TE Bvwg Beschluss 2017/10/30 L517 2146911-1

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Veröffentlicht am 30.10.2017
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Entscheidungsdatum

30.10.2017

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

L517 2146911-1/12E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter XXXX als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 16.12.2016, OB: XXXX , beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, dass der Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 16.12.2016, OB:

XXXX , gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) BGBl. I Nr. 33/2013 idgF aufgehoben und zur Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

12.09.2016 – Antrag der beschwerdeführenden Partei (in Folge auch bP genannt) auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (in Folge auch belangte Behörde bzw. bB genannt)

14.12.2016 - Erstellung eines Sachverständigengutachtens (Facharzt für Orthopädie) / Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H., Dauerzustand

16.12.2016 – Bescheid der bB /Abweisung des Antrages / Grad der Behinderung 40 v.H.

18.01.2017 - Beschwerde der bP gegen den Bescheid der bB vom 16.12.2016

07.02.2017 – Beschwerdevorlage am BVwG

10.05.2017 – Verbesserungsauftrag an die bP – Beibringung der in der Beschwerde angeführten Befunde

19.05.2017 – Nachreichung Befundbericht Dr. XXXX (FA für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie) vom 10.05.2017 (Lumbalgie) durch die bP

28.06.2017 – Aufforderung an die bB das Vorgutachten aus dem Fest-Verfahren vom 17.08.2016 vorzulegen

05.07.2017 – Nachreichung Befunde aus dem Fest-Verfahren durch bB

11.07.2017 – Aufforderung an die bB und die bP weitere fehlende bzw. unlesbare Befunde vorzulegen

14.07.2017 – Übermittlung Vorgutachten aus 2001 durch bB, Mitteilung: Röntgenbefund Becken vom 13.07.2015 und Entlassungsbefund REHA- XXXX liegt auch bei der bB nicht auf

19.07.2017 – Nochmalige Übermittlung des vorliegenden, nicht zur Gänze lesbaren MRT LWS Berichts Dr. XXXX (FA für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie) vom 10.05.2017 (Lumbalgie) durch die bP sowie zwei weiterer Befundberichte Zeitraum 22.07.2016 bis 16.05.2017

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP besitzt die kroatische Staatsbürgerschaft, ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft und hält sich ständig iSe "ständigen Aufenthaltes" seit 01.11.1997 im Bundesgebiet auf.

Am 12.09.2016 stellte die bP einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der bB unter Vorlage folgender Befunde:

Entlassungsbericht vom 30.08.2016 XXXX Abteilung für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie Met. Ex. Halbschlittenimplantat li.

Kniegelenk am 24.08.2016, Entlassungsbericht für den Hausarzt vom 29.08.2017

Im Akt aufliegend befindet sich auch, dass im Rahmen des Feststellungsverfahrens vom gleichen Orthopäden erstellte Sachverständigengutachten vom 17.08.2016 mit einem ausgewiesenen GdB von 40 v.H.

Das von der bB in Auftrag gegebene und auf Grundlage der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 am 14.12.2016 durch einen ärztlichen Sachverständigen Dr. XXXX FA für Orthopädie erstellte Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

" Anamnese:

Neue Befunde wurden eingereicht, Letztgutachten 14.7.2016, GdB 40 vH.

Operationen bisher:

2001 Bandscheibenoperation L4/L5 KH XXXX

10.3.2016 Umstellungsosteotomie linkes Kniegelenk

24.8.2016 Halbschlittenimplantat linkes Kniegelenk im XXXX

Derzeitige Beschwerden:

Immer noch Schmerzen im Bereich des linken Kniegelenks, strahlt in den linken Unterschenkel bis in den Fuß aus. Dann kann ich nicht ordentlich belasten.

Heute ist es besser, da ich eine Tablette genommen habe.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel;

Physiotherapie wird durchgeführt.

Deflamat-Tabletten bei Bedarf

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Befundbericht XXXX - Halbschlittenimplantat linkes Kniegelenk am 24.8.2016 ärztlicher Entlassungsbericht Rehazentrum XXXX - ausgeprägtes Rotatorenmanschettensyndrom mit subacromialen Impingement bei entesiopathischen Veränderungen u. incipienter Omarthrose bds.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

Gut

Größe: 163,00 cm Gewicht: 82,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

HWS: Rotation: 80 - 0 - 80"

Obere Extremität: Schürzengriff bds. mögl. Nackengriff linksseitig herabgesetzt Schultern bds.:

Außenrotation: 60 - 0 - 70", Anteversion: 170",

Abduktion: 160° mögl. drop-arm neg

linksseitig die Anteversion u. Abduktion endlagig schmerzhaftig

Ellbogen u. Hände altersgemäß unauffällig

BWS: kein Klopfschmerz, Rotation bds. 30" mögl.

LWS: kein Beckenschiefstand, keine Skoliose,

Fingerkuppen-Bodenabstand: 10 cm Untere Extremität: Lasègue bds. neg.

Hüften bds.: Extension-Flexion: 0 -110°, Rot: 10-0-20, Abd: 30" bds

Linkes Kniegelenk: blande Narben bei Zustand nach mehrmaligen Operationen dzt. kein Erguss, keine Schwellung, keine

Entzündungszeichen Extension-Flexion: 0 -10 -100" Band stabil

Rechtes Kniegelenk: Extension-Flexion: 0-0 140"

Gesamtmobilität - Gangbild:

Schonhinken

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

Gdb %

1

Kniegelenk - Untere Extremitäten, Kniegelenk - Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig Unveränderte Einschätzung bei Zustand nach medialer Halbschlittenprothese ohne wesentliche Entzündungszeichen bei noch bestehender Bewegungseinschränkung.

02.05.20

30

2

Schulter - Obere Extremitäten, Schultergelenk, Schultergürtel - Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig Hier zeigt sich linksseitig eine endlagige Schmerzhaftigkeit mit geringer Bewegungseinschränkung bds. sodass die Einschätzung durchgeführt wird.

02.06.02

20

3

Hüftgelenke - Untere Extremitäten, Hüftgelenke - Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig Hier zeigt sich eine geringe Bewegungseinschränkung weiterhin in beiden Hüftgelenken wie im Vorgutachten, sodass die Einschätzung durchgeführt wird.

02.05.08

20

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden aus Pos. 1 wird durch Pos. 2 u. 3 um insgesamt 10%-Punkte angehoben, da es die Funktionalität im täglichen Leben zusätzlich verschlechtert.

Es ergeben sich keine Veränderungen im Vergleich zum Vorgutachten

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: --

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Unverändert

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

[X] Dauerzustand

[X] Prothesenträger

Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Das Hüft-und Knieleiden schränkt die Mobilität ein, eine kurze Wegstrecke (300 bis 400m) kann aber zurückgelegt werden. Aufgrund der Beweglichkeit der Gelenke ist das sichere Ein- und Aussteigen und die Beförderung möglich.

"

Am 16.12.2016 erging der, den Antrag vom 12.09.2016 abweisende Bescheid der bB. Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 % würden die Voraussetzungen auf Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen.

Dagegen erhob die bP mit Schriftsatz vom 16.01.2017 (eingelangt am 18.01.2017) Beschwerde und brachte inhaltlich vor:

Mit dem angefochtenen Bescheid sei nur ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 % festgestellt worden. Dabei hätten folgende Leiden Berücksichtigung gefunden: Kniegelenk, Schulter und Hüftgelenk. Keinen Eingang in die Beurteilung gefunden habe die degenerative Wirbelsäulenveränderung (Bandscheibenvorfall. Mit dem Bescheid vom 29.06.2001 sei dieses aber mit einem Grad der Behinderung von 40 % festgestellt worden.

Am 07.02.2016 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG. Mit Schreiben vom 10.05.2017 forderte das BVwG die bP auf, die in der Beschwerde erwähnten Gutachten bzgl. Wirbelsäulenleiden (Bandscheibenvorfall) gem. § 13 Abs 3 AVG beizubringen.

Mit 19.05.2017 langte ein nicht zur Gänze lesbarer, zusammenfassender Befundbericht (Datum 29.03.2017 und 16.05.2017) MRT LWS vom 10.05.2017 des Dr. XXXX ein.

Ebenfalls aufgefordert, entsprechende im Feststellungsverfahren aktenkundige Befunde betreffend dem Gutachten Dr. XXXX beizubringen, wurde mit Schreiben vom 28.06.2017 die bB.

Am 05.07.2017 übermittelte die bB folgende Befunde:

XXXX Schulterröntgen vom 22.12.2014, XXXX Entlassungsbericht für den Hausarzt (Varusgonarthrose) vom 16.03.2017, Neurologischer Befund

XXXX vom 17.03.2015 Carpaltunnelsyndrom (Handgelenk) rechts mit massiver Ausprägung.

Am 11.07.2017 wurde der bP mitgeteilt, dass der vorgelegte Befund nicht lesbar sei und erging die Aufforderung diesen nochmal in lesbarer Form vorzulegen.

Auch an die bB erging mit 12.07.2017 die zusätzliche Aufforderung, das Letztgutachten aus 2001, sowie den Röntgenbefund Becken/Hüfte vom 13.07.2015 und den Entlassungsbefund des REHA XXXX auf welchem das aktuelle Gutachten Bezug nimmt, vorzulegen.

Am 14.07.2017 übermittelte die bB das Vorgutachten aus 2001 welches in seiner Beurteilung als einzige Position ein degeneratives Wirbelsäulenleiden als Zustand nach BS-OP mit gesamt 40 % ausweist.

Bezüglich der restlichen angeforderten Befunde wurde von der bB angemerkt, dass diese auch bei der bB nicht aufliegen würden.

Am 19.07.2017 übermittelte die bP nochmals das MRT Ergebnis vom 10.05.2017 (wiederum nicht vollständig lesbar, da der Seitenrand abgeschnitten ist) inklusive Befundbericht vom 29.03.2017 und 16.05.2017 sowie zusätzliche Befundberichte vom 22.07.2016, 26.07.2016 und 29.03.2017.

Die lesbaren Befundberichte Dris. XXXX weisen nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

1) 29.03.2017 und 16.05.2017:

Anamnese:

Z.n. Bandscheiben-OP 2002 WJ-KH L4/5 (Anmerkung: in denen Gutachten stets OP 2001)

Zunehmende Lumboischialgie links.

Befund:

Hypästhesie Unterschenkel und Vorfuß li, kein motorisches Defizit, keine Fußhebeschwäche

Röntgen MRT vom 10.05.2017 (es wird verwiesen auf den nicht vollständig lesbaren detaillierten Bericht)

Diagnose: Lumboischialgie m. Radikulopathie L4 + L5 li

Discusprotrusion m. Foramenstenose u. Wurzelbedrängung L4 li

Foramenstenose m. Wurzelbedrängung L5 li

Therapie: CT-gezielte Wurzelinfiltration L4+5 links, bei Beschwerdepersistenz operative Revision angezeigt mit LTIF L4/5+L5/S1 m. Foraminotomie.

2)

22.07.2016 und 26.07.2017 [Zustand Knie vor OP]: Bewegung im linken Knie gut S0/0/100 –

29.03.2017: Diffuse Schmerzen US links n. 1 km Gehstrecke, Zunahme beim Bergabgehen, Bergauf weniger Schmerzen auch bei Vorlage. Dzt. geringe Hypästhesie infrapatellär links, kein motor. Defizit.

MRT LWS-Abklärung wegen V.a. Discusprolaps ev. Foramenstenose L4/5 L5/S1 links

Metatarsalgie links MT 3 – Einlagen zu alt

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gerichtes auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsichtnahme in das zentrale Melderegister, sowie den sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, ( )".Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden – vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht. (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151)

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt. (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77)

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird ( VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Dem Akt beiliegend befindet sich das Vorgutachten aus dem Verfahren zur Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten vom 17.08.2016.

In der Anamnese angeführt wird dort eine Bandscheibenoperation im Jahr 2001. Eine gesonderte Einschätzung "degeneratives Wirbelsäulenleiden" erfolgte aber nicht und wurde vom Sachverständigen das Bandscheibenleiden als nicht den Grad einer Behinderung erreichend eingestuft.

Im aktuellen von der bB im BBG Verfahren eingeholten orthopädischen Gutachten desselben Sachverständigen vom 14.12.2016 fand das Vorgutachten im Rahmen der Anamnese zwar Eingang, es erfolgte darüber hinaus bzgl. dem Bandscheibenleiden aber weder eine prozentuale Einschätzung noch wurde vermerkt, es handle sich um eine den Grad der Behinderung nicht erreichende Gesundheitseinschränkung. Im neuen Gutachten führte der Sachverständige unter Stellungnahme im Vergleich zum Vorgutachten aus, dass dieses unverändert sei.

Das führende Leiden, die Einschätzung der Kniebeschwerden links unter Pos.Nr.: 02.05.20 erfolgte gleich dem Vorgutachten mit 30 % trotz dazwischen stattgefundener OP Halbschlittenimplantation (24.08.2016). Dazu ausgeführt wurde, dass ohne wesentliche Entzündungszeichen noch eine Bewegungseinschränkung bestehe.

Bei der Einschätzung "mittleren Grades einseitig" handelt es sich um einen vorgesehenen Fixsatz in der EVO mit 30 % und erfolgte die Einschätzung trotz erst kürzlich zuvor stattgefundenen OP, wohl nach derselben Position wie im Vorgutachten wegen der noch bestehenden Bewegungseinschränkung.

Es ist anzunehmen, dass zwar aufgrund des Umstieges auf die Halbschlittenprothese grundsätzlich eine Verbesserung der Beschwerden eingetreten ist, allerdings kann über das ob und in welchem Ausmaß noch keine aussagekräftige Einschätzung getroffen werden.

Es liegt nahe, dass vom Sachverständigen aufgrund der zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung noch bestehenden Bewegungseinschränkung, trotz ev. langfristiger Besserung, die gleiche Positionsnummer wie bisher "Funktionseinschränkung mittelgradig einseitig" gewählt wurde. Diesfalls wäre aber jedenfalls die Anordnung einer Nachuntersuchung (nach Ablauf Heilungsbewährung) angezeigt gewesen.

Soweit das aktuelle Gutachten bezüglich dem Bandscheibenleiden keine weiteren Feststellungen trifft, kann im Rahmen der freien Beweiswürdigung festgehalten werden, dass das vorliegende Gutachten nicht nachvollziehbar und schlüssig ist, da im Hinblick auf den von der bP vorgelegten Befund MRT Untersuchung vom 10.05.2017 und der kurz zurückliegenden Zeit der Gutachtenserstellung November 2016 unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bereits 2001 eine Bandscheibenoperation stattfand, davon auszugehen war, dass ein entsprechendes Leidensbild wie lt. MRT Befund vom 10.05.2017 Diagnose: Lumboischalgie m. Radikulopathie L4+L5 links, Discusprotrusion m. Foramenstenose u. Wurzelbedrängung L4 li, Foramenstenose m. Wurzelbedrängung L5 li – mit angezeigter operativer Revision bei Beschwerdepersistenz, bereits im Zeitpunkt der Gutachtenserstellung immanent war und ausführlicher zu behandeln und gegebenenfalls einzuschätzen gewesen wäre. Wobei aufgrund der geänderten Gesetzeslage und dem Umstand der Anwendbarkeit der Einschätzungsverordnung mit ihren strengeren Maßstäben, nicht automatisch auf eine Bewertung wie zuvor mit 40 %, geschlossen werden kann.

Zur Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, hätte die bB jedenfalls weitere Ermittlungsschritte setzen müssen.

Zusammengefasst erfüllt, das von der bB zur Entscheidung herangezogene, Sachverständigengutachten vom 14.12.2016 nicht die von der einschlägigen Judikatur geforderten Mindestanforderungen und leidet dadurch an einem wesentlichen Mangel (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151). Es ist zur Beurteilung des konkreten Falles unbrauchbar. Der Fall ist einem solchen gleichzuhalten, in welchem ein Sachverständigengutachten nicht vorliegt.

Dies hat zur Folge, dass seitens der bB die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, indem der Sachverhalt iSd § 37 AVG nicht ausreichend ermittelt wurde, keine Berücksichtigung fanden.

Bei Einhaltung der gebotenen verfahrensrechtlichen Bestimmungen hätte die bB ihre Entscheidung aufgrund einer anderen, nämlich umfassenderen Befund- und Beweislage getroffen.

Zudem wurde gegenständlich von der bB das Parteiengehör verletzt und der bP das relevante Gutachten vom 14.12.2016 nicht zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt. Die Gewähr des Parteiengehörs hätte gegenständlich aber zu einem umfangreicheren Sachverhalt geführt. Zwar hätte die bP nicht den konkreten Befund vom 10.05.2017 beibringen können (Therapie: Gezielte Wurzelinfiltration L4+5 li, bei Persistenz operative Revision angezeigt) doch hätte diese jedenfalls bereits vor Bescheidausfertigung, auf das Nichtberücksichtigen einer bestehenden und im Jahr 2001 mit 40 % bewerteten degenerativen Wirbelsäulenveränderung (Z.n. BS-Operation) hinweisen, und die bB zu weiteren Ermittlungsschritten anregen können.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl Nr 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl Nr 283/1990 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl I Nr 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl Nr 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt 3.1 im Generellen und die in den Pkt 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs 3 VwGVG hat, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 leg cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Dies auch unter dem Aspekt, dass, um eine Entscheidung in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren treffen zu können, vorher vom Bundesverwaltungsgericht noch notwendige ergänzende Ermittlungen durch Einholung von weiteren Sachverständigengutachten vorzunehmen wären. Dementsprechend würde es das Verfahren iSd § 28 Abs 2 VwGVG nicht beschleunigen und auch keine Kostenersparnis mit sich bringen. Die Behörde ist in diesem Fall an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gemäß § 46 2. Satz BBG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zwölf Wochen.

Gegenständliche Entscheidungsform stellt nach Ansicht des ho. Gerichtes ein verfahrensökonomisches Instrument, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche verfahrensbeschleunigende Wirkung dar, welches generell vorab durch die Behörde zu prüfen und einzelfallbezogen in Betracht zu ziehen wäre.

Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Nach Ansicht des Gerichtes liegt zwar die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes für die Prüfung der Beschwerde vor. Eine Senatszuständigkeit, wie sie im § 45 Abs 3 BBG normiert ist, wird dadurch aber nicht begründet. Dies ergibt sich ua aus § 28 iVm § 31 VwGVG in Zusammenschau mit der zitierten Bestimmung des BBG. Laut § 45 Abs 3 BBG liegt eine zwingende Senatszuständigkeit hinsichtlich Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung vor. Im gegenständlichen Fall bedarf es aber keiner Entscheidung auf Grundlage der zitierten Bestimmung.

Schlussfolgernd liegt keine Zuständigkeit für einen Senat iSd § 45 Abs 3 BBG, sondern eine Einzelrichterzuständigkeit iSd § 6 BVwGG vor.

3.3. Aus den angeführten Erwägungen wurde nach Ansicht des ho Gerichtes das Ermittlungsverfahren der bB mangelhaft geführt und sind vor allem hinsichtlich der im Gutachten nicht bzw nur oberflächlich berücksichtigten Beschwerden, welche dem Beschwerdevorbringen der bP zugrunde liegen, weitreichendere Ermittlungen zu führen und diese gegebenenfalls im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung durch die Erstbehörde zu berücksichtigen.

Diesbezüglich sei im Speziellen auf die Entscheidung des VwGH vom 08.08.2008, Zl 2004/09/0124, hingewiesen, die besagt, dass Gegenstand der Gesamteinschätzung die durch das Zusammenwirken mehrerer Leiden bzw Leidensmomente bewirkte Beeinträchtigung der gesamten körperlichen und seelischen Beschaffenheit des Behinderten in Hinsicht auf das allgemeine Erwerbsleben ist.

Analog dazu ist auch die Einschätzung betreffend der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführen.

Steht der maßgebliche Sachverhalt fest oder ist die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

§ 28 Abs 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Hierzu führt der VwGH aus, dass angesichts des in § 28 VwGVG 2014 insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG 2014 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG 2014 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Obig angeführte Ermittlungsmängel liegen aus Sicht des erkennenden Gerichtes vor. So hätte die bB, wie oben näher ausgeführt, auf die bei der bP vorliegenden Leiden und deren gegenseitige Auswirkung eingehen bzw erörtern müssen.

Zusammenfassend erfüllt das, von der bB für seine Entscheidung herangezogene, Sachverständigengutachten vom 14.12.2016 nicht die von der einschlägigen Judikatur geforderten Mindestanforderungen und leidet dadurch an einem wesentlichen Mangel (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Dies hat zur Folge, dass seitens der bB die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, indem der Sachverhalt iSd § 37 AVG nicht ausreichend ermittelt wurde, keine Berücksichtigung fanden.

Bei Einhaltung der gebotenen verfahrensrechtlichen Bestimmungen hätte die bB ihre Entscheidung aufgrund einer anderen, nämlich umfassenderen Befund- und Beweislage getroffen.

Durch die Zurückverweisung wird die Rechtssache nicht materiell erledigt, sondern es handelt sich um eine prozessuale Entscheidung. Gemäß § 9 Abs 1 Satz 1 und 2 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senats und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.

Da die gegenständliche Rechtssache für eine materielle Entscheidung mangels hinreichend feststehenden Sachverhaltes für den Senat noch nicht verhandlungs- bzw entscheidungsreif war, ergibt sich die Zuständigkeit für diese Zurückverweisung als Einzelrichter und ist unter Zugrundelegung der oben angeführten Erwägungen der Bescheid nach § 28 Abs 3 VwGVG aufzuheben und zur neuerlichen Erlassung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

Dies auch unter dem Aspekt der Raschheit und Wirtschaftlichkeit iSd § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG, da aufgrund der infrastrukturellen Gegebenheiten des BVwG das anhängige Verfahren mit Sicherheit nicht rascher, sondern nur kostenintensiver im Vergleich zum Sozialministeriumservice, durch Einholung weiterer Sachverständigengutachten, durchgeführt werden kann.

3.4. Aus den oben genannten Gründen war das Gutachten vom 14.12.2016 daher als Erkenntnisgrundlage nicht geeignet und ist der Bescheid der bB vom 16.12.2016 mittels Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit an die bB zurückzuweisen.

Aus den angeführten Erwägungen wurde nach Ansicht des ho. Gerichtes das Ermittlungsverfahren der bB mangelhaft geführt und sind vor allem hinsichtlich den, dem BVwG vorgelegten und in der Beschwerde angekündigten Unterlagen weitreichendere Ermittlungen zu führen.

Da ein zur Beurteilung des Sachverhaltes geeignetes aktuelles Sachverständigengutachten derzeit nicht vorliegt, wird ein solches einzuholen sein.

3.5. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Im vorliegenden Fall stand bereits auf Grund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung iSd § 24 Abs 2 VwGVG entfallen konnte.

3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil im gegenständlichen Fall die Entscheidung als Einzelrichter gemäß § 6 BVwGG iVm § 28 Ab. 3 VwGVG von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Diesbezüglich liegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes Gründe vor, insbesondere aufgrund der im

§ 19b Abs 1 BEinstG normierten Senatszuständigkeit, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen.

In diesem Sinne ist die Revision zulässig.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,
Revision zulässig, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:L517.2146911.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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