TE Bvwg Beschluss 2017/11/9 I407 2125444-2

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Veröffentlicht am 09.11.2017
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Entscheidungsdatum

09.11.2017

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I407 2125444-2/3E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2017, Zl: 1066982705-. 171103646, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 02.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 01.04.2016, Zl. 1066982705, VZ: 50449515 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.12.2015 (richtig: 02.05.2015) gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den §§ 57 und 55 AsylG nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG i.V.m. § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.), bestimmte gemäß § 55 Abs. 1-3 FPG als Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.).

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend machte er Verfahrensmängel sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, in seiner Heimat gebe es keine Sicherheit, er sei oft "von Banden aufgesucht" worden und hätte sich diesen anschließen sollen und habe sich ärztliche Behandlung nicht leisten können. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Beschwerde von XXXX mit Erkenntnis I406 2125444-1/2E vom 29.04.2016 als unbegründet abgewiesen.

3. Der Beschwerdeführer stellte am 27.09.2017 einen Folgeantrag Asyl und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dazu befragt. Er bestätigte seine persönlichen Daten und wurde darauf hingewiesen, dass über seinen ersten Asylantrag bereits rechtskräftig entschieden wurde. Er erklärte, dass er seit dieser Entscheidung Österreich nicht verlassen habe. Über Befragung über neue Asylgründe teilte der Beschwerdeführer mit, dass sich er nicht nach Algerien zurückwolle. Befragt nach seinen Befürchtungen bei seiner Rückkehr sagte er aus, dass er Angst vor Terroristen habe, weil sein Onkel Mitglied einer Gruppierung war. Sein Onkel arbeite nicht mehr bei der Terrorgruppe. Deswegen werde seine Familie verfolgt. Ein anderer Onkel hätte ebenfalls in Österreich um Asyl angesucht. Dies sei ihm seit etwa zwei Monaten bekannt.

4. Am 16.10.2017 wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung mitgeteilt, dass die belangte Behörde beabsichtige, den Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und ferner beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.

5. Am 07.11.2017 wurde der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft der belangten Behörde vorgeführt. Der Beschwerdeführer gab in Gegenwart seiner Rechtsberatung vor der belangten Behörde zu seinem Asylantrag vernommen an, dass er bisher die Wahrheit gesagt habe und alles richtig protokolliert worden sei. Er habe Asthma und bekomme zur Behandlung ein Spray. Darüber hinaus nehme er auch Beruhigungstabletten zu sich.

Befragt, ob die Fluchtgründe des Erstverfahrens noch von ihm aufrecht erhalten werden, sagte er aus, dass er diese aufrecht erhalte.

Befragt, ob er auch Fluchtgründe habe, die er bislang nicht vorgebracht habe, sagte der Beschwerdeführer aus, dass er Algerien möge, aber die dortige Regierung nicht, weil sie ihm unrecht täte. Sie hätten keine Wohnung, seine Familie lebe in einem Lager. Er musste im Freien schlafen, da seine Eltern in dem Lager geschlafen hätten.

Auf den Vorhalt, dass der Beschwerdeführer in seinem Folgeantrag angegeben hätte, dass sein Onkel Mitglied einer Gruppierung gewesen wäre und bei der Terrorgruppe gearbeitet hätte, antwortete der Beschwerdeführer, dass sein Onkel bei einer Terrorgruppe gearbeitet hätte und deswegen 10 Jahre in Haft sei. Nach seiner Freilassung hätten er und seine Familie wo anders leben müssen. Sein Onkel sei von 1990 bis 1991 bei der Terrorgruppe gewesen. Dann sei er festgenommen worden. Er habe die Terrorgruppe mit Waffen versorgt. Ein weiterer Onkel sei bei der Einheit zur Bekämpfung von Terrorismus gewesen und habe das Land verlassen müssen. Er habe im Jahre 2012 in Österreich um Asyl angesucht.

Die belangte Behörde stellte fest, dass mit dem vom Beschwerdeführer genannten Daten keine Asylantragstellung in Österreich vorliege.

Auf die Frage, warum er einen zweiten Asylantrag stelle, sagte der Beschwerdeführer, dass er möchte nicht nach Algerien zurückkehren möchte. Er werde dort schlecht behandelt. Er hätte dort Wein trinken gehen wollen, die Polizei habe ihn festgenommen, geschlagen und den Wein auf seinen Kopf geschüttet.

Die belangte Behörde übergibt dem Beschwerdeführer aktuelle Länderfeststellungen, dieser verzichtet auf eine Stellungnahme.

Auf die Frage, womit er in Österreich bisher seinen Lebensunterhalt bestritten habe, antwortete der Beschwerdeführer, dass er Geld von seiner Familie aus Algerien erhalten habe. Er sei kein Mitglied in Vereinen oder Organisationen und habe einen A2 Deutschkurs mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen. Er sei in Österreich vorbestraft.

Auf den Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen, erklärte der Beschwerdeführer, dass die Behörde ihm zwei Tage Zeit geben solle, damit er Österreich freiwillig verlassen und nach Frankreich gehen könne. Er möchte eine Chance in Europa bekommen. Er habe in Österreich oder in der EU keine Angehörigen in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

In der Folge wurde gegenüber dem Beschwerdeführer mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Dies wurde damit begründet, dass der erste Asylantrag des Beschwerdeführers am 29.04.2016 in II. Instanz in Rechtskraft erwachsen sei. Als Begründung für die neuerliche Asylantragstellung habe der Beschwerdeführer angegeben, an, dass er nicht nach Algerien zurückkehren wolle. Ergänzend habe er vorgebracht, dass er Angst vor Terroristen hätte, da sein Onkel Mitglied einer Gruppierung gewesen wäre. Sein Onkel würde jetzt nicht mehr bei der Terrorgruppe arbeiten und deshalb würde seine Familie verfolgt werden. Ein anderer Onkel hätte ebenfalls In Österreich um Asyl angesucht. Bis zur Bescheiderlassung hätten sich weder eine schwere körperliche oder ansteckende Krankheit, noch eine schwere psychische Störung ergeben, die bei einer Überstellung/Abschiebung nach Algerien eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers bewirken würde. Der Beschwerdeführer hätte ergänzende Fluchtgründe vorgebracht, sein neuer Antrag auf internationalen Schutz werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände konnte nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Algerien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden. Die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sei seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert.

6. Gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG wurde die belangte Behörde am 09.11.2017 vom Einlangen des Aktes bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes informiert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Vorlage des Aktes durch das Bundesamt am 09.11.2017 gilt gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 bereits als Beschwerde.

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der Fremde ist Staatsangehöriger von Algerien. Er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.

Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer auf Gründe, die bereits Gegenstand des ersten Asylverfahrens waren. Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Algerien noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist seit Abweisung der Beschwerde in seinem ersten Asylverfahren mit 29.04.2016 eine maßgebliche Änderung der Rechtslage eingetreten.

Bezüglich der medizinischen Behandlungsmöglichen des Beschwerdeführers in seinem Heimatstaat ist auf die aktuellen und fallspezifischen Feststellungen der belangten Behörde zu verweisen.

In Bezug auf den Fremden besteht kein schützenswertes Privatund/oder Familienleben im Bundesgebiet. Er befindet sich aktuell in Strafhaft. In Bezug auf seinen Gesundheitszustand ist betreffend einer allenfalls vorzunehmenden Abschiebung darauf hinzuweisen, dass vor einer Abschiebung durch die zuständige Behörde/Amtsarzt eine Prüfung dahingehend vorzunehmen ist, ob eine beabsichtigte Abschiebung eine EMRK-widrige Behandlung des Beschwerdeführers bedeuten würde.

2. Beweiswürdigung:

Die Angaben zur Person des Beschwerdeführers fußen auf seinen Aussagen.

Die Angaben zu den Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Akten der belangten Behörde und des BVwG.

Der Beschwerdeführer erklärte im gegenständlichen Verfahren in der Erstbefragung, dass er keine neuen Fluchtgründe habe, sondern die im ersten Asylverfahren vorgebrachten Gründe weiter aufrechterhalten wolle. In der niederschriftlichen Befragung vor der belangten Behörde gab er an, dass sein Onkel bei einer Terrorgruppe gearbeitet hätte und deswegen 10 Jahre in Haft sei. Nach seiner Freilassung hätten er und seine Familie wo anders leben müssen. Sein Onkel sei von 1990 bis 1991 bei der Terrorgruppe gewesen. Dann sei er festgenommen worden. Der Onkel habe die Terrorgruppe mit Waffen versorgt.

Der Feststellung zu den Fluchtgründen wurde das Vorbringen im Erstverfahren sowie das Vorbringen in der niederschriftlichen Einvernahme am 7.11.2017 zu Grunde gelegt. Der Beschwerdeführer gab in dieser Einvernahme an, dass die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht wären. Er brachte im gegenständlichen Verfahren keinen Sachverhalt vor, welcher nach Rechtskraft des Erstverfahrens am 29.04.2016 neu entstanden ist. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Insgesamt sind die in der Einvernahme vom 07.11.2017 vorgebrachten zusätzlichen Fluchtgründe vage, erlebnis- sowie detailarm vorgetragen und als gesteigertes Fluchtvorbringen insgesamt unglaubhaft zu werten. Der Beschwerdeführer ist insgesamt unglaubwürdig, zumal er zum ersten Mal im Stande der Strafhaft als nicht glaubhaft erkannte Fluchtgründe anführt, weil er in Wahrheit aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr in seiner Heimat leben will.

Ein Abgleich zwischen den Feststellungen des ersten Asylverfahrens und den Länderfeststellungen, welche der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt wurden, ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.

Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

1. Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde (Z 1), kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt (Z 2), im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben (Z 3), und eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist (Z 4).

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufheben, wenn gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z 1), der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Folgeantrag jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden. Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG binnen acht Wochen zu entscheiden.

2. Das Verfahren über den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 02.05.2015 wurde mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2016 abgeschlossen. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.09.2017 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.

3. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 01.04.2016 wurde vom Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig abgewiesen. Es liegt somit kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vor.

4. Die Rückkehrentscheidung der belangten Behörde vom 01.04.2016 gem. § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 wurde mit Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht am 29.04.2016 rechtswirksam. Seit 27.01.2016 ist der Beschwerdeführer in der Justizanstalt Wien-Josefstadt und dann in der Justizanstalt Korneuburg aufhältig und hat daher seit der rechtskräftigen Erlassung der Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet nicht verlassen. Die Ausweisung gegen ihn ist weiterhin aufrecht.

5. Der Antrag vom 27.09.2017 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist: Eine Sachverhaltsänderung wurde weder behauptet noch ergibt sich eine solche aus der Aktenlage. Die in der Einvernahme vom 07.11.2017 erstmals vorgebrachten Gründe waren als unglaubhaft und gesteigert zu würdigen und erscheinen nicht geeignet, die Verhältnisse der "Sache" des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2016 wesentlich zu ändern.

Aus den Länderberichten ergibt sich, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat keine maßgebliche Änderung der Lage im Vergleich zum vorangegangenen Bescheid eingetreten ist.

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN).

Auch diesbezüglich wurden keine Sachverhaltsänderungen vorgebracht.

6. Die Abschiebung würde auch keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK darstellen:

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und er in die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt. Für den Fall einer Erkrankung bestehen auch in seinem Heimatstaat ausreichende Behandlungsmöglichkeiten. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte, zumal er dort auch über starke familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, das gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zu EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem BVwG sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Eine Gefährdung iSd Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK wird vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Im Hinblick auf Art. 8 EMRK hat der Beschwerdeführer, der bereits zweimal, davon einmal als Jugendstraftäter, rechtskräftig verurteilt wurde, angegeben, in Österreich keine Familie oder familienähnliche Lebensgemeinschaft zu haben. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann angesichts seines zweijährigen Aufenthalts, der seit einem Jahr unrechtmäßig ist und den der Beschwerdeführer vorwiegend dazu benützte, Straftaten zu verüben nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.

7. Auf Grund der aktuellen Länderberichte kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer als Zivilperson durch die Rückkehr nach Algerien eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes erwachsen würde.

8. Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 15.03.2017 rechtmäßig ist und die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen.

9. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Glaubwürdigkeit, wirtschaftliche Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I407.2125444.2.00

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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