TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/30 L517 2148870-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2017
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Entscheidungsdatum

30.10.2017

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2148870-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter XXXX als Vorsitzenden und den Richter XXXX und den fachkundigen Laienrichter XXXX als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 05.01.2017, OB. XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF iVm § 1 Abs 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen und darüber hinaus festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 40 vH beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

27.09.2016 – Antrag der beschwerdeführenden Partei (im Folgenden bP) auf Ausstellung eines Behindertenpass beim Sozialministeriumsservice, Landesstelle XXXX (im Folgenden belangte Behörde, bB)

01.01.2017 – Erstellung eines Sachverständigengutachtens (Allgemeinmediziner), Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H., Dauerzustand

05.01.2017 - Bescheid der bB, GdB 40 %

17.02.2017 – Beschwerde der bP + Vorlage neuer Befunde

01.03.2017 – Beschwerdevorlage am BVwG

07.07.2017 – Erstellung eines Sachverständigengutachtens (Orthopädie), Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H., Dauerzustand

28.08.2017 – Parteiengehör/Bis dato keine Stellungnahme erfolgt

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist österreichische Staatsbürgerin und ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse in wohnhaft.

Am 27.09.2016 stellte die bP bei der bB einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses unter Angabe folgender Gesundheitsschädigungen und Vorlage nachstehender Befunde:

HWS-BWS-LWS, geplante Hallux OP links 2017 und rechts

Labor Erstbefund XXXX XXXX vom 31.03.2015, Arztbrief + Aufenthaltsbestätigung XXXX XXXX vom 01.04.2015, MRT Radiologischer Befund XXXX vom 05.06.2015, Gastroskopie Befund XXXX vom 10.11.2015, Neurochirurgischer Konsiliarbefund XXXX vom 27.11.2015, MRT Halswirbelsäule vom 26.11.2015, Aufenthaltsbestätigung 26.11.2015 bis 01.12.2015 XXXX XXXX , Arztbrief mit KAB XXXX XXXX vom 16.12.2015, Kurzarztbrief XXXX vom 01.12.2015, Labor Erstbefund XXXX XXXX vom 16.12.2015, Befund XXXX vom 04.01.2016 (Pangastritis mit Antrumerosionen), Neurochirurgischer Befund vom 20.01.2016, Arztbrief XXXX vom 07.03.2016, Ärztlicher Entlassungsbericht XXXX vom 18.07.2016, Vorläufiger Entlassungsbericht + Aufenthaltsbestätigung XXXX vom 08.07.2016, Klinisch-psychologischer/psychotherapeutischer Abschlussbericht XXXX vom 11.07.2016, Arztbrief Abteilung Psychotherapie XXXX vom 02.08.2016

Am 17.11.2016 erfolgte im Auftrag der bB eine Begutachtung durch eine ärztliche Sachverständige (Allgemeinmedizinerin). Das diesbezügliche Gutachten nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, vom 01.01.2017 weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

" Anamnese:

Sie hatte Probleme mit der WS, hatte Lähmung der li OE, deshalb Operation notwendig.

Derzeitige Beschwerden:

Nach einem Skiunfall vor 20 Jahren hat sie immer wieder Kreuzschmerzen.

Operation im HWS (Verplattung), sie klagt noch über Schmerzen im li Oberarm, kann nichts tragen.

Beckenschiefstand; Fussschmerzen links bei Hallux, rechts gute Erebnisse nach Operation. Sie kann ca 30 min. gehen, dann bekommt sie Schmerzen

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Seractil, Pantoprazol, Diclofenac, Paracetamol oder Novalgin b. Bed.

Massage, Physiotherapie

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

XXXX XXXX von 04/15: hochgradiger Hallux valgus re; Operation

Reha XXXX von 07/16: Cervicobrachialsyndrom; DP C5-7; Cage;

Verplattung;

Dorsolumbalgie; Osteochondrose C5-7

XXXX XXXX von 08/16: Anpassungsstörung aufgrund beruflicher Konfliktsituation; keine Medikation notwendig; DP C5-7, op. 03/16; Versteifung der HW5 Gastroskopie von 11/15: ausgeprägte Pangastritis mit Erosionen im Antrum

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 159,00 cm Gewicht: 62,00 kg Blutdruck: normal

Klinischer Status - Fachstatus:

Seh- und Hörvermögen ausreichend

dermatologisch rein, postoperative Narbe am Hals re reizlos

C/P: VA, keine Dyspnoe; HA rein, rhythmisch; Abdomen weich, BD im TN, keine pathologische Resistenzen; Bruchpforten geschlossen

WS: FBA 40 cm, kein DS kein KS; Rumpfbeweglichkeit endlagig eingeschränkt; HWS mittelgradig beeinträchtig

OE: beide Schulter Abd. bis 90°, Antev. bis 120°; übrige Geleke frei beweglich, FS bds. komplett, grobe Kraft erhalten, Feinmotorik nicht gestört

UE: Pseudolasegue bds. bei 50"; Gelenke frei beweglich; Hallux valgus links; keine Ödeme, keine sichtbare Varizen;

Gesamtmobilität - Gangbild:

Gang sicher, ohne Hilfsmittel; das Aufstehen zügig

Status Psychicus:

zeitlich, örtlich, situativ und zur Person gut orientiert, Abtrieb normal, Stimmung indifferent; keine pathologische Denkinhalte

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich langer als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

Gdb %

1

Wirbelsäulenbeschwerden Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit funktionelle Einschränkung im HWS und LWS; Zustand nach Versteifung im HWS (Cage-Implantation und Verplattung) bei Bandscheibenvorfälle C5-C7

02.01.02

40

2

Affektive Störungen; Manische, depressive und bipolare Störungen, Depression Anpassungsstörung mit Schlafstörung nach Verlust des Arbeitsplatzes; Durchschlafstörung; keine Medikation notwendig

03.06.01

10

3

Hallux valgus links Deformität mit Schmerzhaftigkeit, eine operative Korrektur ist vorgesehen

02.05.35

10

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Der gesamt GdB wird durch das Leiden unter Pkt. 1 bestimmt, Pkt. 2 und 3 sind zu gering und steigern nicht

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

andere Beschwerden ohne Krankheitswert

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstgutachten

[X] Dauerzustand

[X] Trägerin von Osteosynthesematerial

"

Mit Bescheid vom 05.01.2017 wies die bB den Antrag der bP auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab.

Am 17.02.2017 erhob die bP Beschwerde gegen den, die Ausstellung des Behindertenpass abweisenden Bescheid und brachte vor, sie sei in ihrem subjektiven Recht auf Feststellung eines Gesamtgrades der Behinderung von 50 % verletzt.

Die im Bescheid getroffenen Sachverhaltsdarstellungen seien zum Teil unrichtig. Sie habe seit 20 Jahren Beschwerden an der Wirbelsäule, die sich zwischenzeitlich auch verschlechtert hätten. Weiters seien im Zuge der Untersuchung die Beschwerden an der Brustwirbelsäule nicht berücksichtigt, sowie vorgelegte Befunde nicht beachtet worden. Die gesamte Untersuchung sei zudem äußerst kurz - 15min - und sehr oberflächlich gewesen.

Die bP beantragte, die Abänderung des Bescheides auf einen GdB von 50 %, die Vorlage aktueller Befunde und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Der Beschwerde beigelegt wurden ein ärztlicher Entlassungsbericht + Medizinischer Fragebogen der XXXX vom 18.07.2016 (Diagnosen:

Cervicobrachial-Syndrom, Cageimplantation, Verplattung, Dorsolumbalgie, Skoliose, Osteochondrose), Ambulanzbefund XXXX XXXX vom 14.02.2017 über den Zeitraum von 26.11.2015 bis 14.02.2017 Letzter Eintrag: Patientin klagt über therapieresistente Schmerzen im mittleren BWS-Bereich. Bezüglich der HWS gibt sie Wohlbefinden an. Sie hat keine Nackenschmerzen, keine neurologischen Ausfälle.

Im Juli 2016 wurde eine BWS MRT durchgeführt, dieser Befund unauffällig. Weitere regelmäßige Heilgymnastik

Befund Dr. XXXX vom 14.10.2016 (Diagnose: Spondylodese C5 bis C7 03/16, Dorsalgie, Costovertebrales Syndrom)

Radiologischer Befund MRT XXXX vom 05.06.2015

Am 01.03.2017 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG.

Daraufhin wurde vom BVwG ein orthopädisches Gutachten in Auftrag gegeben. Das diesbezügliche Gutachten nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, vom 07.07.2017 weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

" Anamnese:

Es bestehen seit Jahrzehnten Schmerzen im Bereich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule. In den letzten Jahren sind starke Schmerzen an den Armen aufgetreten.

Es wurden mehrfache konservative Therapieversuche durchgeführt ohne Besserung der ausstrahlenden Schmerzen in die Arme, sodass letztlich am 03.03.2016 eine cervikale Bandscheibenoperation mit Ausräumung der Bandscheiben C5/6 und C6/7 mit einbringen von Platzhaltern in den betroffenen Segmenten und einer ventralen Verplattung durchgeführt wurde (Operation am 03.03.2016). Des Weiteren berichtet die Klägerin über Fehlstellungen an den Großzehengrundgelenken bds., welche im jungen Erwachsenenalter bereits sehr störend waren.

Es wurde eine korrigierende Operation an der rechten Großzehe am 31.03.2015 durchgeführt. Ein chirurgisches Vorgehen an der linken Großzehe wird ebenfalls noch überlegt.

Die Klägerin berichtet, dass vor mehreren Jahren wegen Knieschmerzen bds. Injektionstherapien mit Hyaluronsäure durchgeführt wurden. Sie gibt einen Fortbestand der belastungsabhängigen Knieschmerzen bds an. Nach der Operation an der HWS sind Schmerzen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule verstärkt aufgetreten.

Vor allem die Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule wurden als sehr unangenehm empfunden. Eine MR-tomographische Abklärung wurde im Aug. 2016 veranlasst, diese ergab einen radiologisch unauffälligen Befund.

Derzeitige Beschwerden:

Im Vordergrund stehen die Schmerzen ausgehend von der Brustwirbelsäule.

Es bestehen nach wie vor Spannungsschmerzen über der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule sowie Schmerzen an den Kniegelenken und an den Großzehengrundgelenken bds. Unter der chronischen Einnahme von nicht steroidalen Antirheumatika ist es trotz der Einnahme von Magenschutzpräparaten zu einer chronischen Gastritis gekommen.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Mehrfache konservative Therapieversuche wurden durchgeführt, inkl. Physiotherapie, Rehabilitationsverfahren und manual-/medizinische Behandlungen. Mehrfache Schmerztherapre- ansätze wurden mit Diclofenac, Seractil und Prednisolon durchgeführt. Magenschutz mit Pantoprazol 40 1x1 sowie analgetische Mischinfussionstherapien beim Hausarzt und in der Klinik wurden verabreicht.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Klinisch-psychologischer/psychotherapeutischer Abschlussbericht vom 11.07.2016:

Kein Befund über psychische Erkrankungen vorliegend.

Im Vordergrund stand die Umstellung auf die Arbeitslosigkeit.

Weiterführende Beratungen und Begleitungen wurden bei Bedarf empfohlen.

Arztbrief der unfallchirurgischen Abteilung XXXX - XXXX vom 01.04.2015: Hochgradiger Hallux valgus rechts. Chirurgische Versorgung am 31.03.2015.

Entlassung mit Vorfußentlastungsschuh und Acryl-tape-Verband.

Arztbrief Abt. für Unfallchirurgie XXXX - XXXX vom 07.03.2016:

Osteochondrose und Discusprolaps C5/6 und C6/7.

Dekompressions- und Spondylodese-Operation (Bandscheibenausräumung und Versteifungsoperation) C5 bis C7. Verlaufskontrollen wurden vereinbart.

Entlassungsbrief aus der Rehabilitationsanstalt XXXX vom 18.07.2016.

Z.n. Halsbandscheibenoperation C5/6 und C6/7 mit Cage-Implantation und ventraler Verplattung. Dorsolumbalgie, Skoliose, Osteochondrose C5 bis C6.

Seit der Operation deutliche Verbesserung der Beschwerden im Schultergürtel und Oberarmbereich. Neu aufgetreten sind Schmerzen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule.

Entlassungsberichte XXXX - XXXX , Abt. für innere Med. II, stationäre Aufnahme vom 10.11.2015 bis 10.11.2015 ausgeprägte Gastritis mit Erosionen der Schleimhaut. Histologisch wurde eine chronische Gastritis C festgestellt.

Medikamentöse Therapie: Pantoloc 40 mg 2 x täglich.

Entlassungsbrief XXXX - XXXX , Abt. für Unfallchirurgie, stationäre Aufnahme am 26.11. bis 01.12.2015 MRT-Abklärung der HWS. Schmerz- und Physiotherapie.

Nach der MR-tomographischen Abklärung wurde eine neurochirurgisch Konsiliarunter- suchung durchgeführt, es bestand keine absolute OP-lndikation.

Eine physiotherapeutische Behandlung und begleitende Infusionstherapie wurde durchgeführt. Bei berichteter Besserung der Beschwerden, Entlassung in häusliche Pflege am 30.11.2015.

Neurochirurgischer Konsiliarbefund vom 27.11.2015:

Bei der Untersuchung zeigen sich keine grob motorischen Ausfälle, sensibel steht im Dermatom C6 li. eine Parästhesie (Gefühlsmissempfindung).

Nach ausführlicher Aufklärung der Patientin über das Ergebnis der MR-tomographischen Untersuchung wird vorerst von einem chirurgischen Vorgehen abgeraten

Entlassungsbrief XXXX - XXXX , Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie, stationärer Aufenthalt vom 02.08.2016, Aufnahmegrund: Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach ca. 20-jähriger Berufszugehörigkeit. Aufgrund der Auflösung des Arbeitsverhältnisses wurde ein depressives Syndrom mit Durchschlafstörungen und massive Kränkung provoziert.

Diagnose: Anpassungsstörung aufgrund beruflicher Konfliktsituation.

Eine psychopharmakologische Therapie wird auf Wunsch der Patientin nicht durchgeführt. Diese ist auch nicht absolut indiziert. Eine medikamentöse Therapie mit einem Antidepressivum sollte im weiteren Verlauf evaluiert werden. Ein Kontrolltermin bei der Psychologin wird für 12.08.2016 vereinbart.

Gastroskopiebefund vom 11.01.2016:

Ausgeprägte Pan-Gastritis mit Erosionen im Antrum.

Ambulanzbericht der Klinik für Neurochirurgie der PMU-Salzburg vom 20.01.2016:

Seit Jahren bestehen Schmerzen über der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in die Arme. Aufgrund der klinischen und neuroradiologischen Befunde wird ein chirurgisches Vorgehen empfohlen. Eine CT-Abklärung der HWS sowie eine aktuelle Röntgenabklärung der HWS mit Funktionsaufnahmen (vorgeneigt und rückgeneigt seitlicher Röntgen- Aufnahme) werden erbeten.

Ambulanzbericht, Abt. f. Unfallchirurgie XXXX - XXXX vom 14.02.2017:

Schmerzen über der HWS mit Ausstrahlung in den linken Arm.

Stationäre Aufnahme zur Schmerztherapie und MRT-Abklärung.

Arztbrief Medizinalrat Dr. XXXX vom 14.10.2016:

Z.n. Spondylodese C5 bis C7. Dorsalgie und Costovertebralis-Syndrom.

Therapien mit Infiltrationen und manueller Mobilisierung wurden durchgeführt.

Physikalische Therapiemaßnahmen weiterführend empfohlen.

Radiologischer Befund diktiert von Prim. XXXX vom 26.11.2015:

MRT der HWS: In Höhe C5/C6 paramedian links betonte Bandscheibenprotrusion mit Impression des Myelons und Enge des Neuroforamens rechts, Osteochondrose C6/C7 ohne wesentliche foraminale Enge.

Keine fassbare Myelopathie.

Der Befund ist in Beobachtungszeitraum zur Letztuntersuchung vom 21.03.2013 unverändert.

MRT-Befund des Instituts für MRT-Diagnostik XXXX :

Discusprotrusionen paramedian rechts L5/S1 mit Retrospondylose und Spondylarthrose und mäßiger Einengung des Neuroforamens L5/S1 rechts. Discusprotrusionen auch L3/4 und L4/5 ohne Nachweis einer Bedrängung von Nervenstrukturen.

Osteochondrose L4 bis S1. Erhaltener Bandscheibenraum S1/S2.

Regelrechte Verschmelzung der Massa lateralis

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Gut

Ernährungszustand:

Gut

Größe: 159 cm Gewicht: 62 kg BMI: 24,5

Klinischer Status - Fachstatus:

Die Probandin kommt in Konfektionsschuhen zur Untersuchung. Gehhilfen werden nicht benötigt. Das Gangbild ist rund. Auch das unbeschuhte Gangbild unauffällig. Fersengang und Zehenspitzengang problemlos möglich. Tiefe Hocke möglich.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Die Gesamtmobilität ist aufgrund eines chronischen Schmerzsyndroms herabgesetzt.

Eine Gehstrecke von 500 m ist zumutbar. Das Gangbild rund.

Status Psychicus:

Nicht geprüft.

Wirbelsäule bewegt: Blande Narbe nach ventralem Zugang zur HWS. Die Beweglichkeit

der Halswirbelsäule S 45/0/45. Kinn-Jugulum-Abstand 2 cm. Seitneigung F 45/0/45. Die Rotation endlagig, schmerzhaft, R 80/0/80. Schober-Zeichen negativ (10/15/9). Ott-Zeichen negativ (30/32/29). Seitneigung der Brustwirbelsäule schmerzhaft eingeschränkt R 25/0/25. F40/0/40. Die Rotation des Rumpfes unter Einbeziehung der Lendenwirbelsäule R 35/0/35. Lendenwirbelsäule:

Finger-Boden-Abstand 30 cm. Rippenbuckel rechts, seichter Lendenwulst links. Taillienasymmetrie. Es besteht eine skoliotische Fehlhaltung. Lasegue bds. negativ. Palpatorisch sind die Dornfortsätze im Lot. Federungsschmerz über der gesamten Brust- und Lendenwirbelsäule. Schlaffe Bauchmuskulatur. Keine Myogelosen. Keine pathologische Verspannung. Die ISG-Gelenke sind beidseits frei. Die peripheren Reflexe sind symmetrisch, lebhaft auslösbar.

Obere Extremitäten: Schultergürtel und Schultergelenke: Regelrecht ausgebildete Schulter- und Nackenmuskulatur beidseits. Regelrechte Beweglichkeit des Schulterblattes mit einer aktiven Erhebung des Angulus inferior gegenüber der Gegenseite von jeweils 7 cm möglich. Beweglichkeit beider Schultern S 40/0/110, F 40/0/110, R 30/0/90. Schmerzprovokation bei maximaler Außenrotation und Abduktion bds. Acromioclaviculargelenke beidseits regelrecht, keine Stufenbildung, kein Federungsschmerz. Beweglichkeit beider Ellenbogen frei, S 0/0/130. Die Pronation und Supination beidseits frei, R 80/0/80. Sämtliche Epikondyli- tistests negativ. Beweglichkeit der Handgelenke symmetrisch, S 60/0/60. Radialduktion, Ul- narduktion 25/0/35. Faustschluss beidseits vollständig und kräftig. Fingerkuppen- Hohlhandabstand 0 cm. Keine pathologische Beschwielung. Tinell- und Finkelsteintests beidseits negativ. Die periphere Durchblutung beider Arme ist unauffällig.

Untere Extremitäten: Becken waagrecht, Trendelenburg beidseits negativ. Beweglichkeit der Hüften symmetrisch S 0/0/100, F 30/0/30, R 40/0/20. Gerade Beinachse beidseits. Beide Kniegelenke frei beweglich und bandstabil, Bewegungsumfang S 0/0/130. Lachmantest beidseits negativ. Keine vordere, keine hintere Schublade. Sämtliche Meniscustests sind negativ. Die Kollateralbänder sind stabil. Vorderes und hinteres Kreuzband ist stabil.

Keine Femoropatellarkrepitation, keine Schwellung, keine Überwärmung. Obere Sprunggelenke: beide Sprunggelenke frei beweglich S 20/0/40. Physiologischer Fersenvalgus.

Keine Schmerzprovokation. Erhaltenes Längsgewölbe. Abgeflachtes Quergewölbe.

Hallux vaigus-Fehlstellung bds. rechts 30° bei Z.n. Hallux valgus-OP mit medialer Narbe (bland). Links 40°. Die periphere Durchblutung beider Beine ist unauffällig.

Blande Hautverhältnisse an beiden Beinen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung vom 07.07.2017:

Oberschenkelumfang rechts 50 cm, links 49 cm.

Unterschenkelumfang rechts 35 cm, links 35 cm.

Begründung: Die Pos.Nr. 02.01.02 wird im oberen Rahmensatz gewertet (30 bis 40%) wegen anhaltender Schmerzen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, sowie immer wieder auftretender Schmerzen im Bereich der HWS bei Z.n. Versteifungs-Operation zwischen 5. 6. und 7. Halswirbelkörper. Motorische Ausfälle liegen nicht vor, weshalb eine höhere Einstufung innerhalb der Pos.02.01.03 nicht vorgesehen ist.

Lfd.Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensalzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Funktionseinschränkung mittleren Grades ausgehend von der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule bei Z.n. Stabilisierungs- Operation an der unteren HWS und Dauerschmerzen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule. Begründung: Die Pos.Nr. 02.01.02 wird im oberen Rahmensatz gewertet (30 bis 40%) wegen anhaltender Schmerzen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, sowie immer wieder auftretender Schmerzen im Bereich der HWS bei Z.n. Versteifungs-Operation zwischen 5. 6. und 7. Halswirbelkörper. Motorische Ausfälle liegen nicht vor, weshalb eine höhere Einstufung innerhalb der Pos.02.01.03 nicht vorgesehen ist.

02.01.02

40

2

Hallux valgus bds., rechts operiert. Begründung der Pos.Nr. 02.05.35 wird im unteren Rahmensatz gewertet (10 bis 40%) da ein funktionell gut belastbarer Befund an beiden Vorfüssen vorliegt. Zehenspitzenstand ist bds. möglich. Auch das Abrollen über den Vorfuß bds. möglich. Es bestehen keine klinischen Anzeichen für Arthrosen der Großzehengrundgelenke, weswegen der untere Rahmensatz der Pos.Nr.02.05.35 gewählt wird.

02.05.35

10

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung zwischen den Pos.Nr. 1 und 2 bestehen keine wechselseitigen Leidensbeeinflussungen. Die Pos.Nr.2 ist in einem geringgradigen Ausmaß angesetzt. Wegen Geringgradigkeit und fehlender wechselseitigen Beeinflussung kommt es zu keiner Stufensteigerung. Keine

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Kniegelenksschmerzen bds.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Der Bewegungsumfang beider Kniegelenke ist erhalten. Beide Kniegelenke sind bandstabil.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Keine

[X] Dauerzustand

[X] Trägerin von Osteosynthesematerial

[X] Erkrankung des Verdauungssystems

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte und Beantwortung der vom

Gericht gestellten Fragen:

Diagnosen:

-

Cervikale Osteochondrose bei Z.n. Bandscheibenausräumung C5/6 und C6/7 mit ventraler

Verplattung.

-

Chronische Dorsalgie und Lumbalgie.

-

Fehlstellung im Großzehengrundgelenk links, Z.n. chirurgischer Korrektur einer

-

Fehlstellung am Großzehengrundgelenk rechts.

-

Chronische Gastritis, affektive Störungen mit Anpassungsstörung nach Verlust des

Arbeitsplatzes, Durchschlafstörung.

Die gesundete Einsetzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitschädigung ist im Ergebnis des durchgeführten Gutachten enthalten.

Gewählte Richtsatzpositionen der einzelnen Gesundheitsschädigungen sind im Ergebnis der durchgeführten Begutachtung ebenfalls enthalten. Zu Grunde gelegter Rahmensatz der einzelnen Gesundheitsschädigungen ist ebenfalls im Ergebnis der durchgeführten Untersuchung des Gutachtens enthalten.

Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung im Sinne einer Gesamtbeurteilung unter

Berücksichtigung der im ärztlichen Verfahren bereits festgelegten, nicht orthopädischen Leiden. Diese sind ebenfalls in der Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung enthalten.

Stellungnahme zu den Einwendungen der beklagenden Partei im Zuge der Beschwerde sowie zu allen vorgelegten Befunden ist insbesondere jene im Zuge der Beschwerde neuvorgelegten Befunde (Arztbrief, Medizinalrat Dr. XXXX XXXX v. 14.10.2016, Röntgen vom 14.02.2017 und Ambulanzbefund vom XXXX - XXXX v. 14.02.2017), zum Gutachten vom 30.12.2016 sowie auch zu jenen

Beschwerden/Gesundheitsbeeinträchtigungen, die bisher nicht berücksichtigt worden sind.

Die neuerliche Beurteilung des klinischen Befundes der Klägerin ergibt ein Beschwerdebild über die gesamte Wirbelsäule inkl. der voroperierten HWS, der BWS und LWS.

Die neu vorgelegten Befunde (Arztbrief Medizinalrat Dr. XXXX XXXX sowie Röntgen vom 14.02.2017 und Ambulanzbericht XXXX - XXXX vom 14.02.2017) bestätigen den erhobenen Befund. Die Begutachtung vom 30.12.2016 geht in der Beurteilung auf die Wirbelsäulenbeschwerden ein. Anhand der Einschätzungsverordnung BGBL 261 aus 2010 wird die Wirbelsäule als gesamte Funktionseinheit beurteilt. Darin enthalten sind letztlich sowohl die Abschnitte der HWS, der BWS, der LWS und des Kreuzbeins. Die gewählte Pos.Nr.02.01.02 entspricht den vorliegenden Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule. Der gewählte Rahmensatz ist im oberen Bereich der Pos.02.01.02 angesetzt. Diese Beurteilung ist schlüssig und übereinstimmend mit dem Ergebnis der Untersuchung vom 07.07.2017 und berücksichtigt sowohl die zeitweise auftretenden Schmerzen wie auch die Dauerschmerzen unter Folgen der durchgeführten Operation an der HWS. Eine Steigerung des Grades der Behinderung ausgehend von der WS ist anhand der Einschätzungsverordnung BGBL 261 aus 2010 nur vorgesehen, wenn auf Grund der Schädigungen an der Wirbelsäule auch motorische Ausfälle der oberen oder unteren Extremitäten vorliegen. Sowohl die Untersuchung vom 30.12.2016 wie auch die Untersuchung vom 07.07.2017 ergaben keinen Hinweis auf das Vorliegen von Paresen (motorischen Ausfällen) an den Extremitäten.

Die von der Klägerin ins Treffen geführte Verschlechterung ihres Wirbelsäulenleidens in den letzten 20 Jahren kann als zutreffend angesehen werden.

Es wurde jedoch der klinische Befund vom 17.12.2016 im sachverständigen Gutachten beurteilt. Die Beurteilung und die Einschätzung anhand der Einschätzungsverordnung BGBL 261 aus 2010 ist schlüssig.

Auch die Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung im Gutachten vom 30.12.2016 ist schlüssig. Es bestehen keine funktionellen wechselseitigen Leidenbeeinflussungen.

Auch in funktioneller Hinsicht besteht zwischen den Wirbelsäulenleiden, der affektiven Störungen und der Großzehengrundgelenksfehlstellung li. keine funktionellen Leidensbeeinflussungen.

Die Einschätzungsverordnung BGBL 261 aus 2010 sieht bei Funktionseinschränkungen schweren Grades welche von der WS ausgehen erst dann einen Grad der Behinderung von 50 von 100 oder größer vor, wenn maßgebliche motorische Ausfälle vorliegen wie bei beginnenden Muskellähmungen oder auch fortgeschrittenen Muskellähmungen.

Weder die beschriebenen affektiven Störungen noch die Fehlstellungen am linken Großzehengrundgelenk erwirken ein Beschwerdebild welches an die obengenannten Kriterien herankommt.

"

Mit Schreiben vom 22.08.2017 (zugestellt am 28.08.2017) wurden die bB und die bP vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, eine Stellungnahme ist bis dato nicht eingelangt.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister bzw. den im Akt befindlichen sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, ( )". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind sowohl das eingeholte aktuelle Sachverständigengutachten vom 07.07.2017 (Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie) als auch das allgemeinmedizinische Erstgutachten vom 01.01.2017 schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen beide die an ärztliche Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen im gegenständlichen Gutachten vom 07.07.2017, basieren auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen im Hinblick auf die Positionsnummer und den Rahmensatz und bestätigen inhaltlich das bereits vorliegende Erstgutachten.

Die mit Beschwerde neu vorgelegten Beweismittel – Ambulanzbefund XXXX XXXX vom 14.02.2017 und MRT Befund Dr. XXXX vom 14.10.2016 – wurden im orthopädischen Sachverständigengutachten berücksichtigt und führten zu keiner Änderung des Gesamtgrades der Behinderung. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

Im angeführten Gutachten vom 07.07.2017 wurde von dem Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.

Laut diesem Gutachten besteht:

1. Funktionseinschränkung mittleren Grades Wirbelsäule 40 %

2. Hallux valgus bds., re. operiert 10 %

Gesamtgrad der Behinderung 40 %

Eine mit 10 % festgestellte affektive Störung im allgemeinmedizinischen Erstgutachten steigerte wegen Geringfügigkeit nicht.

Die von der bP beigebrachte Beschwerde enthält keine substantiellen Vorbringen, die darüber hinaus die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich machen würden. Die Behauptung in der Beschwerde, im Vorgutachten sei die BWS nicht ausreichend berücksichtigt worden, kann laut orthopädischen Sachverständigen so nicht aufrechterhalten werden. In seinem Gutachten stellt der Sachverständige klar, dass die Wirbelsäule lt. EVO als gesamte Funktionseinheit (HWS, BWS, LWS) zu beurteilen ist und darin letztendlich HWS, LWS und BWS enthalten sind. Der gewählte Rahmensatz sei korrekterweise, und mit beiden Gutachten übereinstimmend, im obersten Bereich angesetzt und berücksichtige sowohl die zeitweise auftretenden Schmerzen als auch die Dauerschmerzen, als Folge der durchgeführten OP an der HWS.

Eine Steigerung sei aufgrund der strengen Kriterien der EVO nicht möglich, demnach wäre eine solche nur vorgesehen, bei motorischen Ausfällen der oberen und unteren Extremitäten.

Bezüglich Großzehengrundgelenksfehlstellung kann festgehalten werden, dass diese mit 10 % bewertete Funktionseinschränkung genau wie jene einer affektiven Störung (im Erstgutachten vom 01.01.2017) wegen Geringfügigkeit und fehlender Leidensbeeinflussung nicht steigert.

Die Sachverständigengutachten vom 01.01.2017 und 07.07.2017 sowie die Beschwerde wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Das aktuelle orthopädische Sachverständigengutachten vom 07.07.2017 geht unter Berücksichtigung der mit Beschwerde beigebrachten Befunde auf sämtliche Beschwerdevorbringen der bP ein, und wurde der bP auch zur Kenntnis gebracht.

Gemäß dem vorliegenden Gutachten ist von einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H auszugehen.

Soweit seitens der bB das Parteiengehör verletzt wurde (durch Nichtvorhalten des Erstgutachtens vom 01.01.2017), ist festzuhalten, dass die Verletzung des Parteiengehörs in diesem Einzelfall – bei ansonsten ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren – durch die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde (allenfalls nach Akteneinsicht) in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen ist (vgl für viele: VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299). Es ist jedoch auch festzuhalten, dass durch diese Feststellung die bB nicht generell vom ihrer Obliegenheit das Parteiengehör zu wahren, entbunden wird.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

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Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

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Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen,

BGBl II Nr. 495/2013 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

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Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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