TE Vwgh Beschluss 2017/9/20 Ra 2016/19/0354

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Veröffentlicht am 20.09.2017
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: Ra 2016/19/0354 B 22. März 2017 * EuGH-Entscheidung: EuGH 62016CJ0646 B 26. Juli 2017 Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2016/19/0356 Ra 2016/19/0355

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache 1. des R N, 2. der S A, und 3. der M N, alle in W, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Raming, Rechtsanwalt in 3830 Waidhofen/Thaya, Hauptplatz 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. November 2016, W105 2137657-1/6E, W105 2137660-1/6E und W105 2137663-1/6E, jeweils betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Anordnung einer Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Die revisionswerbenden Parteien machen - auf das Wesentliche zusammengefasst - zur Zulässigkeit der Revision geltend, entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts sei Kroatien nicht für die Bearbeitung ihrer in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz zuständig. Sie seien nämlich nicht unrechtmäßig in Kroatien eingereist. Vielmehr sei ihre Einreise in Kroatien, Slowenien und Österreich geduldet und ihre Durchreise durch Kroatien und Slowenien staatlich organisiert worden. Es sei daher davon auszugehen, dass nach der Dublin III-Verordnung die Zuständigkeit Österreichs bestehe. Aufgrund der beim EuGH eingereichten Vorabentscheidungsersuchen des slowenischen Obersten Gerichtshofes (C-490/16) und des Verwaltungsgerichtshofes (C-646/16) zur Auslegung der Dublin III-Verordnung könne nicht (länger) von einer klaren unionsrechtlichen Rechtslage ausgegangen werden. Die Frage, ob die Zurückweisung der Anträge der revisionswerbenden Parteien zu Recht nach § 5 AsylG 2005 ausgesprochen worden sei, könne erst nach Vorliegen der Entscheidungen des EuGH einer - dann unter Berücksichtigung seiner Urteile neu vorzunehmenden rechtlichen - Beurteilung entschieden werden. Weiters wirft die Revision dem Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang vor, trotz eines entsprechenden Vorbringens keine näheren Feststellungen zu den Modalitäten der Einreise der revisionswerbenden Parteien in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union getroffen zu haben, obwohl dies für die Beurteilung der gegenständlichen Fälle maßgeblich gewesen wäre.

5 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 21. Februar 2017, Ra 2016/18/0253 und 0254, sowie das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2017, Ra 2015/17/0065).

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich unter Berücksichtigung der zu den (in der Revision angesprochenen) Rechtssachen Jafari, C- 646/16, und A.S., C-490/16, ergangenen Urteile des EuGH je vom 26. Juli 2017 mit den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2016/19/0303 und 0304, näher befasst. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird sohin insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Aus den dort genannten Gründen ist der Ansicht der revisionswerbenden Parteien, ihre von Serbien erfolgte Einreise in Kroatien sei nicht im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung illegal erfolgt, nicht beizupflichten. Wie sich aus den dortigen Ausführungen ferner ergibt, ändert es an dieser Beurteilung nichts, wenn die Einreise der revisionswerbenden Parteien von den Behörden geduldet und ihre Weiterreise von den Behörden organisiert gewesen sein sollte. Den von den revisionswerbenden Parteien vermissten Feststellungen zu den Modalitäten ihrer Reisebewegungen fehlt es sohin an der Relevanz für den Verfahrensausgang.

Das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts steht somit mit dem Gesetz im Einklang.

7 Die Revision war sohin mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Zeitpunkt der Entscheidung über die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 20. September 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016190354.L00.1

Im RIS seit

17.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

15.12.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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