TE Vwgh Erkenntnis 2000/8/17 2000/12/0136

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Veröffentlicht am 17.08.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §14 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs3;
BDG 1979 §14 Abs4 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §211;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. Karl Prisching, Rechtsanwalt in St. Pölten, Voelklplatz 3, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 5. April 2000, Zl. 1859.221054/1-III/D/15/2000, betreffend Ruhestandsversetzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Oktober 1954 geborene Beschwerdeführer steht auf Grund des angefochtenen Bescheides seit 1. Juni 2000 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das BG und BRG in X., wo er die Fächer Bildnerische Erziehung und Technisches Werken unterrichtete.

Der Beschwerdeführer befand sich ab 29. Juni 1998 bis zu seiner von Amts wegen erfolgten Versetzung in den Ruhestand im "Krankenstand". Ihm wurde am 30. Juni 1998 wegen eines bösartigen Tumors ein Teil der Schilddrüse entfernt. In der Folge trat bei ihm eine Lähmung des rechten Stimmbandes ein, die (nach seinem Beschwerdevorbringen zunächst) zur weitgehenden Stimmlosigkeit führte. Nach eigenen Angaben begann er ab 18. November 1998 im AKH bei Univ.Prof. DDr. B. mit einer logopädischen Behandlung.

Über Ersuchen des zuständigen Landesschulrates (LSR) unterzog sich der Beschwerdeführer beim Gesundheitsamt der Stadt X einer vertrauensärztlichen Untersuchung. In der Stellungnahme des Amtsarztes vom 25. Jänner 1999 wird Folgendes festgehalten (der Name des Beschwerdeführers wurde anonymisiert mit dem Buchstaben A wiedergegeben):

"Trotz konsequenter logopädischer Übungsbehandlung im AKH Wien ist bei der Problematik bzgl. der heiseren und aphonischen Stimminsuffizienz bisher kein zufrieden stellendes Ergebnis erzielt worden. Da in einem operativ entfernten Schilddrüsenknoten bei histologischer Untersuchung karzinomatöse Anteile festgestellt wurden, steht ein weiterer operativer Eingriff mit Entfernung der gesamten Schilddrüse zur Diskussion. Weiters wäre noch abzuklären, ob durch einen operativen Eingriff zur Straffung des gelähmten Stimmbandes eine Verbesserung des Phonationsvermögens zu erzielen ist.

Derzeit ist für A. jegliche Unterrichtstätigkeit in Hinblick auf den bei seinen Unterrichtsfächern (Werkerziehung, Bildnerische Erziehung) herrschenden Hintergrundlärm nicht zu bewältigen. Aus medizinischer Sicht wird eine Beschäftigung im administrativen Bereich mit der Möglichkeit der Stimmschonung empfohlen (dabei sollten die Termine für die weitere logopädische Übungsbehandlung im AKH Wien berücksichtigt werden).

Falls für den Genannten keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden ist, muss eine Freistellung vom Unterricht beziehungsweise Krankenstand bis zu den Sommerferien 1999 aus gesundheitlichen Gründen gefordert werden.

Prognosen über die zukünftige Wiederherstellung der Stimme sind erst nach Einholung weiterer fachärztlicher Stellungnahme möglich."

In der Folge ersuchte der LSR das Bundespensionsamt (BPA) um die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer gab in dem für diese Untersuchung aufgelegten "Fragebogen zur Feststellung der Dienst-/Erwerbsunfähigkeit" (Formblatt B) auf formularmäßig vorgegebene Fragen u.a. an, dass seine Tätigkeit fallweise das Tragen von Lasten bis 15 kg erfordere, er der zusätzlichen Belastung durch Kälte und Lärm ausgesetzt sei, seine Tätigkeit bei laufenden Maschinen durchzuführen habe und u.a. an das Seh-, Hör- und Sprachvermögen zusätzliche Anforderungen gestellt würden, die (nach seiner Einschätzung) über das erforderliche Maß hinausgingen. Der Beschwerdeführer bejahte auch, dass Kommunikationsfähigkeit ein wesentliches Element seiner Tätigkeit darstelle.

Er wurde am 31. Mai 1999 von zwei Vertragsärzten des BPA (der praktischen Ärztin Dr. G.-T. und dem Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. St.) untersucht.

Dr. G.-T. wies im Abschnitt "Leistungsdefizit" u.a. darauf hin, dass Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, Stehen und Gehen ausgeführt werden könnten. Die körperliche Belastung müsse aber ständig als leicht und lediglich fallweise als mittelschwer "beschrieben" werden. Tätigkeiten sollten vorallem in geschlossenen Räumen ohne Kälte-, Nässe- oder Staubeinwirkung durchgeführt werden. Hebe- und Trageleistungen seien "überwiegend leicht möglich". Kundenkontakt (Schüler) sei auf Grund der schwachen Stimme nicht möglich, da dies den Beschwerdeführer einerseits anstrenge, andererseits aber auch sein Durchsetzungsvermögen leide, was insbesondere auch Arbeiten unter Lärmentwicklung betreffe.

Im Abschnitt "Voraussichtliche Entwicklung" wurden die Fragen "Besserung zu erwarten" und "Nachuntersuchung empfohlen" durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens bejaht.

Unter "Sonstige Bemerkungen" führte diese Ärztin Folgendes aus:

"Erst nach Abklärung der Tumorsituation und event. Stimmbandoperation ist eine tatsächliche Prognose möglich. Da dadurch eine Besserung der Stimme möglich ist, aber auch weiterführende Behandlungen bei neuerlichem Krebsleiden notwendig werden können."

Der Facharzt Dr. St. traf beim "Status" zur "Stimme" folgende Feststellung:

"Etwas heiser, Rauigkeit steht im Vordergrund, Stimme abgeschwächt, jedoch nicht schwach im eigentlichen Sinn. Stimme zusätzlich überhaucht."

Im Abschnitt "Leistungsdefizit (Beschreibung der Leistungseinschränkungen als Folge von Funktionsdefiziten und deren Diagnosen)" wurde von Dr. St. u.a. Folgendes ausgeführt:

"Die Stimmbandlähmung rechts stellt bei dem Beruf als Lehrer ein Berufshindernis dar. Insbesondere ist eine Belastbarkeit der Stimme mit einer Dauer von deutlich unter einer Stunde anzusetzen. Trotz konsequenter logopädischer Therapie bisher ist ein durchschlagender therapeutischer Erfolg bislang ausgeblieben, weshalb nun eine operative Stimmbandunterfütterung vorgeschlagen wurde, welche jedoch frühestens im Sommer 99 (aus med. Gründen) durchgeführt werden kann. Der Erfolg dieser Operation ist nicht abzusehen, ob die Stimme danach wieder echte Unterrichtsqualität erreicht, ist bereits aus heutiger Sicht sehr fraglich.

..."

Im Abschnitt "Sonstige Bemerkungen" wies Dr. St. darauf hin, dass eine Besserung nur auf Grund einer operativen Stimmbandunterfütterung zu erwarten sei. Ohne weitere regelmäßige logopädische Therapie sei mit einer Verschlechterung zu rechnen.

Der leitende Arzt des BPA Dr. W. stellte auf Grund der oben erwähnten beiden Untersuchungen zusammenfassend in seinem ärztlichen Sachverständigengutachten zur Leistungsfeststellung vom 26. August 1999 folgende "Diagnose (nach Relevanz hinsichtlich Arbeitsfähigkeit)":

"1. Teilentfernung der Schilddrüse bei bösartigem Tumorleiden und Nervus laryngeus recurrens Parese rechts mit Heiserkeit.

2.

Medikamenteninduzierte Schilddrüsenüberfunktion

3.

Skoliose der Brustwirbelsäule und Rippenbuckel mit Einschränkung der Beweglichkeit beim Seitenneigen und bei der Rotation nach links."

Im Abschnitt "Leistungskalkül" führte er Folgendes aus:

"1998 wurde ein Schwannom und ein Carcinom der Schilddrüse entfernt. In der Folge kam es zu einer Lähmung eines Stimmbandnerven, wodurch die Stimme dauernd heiser ist. Lautes und betontes R ist nicht mehr möglich. Der Beamte kann nur noch ganz leise und heiser (flüsternd) sprechen. Kundenkontakte, Unterrichts- oder Vortragstätigkeit sowie telefonieren ist nicht mehr möglich.

Wegen des Wirbelsäulenleidens können nur mehr leichte bis mitteschwere körperliche Arbeiten ausgeführt werden. Heben, Tragen und Schieben von Lasten bis 10 kg ist zulässig. Die Tätigkeiten sollten in wechselnder Arbeitshaltung unter Vermeidung von Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten und gebückter Stellung ausgeführt werden. Fein- und Grobarbeiten sind bei erhaltener Fingerfertigkeit ausführbar. Bildschirmunterstützte Arbeiten können ausgeführt werden. Nacht- und Schichtarbeiten sowie Außendienste sind zu vermeiden. Kälte-, Nässe-, Hitze- und Staubexposition ist nicht zulässig. Die kognitiven Fähigkeiten sind nicht eingeschränkt. Es können verantwortungsvolle Tätigkeiten unter dem üblichen Zeit- und Leistungsdruck ausgeführt werden.

Eine Besserung kann möglicherweise durch eine Unterfütterungsoperation des Stimmbandes erreicht werden. Berufe mit ständigem lauten Sprechen werden aber auch dann nicht ausführbar sein.

Mit vermehrten Krankenständen ist wegen der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen zu rechnen. Das Gesamtausmaß ist mit maximal 3 Wochen pro Jahr anzunehmen."

Nach dem in den Verwaltungsakten aufliegenden Rückschein wurde das ärztliche Gutachten des BPA dem Beschwerdeführer am 17. September 1999 zugestellt. Eine Stellungnahme dazu erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 10. März 2000 legte der LSR der belangten Behörde das Gutachten des BPA mit dem Ersuchen um Versetzung in den Ruhestand vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. April 2000 versetzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) mit Ablauf des 31. Mai 2000 in den Ruhestand. Die Begründung dieses Bescheides lautet:

"Gemäß § 14 Absatz 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist. Sie sind wegen Krankheit seit 29. Juni 1998 vom Dienst abwesend. Gemäß dem Gutachten des Bundespensionsamtes vom 26. August 1999, Zahl ..., ist die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit nicht mehr zu erwarten und somit Ihre dauernde Dienstunfähigkeit gegeben. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Ergebnis Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der gleichfalls gestellte Antrag auf Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird in der Beschwerde nicht weiter ausgeführt, die auch im Deckblatt "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" als Grund für die Beschwerde anführt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

Nach Abs. 3 leg. cit. ist der Beamte dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seien dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und soziale Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

Abs. 4 dieser Bestimmung (in der Fassung der 1. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 123) sieht vor, dass vom Bundespensionsamt - ausgenommen für die der Post- und Telekom Austria Aktiengesellschaft zugewiesenen Beamten - Befund und Gutachten zu erstatten ist, soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 3 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen.

Nach § 211 BDG 1979 ("Lehramtliche Pflichten") ist der Lehrer zur Erteilung regelmäßigen Unterrichtes (Lehrverpflichtung) sowie zur genauen Erfüllung der sonstigen aus seiner lehramtlichen Stellung sich ergebenden Obliegenheiten verpflichtet und hat die vorgeschriebene Unterrichtszeit einzuhalten.

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, es sei am 14. Oktober 1999 im AKH in Wien eine Stimmbandunterfütterung in Lokalanästhesie erfolgt, was zu einer deutlich kräftigeren Stimme und einem besseren Atemhaushalt geführt hätte. Am 6. Dezember 1999 habe Univ.Prof. DDr. B ein entsprechendes Atteste an den Direktor seiner Schule gerichtet, in dem der damalige Zustand, der sich in der Zwischenzeit deutlich gebessert habe, beschrieben worden sei. Obwohl der Dienstgeber von der Operation vom 14. Oktober 1999 Kenntnis gehabt habe, habe die belangte Behörde - gestützt auf ein 8 Monate altes Gutachten des BPA, das längst nicht mehr zutreffe und vor der Durchführung der Operation eingeholt worden sei - seine Versetzung in den Ruhestand ausgesprochen. Hätte die belangte Behörde dem Umstand seiner Nachoperation Rechnung getragen und ein neuerliches Gutachten eingeholt, hätte sich zweifellos gezeigt, dass seine Versetzung in den dauernden Ruhestand nicht gerechtfertigt sei. Maßgebend sei sein Zustand im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand, nicht aber ein Zustand, der 8 Monate zurückliege. Durch die Vorgangsweise der belangten Behörde werde er in seinem Recht auf ein mängelfreies Verfahren verletzt. Da ihm vor Erlassung des angefochtenen Bescheides auch kein Gehör gewährt worden sei, habe er nicht die Möglichkeit einer allfälligen Gegendarstellung mit Beweisanboten, insbesondere durch Beantragung der Einholung eines weiteren Gutachtens, gehabt.

Die belangte Behörde hält dem in ihrer Gegenschrift entgegen, dass dem Beschwerdeführer zum Gutachten des BPA vom 26. August 1999 Parteiengehör eingeräumt worden sei, er von der Möglichkeit zur Stellungnahme nicht Gebrauch gemacht habe und auch sonst keine Eingaben oder Beweismittel bei der Dienstbehörde aktenkundig seien. Sie habe das Verwaltungsverfahren mit einer dem ermittelten Sachverhalt entsprechenden Erledigung zu beenden gehabt, wobei ihrer Entscheidung ein schlüssiges und vollständiges Sachverständigengutachten zu Grunde liege. Der Begriff der Dienstunfähigkeit sei nicht nur nach dem krankheitsbedingten Zustand des Lehrers zu beurteilen. Zu berücksichtigen seien auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb und die Einsatzfähigkeit nach qualitativen und quantitativen Kriterien. Dabei sei von den Anforderungen nach § 211 BDG 1979 und den schulrechtlichen Bestimmungen auszugehen (Erteilung regelmäßigen Unterrichts als primäre Aufgabe des Lehrers, Teilnahme an Lehrerkonferenzen, Klassenelternberatung, Kontakt zu den Erziehungsberechtigten, Erfüllung sonstiger innerschulischer Funktionen sowie administrativer und organisatorischer Dienstpflichten). Unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Fragebogen für das BPA gemachten Angaben sei in Verbindung mit der von ihm (bis zu seiner Erkrankung) konkret ausgeübten Tätigkeit und seines Gesundheitszustandes nicht mehr davon auszugehen, dass er sein ursprüngliches Aufgabenfeld als Lehrer in einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Ausmaß in qualitativer und quantitativer Hinsicht erfüllen könne. Abgesehen von der erforderlichen Kommunikationsfähigkeit, die für jede Unterrichtstätigkeit erforderlich sei, müsse der Beschwerdeführer seinen Unterricht unter erschwerten Bedingungen erteilen, die durch vermehrte Lärmbelastung und den Einsatz von Maschinen geprägt sei. Gerade die vermehrte Lärmbelastung im Unterricht erfordere beim Beschwerdeführer eine erhöhte Kapazität des Sprechvermögens, um entsprechend auf besondere Situationen reagieren zu könne, Schülerinnen und Schüler rasch und mit entsprechender Intensität vor allfälligen Gefahren warnen zu können, aber auch um den allgemeinen Unterrichtsertrag zu vermitteln und zu sichern. Trotz möglicher Verbesserung der Sprechfähigkeit des Beschwerdeführers sei eine dauernde ärztliche und logopädische Betreuung erforderlich, wobei durch die besondere Sprachbelastung im schulischen Betrieb deren Verschlechterung zu vermuten oder zu befürchten sei. Jedenfalls sei damit im Zusammenhang mit der eingeschränkten Belastbarkeit des Beschwerdeführers bei körperlichen Arbeiten eine ordnungsgemäße Versehung des Dienstes in dem erforderlichen zeitlichen Ausmaß und in einwandfreier Qualität trotz allfälliger geringfügiger Verbesserungen der Sprechfähigkeit nicht zu erwarten.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Im Vordergrund der Gutachten des Gutachtens des leitenden Arztes des BPA vom 26. August 1999, auf das sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid stützt, steht die Beeinträchtigung der Stimme des Beschwerdeführers. Zwar teilt der Verwaltungsgerichtshof die allgemeinen rechtlichen Ausführungen der belangten Behörde zum Begriff der Dienstunfähigkeit im Sinne des § 14 Abs. 3 (in Verbindung mit § 211) BDG 1979. Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, dass ein Lehrer, dessen Stimme auf Grund einer Stimmbandlähmung in ihrer Qualität stark beeinträchtigt und nicht mehr in einem Ausmaß belastbar ist, mit dem bei einem üblichen Stundenplan an einem Unterrichtsstag zu rechnen ist, im Sinne des § 14 Abs. 3 BDG 1979 dienstunfähig ist, wenn mit ihrer Wiederherstellung in einer für die Unterrichterteilung erforderlichen Beschaffenheit in absehbarer Zeit nicht mehr gerechnet werden kann.

Die von der belangten Behörde in Verbindung mit dem Verweis auf das obgenannten Gutachten im Ergebnis getroffene Feststellung, dass dies beim Beschwerdeführer zutrifft, beruht aber auf einem ergänzungsbedürftig gebliebenen Sachverhalt.

Der Beschwerdefall zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass das zusammenfassende Gutachten des leitenden Arztes des BPA, das seinerseits auf den nach Durchführung einer am 31. Mai 1999 stattgefundenen Untersuchung des Beschwerdeführers erstellten Gutachten zweier Vertragsärzte des BPA beruht, mehr als sieben - stellt man auf den Zeitpunkt der tatsächlich erfolgten Untersuchung ab mehr als zehn - Monate vor dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgte und auf eine im Zeitpunkt seiner (ihrer) Verfassung noch nicht stattgefundene, aber beabsichtigte Operation (mögliche Stimmbandunterfütterung) Bezug nimmt (nehmen), der an sich Bedeutung für die Besserung des Stimmleidens, wenn auch mit unterschiedlicher Einschätzung ihrer möglichen Auswirkung, zuerkannt wurde.

So hat die Vertragsärztin Dr. G.-T. zwar auf Grund des zu ihrem Untersuchungszeitpunkt (31. Mai 1999) festgestellten Zustandes der Stimme des Beschwerdeführers aus medizinischer Sicht die Feststellung getroffen, dass ein "Kundenkontakt (Schüler)" auf Grund der schwachen Stimme nicht möglich sei, jedoch ausdrücklich im Abschnitt "Sonstige Bemerkungen" u.a. darauf hingewiesen, dass erst nach einer eventuellen Stimmbandoperation eine tatsächliche Prognose möglich sei, da dadurch eine Besserung der Stimme herbeigeführt werden könne. Dementsprechend hat sie die Fragen "Besserung zu erwarten" und "Nachuntersuchung empfohlen" bejaht. Auch der Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenerkrankungen Dr. St. hat auf die geplante operative Stimmbandunterfütterung hingewiesen, die aus medizinischen Gründen frühestens im Sommer 1999 durchgeführt werden könne. Der Erfolg dieser Operation, von der die Möglichkeit einer Besserung des Leidens eingeräumt wird, wird zwar in Bezug auf das für den Lehrberuf erforderliche Maß der Wiederherstellung skeptisch beurteilt, aber nicht völlig von vornherein ausgeschlossen. Diesen Schluss zieht erst der Leitende Arzt des BPA, der allerdings selbst auch auf die Besserung durch die Unterfütterung des Stimmbandes hinweist. Warum er zu diese Schlussfolgerung kommt, wird nicht näher begründet wird; insbesondere erfolgt keine Auseinandersetzung mit den beiden "Vorgutachten", auf die sich der leitende Arzt stützt.

Auf Grund dieser Sachverständigenäußerungen war aber der belangten Behörde (bzw. dem LSR) der geplante Eingriff einer Stimmbandunterfütterung, dessen Durchführung aus medizinischen Gründen nicht vor dem Sommer 1999 erfolgen konnte, sowie deren möglicher Einfluss für die Besserung des Stimmbandleidens des Beschwerdeführers bekannt, wenn auch die Prognosen über deren mögliche Auswirkungen unterschiedlich waren. Offenbar wurde deshalb auch mit dem Abschluss des Ruhestandsversetzungsverfahrens nach Einlangen des Gutachtens des Leitenden Arztes des BPA und dem Verstreichen der Frist zu einer in Wahrung des Parteiengehörs allenfalls abgegebenen Stellungnahme (das war Ende September 1999) zugewartet. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Behauptung des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde zutrifft, dass ein Attest des ihn behandelnden Arztes nach Durchführung der Stimmbandunterfütterung im Dezember 1999 seinem Direktor übermittelt wurde und ob dieses Attest in der Folge der Dienstbehörde vorgelegt wurde oder nicht. Schon nach dem Informationsstand der ihr vorliegenden Gutachten wäre nämlich die belangte Behörde unter Berücksichtigung des inzwischen verstrichenen Zeitraumes von mehreren Monaten im Sinne des § 8 Abs. 1 DVG verpflichtet gewesen, vor der Erlassung ihres Bescheides zu klären, ob die geplante Stimmbandunterfütterung in der Zwischenzeit durchgeführt wurde und bejahendenfalls, zu welchem Ergebnis dies geführt hat. Sie konnte unter diesen besonderen Umständen nicht davon ausgehen, dass in der Zwischenzeit keine Besserung des Leidenszustandes des Beschwerdeführers eingetreten ist und daher seine Dienstunfähigkeit weiterhin (auf Grund des Gutachtens des Leitenden Arztes des BPA) zu bejahen war. Damit ist der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben, weshalb der angefochtene Bescheid nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Bemerkt wird, dass im fortgesetzten Verfahren im Hinblick auf den langen "Krankenstand" des Beschwerdeführers - allenfalls auch unter Durchführung eines "Arbeitsversuches" - unverzüglich zu klären sein wird, ob eine allenfalls eingetretene Besserung des Stimmbandleidens eine baldige Aufnahme eines vollwertigen Unterrichts unter Berücksichtigung seiner Auswirkungen auf den Gesundheitszustand erwarten lässt. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre der Beschwerdeführer in den Ruhestand zu versetzen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. August 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000120136.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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