TE Vfgh Erkenntnis 2017/9/21 A10/2017

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Veröffentlicht am 21.09.2017
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
B-VG Art137 / Zinsen
VfGG §41
ZPO §41

Leitsatz

Stattgabe einer auf Zinsen und Prozesskosten eingeschränkten Klage auf Rückzahlung eines beschlagnahmten Geldbetrages aus Wettannahmeautomaten

Spruch

I. Das Land Wien ist schuldig, der klagenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters den Betrag von € 1567,99 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Klage und Vorverfahren

1.       Mit ihrer auf Art137 B-VG gestützten Klage vom 14. Juni 2017 gegen das Land Wien, begehrt die einschreitende Gesellschaft die Erlassung des folgenden Urteils:

"Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei den Betrag von € 18.577,50 samt 4% Zinsen seit 24.05.2017 zu bezahlen und die Kosten dieses Rechtsstreites zu ersetzen; dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution."

2.       Begründend führt die klagende Partei hiezu aus, der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, habe mit Bescheid vom 9. Oktober 2015 28 im Eigentum der klagenden Partei stehende Wettannahmeautomaten samt dem darin befindlichen Bargeld in Höhe von € 18.577,50 zur Sicherung der Strafe des Verfalls beschlagnahmt. Mit Erkenntnis vom 18. Jänner 2017 habe das Verwaltungsgericht Wien diesen Bescheid – im zweiten Rechtsgang nach einem stattgebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes – gemäß Art140 Abs7 B-VG aufgehoben. Daraufhin sei die klagende Partei vom Magistrat der Stadt Wien mit Schreiben vom 20. März 2017 verständigt worden, dass die beschlagnahmten Gegenstände am 30. März 2017 zur Abholung bereitgestellt würden. Für die Veranlassung der Rücküberweisung des beschlagnahmten Geldbetrages habe der Magistrat der Stadt Wien um Bekanntgabe der Bankverbindung ersucht. Da die klagende Partei dieser Aufforderung Folge geleistet, der Magistrat der Stadt Wien aber selbst nach Setzung von Nachfristen bis 23. Mai bzw. 12. Juni 2017 unter Klagsandrohung den Betrag nicht überwiesen habe, sehe sich die klagende Partei zur Erhebung der vorliegenden Klage genötigt.

3.       Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2017 teilte die klagende Partei dem Verfassungsgerichtshof mit, dass die beklagte Partei den Klagsbetrag nach Klagseinbringung bezahlt habe (der Klagsbetrag sei am 19. Juni 2017 auf dem Anderkonto des Klagevertreters gutgebucht worden). Vor diesem Hintergrund schränke die klagende Partei ihr Klagebegehren auf die Zahlung von 4 % Zinsen aus € 18.577,50 für den Zeitraum von 24. Mai bis 18. Juni 2017 und den Ersatz der Prozesskosten ein.

4.       Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2017 erstattete der Magistrat der Stadt Wien eine Äußerung, in der er bekanntgab, das von der klagenden Partei mit Schriftsatz vom 22. Juni 2017 eingeschränkte Klagebegehren in Höhe von € 1.934,21 (Prozesskosten) sowie die Zinsen für den Zeitraum von 25. Mai bis 18. Juni 2017 iHv € 48,86 anzuerkennen.

II.      Erwägungen

1.       Zur Zulässigkeit

1.1.    Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Ein solcher Anspruch wird mit der vorliegenden Klage geltend gemacht.

1.2.    Da im Verfahren auch sonst kein Prozesshindernis hervorgekommen ist, erweist sich die Klage insgesamt als zulässig.

2.       In der Sache

Die Klage ist begründet.

2.1.    Da die beklagte Partei den Anspruch der klagenden Partei auf Zahlung der Zinsen für den Klagsbetrag in der Gegenschrift vom 21. Juli 2017 für den Zeitraum von 25. Mai bis 18. Juni 2017 anerkannt hat, nach der Aktenlage aber noch keine Zahlung erfolgt ist und kein zureichender Rechtsgrund für die Zurückbehaltung des eingeschränkten Klagsbetrages behauptet wurde, besteht das Klagebegehren insoweit zu Recht (vgl. VfSlg 15.750/2000). Daran vermag der Umstand, dass die beklagte Partei den Betrag für diesen Zeitraum mit € 48,86 statt mit € 50,90 errechnet hat, nichts zu ändern.

2.2.    Das (eingeschränkte) Klagebegehren geht über den vom Magistrat der Stadt Wien anerkannten Betrag hinaus, zumal der Magistrat die Zinsen nur für den Zeitraum von 25. Mai bis 18. Juni 2017 als zu Recht bestehend angesehen hat, im Schriftsatz der klagenden Partei vom 22. Juni 2017 aber – wie sich aus dem modifizierten Urteilsbegehren eindeutig ergibt – Zinsen von 24. Mai bis 18. Juni 2017 begehrt wurden.

Der Verfassungsgerichtshof hat keinen Zweifel, dass auch der Anspruch auf Zinsen für den 24. Mai 2017 zu Recht besteht: Aus dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der klagenden Partei und den dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Dokumenten ergibt sich, dass die klagende Partei der beklagten Partei eine Nachfrist für die Rückerstattung des beschlagnahmten Geldbetrages bis zum 23. Mai 2017 gesetzt hat. Insofern ist das Zinsbegehren für den 24. Mai 2017 iHv € 2,04 gerechtfertigt.

2.3.    Hinsichtlich der Prozesskosten ist zu bemerken, dass die klagende Partei die Klage zu Recht erhoben und das Klagebegehren nach Zahlung des Klagsbetrages rechtzeitig eingeschränkt hat.

III.    Ergebnis

1.       Die klagende Partei hat die Klage zu Recht erhoben und das Klagebegehren nach Rückzahlung des beschlagnahmten Geldbetrages rechtzeitig eingeschränkt. Dem Begehren ist daher stattzugeben.

2.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3.       Die Kostenentscheidung gründet sich auf §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 Abs2 ZPO. Die Einbringung der Klage ist im vorliegenden Fall als ein zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendiges Mittel anzusehen.

Die der klagenden Partei zustehenden Kosten sind nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz auszumessen. Für die Abfassung der Klage steht der klagenden Partei bei einem Streitwert von € 18.577,50 der Betrag der TP 3C von € 1.251,36 zu. Die Klagseinschränkung ist als kurzer Schriftsatz iSd TP 1 zu qualifizieren (zB VfSlg 15.839/2000), wofür der klagenden Partei bei der in analoger Anwendung des §12 RATG vorzunehmenden Bewertung des Streitgegenstands von € 1.450,– ein Betrag von € 25,73 zusteht. In den zugesprochenen Kosten sind 50 % Einheitssatz für die Klage (für den zunächst höheren Streitwert) und 60 % Einheitssatz für die Klagseinschränkung (für den nunmehr niedrigeren Streitwert), ferner Umsatzsteuer in Höhe von € 208,56 bzw. € 4,29 und der Ersatz der Eingabengebühr (€ 240,–) enthalten.

Schlagworte

VfGH / Klagen, VfGH / Zinsen, VfGH / Kosten, Wetten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:A10.2017

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2017
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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