TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/25 VGW-021/020/12308/2017

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Veröffentlicht am 25.09.2017
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Entscheidungsdatum

25.09.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung
20/01 Allgemein bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)

Norm

GewO 1994 §79 Abs1
GewO 1994 §81
GewO 1994 §366 Abs1 Z3 2. Fall
ABGB §309

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerde des Herrn Ö. K., Wien, Z.-gasse, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 17.08.2017, Zl. MBA ...- S 36585/17, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 zweiter Fall der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 81 GewO 1994,

zu Recht e r k a n n t:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zusammengefasst zur Last gelegt, er habe als unbefugt Ausübender die mit rechtskräftigen Bescheiden genehmigte Betriebsanlage in Wien, L. nach Änderung durch Darbietung durch Musik, die über Hintergrundlautstärke hinausgeht, ohne die erforderliche rechtskräftige Genehmigung dieser Änderung betrieben, obwohl diese Änderung geeignet sei, Nachbarn durch Lärm zu belästigen, weil laute Musik auf die Straße gedrungen sei.

Wegen Übertretung der im Spruch genannten Normen wurde eine Geldstrafe, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und wurde ein behördlicher Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe zur Zahlung vorgeschrieben.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die innerhalb offener Frist eingebrachte Beschwerde, mit welcher, wie schon im behördlichen Verfahren, vorgebracht wird, der Beschwerdeführer habe mit der Sache nichts zu tun, die Straftat sei von der Inhaberin E. S. begangen worden.

Auf diesen Einwand ist die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses dahingehend eingegangen, als die Behörde darauf verwies, E. S. sei von den Organen der Landespolizeidirektion Wien bei ihrer Kontrolle nicht wahrgenommen worden und in der Anzeige auch nicht als anwesend geführt. Auch im GISA sei sie nicht rechtswirksam in gegenständlicher Betriebsanlage gemeldet.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f).

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage der GewO 1973 ausgeführt hat, ist Objekt des in § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1973 mit dem Zeitwort "errichtet" umschriebenen Tatverhaltens "eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74)". Entsprechend der Regelung des § 80 Abs 4 leg.cit. sei Träger einer im Hinblick auf die Genehmigungspflicht nach § 74 leg.cit. eingeholten Genehmigung der Inhaber der Anlage. Dementsprechend komme in Ansehung des Tatverhaltens des Errichtens nur der Inhaber des betreffenden Standortes als unmittelbarer Täter in Betracht. Wer Maßnahmen zur Herstellung einer Betriebsanlage, insbesondere Maßnahmen zur entsprechenden Bauführung, vornehme, ohne der Inhaber des Standortes zu sein, könne sich unter den Voraussetzungen des § 7 VStG wegen Beihilfe zur Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1973, nicht jedoch wegen Verstoßes gegen § 366 Abs 1 Z 3 leg.cit. als unmittelbarer Täter strafbar machen (Erkenntnis vom 27.04.1993, 92/04/0223, bestätigt mit VwGH 1.7.1997, 96/04/0183).

In seinem Erkenntnis vom 15.12.2014, Ra 2014/04/0028 führte der Verwaltungsgerichtshof aus, eine Auflage gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 habe sich an den Inhaber der Betriebsanlage zu richten und dürfe nur gegen diesen normativ wirken (Hinweis aus das Erkenntnis vom 7. Juli 1993, 91/04/0338). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei "Inhaber", wer eine Sache in seiner Gewahrsame habe (§ 309 ABGB). Zum Unterschied vom Besitzer bedürfe der Inhaber des sogenannten Eigentümerwillens nicht. Solcherart sei unter anderem auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff eingeschlossen. Innehabung sei jedoch nicht bloß räumlich-körperlich zu verstehen, sondern als äußere Erscheinung der Herrschaft über den Gegenstand nach Maßgabe der Verkehrsauffassung. Sie könne auch durch abhängige Gehilfen, sog "Besitzdiener" (Familienangehörige, Hausgehilfen oder sonstige Dienstnehmer), ausgeübt und durch Partner aus solchen Rechtsverhältnissen vermittelt werden, die eine Anerkennung der Oberherrschaft bedeuten, sogenannte "Besitzmittler" (Verwahrer, Entlehner, Mieter, Kunden oder Gäste). Mit der Innehabung der Betriebsanlage werde daher die Möglichkeit der Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens angesprochen (Hinweis auf das Erkenntnis vom 23. Mai 2014, 2012/04/0155, mwN). Die - allenfalls in Zusammenhang mit der Ausübung einer Gewerbeberechtigung stehende - Benutzung einzelner Anlagenteile aufgrund eines Vertragsverhältnisses räume dem Verwendungsberechtigten nicht jedenfalls auch die Verfügungsmacht über die Betriebsanlage in ihrer Gesamtheit ein. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Grundlage der behördlichen Prüfung nach § 79 GewO 1994 die gewerbliche Betriebsanlage in ihrem durch bestehende Genehmigungsbescheide umschriebenen Bestand sei (Hinweis auf das Erkenntnis vom 11. November 1998, 98/04/0137).

Im Sinne dieser Rechtsprechung ist somit als Normadressat des § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 der „Inhaber“ einer Betriebsanlage anzusehen. Auf die bloße Nutzung der gesamten oder von Teilen einer Betriebsanlage kommt es hingegen, wenn nicht die entsprechende Sachherrschaft vorliegt, nicht an. Dies hat selbstverständlich auch dann zu gelten, wenn die Betriebsanlage im Rahmen einer „unbefugten Gewerbeausübung“, zum Teil oder in ihrer Gesamtheit, betrieben wird. Vorliegendenfalls wurde alleine auf Grund der Anwesenheit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Kontrolle von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit als „unbefugt Ausübender“ ausgegangen, und seine Rechtfertigung, eine andere Person sei Inhaberin der Betriebsanlage lediglich mit der Behauptung, diese sei im Rahmen der Kontrolle nicht als anwesend wahrgenommen worden und scheine im GISA auch nicht auf, verworfen.

Unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber davon auszugehen, dass die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat, er habe als „unbefugt Ausübender“ eine Betriebsanlage nach genehmigungspflichtiger Änderung ohne Genehmigung betrieben, keine Verwaltungsübertretung darstellt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Daran ändert auch die Bestimmung des § 371 Abs. 2 GewO nichts, weil diese zwar grundsätzlich die Anwendung gewerberechtlicher Vorschriften auch auf unbefugt ein Gewerbe Ausübende zulässt, aber nicht zur Anwendung kommt, wenn nur ein eingeschränkter Personenkreis Normadressat ist.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Änderung; Betriebsanlage; Musik; Lärm; Inhaber; Normadressat; Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.021.020.12308.2017

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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