Entscheidungsdatum
10.11.2017Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
L519 2144728-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX, geboren am XXXX alias XXXX, Staatsangehöriger des Irak alias staatenlos, vertreten durch RA Mag. Frühwirt, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der am XXXX erfolgten Abschiebung nach Kroatien zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), gibt an, XXXX zu heißen, am XXXX in Kuwait geboren und staatenlos zu sein. Der BF gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 29.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Über den BF liegen keine Einträge in der EURODAC Datenbank vor.
3. Bei der Erstbefragung vom 23.01.2016 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Er habe am 09.01.2016 seinen Aufenthaltsstaat Jordanien verlassen und sei über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gereist. Vor seiner Reise nach Österreich habe sich der BF zwei Jahre in Jordanien aufgehalten.
4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 06.03.2016 ein Informationsersuchen an Kroatien, welches jedoch unbeantwortet blieb. Am 11.03.2016 richtete das BFA ein Informationsgesuch an Slowenien, von wo aus mit Schreiben vom 14.03.2016 mitgeteilt wurde, dass über den BF keinerlei Informationen aufliegen. Schließlich stellte das BFA am 22.04.2016 ein Informationsgesuch an Großbritannien. Die britische Dublin-Behörde informierte das BFA, dass der BF laut einer Eintragung in der britischen Visadatenbank am 27.02.2014 einen Antrag auf ein britisches Visum gestellt habe, welcher jedoch am 04.03.2014 abgelehnt worden sei. Die dagegen eingebrachte Beschwerde sei vom BF wieder zurückgezogen worden. Unter einem teilte die britische Dublin Behörde die im Spruch aufgenommenen Aliasdaten des BF mit.
Schließlich richtete das BFA am 22.04.2016 ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien.
Mit Schreiben vom 27.06.2016 teilten die österreichischen Dublin-Behörden Kroatien mit, dass auf Grund der nicht fristgerecht erfolgten Antwort gemäß Artikel 22 Absatz 7 der Dublin III-Verordnung Verfristung eingetreten und Kroatien nunmehr zuständig für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens sei.
5. Mit Verfahrensanordnung vom 27.06.2016 wurde der BF darüber informiert, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Kroatien angenommen wird. Unter einem wurde dem BF mit einer weiteren Verfahrensanordnung vom 27.06.2016 der Verein Menschenrechte Österreich - VMÖ und die CARITAS Rückkehrhilfe als Organisationen zur Durchführung seines verpflichtenden Rückkehrberatungsgespräches genannt. Unter einem wurden dem BF die Länderfeststellungen zu Kroatien übermittelt. Alle genannten Schriftstücke wurden dem BF am 29.07.2016 gegen Übernahmebestätigung persönlich ausgefolgt.
6. Am 03.08.2016 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA im Beisein eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung. Hierbei bestätigte der BF über Kroatien nach Österreich gereist und in Kroatien vor der Polizei aufgegriffen worden zu sein. Der BF gab weiters an, dass man ihm in Kroatien die Fingerabdrücke angenommen habe und ihm im Anschluss daran einen Zug gezeigt habe, mit dem er seine Reise fortsetzte. Er habe in Kroatien keinen Asylantrag gestellt und sei in Kroatien weder bedroht noch verfolgt worden; vielmehr habe man ihm zu Essen gegeben.
7. Mit Bescheid vom 05.08.2016 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Antragstellers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.
8. Gegen diesen Bescheid wurde am 24.08.2016 fristgerecht Beschwerde eingebracht.
9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.09.2016, Zl. W233 2134670-1/3E wurde die Beschwerde gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
10. Im Rahmen einer Schwerpunktaktion wurde der BF bei einer Quartierkontrolle am 09.11.2016 angetroffen und wegen illegalen Aufenthaltes zur Anzeige gebracht.
11. Am 23.11.2016 erteilte das BFA EAST - Ost den Auftrag, den BF festzunehmen und ins PAZ zu überstellen. Die Festnahme erfolgte am 05.12.2016.
12. Am XXXX wurde der BF im Rahmen eines begleiteten Charterflugs nach Kroatien abgeschoben.
13. Mit Schreiben vom 13.01.2017 brachte der BF über die rechtsfreundliche Vertretung eine Beschwerde - unter anderem - gegen die erfolge Abschiebung ein. Diese wurde im Wesentlichen damit begründet, dass Kroatien keine Zuständigkeit nach der Dublin-Verordnung zukomme und keine illegale Einreise des BF vorliege, weil dieser mit dem Flüchtlingsstrom über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gelangte. Zum Zeitpunkt der Einreise des BF in das österreichische Bundesgebiet hätten die österreichischen Behörden die Einreise von Schutzsuchenden über die sogenannte "Balkanroute" zum Zwecke der Asylantragstellung in Österreich oder zum Zwecke der Durchreise durch Österreich zur Antragstellung in Deutschland zugelassen. Unter Bezugnahme auf das "Joint Statement" zwischen Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien, wonach sich diese Staaten darauf geeinigt hätten, das Passieren ihrer Staatsgrenzen zur Weiterreise nach Österreich jenen Schutzsuchenden zu gestatten, die ihre Identität nachweisen können und in Griechenland registriert worden seien, stelle sich die Frage, ob das für eine Anwendung des in Artikel 13 Abs. 1 Dublin III-VO normierten Zuständigkeitskriterium des illegalen Grenzübertritts gegeben ist, wenn - wie im Fall der BF - aus humanitären Gründen die Einreise in einen Mitgliedstaat oder die Durchreise durch einen Mitgliedstaat aufgrund der an diesen Staat gerichteten Zusicherung der Aufnahme eines Asylsuchenden eines anderen Mitgliedstaats gestattet werde. Es wäre somit nicht mit der zwischenstaatlichen Vereinbarung in Einklang zu bringen, könnten die österreichischen Behörden - nach zunächst erfolgter Zulassung der Einreise - schutzsuchende Menschen willkürlich wieder in die Staaten auf der "Balkanroute" abschieben, unter Hinweis darauf, dass diese für die Prüfung der Anträge zuständig seien.
Zwar wären das Bundesamt und Bundesverwaltungsgericht und auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH vom 07.09.2016, Ra 2016/19/0160) zunächst davon ausgegangen, dass in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden der Tatbestand der illegalen Einreise iSd Art. 13 Dublin III-VO erfüllt ist.
Im Zeitpunkt der Abschiebung hätte aber nicht davon ausgegangen werden dürfen, dass mit Kroatien eine Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgte. Die Außerlandesbringung des BF am XXXX sei trotz entsprechender Anordnung zur Außerlandesbringung unzulässig gewesen, da bereits seit 13.09.2016 ein Vorabentscheidungsverfahren in dieser Frage beim EuGH anhängig sei. Es wäre das Verfahren jedenfalls bis zur Entscheidung durch den EuGH gemäß § 38 AVG auszusetzen gewesen und wurde eine Vielzahl an Judikatur zu Vorfragen und dem Verlust der Gültigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen in bestimmten Konstellationen zitiert. Demnach wäre insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.11.2016, Zl. 2016/18/0224, in welchem sich dieser mit der vorliegenden Fallkonstellation befasst hat, die Abschiebung für rechtswidrig zu erklären.
Der Beschwerdeführer stelle daher hinsichtlich der in Beschwerde gezogen Abschiebung die Anträge, die Abschiebung für rechtswidrig zu erklären und der belangten Behörde aufzutragen, die Verfahrenskosten zu ersetzen.
14. Das BVwG schaffte den vorliegenden Akt und den Bericht über die Quartierkontrolle bei und nahm Einsicht in die Anhalte- und Vollzugsdatei, das ZMR, das Strafregister, das Grundversorgungssystem und Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.
diesen sowie die entsprechenden Datenbanken.
15. Mit Beschluss des BVwG vom 02.02.2017 wurde das Verfahren gemäß § 38 AVG bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in den Rechtssachen C-490/16 und C-646/16 ausgesetzt. Die diesbezüglichen Urteile des EuGH ergingen schließlich am 26.07.2017.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger des Iraks, stellte in Österreich am 29.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer ist im Rahmen der Massenfluchtbewegung auf der West-Balkan-Route über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich eingereist.
Zum BF liegt kein EURODAC Treffer vor. Da das auf Art 13. Abs. 1 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an die kroatische Dublin-Behörde unbeantwortet blieb, teilte die österreichische Dublin-Behörde den kroatischen Behörden mit, dass auf Grund der nicht fristgerecht erfolgen Antwort gemäß Artikel 22 Abs. 7 der Dublin III-VO Verfristung eingetreten und Kroatien nunmehr zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei.
Den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wies das BFA wegen der Zuständigkeit Kroatiens gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG mit Bescheid vom 05.08.2016 zurück. Zudem ordnete es die Außerlandesbringung an und stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Kroatien fest. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 13.09.2016 vorgelegt, das Bundesverwaltungsgericht erkannte der Beschwerde nicht die aufschiebende Wirkung zu (vgl. § 16 BFA-VG), weshalb die Entscheidung des BFA mit Ablauf des 20.09.2016 durchsetzbar wurde und wurde die Beschwerde mit Entscheidung des BVwG vom 15.09.2016 als unbegründet abgewiesen.
Festgestellt wird, dass dem BF spätestens Ende September bewusst sein musste, dass er verpflichtet ist, das Bundesgebiet zu verlassen und dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme auch behördlich durchsetzbar ist. Er ist seiner Verpflichtung nie nachgekommen und hat auch nie um Unterstützung einer freiwilligen Rückkehr nach Kroatien ersucht.
Der Beschwerdeführer wurde am XXXX nach Kroatien überstellt.
Zu diesem Zeitpunkt lag eine ihn betreffende durchsetzbare und durchführbare Anordnung zur Außerlandesbringung hinsichtlich Kroatiens vor.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt seiner Abschiebung flugtauglich.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsaktes des BFA sowie den entsprechenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Aufgrund der vorliegenden, unbedenklichen und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
2.2. Die Feststellungen zum Verfahren betreffend internationalen Schutz in Österreich sind unstrittig. Zu den Angaben bezüglich der Reiseroute ist festzustellen, dass der BF vorbrachte, letztlich mit der "Menschenmasse gegangen" zu sein, durch Kroatien gereist und dort auch erkennungsdienstlich behandelt worden zu sein und von dort in einen Zug gesetzt worden zu sein. Daher ist davon auszugehen, dass der BF anlässlich der "Flüchtlingswelle über die Balkanroute" zum Jahreswechsel 2015 / 2016 und zudem auch über Kroatien in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist.
Ebenso unstrittig ist, dass der BF nach rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens Österreich nie verlassen hat und auch nie um Unterstützung einer freiwilligen Rückkehr ersucht hat. Dass dem BF die Verpflichtung zur Ausreise bekannt gewesen sein muss, ergibt sich aus dem Inhalt des Bescheides des BFA bzw. der rechtskräftigen Abweisung der Beschwerde durch das BVwG.
2.3. Die Feststellungen zur Flugtauglichkeit sowie zur erfolgten Abschiebung ergeben sich aus dem Akteninhalt. Zudem wurde in der Beschwerde diesbezüglich nichts Gegenteiliges vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zu Spruchpunkt I: Abweisung der Beschwerde
3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt (u.a.) gemäß dem 7. Hauptstück des FPG, in dem sich der die Abschiebung regelnde § 46 FPG befindet. Es ist daher auch weiterhin zulässig, im Wege einer solchen Beschwerde die Rechtmäßigkeit einer Abschiebung als Maßnahme unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt (nunmehr:) durch das BVwG prüfen zu lassen. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung ist auf den Zeitpunkt ihres Vollzugs abzustellen (vgl. dazu VwGH 29.06.2017, Ra 2017/21/0089, mwN).
Gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind.
Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
3.1.2. Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies:
3.1.2.1. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt lag zum Zeitpunkt der Abschiebung des Beschwerdeführers am XXXX eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung vor. Wird eine Außerlandesbringung durchsetzbar, ist damit stets die Verpflichtung zum unverzüglichen Verlassen des Bundesgebietes verbunden. Der Beschwerdeführer ist im vorliegenden Fall seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgereicht nachgekommen, weshalb der Tatbestand des § 46 Abs. 1 Z 2 FPG dadurch jedenfalls erfüllt ist.
3.1.2.2. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Kroatien einer existentiellen Gefährdung oder sonstigen Bedrohung ausgesetzt war, sodass die Abschiebung eine Verletzung von Art. 2 oder Art. 3 EMRK bedeuten würde. So obliegt es nach der ständigen Judikatur des EGMR, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 26.04.2017, Ra 2017/19/0016).
Fallbezogen hat der Beschwerdeführer selbst eine solche (drohende bzw. zugefügte) Verletzung in der gegenständlichen Beschwerde nicht behauptet und auch sonst wurden keinerlei Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Beschwerdeführer durch seine Abschiebung nach Kroatien dem realen Risiko einer Verletzung des Art. 2 oder Art. 3 EMRK ausgesetzt war.
Gleiches gilt im Zusammenhang mit Art. 8 EMRK. In der Beschwerde wurde zwar unter Zitierung von Judikatur festgehalten, dass in bestimmten Konstellationen eine maßgebliche Änderung der Beurteilungsgrundlagen im Hinblick auf Art. 8 bzw. 2 und 3 EMRK auch hinsichtlich einer bereits getroffenen Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung relevant werden kann. Ein substantiiertes, konkret auf den BF bezogenes Vorbringen wurde hierzu aber nicht erstattet. Auch die Angaben in der Einvernahme vom 03.08.2016, dass er nicht wisse, ob man ihn in Kroatien akzeptieren würde, dort niemand einen Asylantrag gestellt hätte sowie die kryptischen Hinweise auf Länderinformationen zu Kroatien vermögen an dieser Einschätzung nichts zu ändern.
3.1.2.3. Die gegenständliche Beschwerde wird - zusammengefasst - ausschließlich damit begründet, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers trotz der durchsetzbaren Anordnung zu seiner Außerlandesbringung nach Kroatien im Hinblick auf das Vorabentscheidungsersuchen der Republik Slowenien an den Gerichtshof der Europäischen Union (VRHOVNO SODISCE Republike SLOVENIE legte mit Beschluss [Zahl: C-490/16] dem EUGH Fragen hinsichtlich der Auslegung des Tatbestandes der "illegalen Einreise" nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO vor) sowie der Vorlage des VwGH zu Zl. EU 2016/0007,0008-1 (Ra 2016/19/0303 und 304) in einer "ähnlich gelagerte Konstellation" erfolgt ist.
In der Beschwerde wurde behauptet, dass das Dublin Verfahren in Fällen, die dem gegenständlichen gleichgelagert sind, nicht anzuwenden sei, weil keine Umgehung von Grenzkontrollen vorliege und somit Österreich für die Prüfung der Asylverfahren zuständig sei. Dennoch sei am XXXX die Abschiebung nach Kroatien erfolgt. Zudem müsse die Relevanz der Frage, dass Art. 13 der Dublin III - VO nicht anzuwenden sei, da kein illegaler Grenzübertritt vorgelegen habe, sondern ein von Behörden organisierter Transport, bekannt gewesen sein, da diese thematisiert worden sei.
Den Ausführungen betreffend der Aussetzung des Verfahrens in Fällen, in welchen ein beim EUGH anhängiges, laufendes Verfahren in einer ähnlichen Konstellation noch nicht abgeschlossen ist, wurde gefolgt und das Verfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt.
Der Argumentation in der Beschwerde ist inzwischen jedoch zu entgegnen, dass über die aufgezeigten Vorabentscheidungsersuchen Sloweniens sowie des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes in den Rechtssachen C-490/16, A.S., bzw. C-646/16, Jafari,der EuGH inzwischen mit Urteilen jeweils vom 26.07.2017 entschieden hat. Der EuGH hat dabei u.a. erkannt, dass Kroatien gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III - VO für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz von Personen zuständig ist, die seine Grenze während der "Flüchtlingskrise" der Jahre 2015 und 2016 in großer Zahl überschritten haben bzw. kann die Gestattung der Einreise durch Kroatien nicht als "Visum" iSd Art. 12 iVm Art. 2 lit m Dublin III - VO eingestuft werden. So ist ein derartiges humanitäres Überschreiten der Grenze zwangsläufig - obschon der Duldung, aber aufgrund des Fehlens der Einreisevoraussetzungen (hier: eines Visums) - als illegal im Sinne der Dublin III - VO zu werten. Fallbezogen erweist sich vor diesem Hintergrund die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kroatien somit auch als rechtmäßig.
Sonstige außergewöhnliche Umstände, die die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kroatien unzulässig machen könnten, sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht geltend gemacht.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer durch die von ihm mittels Maßnahmenbeschwerde bekämpfte Abschiebung am XXXX, die zur Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erfolgte, nicht in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde gegen die Abschiebung war daher als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II: Abweisung des Antrags auf Kostenersatz
3.2.1. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
Gemäß Abs. 3 leg cit ist die Behörde, wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
3.2.2. Im vorliegenden Fall gebührt dem Beschwerdeführer kein Kostenersatz, da die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG die obsiegende Partei und der BF die unterlegene Partei ist.
Es ist daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
4. Entfall der mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG im gegenständlichen Fall die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des EuGH geklärt ist, ist die Revision nicht zulässig.
Schlagworte
Abschiebung, Antragsbegehren, Außerlandesbringung, internationaleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:L519.2144728.1.01Zuletzt aktualisiert am
20.11.2017