere Extremität

( )

Klinischer Status – Fachstatus:

( )

Collum: SD: schluckverschieblich, keine Einflusstauung, Lymphknoten:

nicht palpabel

Thorax. Symmetrisch, elastisch

Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent

Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar,

Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei.

Pulse: Allseits tastbar

Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. uneingeschränkt durchführbar, rechts Schultergelnk endlagig eingeschränkt, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluß und Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben

Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben keine Varikositas, keine Ödeme bds., Senk-Spreizfüssen bds, geringgradiger Hallux valgus bds, trägt Kompressionsstrumpf rechts

Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im Stehen: 30 cm,

Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen endlagig eingeschränkt

( )

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

rezidivierende Beinvenenthrombose, Zustand nach Pulmonalembolie Wahl der Position mit zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da das Tragen von Kompressionsstrümpfen erforderlich ist

05.08.01

30

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Wahl der Position mit dem oberen Rahmensatz, da eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung gegeben ist

02.01.01

20

3

Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks Fixer Richtsatz

02.06.01

10

4

Sehverminderung beidseits, korrigierter Visus rechts 0,7, korrigierter Visus links 0,7 Tabelle/ Spalte 2, Zeile 2

11.02.01

10

5

Hypertonie Fixer Richtsatz

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung: 30 v. H

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

weil der führende GdB unter der Position 1 durch die weiteren Leiden nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Senk-Spreizfüsse bds, sowie ein geringgradiger Hallux valgus bds, da nicht über das zivilisatorische Ausmaß hinaus reichende Fehlstellung erreicht keinen GdB

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstmalige Einstufung nach der EVO. Gleichbleiben der Leiden 1-3

Hinzukommen der Leiden unter der Position 4+5

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

keine Änderung des Gesamt-GdB

Dauerzustand.( )"

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Sozialministeriumservice vom 13.07.2017 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte Beweisverfahren einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH ergeben habe. Dem Bescheid war als Beilage das eingeholte Gutachten als Bescheidbestandteil angeschlossen.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurden – auch nach erfolgtem Mängelbehebungsauftrag und diesbezüglicher Beschwerdeergänzung – keine näheren den Gesundheitszustand betreffenden Beschwerdegründe angeführt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

beschwerderelevanter Status:

Thorax. Symmetrisch, elastisch.

Cor: Rhythmisch, rein, normofrequent.

Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe.

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar.

Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei.

Pulse: allseits tastbar.

Obere Extremitäten:

Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. uneingeschränkt durchführbar, rechts Schultergelenk endlagig eingeschränkt, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluss und Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben. Untere Extremitäten:

Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben keine Varikositas, keine Ödeme bds., Senk-Spreizfüße bds., geringgradiger Hallux valgus bds., trägt Kompressionsstrumpf rechts.

Wirbelsäule:

kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im Stehen: 30 cm, Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen endlagig eingeschränkt.

1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

rezidivierende Beinvenenthrombose, Zustand nach Pulmonalembolie Wahl der Position mit zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da das Tragen von Kompressionsstrümpfen erforderlich ist

05.08.01

30

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Wahl der Position mit dem oberen Rahmensatz, da eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung gegeben ist

02.01.01

20

3

Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks Fixer Richtsatz

02.06.01

10

4

Sehverminderung beidseits, korrigierter Visus rechts 0,7, korrigierter Visus links 0,7 Tabelle/ Spalte 2, Zeile 2

11.02.01

10

5

Hypertonie Fixer Richtsatz

05.01.01

10

Der Gesamtgrad

der Behinderung beträgt 30%. Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung des Beschwerdeführers gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten vom 10.07.2017 basierend auf einer Untersuchung am selben Tag, welches einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % feststellt.

Der Beschwerdeführer litt zu diesem Zeitpunkt an rezidivierender Beinvenenthrombose, Zustand nach Pulmonalembolie (Leiden 1 unter Pos.Nr. 05.08.01 einzustufen), an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (Leiden 2 unter Pos.Nr. 02.01.01 einzustufen), an einer Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks (Leiden 3 unter Pos.Nr. 02.06.01 einzustufen), an einer Sehverminderung beidseits, korrigierter Visus links und rechts 0,7 (Leiden 4 unter Pos.Nr. 11.02.01 einzustufen) sowie an Hypertonie (Leiden 5 unter Pos.Nr. 05.01.01 einzustufen).

Zu Leiden 1 führte die Gutachterin nachvollziehbar aus, dass eine Einstufung zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz vorgenommen wurde, da das Tragen von Kompressionsstrümpfen erforderlich ist.

Zu Leiden 2 führte sie aus, dass eine Einstufung mit dem oberen Rahmensatz vorgenommen wurde, da eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung gegeben ist.

Zu Leiden 3 wurde nachvollziehbar dargelegt, dass es sich um eine Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks handelt und ein fixer Richtsatz anwendbar ist.

Zu Leiden 4 führte die Gutachterin schlüssig aus, dass eine Sehverminderung beidseits mit korrigiertem Visus links und rechts 0,7 vorliegt und diese somit in Tabelle/Spalte 2, Zeile 2 einzustufen ist.

Zu Leiden 5 führte sie aus, dass es sich um eine Hypertonie handelt und ein fixer Richtsatz Anwendung findet.

Hinsichtlich der bds. Gelenkspreizfüße und des bds. geringgradigen Hallux valgus legte sie schlüssig dar, dass diese Gesundheitsschädigungen keinen Grad der Behinderung erreichen, da die nicht über das zivilisatorische Ausmaß hinaus reichende Fehlstellung keinen Grad der Behinderung erreicht.

Das Sachverständigengutachten wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel am Inhalt des Gutachtens bestehen für das BVwG keine – das Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Die Ärztin für Allgemeinmedizin beschreibt den Status des Beschwerdeführers genau und detailreich und unterzog auch alle von dem Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung.

Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 von Hundert abzuweichen. Die Ausführungen in der Beschwerde vermochten keine substantiierten Einwendungen gegen das eingeholte Sachverständigengutachten darzustellen.

Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene ausreichend konkret entgegengetreten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens. Dieses wurde daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Vollständigkeit halber wird der Beschwerdeführer – insoweit er ein Interesse an einer Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkungen auf Grund einer Behinderung" bekundet (wenn auch nicht beantragt) – darauf hingewiesen, dass jene nur bei Inhabern eines Behindertenpasses sowie unter bestimmten Voraussetzungen vorgenommen werden kann. Da dem Beschwerdeführer kein Behindertenpass auszustellen war, ist auch eine diesbezügliche Zusatzeintragung nicht möglich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf das von der erstinstanzlichen Behörde eingeholte Gutachten, worin ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % festgestellt wurde.

Der Beschwerdeführer ist dem Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.

Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Die beschwerdeführende Partei hat auch mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der erstinstanzlichen gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen.

Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W200.2166917.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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