TE Vfgh Erkenntnis 1998/2/26 V90/97

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Veröffentlicht am 26.02.1998
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Index

96 Straßenbau
96/01 Bundesstraßengesetz 1971

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
TrassenV, BGBl 900/1995, betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 7 Brünner Straße im Bereich der Gemeinden Großebersdorf. Wolkersdorf und Ulrichskirchen-Schleinbach
BStG 1971 §4 Abs1

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer Trassenverordnung betreffend die B 7 Brünner Straße wegen Vernachlässigung der dem Land und einer Gemeinde erwachsenden Kosten für einen erforderlichen Zubringer bei dem vor Erlassung der Verordnung vorzunehmenden Variantenvergleich unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens

Spruch

Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 7 Brünner Straße im Bereich der Gemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf im Weinviertel und Ulrichskirchen-Schleinbach, BGBl. Nr. 900/1995, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, der antragstellenden Gemeinde zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1.1. Die antragstellende Gemeinde ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in den Katastralgemeinden Eibesbrunn sowie Großebersdorf, die teils von der Straßentrasse durchquert werden, die mit der angefochtenen Verordnung festgelegt wird, teils in dem mit der angefochtenen Verordnung bestimmten Bundesstraßenbaugebiet liegen.

Sie beantragt gemäß Art139 B-VG (sowie gemäß §24 Abs11 UVP-G, BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. Nr. 773/1996) die Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 7 Brünner Straße im Bereich der Gemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf im Weinviertel und Ulrichskirchen-Schleinbach, BGBl. Nr. 900/1995, ausgegeben am 29. Dezember 1995, zur Gänze wegen Gesetzwidrigkeit.

1.2. Die angefochtene Verordnung lautet:

"Auf Grund des §4 Abs1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 33/1994 wird verordnet:

Der Straßenverlauf eines Abschnittes der B 7 Brünner Straße wird im Bereich der Gemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf im Weinviertel und Ulrichskirchen-Schleinbach wie folgt bestimmt:

Die neu herzustellende Straßentrasse beginnt bei km 12,24, verläuft in der Folge westlich von Eibesbrunn und Wolkersdorf im Weinviertel über die Anschlüsse 'Zubringer Wolkersdorf', 'LH 6' und 'L 3103' und bindet bei km 19,13 wieder in den Bestand ein.

Im einzelnen ist der Verlauf der neu herzustellenden Straßentrasse einschließlich der Rampen der Anschlüsse aus dem beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung sowie bei den Gemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf im Weinviertel und Ulrichskirchen-Schleinbach aufliegenden Planunterlagen (Plan Nr. B7/18-94 im Maßstab 1:2000) zu ersehen.

§15 Bundesstraßengesetz 1971 findet auf den vorangeführten Straßenabschnitt Anwendung. Die Grenzen des Bundesstraßenbaugebietes sind den aufliegenden Planunterlagen zu entnehmen."

2.1. Zur Legitimation bringt die Antragstellerin vor, daß sie durch die angefochtene gesetzwidrige Verordnung "unmittelbar in ihren Rechten betroffen" ist. Auf Grund der angefochtenen Verordnung seien die Liegenschaften der Antragstellerin von einer im Zuge des weiteren Genehmigungsverfahrens durchzuführenden Enteignung betroffen und dürften im Bundesstraßenbaugebiet auf Grund der Bestimmung des §15 Abs1 BStG 1971 Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen werden. Danach sei die Rechtsposition der Antragstellerin unmittelbar und aktuell beeinträchtigt und verletzt. Zur Abwehr dieser Eingriffe stehe kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, weil der Antragstellerin die Bekämpfung eines Enteignungsbescheides nicht zumutbar sei. Überdies sei die antragstellende Gemeinde Standortgemeinde im Sinne des §19 Abs3 und des §24 Abs5 UVP-G, BGBl. Nr. 697/1993, (bzw. des §24 Abs11 UVP-G, BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. Nr. 773/1996), sodaß sich die Antragslegitimation direkt aus der zuletzt genannten Verfassungsbestimmung ergebe.

2.2. Die angefochtene Verordnung erachtet die Antragstellerin als gesetzwidrig, da sie den Anforderungen des §4 Abs1 BStG 1971 nicht entspreche (siehe unten 2.2.1.) sowie vor Erlassung der angefochtenen Verordnung keine Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des UVP-G, BGBl. Nr. 697/1993, (im folgenden: UVP-G) bzw. kein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren im Sinne der EG-Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG), Amtsblatt der EG, L 175/40 vom 5. Juli 1985, (im folgenden: UVP-RL) durchgeführt worden sei (siehe unten 2.2.2.).

2.2.1. Die Antragstellerin begründet ihre Bedenken gegen die angefochtene Verordnung im Hinblick auf §4 Abs1 BStG 1971 im wesentlichen wie folgt:

a. Zum Beurteilungskriterium des "Nachbarschutzes" (§4 Abs1 iVm. §7a BStG 1971):

Das "Generelle Projekt 1991" habe die westliche Umfahrung von Eibesbrunn und Wolkersdorf ("Westumfahrung") als optimalste Variante ausgewiesen. Diese habe eine Trassenführung im Einschnitt bzw. in niveaugleicher Lage vorgesehen gehabt, wodurch die Lärmemissionen für die der Umfahrungsstraße am nächsten gelegenen Immissionsorte auf ein Mindestmaß begrenzt und das Landschaftsbild möglichst geringfügig beeinträchtigt werden sollten. Die nunmehr verordnete Trasse der "Westumfahrung" verlaufe jedoch "in Hochlage" und sei "auf rund 200 m dem Siedlungsgebiet der antragstellenden Gemeinde genähert" und die Einbindung der bestehenden B 7 sei um ca. 250 m in Richtung des Ortskernes verschoben worden. Im Zusammenwirken von Hochlage und der Annäherung der Trasse an das Siedlungsgebiet ergebe sich eine massive Beeinträchtigung eines Teiles der Einwohner der antragstellenden Gemeinde. Jedenfalls trete eine Erhöhung des Lärmpegels im Vergleich zum ursprünglichen Projekt ein.

b. Zum Beurteilungskriterium der "Wirtschaftlichkeit":

Im Unterschied zur Trasse nach der Variante "Ostumfahrung" verlaufe die verordnete Trasse der "Westumfahrung" durch hügeliges Gebiet, "sodaß Stützmauern, großzügige Erdbewegungen, Befestigungsbauten, Brücken, Rückhaltebecken und ähnliches notwendig" seien. Es entspreche der "Lebenserfahrung, daß eine Trassenführung, die Stützbauten, Brücken und ähnliche Bauwerke erforderlich macht, höhere Kosten verursacht als eine Trassenführung in ebenem Gelände". Trotzdem seien im Jahre 1992 ausgehend vom generellen Projekt die Kosten der "Westumfahrung" mit S 226 Mio. und jene der "Ostumfahrung" mit S 281 Mio. geschätzt worden. In der Nutzen-Kosten-Untersuchung, Wirkungsanalyse, Ergänzung 1995, wurden annähernd gleichhohe Kosten für die beiden Varianten ausgewiesen, nämlich für die "Westumfahrung" - ausgehend vom Detailprojekt 1994 - S 331 Mio. und für die "Ostumfahrung" - ausgehend vom generellen Projekt 1994 - S 338,5 Mio., wobei für die "Ostumfahrung" ein Detailprojekt von vornherein nicht erstellt wurde. Die Differenz von S 7,5 Mio. sei bereits durch geringfügig geänderte Ansätze bei der Kostenkalkulierung in ihr Gegenteil verkehrbar.

c. Zum Beurteilungskriterium der "funktionellen Bedeutung des Straßenzuges":

Unter raumordnungspolitischen Gesichtspunkten sei zu bedenken, daß die verordnete Trasse der "Westumfahrung" die einzig möglichen Siedlungserweiterungsmöglichkeiten für die Teile der Gemeinde Großebersdorf bildenden Orte Großebersdorf - Erweiterungsmöglichkeit nur in Richtung Osten - sowie Eibesbrunn - Erweiterungsmöglichkeit nur gegen Westen - vereitle. Die Variante "Westumfahrung" rufe überdies eine Trennwirkung zwischen den Katastralgemeinden Großebersdorf und Eibesbrunn hervor. Die genannten raumordnungspolitischen Gesichtspunkte hätten vom Verordnungsgeber jedenfalls als Abwägungskriterium in seine Überlegungen einbezogen werden müssen.

In strukturpolitischer Hinsicht wurde bei der Festlegung der "Westumfahrung" aus Sicht der Antragstellerin verabsäumt, das sich im Südosten von Wolkersdorf befindende Industriegebiet zu berücksichtigen. Erst im Zuge der nach Verordnungserlassung erfolgten weiteren Planungen sei man zum Entschluß gelangt, daß eine Verbindungsstraße (Landesstraße) gebaut werden müsse, um die verordnete Trasse mit dem Industriegebiet zu verbinden. Auf Seite 13 der Nutzen-Kosten-Untersuchung, Wirkungsanalyse, Ergänzung 1995, werde festgestellt, daß die Anbindung dieses Industriegebietes bei der "Ostvariante" günstiger als bei der "Westvariante" sei. Die günstigere Anbindung des Industriegebietes über die "Ostvariante" sei auch im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs von Bedeutung, da sich im Bereich des Industriegebietes die Infrastruktureinrichtungen der Feuerwehr sowie des Gendarmeriepostens befänden.

2.2.2. Die Antragstellerin behauptet weiters, daß vor Erlassung einer Verordnung nach §4 BStG 1971 gemäß §24 Abs1 Z1 UVP-G bzw. in unmittelbarer Anwendung der UVP-RL eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen wäre.

2.3. Für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof es hinsichtlich der von der Antragstellerin aufgeworfenen gemeinschaftsrechtlichen Fragen für erforderlich erachte, den EuGH um Vorabentscheidung gemäß Art177 EGV zu ersuchen, stellt die Antragstellerin überdies einen Antrag auf Vorlage bestimmter, näher ausformulierter Fragen.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat die Antragstellerin ersucht, bestimmte in dem Individualantrag als Beilagen angesprochene, diesem aber nicht beigelegte (Plan-)Unterlagen nachzureichen. Diesem Ersuchen hat die Antragstellerin mit Vorlage vom 23. September 1997 entsprochen, wenngleich keine Planunterlagen vorgelegt wurden, aus denen - wie auf Seite 5 des Individualantrages behauptet wird - ersichtlich wäre, daß die verordnete Trasse abweichend vom generellen Projekt 1991 "auf rund 200 m dem Siedlungsgebiet der antragstellenden Gemeinde genähert" wurde.

4. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und legte die Verwaltungsakten Z812.007/5-VI/B/14/94 (zur Einleitung des Anhörungsverfahrens) und Z812.007/17-VI/B/14/94 (zur Erlassung der Verordnung einschließlich der Ergebnisse des gemäß §4 Abs3 und 5 BStG 1971 durchgeführten Anhörungsverfahrens) vor. Die während des Anhörungsverfahrens gemäß §4 BStG 1971 aufliegenden Unterlagen (eine Umweltverträglichkeitserklärung, ein Verordnungsplan, ein generelles Projekt 1991 mit Ergänzung 1992, ein Detailprojekt 1994 mit Umweltbericht), weitere Untersuchungen, die auf Grund der Eingabe der Antragstellerin im Zuge des Anhörungsverfahrens zusätzlich ausgearbeitet wurden (eine Nutzen-Kosten-Untersuchung, Ergänzung 1995; eine Nutzen-Kosten-Untersuchung, 2. Ergänzung 1995, und das im wesentlichen bereits vor Einleitung des Anhörungsverfahrens ausgearbeitete generelle Projekt 1994 betreffend "Ostumfahrung Eibesbrunn") sowie die im Zuge des einleitenden Hearings zum Anhörungsverfahren präsentierten Planunterlagen (2 Lagepläne mit eingetragenen Isophonen) wurden dem Verfassungsgerichtshof über Ersuchen der belangten Behörde direkt von der Bundesstraßenverwaltung, Landeshauptmann von Niederösterreich, übermittelt.

Die belangte Behörde beantragt in der als Gegenschrift bezeichneten Äußerung, den Antrag der antragstellenden Gemeinde (der nicht mit ausreichender Deutlichkeit erkennen lasse, inwieweit durch die bekämpfte Verordnung ein unmittelbarer Eingriff in die Rechte der Antragstellerin erfolge) als unzulässig zurückzuweisen bzw. dem Antrag auf Aufhebung der Verordnung nicht zu entsprechen.

4.1. In den detaillierteren Untersuchungen aus den Jahren 1994 und 1995 (generelles Projekt "Ostumfahrung Eibesbrunn" 1994 und Kosten-Nutze-Untersuchung, 1. und 2. Ergänzung 1995) seien gegenüber dem generellen Projekt "Umfahrung Eibesbrunn-Wolkersdorf" 1991, Ergänzung 1992, welches eine klare Präferenz zugunsten der "Westumfahrung" ergeben habe, zwar festgestellt worden, daß bei einzelnen Beurteilungskriterien eine Präferenz der "Ostumfahrung" vorliege bzw. Differenzen der einzelnen Positionen (zB bei den Investitionskosten) geringer ausfielen. Die Gesamtbeurteilung (Kosten-Nutzen-Untersuchung, 2. Ergänzung 1995), die auch die künftigen Bundesstraßen B 208 und B 302 sowie das Wiener Verkehrskonzept inklusive der hiefür vorgesehenen Zeitpläne berücksichtige, habe jedoch insgesamt Vorteile zugunsten der "Westumfahrung" ergeben; "insbesondere bei Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen Gesamtkosten auf einen längeren Zeitraum (Investitions-, Erhaltungs- und Benutzer-Betriebskosten) sowie der Veränderung des Landschaftsbildes (überwiegend Dammlage bei 'Ostumfahrung') und (des) hohen Grundbedarfs an erst jüngst kommassierten Landwirtschaftsflächen in den Kat.Gemeinden Eibesbrunn (Gde. Großebersdorf) und Obersdorf (Gde. Wolkersdorf)".

Im einzelnen wird den Bedenken der Antragstellerin wie folgt entgegnet:

a. Zum Beurteilungskriterium des "Nachbarschutzes":

Die auf Grund des Detailprojektes 1994 verordnete Trasse der "Westumfahrung" verlaufe entgegen der Meinung der Antragstellerin nicht in "Hochlage". Auch die verordnete Trasse verlaufe vielmehr im relevanten Bereich (Siedlungsnähe im Gemeindegebiet Großebersdorf) auf weiten Strecken im Einschnitt, wenngleich in Teilbereichen die Einschnittslage seichter geworden sei (maximale Anhebung der Nivellette um 5 m). Die gesamte Korrektur der Nivellette sei aus wirtschaftlichen Erwägungen erfolgt, "da die Verringerung des Erdmassenüberschusses um rund 816.000 m3 eine Kostenreduzierung von ca. 20 bis zu 50 Mio. Schilling (Abtrag- und Deponierungskosten)" bedeutet habe. Die durch die teilweise Anhebung der Nivellette allenfalls zu erwartenden erhöhten Lärm- und Schadstoffimmissionen seien jedoch durch im Detailprojekt in allen siedlungsnahen Bereichen (Entfernung von der Straßenachse weniger als 220 m) vorgesehene Maßnahmen (mindestens 2 m hoher Schutzdamm und Bepflanzungsstreifen in Art von Windschutzgürteln) kompensiert worden.

Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin sei die verordnete Trasse nicht auf rund 200 m dem Siedlungsgebiet der antragstellenden Gemeinde "genähert" worden. Erst ca. 0,5 km fernab des Siedlungsgebietes sei die Trasse maximal "15 m ostwärts und beim Verlassen des Gemeindegebietes von Großebersdorf ca. 20 m nach Westen verschoben" worden. Zur behaupteten Verschiebung der Einbindung der B 7 in Richtung Ortskern wird ausgeführt, daß aus Gründen der "Verkehrssicherheit" für den nach Süden fließenden Einbindungsverkehr eine kreuzungsfreie Anbindung an die B 7 in Form einer Überführungsrampe geschaffen werde. Gegenüber dem im generellen Projekt 1991 geplanten T-Knoten ergebe sich im Detailprojekt 1994 für die Ausfahrtsrampe (B 7 Wien-Eibesbrunn) eine Verschiebung von ca. 150 m vom Ortskern weg und für die Einfahrtsrampe (Eibesbrunn-B 7 Wien) eine solche von ca. 150 m zum Ortskern. Das nächstgelegene Haus der KG. Großebersdorf sei jedoch noch etwa 350 m entfernt.

Zusätzliche Lärmmessungen- und Lärmberechnungen für den Bereich der "Ostvariante" seien nicht zielführend gewesen, zumal die Tatsache einer besseren Beurteilung der "Ostvariante" bezüglich der Lärmimmissionen in den Projektsuntersuchungen ohnehin nicht bestritten worden sei. Eine Lärmuntersuchung, die über jene des Detailprojektes 1994 hinausginge, wäre "zur Erhärtung der Aussagekraft des 'Lärm-Kriteriums' nicht weiter zielführend" gewesen.

b) Zum Beurteilungskriterium der "Wirtschaftlichkeit":

Aus dem generellen Projekt "Ostumfahrung Eibesbrunn" 1994 gehe hervor, daß die Anzahl der Brücken bei beiden Trassenvarianten gleich sei, aber die Fundierung der Brücken bei der "Ostumfahrung" zufolge der dort vorliegenden Untergrundverhältnisse Mehrkosten verursachen würde. Wenn auch grundsätzlich die Annahme zutreffe, daß eine Trassenlage im ebenen Gelände infolge weniger Erdarbeiten geringere Kosten verursache, würden im konkreten Fall der "Ostumfahrung" auf Grund möglicher Schwierigkeiten bei der Entwässerung (Pumpwerk) und der Brückenfundierung wegen der gegenüber der Westumfahrung längeren Trasse und wegen der größeren Rampenlängen zu Überführungsbauwerken höhere Kosten verursacht, die in einem generellen Projekt naturgemäß nur ungefähr erfaßbar seien. Die in der Nutzen-Kosten-Untersuchung, Wirkungsanalyse, Ergänzung 1995, ausgewiesene Kostendifferenz von S 7,5 Mio. erscheine gering. Die von der Antragstellerin angesprochene Möglichkeit der ins "Gegenteil verkehrbaren" Kostendifferenz sei aber unwahrscheinlich.

Entgegen den Behauptungen der Antragstellerin beruhten auch die "Kostenschätzungen in den generellen Untersuchungen" nicht bloß auf Erfahrungswerten, vielmehr seien die Kosten "auf Grund überschlägiger Ausmaßermittlung maßgebender Leistungspositionen mit mittleren Einheitspreisen" errechnet worden.

c. Zum Beurteilungskriterium der "funktionellen Bedeutung des Straßenzuges":

Ungeachtet der Frage, ob eine Siedlungserweiterung in raumordnungspolitischer Hinsicht wünschenswert sei, sei der Antragstellerin zu entgegnen, daß die verordnete Trasse in einem Abstand von ca. 800 m zur östlichen Baulandgrenze der Ortschaft Großebersdorf liege, sodaß eine Ausdehnung des Baulandes noch möglich sei. In der Ortschaft Eibesbrunn sei gleichfalls noch eine Ausdehnung des Baulandes in nördlicher und südlicher Richtung möglich. Der Anlage eines Bau-Industriegebietes, ähnlich wie im Flächenwidmungsplan der Gemeinde vorgesehen, stünde die "Westtrasse" kaum im Wege. Gerade die Nähe zur Umfahrung mit günstigem kreuzungsfreiem Anschluß könne sich für ein Industriegebiet wirtschaftsbelebend auswirken.

Der Zubringer (L 3098) für das Wolkersdorfer Industriegebiet sei bereits im generellen Projekt 1991, Ergänzung 1992, vorgesehen gewesen. Dem Wunsch der Verkehrsteilnehmer, zwecks rascheren Zuganges zum Industriegebiet die um ca. 1 km kürzere Ortsdurchfahrt von Eibesbrunn weiterhin zu benutzen, müsse durch verkehrslenkende und -beschränkende Maßnahmen (Fahrverbot für schwere LKWs insbesondere nachts, Verkehrssicherheits-Umbau der alten B 7 im Ortsdurchfahrtsbereich und allenfalls auch im Freilandbereich bis zur Einbindung der L 3098) begegnet werden.

Zwar würden bei der "Ostvariante" mehr Verkehrsrelationen an das Industriegebiet angeschlossen; bei der "Westvariante" seien für die Relationen im Zuge der Bundesstraßen B 7, B 208 und B 302 die Fahrzeiten jedoch insgesamt kürzer (vgl. Nutzen-Kosten-Untersuchung, Wirkungsanalyse, Ergänzung 1995, S. 13).

4.2. Zum Vorwurf der Antragstellerin, daß ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren gemäß §24 UVP-G bzw. in unmittelbarer Anwendung der UVP-RL durchzuführen gewesen wäre, verweist die belangte Behörde auf die Bestimmung des §46 Abs4 UVP-G sowie auf den beigelegten Verwaltungsakt, aus dem hervorgehe, daß das Anhörungsverfahren vor dem 30. Juni 1994 eingeleitet worden sei, sodaß die Vorgangsweise der belangten Behörde den maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen entsprochen habe.

5. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes hat die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 24. September 1997, in dem sie überdies, freilich ohne nähere Begründung, ausführt, daß das gegenständliche Straßenbauvorhaben weder unter Anhang I noch unter Anhang II der UVP-RL zu subsumieren sei, ergänzende Unterlagen (ua. die im Zuge des Anhörungsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen der Antragstellerin vom 26. April 1994 sowie des Landes Niederösterreich vom 11. Mai 1994 und 8. Juli 1994; die Stellungnahme der Antragstellerin vom 12. Juni 1995 zur Kosten-Nutzen-Untersuchung, Wirkungsanalyse, Ergänzung 1995; die Stellungnahmen des Landeshauptmannes von NÖ, Bundesstraßenverwaltung, vom 13. Juli 1995 und vom 12. September 1995; Auszug aus dem Europastraßenverzeichnis) vorgelegt. Auch der Landeshauptmann von Niederösterreich, Bundesstraßenverwaltung, hat mit Schreiben vom 29. September 1997 ergänzende Unterlagen (ua. Begleitschreiben zu den Nutzen-Kosten-Untersuchungen, Wirksamkeitsanalyse, 1. und 2. Ergänzung 1995; NÖ Landesverkehrskonzept) übermittelt.

6. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 23. Dezember 1997 weist die antragstellende Gemeinde darauf hin, daß aufgrund der angefochtenen Verordnung in der Zwischenzeit mit Bescheid vom 21. August 1997 über Antrag der Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung) vom Landeshauptmann von Niederösterreich ein - noch nicht rechtskräftiger - Enteignungsbescheid zum Zwecke des Baus der "Umfahrung Eibesbrunn-Wolkersdorf" im Verlauf der Brünner Straße B 7 erlassen wurde, mit dem Liegenschaften, welche im Eigentum der Antragstellerin stehen, enteignet wurden. Im übrigen versucht die Antragstellerin neuerlich, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Trassenverordnung unter Hinweis auf die UVP-RL näherhin darzutun.

II.Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG zulässig. Die antragstellende Gemeinde ist als Eigentümerin von Grundstücken, die in jenem Bundesstraßenbaugebiet liegen, das durch die angefochtene Verordnung bestimmt wird, zu einem Verordnungsprüfungsantrag legitimiert (vgl VfSlg. 9823/1983, 12084/1989, 13481/1993 ua.). An der Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens kann auch der Umstand nichts ändern, daß gegenüber der antragstellenden Gemeinde mittlerweile in erster Instanz ein auch auf die angefochtene Verordnung gestützter Enteignungsbescheid ergangen ist. Die Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges im Enteignungsverfahren und die Durchführung des anschließenden Beschwerdeverfahrens nach Art144 B-VG kann zeitliche Verzögerungen derart bewirken, daß bis zur Entscheidung über die Gesetzmäßigkeit der Trassenverordnung schon Baukosten in solcher Höhe aufgewendet werden, daß aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen eine andere, von der angefochtenen Trassenverordnung abweichende Trassenvariante nicht mehr in Frage kommt. Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher - insbesondere auch im Hinblick auf den bereits begonnenen Trassenbau - bei der seit seinem Erkenntnis VfSlg. 9823/1983 vertretenen Rechtsauffassung, daß es unzumutbar ist, den Ausgang eines Enteignungsverfahrens abzuwarten, um gegen den letztinstanzlichen Enteignungsbescheid mit dem Argument der Gesetzwidrigkeit der diesem Bescheid zugrundeliegenden Trassenverordnung die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts anzurufen.

Angesichts der Zulässigkeit des gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestellten Individualantrages der Gemeinde Großebersdorf auf Aufhebung der Trassenverordnung, BGBl. 900/1995, braucht der Verfassungsgerichtshof auf die von der Gemeinde Großebersdorf aufgeworfene Frage ihrer allfälligen Anfechtungsbefugnis nach §24 Abs5 UVP-G, BGBl. 697/1993, bzw. §24 Abs11 UVP-G idF BGBl. 773/1996 nicht einzugehen.

2.1. §4 Abs1 BStG 1971 idF BGBl. Nr. 33/1994 (und auch idF BGBl. I Nr. 31/1997) ordnet an, daß der Straßenverlauf nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüber hinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges durch Verordnung zu bestimmen ist. Dabei ist auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens, den Denkmalschutz, die Umweltverträglichkeit, die Ergebnisse der Anhörung (gemäß den Abs3 und 5 des §4 BStG 1971) sowie auf die Bestimmungen der §§7 und 7a BStG 1971 Bedacht zu nehmen. Durch die Verweisung auf die §§7 und 7a BStG 1971 wird zum Ausdruck gebracht, daß der Straßenverlauf eine sichere Benützbarkeit der Straßen gewährleisten muß und daß vorzusorgen ist, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den künftigen Verkehr so weit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Bundesstraße benachbarten Geländes zumutbar ist.

Wie der Verfassungsgerichtshof etwa in VfSlg. 13191/1992 aussprach, hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten bei der konkreten Festlegung einer Trasse von der gesetzlichen Erklärung des Straßenzuges zur Bundesstraße im Verein mit der damit verbundenen Beschreibung der Strecke in den einen Teil des Gesetzes bildenden Verzeichnissen sowie von den Verkehrserfordernissen und der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges auszugehen. Als weitere Entscheidungsfaktoren sind die "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens", der "Denkmalschutz", die "Umweltverträglichkeit", die "Verkehrssicherheit" und der "Nachbarschutz" zu berücksichtigen. Mit Rücksicht auf die bei jeder Straßentrasse jeweils unterschiedliche Sachlage hat der Gesetzgeber zwar darauf verzichtet, eine Rang- oder Reihenfolge dieser Entscheidungsgesichtspunkte allgemein im voraus zu bestimmen. Gleichwohl ist es auf Grund des §4 Abs1 BStG 1971 Aufgabe der planenden Verwaltungsbehörde, "anhand der angeführten gesetzlichen Abwägungskriterien für einen bestimmten Straßenverlauf eine wohl abgewogene Entscheidung nach Maßgabe des konkreten, festgestellten Sachverhaltes zu treffen, die auch auf einer Auseinandersetzung mit den im Zuge der Anhörung vorgetragenen Argumenten beruht". (So VfSlg. 12846/1991, 12949/1991, 13191/1992.)

Wie der Verfassungsgerichtshof ferner in VfSlg. 12949/1991 (unter Hinweis auf VfSlg. 12084/1989) ausführte, setzt dieser Verwaltungsvorgang jedenfalls voraus, daß sich der Bundesminister vor Festlegung der Trasse "über die einzelnen, die Festlegung bestimmenden Kriterien Klarheit verschafft", sodaß etwa "das Fehlen von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen ... eine Trassenfestlegung mit Gesetzwidrigkeit belasten (würde)". Um den gesetzlichen Anforderungen an Bewertung und Abwägung des Wirtschaftlichkeitskriteriums zu entsprechen, erachtete der Verfassungsgerichtshof nicht nur eine "detaillierte Gesamtkostenprognose" als erforderlich, sondern auch einen "Variantenvergleich, bei dem versucht wird, den Kosten der einzelnen Trassenvarianten deren jeweiligen Nutzen gegenüberzustellen". Wie auch die darauf aufbauende, fortgesetzte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 13191/1992, 13481/1993 und E. v. 28.2.1996, V357/94) erkennen läßt, geht der Verfassungsgerichtshof bei der Auslegung des §4 Abs1 BStG 1971 davon aus, daß ua. die "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" vor Erlassung einer Trassenverordnung soweit erhoben und klargestellt wird, daß für die in Betracht kommenden Trassenvarianten eine hinlängliche Abwägung dieses Faktors gegenüber anderen Entscheidungskriterien vor Festlegung des Verlaufs der Straßentrasse möglich ist.

Aus der geschilderten Rechtslage ergibt sich im Verein mit der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs, daß die in §4 Abs1 BStG 1971 genannten Entscheidungskriterien für die Bestimmung eines Straßenverlaufs, soll eine zulängliche Abwägung mehrerer Trassenvarianten untereinander erfolgen, nach möglichst objektiven Gesichtspunkten zu erheben sind. In diese Richtung weisen auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1204 BlgNR. XV GP) zur BStG-Novelle 1983, BGBl. 63, durch die in §4 Abs1 BStG 1971 das Kriterium der "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" aufgenommen wurde. Zufolge den Erläuternden Bemerkungen (S. 13) ist unter "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" nämlich "das geschätzte Kostenerfordernis der Gesamtbaumaßnahme (Hervorhebung durch den VfGH) des zu verordnenden Straßenabschnittes im Vergleich mit anderen in Erwägung gezogenen Varianten und in Gegenüberstellung zu den übrigen in §4 Abs1 angeführten Kriterien zu verstehen".

Wenn daher im Rahmen der von §4 Abs1 BStG 1971 geforderten Wirtschaftlichkeitsprüfungen Variantenvergleiche vorzunehmen sind, bei denen den Kosten der einzelnen Trassenvariante deren jeweiliger Nutzen gegenüberzustellen ist, müssen sowohl errechnete Kosten als auch möglicher Nutzen jeweils gesamthaft nach objektiven Überlegungen erhoben werden. Das bedeutet, daß die vor Festlegung einer Trasse vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vorzunehmende Abwägung der "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" gegenüber anderen Entscheidungsfaktoren bei den einzelnen zu vergleichenden Trassenvarianten ohne Rücksicht darauf zu erfolgen hat, ob und welche Gebietskörperschaft zu den Kosten eines Straßenbauvorhabens beizutragen oder Teile des Bauvorhabens auf eigene Rechnung zu übernehmen bereit ist. Die Wirtschaftlichkeit als Entscheidungskriterium für ein Bundesstraßenbauvorhaben kann nämlich nicht dadurch beeinflußt werden, daß sich eine Gebietskörperschaft bereit erklärt, einen Teil der Kosten im Fall einer bestimmten Trassenführung zu übernehmen. Die "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" gemäß §4 Abs1 BStG 1971 hängt nicht davon ab, wie die Kosten des Gesamtbauvorhabens aufgebracht werden, bzw. auf welche Gebietskörperschaften sich diese u.U. verteilen, sondern der auch unter dem Wirtschaftlichkeitsaspekt vorzunehmende Vergleich mehrerer Trassenvarianten hat ausschließlich die objektive Kostenstruktur der einzelnen miteinander zu vergleichenden Varianten zugrunde zu legen. Eine bei Gegenüberstellung der Kosten und des Nutzens an sich unwirtschaftliche Trassenführung vermag sohin im Variantenvergleich vor der gebotenen "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" gemäß §4 BStG 1971 auch dann nicht zu bestehen, wenn die dem Bund aus dem Bauvorhaben erwachsenden Kosten durch Übernahme einzelner Teile des Bauvorhabens oder durch Beiträge seitens anderer Gebietskörperschaften verringert werden. Werden in den vor Festlegung einer Bundesstraßentrasse gemäß §4 Abs1 BStG 1971 vorzunehmenden Abwägungsvorgang unter dem Aspekt der "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" lediglich die dem Bund aus einer bestimmten Trassenvariante erwachsenden Kosten eingestellt und werden die bei Verwirklichung der betreffenden Trassenvariante anderen Gebietskörperschaften erwachsenden Kosten vernachlässigt, so ist der Abwägungsvorgang von vornherein mit Rechtswidrigkeit belastet.

2.2.1. Es ist davon auszugehen, daß die durch die angefochtene Verordnung festgelegte "Westtrasse" der Umfahrung Eibesbrunn-Wolkersdorf ohne Errichtung des Zubringers Wolkersdorf den "Erfordernissen des Verkehrs" im Sinne des §4 Abs1 BStG 1971 nicht entspricht: So wird im Vorlagebericht zur Ergänzung 1995 der Nutzen-Kosten-Untersuchung, Wirkungsanalyse für eine Umfahrung Eibesbrunn-Wolkersdorf, des Amtes der NÖ Landesregierung vom 22. Mai 1995, B/2-F-B7-001/2-95, "(h)insichtlich des Zubringers Wolkersdorf ... ausgeführt, daß dieser nach Meinung des NÖ Straßendienstes für die Zuführung des Verkehrs Richtung Wien aus Wolkersdorf zur B 7 Umfahrung Eibesbrunn-Wolkersdorf unbedingt erforderlich ist. Dies soll verhindern, daß der Verkehr aus Wolkersdorf durch das Ortsgebiet von Eibesbrunn fließt, sondern soll dieser Verkehr direkt auf die Umfahrung gebracht werden". Gleichwohl bildet der Zubringer keineswegs ein selbständiges Projekt der Landesstraßenplanung, sondern ist ein Teil des Gesamtbauvorhabens der Umfahrung Eibesbrunn-Wolkersdorf auf der B 7 Brünner Straße, ohne den die Westumfahrung keine sinnvolle verkehrstechnische Lösung darstellt.

Wie der Verordnungsakt des weiteren erweist, war die Finanzierung dieses Zubringers umstritten. Dies wird etwa aus dem Schreiben des Amtes der NÖ Landesregierung an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. Dezember 1995, B/2-F-B7-001/54-95, deutlich:

"Seitens des Vertreters des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde daraufhin die Finanzierung des Zubringers angesprochen. Zum derzeitigen Zeitpunkt kann von den Vertretern der Abteilung B/2-F noch keine Zusage hinsichtlich der Finanzierung des Zubringers - Finanzierung etwa über das Land oder die Gemeinde (oder beides) abgegeben werden.

Es wurde festgelegt, daß sich die Aktivitäten wie Grundeinlöse etc. im Falle der Erlassung der Verordnung nach §4 vorläufig nur auf den nördlichen Bereich der Umfahrung erstrecken sollten. Für den südlichen auf Groß Ebersdorfer Gebiet (KG Eibesbrunn) liegenden Teil sollen bis zur Klärung der Finanzierung des Zubringers keine wie auch immer gearteten Aktivitäten gesetzt werden. Falls es zu keiner Klärung der Kostenübernahme für den Zubringer kommt, wird das UVP-Verfahren für die Alternativlösung notwendig."

In einer Stellungnahme der Abt VI/2 des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten (6. Einlageblatt zu Zl. 812.007/17-VI/B/14-94) wird festgestellt, daß "(e)ntgegen den bisherigen deutlicheren Vorteilen der Westumfahrungsvariante ... aus der nunmehr jüngsten Wirkungsanalyse aus dem Jahre 1994 kein so eindeutiger Vorteil mehr abzuleiten" sei. Ergänzend wird sodann mit Datum vom 11. Dezember 1995 festgehalten, daß "(a)ufgrund der nachgereichten Unterlagen ... die aufgrund des gen. Projektes 1994 aufgeworfenen Fragen geklärt werden (konnten), sodaß - unter der Voraussetzung, daß der 'Zubringer Wolkersdorf' von Dritten finanziert und erhalten wird (Hervorhebung vom VfGH) - die Westvariante nach wie vor größere Vorteile als die übrigen Varianten besitzt".

In der abschließenden, die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. 900/1995, begründenden Stellungnahme der Abteilung VI/14 des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten (vgl das 11. Einlageblatt zu Zl. 812.007/17-VI/B/14/94) wird davon ausgegangen, daß

"nunmehr feststeht, daß - allerdings unter der Voraussetzung, daß der sogenannte 'Zubringer Wolkersdorf' von Dritten (Land oder Gemeinde) finanziert und erhalten wird - die dem Anhörungsverfahren zugrundegelegte Westtrasse gegenüber anderen Varianten nach wie vor die größeren Vorteile aufweist ... .

Da für die Trassenentscheidung aber die 'Finanzierung' des Zubringers Wolkersdorf entscheidend ist, wurde die BStV Niederösterreich i. k. W. aufgefordert, eine entsprechende Vereinbarung, mit der sich die Stadtgemeinde Wolkersdorf im Weinviertel bzw. das Land (oder auch beide gemeinsam) zur Tragung der Bau- und Erhaltungskosten verpflichten, unverzüglich vorzulegen. Unter miterl. Zl. /31-95 hat die BStV Niederösterreich mitgeteilt, daß noch keine abschließende Zusage über die Finanzierung des 'Zubringers' gegeben werden kann. Da aber sowohl bei der Westumfahrung als auch bei der Ostumfahrung der nördliche Teil ident und weitgehend unbestritten ist, ... sollte mit der Erlassung der Trassenverordnung nicht länger zugewartet werden. - Sollte es zu keiner finanziellen Klärung kommen, so wäre ein neuerliches Anhörungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung allerdings nur mehr für die (insbesondere von der Gemeinde Großebersdorf geforderte) Ostumfahrung durchzuführen und bei einem für die Ostumfahrung günstigere(n) Ergebnis die verordnete Westumfahrung bezüglich des südlichen Teiles aufzuheben und neu zu verordnen."

Im Erlaß des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. März 1994, Zl. 812.007/6-VI/6-94, mit dem gegenüber dem Landeshauptmann von Niederösterreich - Bundesstraßenverwaltung die Projektsgenehmigung für die Umfahrung Eibesbrunn-Wolkersdorf erteilt wurde, lautet P. 1:

"Die Kosten für die Errichtung des Zubringers Wolkersdorf sowie der Anbindung an die neue Trasse der B 7 mittels Parallelrampen können nicht von der BStV getragen werden ..."

Mit Schreiben des Amtes der NÖ Landesregierung vom 11. März 1996, B/2-F-B7-001/21-96, wird gegenüber dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ausgeführt:

"Zu Punkt 1. des Projektsgenehmigungserlasses betreffend die Kosten der Errichtung des Zubringers Wolkersdorf wurde nunmehr innerhalb des NÖ Straßendienstes vereinbart, daß der gegenständl. Zubringer vom Land NÖ als Landeshauptstraße baulich errichtet und auch vom Land NÖ in die künftige Erhaltung und Verwaltung übernommen wird. Bezüglich der Grundaufbringung ist die örtlich betroffene Gemeinde (Stadtgemeinde Wolkersdorf) verpflichtet. Weiters wird auf die verkehrliche Notwendigkeit des Zubringers hingewiesen, da ohne die Errichtung des gegenständl. Straßenabschnittes die beabsichtigte Verkehrsentlastung in den Ortschaften Wolkersdorf und Eibesbrunn erheblich reduziert werden würde."

2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof kann es hier dahingestellt sein lassen, welche rechtliche Bedeutung dem Umstand zukommt, daß im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Verordnung im Dezember 1995 über die Finanzierung des Baus der verordneten Bundesstraßentrasse wesentliche Unklarheiten bestanden, ja der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten bei Erlassung der Verordnung sogar davon ausgegangen ist, die Verordnung hinsichtlich eines Teils der Trasse mangels einer nachträglichen Finanzierungszusage wiederum aufzuheben und aufgrund eines neuen Planungsverfahrens eine - zumindest teilweise - neue Trassenentscheidung zu treffen.

Für die Rechtswidrigkeit des der angefochtenen Verordnung zugrundeliegenden Abwägungsvorganges maßgeblich ist vielmehr die vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der Beurteilung der "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" als Entscheidungskriterium zugrunde gelegte Kostenverlagerung auf andere Gebietskörperschaften.

Der Verfassungsgerichtshof hält fest, daß nicht die Tatsache, daß Gebietskörperschaften gemeinsam die Kosten eines bestimmten (hier Straßenbau-)Projektes tragen, die Durchführung des Projektes unwirtschaftlich macht. Lediglich der Umstand, daß vor Erlassung der angefochtenen Trassenverordnung das im Vergleich verschiedener Trassenvarianten kraft Gesetzes zu beachtende Entscheidungskriterium der "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" danach beurteilt wurde, ob und daß das Land Niederösterreich und die Gemeinde Wolkersdorf durch Finanzierung des den Verkehrserfordernissen zufolge gebotenen "Zubringers" und die Bereitstellung von Liegenschaften Kosten des verordneten Straßenprojektes übernehmen, belastet den der Erlassung der Verordnung vorangehenden Abwägungsvorgang entsprechend den Ausführungen zur Rechtslage, wie sie oben unter 2.1. dargestellt wurde, mit Rechtswidrigkeit. Damit ist freilich nicht schlechtweg von vornherein ausgeschlossen, daß auch bei Einbeziehung der Kosten des Zubringers in eine dem Gesetz entsprechende Wirtschaftlichkeitsrechnung die sogenannte "Westumfahrung" beim neuerlich anzustellenden planerischen Abwägungsvorgang den Vorzug verdient.

Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 7 Brünner Straße im Bereich der Gemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf im Weinviertel und Ulrichskirchen-Schleinbach, BGBl. 900/1995, war daher als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §61a VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von

S 3.000,-- enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte, da die Schriftsätze der Parteien und die dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Unterlagen und Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, ohne mündliche Verhandlung getroffen werden (§19 Abs4 erster Satz VerfGG).

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Trassierungsverordnung, Straßenverwaltung, Straßenverlaufsfestlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:V90.1997

Dokumentnummer

JFT_10019774_97V00090_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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