Index
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der K W in H, vertreten durch die Appellator Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Schenkenstraße 4/6, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 6. Juni 2016, Zl. RV/7105617/2015, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die 1984 geborene Revisionswerberin ist seit dem Jahr 2005 Angestellte einer Steuerberatungsgesellschaft in Wien, bei der sie nach dem Vorbringen in der Revision als Kundenbetreuerin in der Buchhaltung und Lohnverrechnung begann und im Streitjahr 2014 die Position einer für Arbeitseinteilung, Kontrolle des Arbeitsfortschritts und Organisation zuständigen Kanzleileiterin innehatte. Sie heiratete 2010, begann im selben Jahr mit der Errichtung eines 2012 fertiggestellten Einfamilienhauses im nördlichen Niederösterreich und wurde im Oktober 2011 erstmals Mutter.
2 Ab Jänner 2012 (Wiederbeginn der Beschäftigung nach der Geburt des ersten Kindes) erbrachte die Revisionswerberin einen Teil ihrer Arbeitsleistung von zu Hause aus, wofür sie ein häusliches Arbeitszimmer einrichtete. Im Jahr 2013 arbeitete sie "im Schnitt an drei Tagen in der Woche in der Kanzlei" in Wien und im Übrigen zu Hause.
3 Im Juni 2014 wurde die Revisionswerberin zum zweiten Mal Mutter, was eine von April bis August 2014 dauernde Unterbrechung der Beschäftigung mit sich brachte. Nach der Wiederaufnahme der Beschäftigung verrichtete sie ihre Arbeit nur mehr an zwei Tagen in der Woche in der Kanzlei in Wien und im Übrigen von zu Hause aus.
4 Im Einkommensteuerbescheid vom 7. April 2015 für das Jahr 2014 versagte das Finanzamt die Anerkennung von Kosten für das häusliche Arbeitszimmer mit der Begründung, es bilde nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit der Revisionswerberin.
5 Über die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Beschwerde fand nach einer Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes und einem Vorlageantrag der Revisionswerberin eine mündliche Senatsverhandlung vor dem Bundesfinanzgericht statt, in der u.a. die Organisation der Betreuung der beiden Kinder im Streitjahr erörtert wurde. Die Revisionswerberin gab an, in der Zeit der Schwangerschaft habe sie zwei Wochentage in der Kanzlei in Wien und sonst zu Hause gearbeitet. Das erste Kind sei von der Großmutter betreut worden. Nach der Wiederaufnahme der Beschäftigung habe der Vater der Kinder "in Elternteilzeit" die Betreuung der Kinder übernommen.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis versagte auch das Bundesfinanzgericht die Anerkennung der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer. Es legte dazu dar, das häusliche Arbeitszimmer habe nach Reduktion der Anwesenheit in der Kanzlei in Wien auf zwei Tage im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d zweiter Satz EStG 1988 zwar wegen des zeitlichen Überwiegens den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit der Revisionswerberin gebildet. Die "von der Judikatur geforderte Voraussetzung, ob das Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit der Bf. notwendig ist", sei jedoch nicht erfüllt.
7 Das Bundesfinanzgericht verwies dazu zunächst auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Oktober 2003, 99/15/0203, und vom 16. Dezember 2003, 2001/15/0197, VwSlg 7890/F, wonach es an der beruflichen Notwendigkeit für ein häusliches Arbeitszimmer fehle, wenn beim Dienstgeber ein Arbeitsraum zur Verfügung stehe, weiters auf das Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2008/15/0126, wonach die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers "nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen zu beurteilen" sei, und auf das Erkenntnis vom 25. Juli 2013, 2011/15/0104. Im zuletzt genannten Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof erklärt, bei Bereitstellung eines Arbeitsplatzes durch den Dienstgeber hänge die Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers "von der Gesamtheit der konkreten Umstände des Einzelfalls" ab. Der damals angefochtene Berufungsbescheid sei vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden, weil sich die belangte Behörde mit der "Krankheit und Behinderung" des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt hatte.
8 Im vorliegenden Fall habe der Arbeitgeber der Revisionswerberin erklärt, auf Grund der beengten räumlichen Verhältnisse in der Kanzlei habe er seine Angestellten, darunter die Revisionswerberin, dazu angeregt, einen häuslichen Arbeitsplatz zu nutzen. Die Revisionswerberin verfüge jedoch in der Kanzlei über einen eigenen Arbeitsplatz. Sie führe sowohl berufliche als auch persönliche Gründe dafür ins Treffen, dass das häusliche Arbeitszimmer trotzdem notwendig sei.
9 Geltend gemacht würden als persönliche Gründe die Entfernung zwischen Wohnung und Kanzlei (etwa 70 km), das Wohnen in einer strukturschwachen Region, die keine vergleichbaren Beschäftigungsmöglichkeiten biete, und die Obsorge für zwei Kinder. Mit den ersten beiden dieser Argumente sei das Erfordernis eines häuslichen Arbeitszimmers nicht begründbar, zumal der Revisionswerberin das große Pendlerpauschale zustehe.
10 Zu ihrer Obsorgepflicht für zwei Kinder habe die Revisionswerberin dargelegt, als zweifache Mutter müsste sie ohne Möglichkeit zur Heimarbeit ihre Arbeit aufgeben, weil es ihr nicht möglich sei, im Ausmaß von 40 Wochenstunden in Wien zu arbeiten. Die Revisionswerberin verdanke die derzeitige Form ihrer Beschäftigung ihrem Arbeitgeber, der ihr die Heimarbeit im dargestellten Ausmaß ermöglicht habe. Im Vorlageantrag sei dazu ausgeführt worden, die Revisionswerberin könnte sonst nicht bei diesem Arbeitgeber arbeiten, weil sie sich um ein Kleinkind und einen Säugling kümmern müsse. Das Bundesfinanzgericht bezweifle nicht, dass diese Situation - auch bei im vorliegenden Fall gegebener Elternteilzeit des Vaters und Unterstützung durch Elternteile - "eine starke häusliche Präsenz" erfordere.
11 Mit der Frage, ob dies die Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers begründen könne, habe sich der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 30. Juni 2015, 2013/15/0165, auseinandergesetzt. Der Ansicht der Berufungsbehörde, die Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers könne sich in einem solchen Fall ausnahmsweise auch aus außerhalb der Erwerbstätigkeit gelegenen Umständen ergeben, habe der Verwaltungsgerichtshof widersprochen. Er habe dargelegt, für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitszimmers sei (neben dessen Auslastung) die Art der beruflichen Tätigkeit maßgeblich, aus der sich die Notwendigkeit des häuslichen Arbeitszimmers im damaligen Beschwerdefall nicht ergeben habe. Das Argument, den Betreuungspflichten für ein Kind "bestmöglich" nachkommen zu können, werde "mit Unterhaltsleistungen (Kinderbetreuungskosten)" verknüpft, die jedoch "grundsätzlich durch die Familienbeihilfe und die dafür vorgesehenen Absetzbeträge abgegolten" würden. Mit diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof "klar ausgesprochen", dass mit einem "Verweis auf bestehende Obsorgepflichten einer Mutter für ihre Kinder jedenfalls kein Grund" für die Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers dargetan werde.
12 Auf den folgenden Seiten seines Erkenntnisses setzte sich das Bundesfinanzgericht mit den geltend gemachten Gründen für eine berufliche Notwendigkeit des häuslichen Arbeitszimmers sowohl aus der Sicht der Revisionswerberin als auch aus der Sicht ihres Arbeitsgebers auseinander. Die Revisionswerberin habe eine (nicht das Streitjahr betreffende) Auswertung von E-Mails ins Treffen geführt, wonach fast ein Fünftel davon auf die Zeit außerhalb der üblichen Arbeitsstunden entfiele. Eine solche Zeiteinteilung sei bei Heimarbeit nicht unüblich und bedeute noch nicht zwangsläufig eine quantitative Mehrleistung. Was die beengten Platzverhältnisse in der Kanzlei (zu ergänzen: und das Erfordernis quantitativer Mehrleistungen) anlange, so liege im Fall der Revisionswerberin kein "desk sharing" vor. Sie verfüge über einen eigenen Arbeitsplatz, der nur zweimal monatlich nach terminlicher Abstimmung den Buchhalterinnen von Klienten zur Verfügung stehe. Die Kanzlei sei nur bis 17 Uhr (an Freitagen bis 14 Uhr) geöffnet, und es entspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass der tatsächlich stattfindende Bürobetrieb einer - wie vorliegend - stark expandierenden Kanzlei darüber wesentlich hinausgehe. Es sei in einem solchen Fall aber davon auszugehen, dass die Büroräumlichkeiten den Mitarbeitern auch über die regulären Öffnungszeiten hinaus zur Verfügung stünden. Bis zum Jänner 2012 (gemeint: bis nach der Geburt des ersten Kindes) sei eine Heimarbeit der Revisionswerberin auch nicht erforderlich gewesen.
13 Im Erkenntnis vom 30. Juni 2015, 2013/15/0165, habe der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 25. Juli 2013, 2011/15/0104, eingeräumt, die Möglichkeit der Benutzung eines jederzeit zugänglichen Arbeitszimmers beim Arbeitgeber könnte der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers "allenfalls dann" nicht entgegenstehen, "wenn ein Abgabepflichtiger aufgrund seiner Krankheit bzw. Behinderung die Arbeit zum Großteil von zu Hause aus erledigen muss". Das Bundesfinanzgericht sehe darin eine Bezugnahme auf "Umstände, die die betroffene Person geradezu dazu nötigen", ein häusliches Arbeitszimmer in Anspruch zu nehmen. Dies sei "im gegebenen Fall nicht ersichtlich". Die Revisionswerberin habe erst im Streitjahr den Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit in das häusliche Arbeitszimmer verlegt und dazu in ihrer Beschwerde vom 4. Mai 2015 dargelegt, dies sei "aufgrund der streckenmäßig großen Entfernung zu den Kanzleiräumlichkeiten sowie der Tatsache, dass ich zweifache Mutter kleiner Kinder bin", erfolgt. Damit spreche sie nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes "die tatsächliche, in ihrem privaten Bereich gelegene Motivation ihrer verstärkten Heimarbeit an". Auch im Vorlageantrag sei ausgeführt worden, die Revisionswerberin arbeite "nicht freiwillig von zu Hause aus, sondern weil es ihr anders nicht möglich ist, als 2fache Mutter einer 40-Stunden Beschäftigung nachzugehen, um ihre Familie zu ernähren". Für die "private Veranlassung der Heimarbeitsvereinbarung" spreche vor allem, dass diese nach der Geburt des ersten Kindes begonnen habe und "konsequent" im Jahr der Geburt des zweiten Kindes erweitert worden sei.
14 Zusammenfassend sei zu erkennen, dass die Revisionswerberin den Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit "aus außerhalb ihrer Erwerbstätigkeit gelegenen Gründen" in das häusliche Arbeitszimmer verlegt und dessen Notwendigkeit, "bezogen auf die Art ihrer Tätigkeit", nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Ein Abzug der Aufwendungen dafür habe daher zu unterbleiben.
15 Eine Revision dagegen sei im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
16 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zu ihrer Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung u. a. ausgeführt wird, das Bundesfinanzgericht habe das Erkenntnis vom 30. Juni 2015, 2013/15/0165, falsch interpretiert und auf das Erkenntnis vom 25. Juli 2013, 2011/15/0104, zu wenig Bedacht genommen. Es stelle sich die Frage, ob die Benutzung eines häuslichen Arbeitszimmers "infolge Krankheit einer anderen Beurteilung zu unterziehen" sei als eine solche "infolge Kindererziehung" ("Krankheit ja, Mutter nein?").
17 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der es die Zulässigkeit der Revision nicht bestreitet und deren Abweisung als unbegründet beantragt. Das Finanzamt teile - auch in Bezug auf die dem Vorbringen der Revisionswerberin folgende Annahme, das Arbeitszimmer habe den Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit gebildet - aus näher dargestellten Gründen die Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes.
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 Die Revision ist zulässig, weil sie Anlass zu Klarstellungen in Bezug auf die zwei zuletzt erwähnten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes gibt. Sie ist aber nicht begründet.
20 Für die Berücksichtigung von Kosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer ergibt sich aus § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 (seit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996) eine besondere Voraussetzung ("Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen"), auf die hier nicht eingegangen werden muss, weil ihr Vorliegen unstrittig ist. Auf die Schädlichkeit eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatzes wurde aber auch in diesem Zusammenhang schon Bezug genommen (vgl. die Regierungsvorlage zum Strukturanpassungsgesetz 1996, 72 BlgNR 20. GP 265: "jedenfalls"; weniger kategorisch Kofler in Doralt/Kofler, EStG11, 2007, § 20 Tz 104/4).
21 Davon abgesehen handelt es sich bei Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer um Aufwendungen, bei denen die Schwierigkeit der Abgrenzung gegenüber den Kosten der privaten Lebensführung zur Erörterung von Gesichtspunkten der Notwendigkeit des Aufwands als Indiz für dessen berufliche Veranlassung führt (vgl. allgemein Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, 2017, § 4 Tz 241 f; Doralt, EStG13, 2009, § 16 Tz 3 und 8 f; Sutter/Pfalz in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 62. Lfg., 2016, § 16 EStG 1988 Tz 23 und 25; Jakom/Lenneis, EStG, 2017, § 16 Rz 2; zum häuslichen Arbeitszimmer vor allem Kofler, a.a.O., Tz 104/9). Das Kriterium der Notwendigkeit ist dabei in zwei voneinander unterscheidbaren Ausprägungen zu beachten. Einerseits unter dem Gesichtspunkt der Art der Tätigkeit und der Auslastung des dafür verwendeten Raumes, und andererseits im Hinblick auf die Frage, ob dem Steuerpflichtigen nicht schon an seiner Dienststelle ein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung steht (vgl. dazu mit Nachweisen aus der Rechtsprechung Kofler, a.a.O.).
22 Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2015, 2013/15/0165, auf das sich das Bundesfinanzgericht vor allem gestützt hat, betraf den Fall einer Projektbetreuerin, die "in erster Linie am Computer" arbeitete und - wie im vorliegenden Fall die Revisionswerberin - nur an zwei Tagen in der Woche das Büro des Arbeitgebers in Wien aufsuchte. In den Gründen, aus denen er einer Amtsbeschwerde gegen die Berücksichtigung der Kosten des häuslichen Arbeitszimmers stattgab, nahm der Verwaltungsgerichtshof zunächst - getrennt - auf Vorjudikatur zu den beiden erwähnten Ausprägungen des Notwendigkeitskriteriums Bezug. Wenn es in den weiteren Ausführungen hieß, die Mitbeteiligte habe "nicht einmal behauptet, dass sich die Notwendigkeit des Arbeitszimmers aus der Art der von ihr ausgeübten Tätigkeit ergibt", so bezog sich dies - die Entscheidung bereits tragend - auf den ersten der beiden Gesichtspunkte.
23 Im vorliegenden Fall hat das Bundesfinanzgericht trotz der insofern missverständlichen Bezugnahme auf die "Art der Tätigkeit" nicht angenommen, die Revisionswerberin hätte ihre Arbeit, soweit sie sie zu Hause verrichtete, auch in einem gemischt genutzten Raum, also etwa in ihrem Wohnzimmer, erledigen können. Herangezogen wurde - wie nur zusätzlich auch im Erkenntnis vom 30. Juni 2015 - das zweite Notwendigkeitskriterium, nämlich der überwiegende Verzicht auf die Benützung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatzes, von dem das Bundesfinanzgericht zu der Überzeugung gelangte, er sei privat motiviert gewesen.
24 Was die Revision dagegen - in Verbindung mit dem Vorwurf, das Bundesfinanzgericht habe die beruflichen Gründe wegen des Vorliegens auch privater Gründe für unbeachtlich erklärt - unter dem Gesichtspunkt beruflicher Notwendigkeiten ins Treffen führt, zeigt weder einen relevanten Verfahrensmangel noch eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes auf. Im Verfahren wurde geltend gemacht, die hohe Qualität und Quantität der Leistungen der Revisionswerberin habe zu einer entsprechend höheren Entlohnung geführt. Dass diese aber wegen damit für den Arbeitgeber verbundener Vorteile für die Abwesenheit von der Kanzlei in Wien gewährt worden sei, die Heimarbeitsvereinbarungen also etwa jeweils zu Lohnerhöhungen geführt hätten, macht auch die Revision nicht geltend. Dass der Arbeitsplatz in der Kanzlei in Wien auch außerhalb der offiziellen Bürozeiten zur Verfügung gestanden hätte, wird nur in Bezug auf die damit verbundene, aber nicht tragende Annahme im Wesentlichen gleicher Arbeitsverhältnisse wie vor der ersten Heimarbeitsvereinbarung kritisiert, im Ergebnis aber nicht bestritten. Zur ins Treffen geführten Analyse des E-Mail-Verkehrs wird der Bemerkung des Bundesfinanzgerichtes, sie habe sich nicht auf das Streitjahr bezogen, die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhalts entgegengehalten. Unwidersprochen bleibt dabei das Argument, die dargestellte zeitliche Lagerung spreche bei Heimarbeit noch nicht für Mehrarbeit. Hätte eine solche auch in der Kanzlei stattfinden können, so kommt der Frage aber auch keine Bedeutung zu. Nicht eingegangen wird weiters auf die vom Bundesfinanzgericht dargestellte zeitliche Entwicklung des Vorbringens, in dem zunächst (in der Beschwerde) als angesichts der Entfernung einziger Grund für die Heimarbeitsvereinbarung des Jahres 2014 die Kinder der Revisionswerberin angeführt wurden, und auf den zeitlichen Zusammenhang der Heimarbeitsvereinbarungen selbst mit den Karenzen der Revisionswerberin.
25 Der Annahme des Bundesfinanzgerichtes, die im Streitjahr erweiterte Heimarbeitsvereinbarung wäre ohne die Obsorgepflichten der Revisionswerberin nicht getroffen worden, tritt die Revision daher nicht wirksam entgegen. Sie macht aber auch geltend, nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juli 2013, 2011/15/0104, VwSlg 8830/F, und dem Verweis darauf in dem Erkenntnis vom 30. Juni 2015, 2013/15/0165, könne eine Krankheit oder Behinderung des Steuerpflichtigen zur Berücksichtigung der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers führen, und es sei nicht erkennbar, warum dies dann nicht auch für Betreuungspflichten gelten sollte (vgl. in diesem Zusammenhang die Anmerkung von Malainer/Staribacher, immolex 2015, 321, zu dem Erkenntnis vom 30. Juni 2015).
26 Dazu ist auszuführen, dass es sich beim Gesichtspunkt des Fehlens eines geeigneten Arbeitsplatzes an der Dienststelle - wie erwähnt - nicht um eine rechtliche Voraussetzung, sondern nur um ein Indiz für die berufliche Veranlassung des Aufwandes handelt. Ob diese vorliegt, hängt stets von der Gesamtheit der konkreten Umstände des Einzelfalls ab (vgl. diesbezüglich das zitierte Erkenntnis vom 25. Juli 2013). Ein Fall, in dem die überwiegende Benützung eines häuslichen Arbeitszimmers aus besonderen gesundheitlichen Gründen unabdingbar ist, um das zu versteuernde Einkommen zu erzielen, wird dabei anders zu beurteilen sein als etwa ein solcher, in dem es um die Optimierung einer schon gewährleisteten Kinderbetreuung oder um die Vermeidung von (anderen) Kosten geht, die für sie sonst entstehen würden. Für das Ergebnis tragend ist vor diesem Hintergrund die Feststellung des Bundesfinanzgerichtes, zur Vereinbarung eines dritten Heimarbeitstages und somit überwiegenden Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers sei die Revisionswerberin nicht mit derselben Intensität genötigt gewesen, wie dies in dem mit dem Erkenntnis vom 25. Juli 2013 durch Aufhebung wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften entschiedenen Fall nach dem Vorbringen des damaligen Beschwerdeführers möglich schien und daher geprüft werden musste. Auch auf diese vom Bundesfinanzgericht getroffene Unterscheidung geht die Revision nicht ein.
27 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
28 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. Oktober 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016130028.L00Im RIS seit
17.11.2017Zuletzt aktualisiert am
15.12.2017