Entscheidungsdatum
09.11.2017Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I407 2151013-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Ägypten, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, 1090 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2017, Zl. 1097119010/151885003, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.10.2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste im November 2015 illegal und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 27.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 28.11.2015 führte er hinsichtlich seiner Fluchtgründe wie folgt aus: "Ich werde durch die ägyptische Regierung verfolgt. Zwei Freunde von mir wurden verhaftet und eingesperrt, sie wurden verdächtigt, der Moslembruderschaft anzugehören. Sie wurden ins Gefängnis gesteckt und kein Mensch weiß, was aus ihnen geworden ist. Auch ich wurde von der Geheimpolizei befragt. Der Geheimdienst wollte, dass ich als Spitzel für sie arbeite. Die meisten Bewohner meiner Ortschaft gehörten der Moslembruderschaft an. Ich wurde dann also gefragt, ob ich nicht auch dieser Moslembruderschaft angehöre, sie wollten von mir unbedingt, dass ich dieser Bruderschaft angehöre damit ich diese dann bespitzeln kann. Ich habe das aber strikt abgelehnt, ich wollte nicht als Spitzel, weder für die eine noch die andere Seite tätig sein, ich will nur in Frieden leben. Nach dieser Befragung wollte ich nur meine Ruhe von beiden Seiten haben und bin nach Al Menia geflohen. Mein Bruder verständigte mich, dass der Geheimdienst wieder bei mir war und nach mir gefragt hat. Deshalb habe ich beschlossen, meine Heimat zu verlassen. Ich konnte mich nicht einmal von meiner Familie verabschieden. Wenn man mich erwischt hätte, hätten sie mich wahrscheinlich gezwungen die Moslembruderschaft zu bespitzeln. Ich hätte große Probleme bekommen, das wäre nicht zu meinem Vorteil gewesen. Meine Brüder leben mit meinem Vater in einem Gebiet mit dem Namen Abazah. Wir haben zwei Grundstücke, eines befindet sich in Abazah und eines in Ekiad Albahria. Diese Grundstücke befinden sich ca. 7 – 10 Kilometer auseinander. Meine Brüder haben immer bei meinem Vater gewohnt und sind deshalb nicht in diese Sache hineingezogen worden. Ich kann nirgendwo hin, sie werden mich in ganz Ägypten suchen und finden." Bei einer Rückkehr befürchte er, dass er von der Geheimpolizei befragt werde, warum er das Land verlassen habe. Man werde dann mit Sicherheit behaupten, dass er der Moslembruderschaft angehöre und er werde eingesperrt. Seine Freunde seien bereits vor einem Jahr eingesperrt worden und niemand wisse, wo sie sich befinden. Auch seine Freunde seien, wie er, von der Geheimpolizei befragt worden und seien seit dem verschwunden. Das sei der einzige Beweis, den er vorlegen könne.
Am 27.02.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch einen Organwalter des Bundesamtes statt. Auf entsprechende Fragestellung gab der Beschwerdeführer an, dass er sechs Jahre in die Grundschule und drei Jahre in die Hauptschule gegangen sei. Danach habe er drei Jahre eine Höhere Schule, eine Handelsschule, besucht. Er habe als Hilfsarbeiter und Maurer gearbeitet. Er habe seinem Vater geholfen, der habe eine Gärtnerei. Mit 20 Jahren habe er sich als einfacher Soldat zum Militär gemeldet. Wenn er Zeit gehabt habe vom Militär, habe er selbständig Elektrogeräte verkauft. Er habe vier Brüder und eine Schwester.
Konkret zum Fluchtgrund befragt brachte er vor: "Ein Offizier namens XXXX hat mich bedroht. Dieser hat mich beschuldigt, dass ich von der Moslembruderschaft bin, obwohl ich nicht von dort bin, ich bin nicht streng gläubig. Ich bin normaler Moslem. Dieser Offizier hat mich gefragt, warum ich mit der Bruderschaft zusammen bin. Ich habe gesagt, dass es nur eine Moschee gibt, viele meiner Nachbarn wären zwar in der Moslembruderschaft, aber ich habe damit nichts zu tun. Er hat von mir verlangt, dass ich nicht mehr in diese Moschee in XXXX gehen soll. Ich habe gesagt, dass ich seit meiner Kindheit in diese Moschee gehe und dies auch weiterhin machen werde. Dieser Offizier hat mich auch gefragt, warum ich gegen Al Sisi, den ägyptischen Präsident bin, ich habe meine Meinung gesagt, dass der ehemalige Präsident Mursi keine Fehler gemacht hat und die Todesstrafe nicht verdient hat. Als ich das gesagt habe, hat mich der Offizier beschimpft und ist er mit ein paar Soldaten gekommen, die mich auch geschlagen haben. Dies war an einem Samstag im November 2015. Dies war alles im November 2015. Ich wurde bedroht, einmal festgenommen und dann habe ich mich entschlossen das Heimatland zu verlassen. Einmal wurde ich für zwei Stunden festgenommen, beschimpft von XXXX und dann wieder freigelassen. Ich wurde immer wieder vom Offizier XXXX gefragt, ob ich Mitglied dieser Bruderschaft bin, ich habe ihm immer wieder, dass ich kein Mitglied bin und nichts mit der Gruppe zu tun hatte. Dann hat mir der Offizier XXXX angeboten, als Spitzel für ihn zu arbeiten. Ich sollte meine Nachbarn und meine Familie bespitzeln. Ich habe das aber abgelehnt, danach habe ich gesagt, dass ich mitmache, dann habe ich mich entschlossen mein Heimatland so schnell wie möglich zu verlassen. XXXX hat mir eine Woche Zeit gegeben, dass ich Informationen bringe und deswegen habe ich mein Heimatland so schnell wie möglich verlassen. Dann war ich in der Stadt Alemania und dann habe ich mein Heimatland verlassen." Im November 2015 hätten die Probleme mit dem Offizier begonnen. An einem Samstag um 08:30 Uhr habe der Offizier an die Türe geklopft, er habe die Türe aufgemacht. Der Offizier habe zu ihm gesagt, dass er mitkommen solle. Er sei dann zwei Stunden angehalten worden, in einer Zelle. Dies sei in Fakos auf einer Polizeistation gewesen. Er sei befragt worden, warum er in dieser Bruderschaft sei, warum er gegen den Al Sisi Präsidenten sei, er sei geschlagen worden. Er sei in seinem Büro gewesen, er sei vis-a-vis von ihm gesessen. Neben ihm sei ein Polizist gestanden. Er sei gefragt worden, warum er gegen den jetzigen Präsidenten sei, dann habe er geschimpft mit ihm und der andere Polizist habe ihn geschlagen. Er sei mit der Hand auf den Kopf geschlagen worden, dann habe er sich nach vorne gebeugt und sei mit dem Fuß getreten worden. Dann sei er in ein Zimmer gebracht worden, wo er zwei bis drei Stunden aufgehalten wurde. In diesem Zimmer sei er wieder geschlagen worden. Dann sei er wieder ins Büro von Offizier XXXX gekommen und er habe verlangt, dass er für ihn arbeite. Dann sei er freigelassen worden und er habe sich entschlossen das Land zu verlassen. Er sei dann nach Hause gefahren. Sein Bruder habe ihm Geld für das Taxi gegeben. Sein Vater habe ihm gesagt, dass er Al Aharkia verlassen solle. Dies habe er dann auch getan. Er sei dann eine Woche in Almenia unterwegs gewesen. Er habe dann nach Al Sharkia zurück gewollt, aber ein Schlepper habe ihn angerufen und ihm gesagt, dass es in zwei Tagen ein Boot geben würde. Er sei dann von Almenia nach Alexandria gefahren, dort sei er dann zwei Tage gewesen und dann ausgereist.
Mit Bescheid vom 08.03.2017, Zl. IFA 1097119010-151885003 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 09.03.2016 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF ab (Spruchpunkt I.) und wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ägypten abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt und erließ die belangte Behörde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage aber Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV). Begründet wurde der Bescheid mit Unglaubhaftigkeit des Vorbringens.
Mit Schriftsatz vom 20.03.2017 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Begründet wurde die Beschwerde mit Mangelhaftigkeit des Verfahrens und einer darauf aufbauenden materiellen Rechtswidrigkeit.
Am 10.10.2017 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung durchgeführt. Die wesentlichen Inhalte der Verhandlung lauteten:
"Für die heutige Verhandlung legt der Beschwerdeführer nachstehende
Unterlagen vor:
Der BF legt ein Foto vor:
Diese Person ist XXXX. Er kam aus meinem Ort. Er hat das gleiche Verfahren wie mein Verfahren. Er wurde von der Polizei verhaftet und gefoltert. Dann ist er in Haft verstorben. Die Polizei hat erst die Leiche abgegeben, nachdem die Familie eine Bestätigung unterschrieben hat, dass er eines normalen Todes verstorben ist.
RI: Ist es sehr gefährlich in ihrem Dorf zu leben?
BF: Nicht für alle.
RI: Kannten Sie diesen Mann gut?
BF: XXXX besaß ein Internetcafe. Wir haben dort gespielt. Ich kannte ihn von dort.
Der BF legt mehrere Unterlagen zu seiner Integrationssituation vor.
RI: Was ist das für eine Unterlage?
BF: Das ist ein Maturazeugnis.
RI: Können Sie mir sagen wie alt der BF war als dieses Dokument ausgestellt wurde?
BF: Es gibt nur eine Sitzungsnummer.
RI: Dieses Zeugnis befähigt Sie zum Zugang zu einer Universität?
BF: Ja.
[ ]
Zur heutigen Situation:
RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?
BF: Ja.
RI: Leiden Sie an chronischen Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen?
BF: Nein.
Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen
Lebensumständen:
RI: Sind die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?
BF: Ja.
RI: Gehören Sie einer bestimmten ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe an?
BF: Ich bin Araber.
RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an?
BF: Ich bin Moslem.
RI: Sind Sie streng gläubiger Moslem?
BF: Ja, ich faste. Ich bin Religiös aber nicht Extremist.
RI: Was heißt das?
BF: Bei der Erstbefragung wurde ich gefragt, ob ich streng religiös bin und ob ich 5 x am Tag bete. Ich sagte ich bete 5 x am Tag, aber ich bin nicht streng religiös.
RI: Sie beten also 5 x am Tag und sind kein religiöser Extremist?
BF: Ich bete nicht regelmäßig 2 bis 3 x am Tag. Als ich Ägypten war wohnte ich in der Nähe von der Moschee, deshalb habe ich 5 x am Tag gebetet. Aber hier nur 2 bis 3 x am Tag. Aber ich besuche jeden Freitag die Moschee.
RI: Sind Sie verheiratet oder leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?
BF: Nein ich bin nicht verheiratet.
Der BF entzieht der Caritas Burgenland die Vollmacht.
RI: Die Verhandlung wird für 15 Minuten unterbrochen.
Die Verhandlung wird um 15:00 fortgesetzt.
RI: Sind Sie verlobt oder beabsichtigen Sie in nächster Zeit zu heiraten?
BF: Nein.
RI: Haben Sie Verwandte in Ägypten?
BF: Ja.
RI: Wie viele, wer Bruder, Schwester?
BF: In Ägypten habe ich meine Eltern, 5 Brüder und 1 Schwester.
RI: Wie hießen die Eltern?
BF: Mohamed Mohames Yusef. Meine Mutter heißt: Hanem Ibrahim Mohamad.
RI: Wie heißen die Brüder?
BF: Mein ältester Bruder heißt Ahmed, Bassem, Mahmud und Dhyaa und meine Schwester Sundus.
RI: Sie sagten Sie haben 5 Brüder?
BF: Einer ist gestorben.
RI: Können Sie Dokumente vorlegen, die Ihre Angaben zu Ihrer Identität belegen (zB Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde, Heiratsurkunde)?
BF: Nein. Ich habe meinen Personalausweis auf dem Weg hierher verloren. Der Reisepass lag zu Hause, als ich in einem anderen Bundesland gearbeitet habe. Ich hatte nicht vor das Land zu verlassen. Ich bin Ägypten mit dem Personalausweis gegangen, dies hat als Ausweis gereicht. In Ägypten brauchte ich keinen Reisepass.
RI: Haben Sie einen Reisepass in Ägypten gehabt?
BF: Ja.
RI: Haben Sie den Militärdienst abgeleistet?
BF: Ja.
RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schulausbildung absolviert bzw. einen Beruf erlernt?
BF: Ich besuchte die Schule 12 Jahre. Ich bin wie mein Vater Landwirt. Ich habe 2 Jahre auf einer Baustelle gearbeitet. Ich kenne mich mit Spachteln gut aus. Zuletzt verkaufte ich Elektrogeräte.
RI: Alles in Ägypten?
BF: Ja.
BF: Darf ich auf Deutsch auch antworten?
RI: Ja.
BF: Wenn ich eine Frage verstehe, dann werde ich auf Deutsch antworten.
RI: Ja. Wenn Sie die Hilfe des Dolmetschers brauchen, dann sagen Sie es einfach. Sie verstehen recht gut Deutsch und sprechen auch gut Deutsch.
RI: Wann haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen?
BF: Ende Nov. 2015. Es war zwischen dem 25. und 28. Nov. 2015.
Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:
RI: Sie wurden bereits vom Bundesamt zu Ihren Fluchtgründen befragt. Die diesbezüglichen Niederschriften liegen im Akt ein. Erinnern Sie sich noch an Ihre Angaben und halten Sie diese aufrecht? Oder wollen Sie etwas ergänzen oder berichtigen?
BF: Wie ich davor erwähnt habe, dass ich 5 x am Tag gebetet habe, die Einvernehmerin sagte zu mir, dass ich streng religiös sei, ich sagte ich bin nicht streng religiös. Daraufhin sagte sie zu mir, dass ich lüge. Ich wurde auch gefragt, wo beim Reisepass sich befindet. Ich sagte der Reisepass sei zuhause, aber ich hatte den Personalausweis immer dabei.
RI: Zuerst sagten sie hatten keinen Reisepass dabei, in Ägypten hätten Sie keinen gebraucht?
BF: Ich meinte hier, habe ich keinen Reisepass.
RI: Haben Sie in Ägypten einen Reisepass?
BF: Ja.
RI: Ist der Pass noch in Ägypten oder nicht?
BF: Mein Reisepass war im Kasten. Meine Familie hat ein neues Haus gebaut und sie finden den Reisepass nicht mehr.
RI: Erzählen Sie mir von XXXX:
BF: XXXX besaß ein Internet-Cafe, ein Saal mit vielen Computern, indem man spielte. Es war ein Spielgeschäft.
RI: Nennen wir es Internetcafe. Das ist einfacher.
BF: Ich habe ihm im Cafe gespielt mit meinen Freunden und ich kannte ihn persönlich. Dieses Internetcafe war in der Nähe von meinem Haus. Ich ginge mit meinen Freunden dort hin.
RI: Wer hat ihn so entsetzlich zugerichtet, was ist ihm passiert?
BF: Er wurde mit einer Person namens Omar Hamader in seinem Haus festgenommen. Niemand wusste wo sie festgehalten wurden.
RI: Warum wurden sie festgenommen?
BF: Das weiß ich nicht. Daraufhin bekamen wir die Information, dass XXXX getötet wurde. Seine Familie durfte seine Leiche nicht abholen, bevor sie auf einem Zettel unterschrieben haben, dass er an einem natürlichen Tod verstorben ist.
RI: Warum wurde er von der Polizei festgenommen? Sie haben ihn oft gesehen, sie müssen etwas wissen.
BF: Das wusste ich nicht ganz genau, aber vielleicht weil er zur Gebetszeit sein Geschäft zugesperrt hat und bat die Gäste um Verständnis, dass er später wieder kommt. Er hat gebetet und das Geschäft wieder geöffnet.
RI: Warum zeigen Sie mir sein Foto?
BF: Weil ein Offizier Namens XXXX zu mir nach Hause kam und warf mir vor, dass ich der muslimischen Bruderschaft angehöre. Ich sagte zu ihm nein, das stimmt nicht.
RI: Was hat das mit XXXX zu tun?
BF: Es passierte mir das gleiche wie bei XXXX, aber ich wollte die Befehle des Offiziers RI: Hat der Offizier mit XXXX gesprochen?
BF: Das wusste ich nicht. Ich wurde zu einer Station gebracht, wo nur ein Offizier zuständig ist, XXXX wurde auch dort hingebracht.
RI: Was war das für eine Station?
BF: Eine Polizeistation und ein Offizier ist für die Provinz zuständig.
RI: Sie waren gemeinsam mit XXXX auf der Polizeistation, was ist dann mit ihm passiert.
BF: Nein, ich sagte, ich war in derselben Polizeistation als XXXX war. Wir waren nicht zusammen.
RI: Woher wissen Sie das?
BF: XXXX wurde in der Polizeistation festgenommen und dann zu dieser Polizeistation gebracht, dort wurde er gefoltert und verstarb dort.
RI: Woher wissen Sie das?
BF: Seine Familie ging zu dieser Polizeistation und hat dort auf den Zettel unterschrieben.
RI: Sie sind bedroht worden, oder verdächtigt worden, dass sie für die Muslimische Bruderschaft auskundschaften?
BF: Ja, das ist richtig.
RI: Wurde XXXX auch deshalb bedroht.
BF: Das wusste ich nicht.
RI: Warum sollte dann XXXX von der Polizei zusammengeschlagen worden sein.
BF: Warum, weshalb das weiß ich nicht.
RI: Ist die Polizei in ihrem Land brutal?
BF: Das hängt immer von einem Offizier zu einem anderen Offizier ab. Der Offizier kann immer beurteilen, ob jemand was getan hat oder nicht.
RI: Wenn jemand was getan hat, ist er dann brutal?
BF: Ja. XXXX wurde bedroht, deshalb ist ihm das passiert.
RI: Von wem wurde er bedroht?
BF: Er wurde festgenommen, danach wurde er gefoltert bis er verstorben ist.
RI: Sie haben gesagt er wurde bedroht, von wem?
BF: Ich war in der gleichen Polizeistation, wo XXXX war, dort wurde ich bedroht, mir wurde vorgeworfen, dass ich der muslimischen Bruderschaft angehöre.
RI: Die Caritas schreibt in Ihrer Beschwerde, es entspricht vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen bei einem Bedrängnis der Gefahr zu entgehen. Es ist normal, dass der Beschwerdeführer die Flucht ergriff.
BF: Ja, das habe ich gemacht.
RI: Sie haben bemerkt, wie ihr Freund zu tote geprügelt wurde, sie haben abgewartet, sie waren unter Verdacht zu spionieren.
BF: Ja. Die Polizei kam zu mir nach Hause und nahm mich fest. Der Offizier hieß XXXX, er warf mir vor, dass ich der muslimischen Bruderschaft angehöre.
RI: Was haben Sie dann gemacht?
BF: Dann wurde ich gefragt, warum ich zum Morsi stehe.
RI: Was haben Sie nach dem Verhör gemacht?
BF: Ich wurde von der Polizei geschlagen. Ich wurde auch mit dem Fuß getreten. Meine Familie wurde beschimpft und ich auch. Dann blieb ich 3 Stunden in der Zelle. Dort wurde ich auch geschlagen. Nach 3 Stunden wurde ich nochmals befragt. Dann wurde mir die gleiche Frage gestellt, ob ich der muslimischen Bruderschaft angehöre. Ich sagte nein. Man fragte mich, warum ich immer in der Moschee gebetet habe. Ich sagte, weil die Moschee in der Nähe von meinem Haus liegt. Bevor ich Zuhause bete, dann bete ich in der Moschee. In der Moschee waren Personen der muslimischen Bruderschaft.
RI: Das kenne ich alles, das haben Sie schon ausgesagt. Wollen Sie was Neues dazu sagen?
BF: Der Polizist sagte zu mir, ich kann gehen, aber nur wenn ich für die Polizei spioniere, gegenüber der muslimischen Bruderschaft. Dann habe ich gesagt, ja das passt. Ich ging nach Hause. Ich erzählte meinem Vater von dem Vorfall, mein Vater sagte ich solle nach Alminia gehen, dort blieb ich eine Woche. Normalerweise hätte ich nach 1 Woche zu ihm gehen sollen, zum Offizier, um Informationen zu geben. Danach habe ich das Land verlassen. Ich ging nicht in meinen Ort zurück.
RI: Der Offizier wollte nicht gleich eine Antwort, ob sie spionieren oder nicht. Er sagte gehen Sie.
BF: Ich wurde entlassen, weil ich gesagt habe, ja, ich werde als Spion für sie arbeiten.
RI: Was ist dann passiert, als Sie das gesagt haben?
BF: Ich wurde entlassen, ich ging nach Hause und erzählte meinen Vater von diesem Vorfall. Mein Vater sagte, ich soll den Ort verlassen. Ich verkaufte damals Elektrogeräte und ging zu einem andern Bundesland namens Ninja. Ich hätte mich nach einer Woche beim Offizier melden sollen, damit ich Aussagen gegenüber der muslimischen Bruderschaft mache.
RI: Wann haben Sie beschlossen zu fliehen?
BF: Am gleichen Tag bei dem Vorfall, als ich bei der Polizei geschlagen wurde.
RI: Dann haben Sie eine Woche gewartet.
BF: Ja. Es gibt noch eine Person namens XXXX, diese Person hatte die gleichen Probleme wie ich, er befindet sich in Deutschland und hörte von meinem Vorfall. Er rief mich an und organisierte dann den gleichen Schlepper.
RI: Wie konnte er von Ihren Problemen hören?
BF: Seine Familie lebte im gleichen Dorf wie ich. Wir haben zusammen die Schule besucht. Er gab mir die Nummer des Schleppers. Es war in der Woche, als ich in Ägypten war. Ich rief den Schlepper und er sagte zu mir, ich solle auf einen Anruf von ihm warten. Danach rief er mich und sagte zu mir es gibt ein Schiff. Ich solle nach Alexandria gehen. Ich bin dann nach Alexandria gegangen. Ich habe meine Familie nicht gesehen und ich habe mich nicht verabschiedet. Ich blieb 2 Tage in Alexandria, dann habe ich das Land verlassen. An den 2 Tagen, als ich in Alexandria war, kam der Polizist und suchte mich zu Hause.
RI: Warum haben Sie nicht bei Ihren Eltern gewartet bis der Schlepper anruft, da wären Sie sicher gewesen?
BF: Ich hatte vor dem Offizier zu sagen, dass ich wo anders arbeite und ich weiß nichts über die muslimische Bruderschaft.
RI: Sie hätten sich in Ägypten verstecken können?
BF: Wenn ich mich in Ägypten versteckt hätte, dann wäre ein Haftbefehl erlassen worden. Bei jedem Kontrollpunkt hätte mich dann die Polizei festgenommen.
RI: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?
BF: Ich werde bestimmt verhaftet und dann bestimmt gefoltert, bis mir dasselbe passiert wie XXXX.
RI: Gibt es einen Haftbefehl?
BF: Nein, gibt es nicht. In Ägypten gibt es keinen Haftbefehl, wie in Österreich. Aber die Offiziere verwenden keinen Haftbefehl.
RI: Wie funktioniert das dann?
BF: Mir wird das gleiche passieren wie einer Person XXXX. Er sitzt bis jetzt im Gefängnis und niemand weiß was über ihn.
RI: Wie kommen Sie ins Gefängnis?
BF: Mir wurde vorgeworfen, dass ich gegen die muslimische Bruderschaft bin.
RI: Wie weiß die Polizei, dass Sie sie suchen muss?
BF: Ich wurde vorher festgenommen, gefoltert und beschimpft. Ohne einen Haftbefehl. Wenn ich in Ägypten in Haft wäre, werde ich dann entlassen. Wenn ein Haftbefehl gegen mich besteht, dann wäre ich ein paar Tage in Haft und dann werde ich entlassen.
RI: War dies eine Frage?
BF: Nein ich wollte nur andeuten was mit mir passiert. Ich wurde am selben Tag entlassen. Es gab keinen Haftbefehl, daher wurde ich am gleichen Tag entlassen. Gibt es einen Haftbefehl bleibe ich länger in Haft.
RI: Sie denken, dass Sie die Polizei in Ägypten sucht?
BF: Dass weiß ich nicht, ob mich die Polizei sucht. Derselbe Polizist war vor 5 Monaten bei mir zu Hause und suchte nach mir.
RI: Wissen Sie jetzt ob die Polizei Sie sucht oder nicht.
BF: Ich weiß nicht ob es einen Befehl gibt.
RI: Ist es ein Befehl oder eine Verurteilung?
BF: Ich weiß nicht ob es einen Befehl gibt, oder der Offizier sucht nach mir.
RI: Denken Sie, dass Sie von einem Gericht verurteilt worden sind. Könnte das möglich sein?
BF: Wir bekamen keine Verständigung nach Hause, aber wenn der Polizist mich sieht, wird er mich bestimmt verhaften.
RI: Ich frage noch einmal, sucht die Polizei nach Ihnen?
BF: Der Offizier sucht nach mir.
RI: XXXX war vor 4 Monaten auf der Landwirtschaft von Ihren Eltern?
BF: Ja.
RI: Sie haben gesagt, er ist Offizier ist er Offizier bei der Armee oder bei der Polizei?
BF: Offizier bei der Polizei.
RI: Wenn Sie dieser Polizei-Offizier nicht suchen würde, könnten Sie dann nach Ägypten zurückkehren?
BF: Ja, ich könnte zurückkehren.
Der RI gibt der RV die Möglichkeit, zu den bisherigen Angaben der Partei eine mündliche Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.
RV: Woher wussten Sie dass Sie gesucht wurden.
BF: Mein Bruder rief mich und sagte es mir.
RI: Woher wissen Sie, dass Sie dieser Offizier gesucht hat?
BF: Er ist derselbe Offizier, der mich von Zuhause abgeholt hat.
Die Verhandlung wird für 5 Minuten unterbrochen.
Die Verhandlung wird um 16:10 Uhr fortgesetzt.
RI: Haben Sie Fragen?
BF: Nein.
RI: Sie haben erzählt, dass Sie Landwirt sind, betreibt die Familie die Landwirtschaft?
BF: Ja.
RI: Wächst die Landwirtschaft?
BF: Ist gleich geblieben.
RI: Hat es keine Veränderungen gegeben?
BF: Sie geht nicht so wie früher.
RI: Es hat keine großen ökonomischen Veränderungen gegeben?
BF: Wir haben Grundstücke gemietet, wir haben die Bäume eingepflanzt, danach haben wir die Bäume genommen und die Landwirtschaft den Besitzern zurückgegeben.
RI: Das habe ich nicht verstanden.
BF: Wir haben zwei Landwirtschaften, aber wir können nicht auf einer Landwirtschaft die Bäume pflanzen und verkaufen, daher haben wir eine zweite Landwirtschaft, dort pflanzen wir die Bäume, dort haben wir die Bäume in Kübel gegeben und an unsere Landwirtschaft verkauft.
RI: Seit wann gibt es die zweite Landwirtschaft?
BF: Die gab es immer. Wir haben dies so gemacht, damit die Händler nicht sehen, dass wir Bäume pflanzen.
RI: Gab es keine große Veränderung? Vergrößerung oder Verkleinerung?
BF: Mein Vater hat noch ein Grundstück dazugekauft. Dieses Grundstück hat er gekauft als ich 10 Jahre alt war.
RI: Gibt es viele Angestellte?
BF: Es waren früher viele Angestellte. Jetzt haben wir keine Angestellten mehr.
RI: Seit wann haben Sie keine Angestellten mehr?
BF: Seit ich Ägypten verlassen habe, Angestellte nicht wie in Österreich. Mann musste keine Steuern abgeben.
RI: Das sind schon Veränderungen.
BF: Ich bin so aufgewachsen, mit diesen Informationen. Als ich Erwachen war habe ich mitbekommen welche Grundstücke mein Vater gekauft hat.
RI: Wo wurden Sie verhaftet?
BF: In meinem Haus in dem Haus meiner Eltern.
RI: Leben die Eltern noch immer in diesem Hause?
BF: Mein Vater hat nochmal geheiratet und er lebt am zweiten Grundstück, aber er besucht uns ab und zu.
RI: Das erste Haus besteht noch?
BF: Ja, das erste Haus ist noch aktuell, meine Mutter lebt dort.
Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat:
Der RI bringt die im Akt einliegenden Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat in das gegenständliche Verfahren ein, die dem BF bereits mit der Ladung übermittelt worden sind.
Der RI erklärt die Bedeutung und das Zustandekommen dieser Berichte.
Im Anschluss daran legt der RI die für die Entscheidung wesentlichen Inhalte dieser Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat dar.
Der RI gibt dem BF die Möglichkeit, in diese herkunftsstaatsbezogenen Berichte Einsicht zu nehmen sowie zu den vom RI dargelegten Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben.
BF: Es gibt zwei Personen namens XXXX und XXXX. Diese beiden wurden festgenommen und sind bis jetzt in Haft und niemand weiß warum die beiden verhaftet wurden. Der Führer der muslimischen Bruderschaft wurde verhaftet und er starb im Gefängnis.
Dem BF werden Kopien der vorliegenden Berichte und Feststellungen ausgefolgt und für eine allfällige schriftliche Stellungnahme ab heute eine Frist von zwei Wochen eingeräumt.
Zur derzeitigen Situation in Österreich:
RI: Haben Sie noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen? Wenn ja, wie sieht dieser Kontakt konkret aus und wie regelmäßig ist dieser Kontakt?
BF: Ja.
RI: Haben Sie in Österreich lebende Verwandte?
BF: Nein.
Der Richter stellt fest, dass der BF passabel deutsch spricht.
RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?
BF: Ich besuchte den A Null Kurs. Danach bin ich nach Graz umgezogen. Dann war ich auf einem Institut Namens ISO. Dort hatte ich einen Einstufungstest. Man sagte mir, dass ich nach 1 Monate kommen soll. Dann bekam ich diesen Zettel. Mit diesem Zettel hätte ich mich irgendwo anders melden sollen.
RI: Sie müssten einen Deutschkurs besuchen.
BF: Ich war überall, es wurde ein Einstufungstest gemacht. Ich wurde nicht aufgenommen.
RI: Haben Sie eine Deutsch-Sprachprüfung erfolgreich abgelegt?
BF: Nein, habe ich nicht. Ich habe das Geld nicht, um eine Prüfung zu machen.
RI: Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?
BF: Ja, ich arbeite als Reklame-Verteiler. Ich habe eine Karte von dieser Firma. Ich verteile für diese Firma Werbung.
RI: Bekommen Sie von dieser Firma Geld?
Der BF ist als Werbeverteiler tätig.
RI Beziehen Sie derzeit Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung (zB Taschengeld, Unterkunft)?
BF: Ich wohne in Graz, privat. Als ich im Burgenland war bekam ich eine soziale Unterstützung. Seit über 6 – 7 Monaten bekomme ich keine Grundversorgung.
RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder sind Sie Mitglied in einem Verein oder haben Sie sonstige soziale Kontakte, die Sie erwähnen möchten?
BF: Nein, aber ich gehe Fußballspielen.
RI: Haben Sie hier Freunde?
BF: Ja.
Abschließende Bemerkungen:
RI: Ich bin mit der Befragung am Ende. Wollen Sie noch abschließend etwas sagen?
BF: Nein.
RI: Haben Sie den Dolmetscher im gesamten Verlauf der Verhandlung gut verstanden?
BF: Ja.
BF: Darf ich noch was sagen. Ich bin seit 2 Jahren hier. Ich möchte arbeiten. Überall wo ich nachfrage sagen sie mir, dass ich eine Arbeitserlaubnis brauche. Ich kann ohne Arbeitserlaubnis nicht in Österreich leben. Mein Leben ist ohne Arbeit zerstört."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen
Bescheid:
A) 1. Feststellungen:
A) 1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer weist den im Spruch genannten Namen und Geburtsdatum auf und ist ägyptischer Staatsangehöriger. Mangels identitätsbezeugender Dokumente kann die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Seine Muttersprache ist arabisch, und er bekennt sich zum moslemischen Glauben.
Die Einreise nach Österreich erfolgte spätestens am 09.03.2016 nicht rechtmäßig und er stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung, ist ledig, befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter und leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich. Aufgrund der kurzen Dauer seines Aufenthaltes in Österreich kann noch nicht von einer nachhaltigen Verfestigung gesprochen werden.
Der Beschwerdeführer besuchte 6 Jahre lang die Grundschule, 3 Jahre die Hauptschule und 3 Jahre eine Höhere Schule. Vor seiner Ausreise war er als Soldat und selbständiger Elektrohändler tätig. Die Eltern und 4 Geschwister (eine Schwester und drei Brüder) leben nach wie vor in Ägypten.
Entgegen seinem Fluchtvorbringen flüchtete der Beschwerdeführer nicht, weil er von einem Offizier bezichtigt worden sei, der Muslimbruderschaft anzugehören und nun für ihn als Spitzel tätig zu werden. Feststellungen zu den Gründen, die den Beschwerdeführer letztlich zur Ausreise aus Ägypten bewogen haben, können nicht getroffen werden. Es kann daher auch nicht festgestellt werden, dass er in Ägypten aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.
Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Ägypten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
Zur Situation in Ägypten:
Die Verhältnisse in Ägypten haben sich seit der letzten Entscheidung der belangten Behörde vom 08.03.2017 - in welchem bereits geprüft und festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat für ihn keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde - nicht maßgeblich und auch nicht nachteilig für den Beschwerdeführer verändert und ist auch keine Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Unter Berücksichtigung der aktuellen Länderberichte (Stand 02.05.2017) stellt sich die Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers im Wesentlichen wie folgt dar:
Ägypten ist ein sicherer Herkunftsstaat, der fähig und willens ist, seine Bürger zu schützen.
Ägypten durchlebte im Zuge des sog "arabischen Frühlings" im Jahr 2011 eine Periode der politischen Instabilität, die nach massiven Protesten gegen die Regierung des gewählten Präsidenten Mursi durch das Militär am 03.07.2013 beendet wurde. Nach der Suspension der Verfassung trat am 18.01.2014 die neue Verfassung in Kraft, nach welcher Ägypten ein demokratischer Rechtsstaat mit dem Islam als Staatsreligion, Arabisch als Amtssprache und den Prinzipien der Scharia die Hauptquelle der Gesetzgebung ist. Seit Juni 2014 amtiert die Regierung des Präsidenten Abdel Al-Sisi zunächst ohne Parlament, seit 11.01.2016 wieder mit einem Abgeordnetenhaus. Seit 2011 ist die Sicherheitslage in Ägypten instabil. Die Kräfte des politischen Islam wurden durch den Sturz des Präsidenten Mursi geschwächt, dennoch bleiben religiöse Kräfte stark. Politische Auseinandersetzungen sind häufig mit Gewaltausbrüchen begleitet. Die sicherheitspolitischen Herausforderungen bleiben infolge verschiedentlicher Angriffe islamischer Terrornetzwerke, zB in der westlichen Wüste oder am Sinai beträchtlich. Es besteht landesweit ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge und der Gefahr von Entführungen. Infrastruktureinrichtungen zählen zu besonderen Zielen terroristischer Anschläge. Vereinzelt sind auch westliche Einrichtungen Ziele von Anschlägen. Besonders gefährdet ist die Halbinsel Sinai, wo es wiederholt zu schweren terroristischen Anschlägen auch durch die Terrororganisation ISIS gekommen ist und im nördlichen Teil der Ausnahmezustand verhängt wurde.
Die neue Verfassung gewährleistet die Unabhängigkeit der Justiz und die Immunität der Richter. In der Regel handeln Gerichte unparteilich, wobei vereinzelt politisch motivierten Urteilen vorkommen. Die Urteile werden in der Regel von der Regierung akzeptiert. Strafgerichte folgen westlichen Standards mit Unschuldsvermutung, detaillierter Information über die Anklagepunkte und dem Recht auf eine anwaltliche Vertretung und Verteidigung.
Ägypten verfügt über einen sehr ausgeprägten internen Sicherheitsapparat, welcher eine effektive Kontrolle der Bevölkerung durch die Regierung ermöglicht. In der Vergangenheit waren wichtige Aufgaben des Sicherheitsdienstes die Überwachung der Opposition und der Einsatz bei Demonstrationen. In den vergangenen Jahrzehnten herrschte die überwiegende Zeit der Ausnahmezustand, wodurch den Sicherheitsbehörden außerordentliche Befugnisse bei der Überwachung und der Inhaftierung, vornehmlich von Angehörigen der Muslimbruderschaft, eingeräumt wurden.
Dem Innenministerium und den Armeekräften werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Gewalttätige Angriffe auf Demonstrationen und Tätlichkeiten gegenüber Demonstrationen durch Sicherheitskräfte sind durch Aktivisten und Blogger dokumentiert. Die Anwendung von Folter und Gewalt durch die Polizei und den Sicherheitsapparat ist verboten. Es bestehen Berichte über die Anwendung von Folter oder Schlägen zur Erlangung von Geständnissen bei Verhaftungen. Schwerwiegende Fälle von Foltervorwürfen werden untersucht.
Die neue ägyptische Verfassung enthält einen Grundrechtekatalog.
Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat.
A) 2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung und auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
A) 2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 10.10.2017. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen auf die unbedenklichen Angaben im Administrativverfahren.
Da der Beschwerdeführer entweder nicht imstande oder nicht willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 10.10.2017.
A) 2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Als Fluchtgrund machte der Beschwerdeführer geltend, dass er von der ägyptischen Regierung verfolgt werde. Er sei von der Geheimpolizei befragt worden und sollte für sie als Spitzel arbeiten (Niederschrift vom 28.11.2015). In seiner Befragung am 27.02.2017 gab er an, dass ein Offizier ihn bedroht hätte. Dieser habe ihn beschuldigt, dass er von der Moslembruderschaft sei. Er sei jedoch nicht streng gläubig. Es sei von ihm verlangt worden, seine Nachbarn und Familie zu bespitzeln. Auf die Frage, warum sein Bruder und sein Vater in eine Moschee in einem anderen Ort gehen würden, obwohl sie in dem einen Ort arbeiten, konnte der Beschwerdeführer keine zufriedenstellende Antwort geben.
Der Verlauf der Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 10.10.2017 erschütterte seine Glaubwürdigkeit weiter: Während der Beschwerdeführer die vorgebliche Misshandlung und Tötung seines Freundes N. detailliert, ausführlich und emotional beschrieb, blieb die Beschreibung seiner eigenen vorgeblichen Bedrohung durch die Polizei und die Aufforderung zur Spionage vage, emotions- und farblos und bedurfte einer näheren Erörterung durch Nachfragen. Auch hat sich der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung in Widersprüche verwickelt: Befragt nach dem Verbleib seines Reisepasses, sagte er aus, dass dieser in Ägypten in einem Kasten verblieben sei. Seine Familie hätte ein neues Haus gebaut und würde den Reisepass nicht mehr finden. Trotz späterem genauen Befragen blieb der zuvor erwähnte angebliche Neubau des Hauses der Familie unerwähnt, vielmehr sagte der Beschwerdeführer aus, dass das landwirtschaftliche Anwesen der Familie im Grunde unverändert sei und die Mutter noch im alten Haus lebe, das er gemeinsam mit den Eltern bewohnt habe. Dem Beschwerdeführer fehlt nach Ansicht des erkennenden Richters die persönliche Glaubwürdigkeit.
2.2.2. Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher – wie auch die belangte Behörde – zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.
A) 2.3. Zum Herkunftsstaat:
Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie beispielsweise dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen, wie zB der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Unabhängig davon leben und arbeiten noch immer die Eltern, drei Brüder sowie die Schwester des Beschwerdeführers in Ägypten.
A) 3. Rechtliche Beurteilung:
A) 3.1. Zur (funktionellen) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Weder das Asylgesetz 2005 noch das Fremdenpolizeigesetz 2005 sehen eine Entscheidung durch Senate vor, sodass das Bundesverwaltungsgericht den vorliegenden Beschwerdefall durch Einzelrichter zu entscheiden hat.
A) 3.2. Zur anzuwendenden Rechtslage:
1. § 3 Abs. 1 und 3 Z 1, § 8 Abs. 1 bis 3, § 10 Abs. 1 Z 3 sowie § 55 und § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:
Status des Asylberechtigten
§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) (3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. .
(4) Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
(3a) Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8