TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/24 W211 2127139-1

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Veröffentlicht am 24.10.2017
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Entscheidungsdatum

24.10.2017

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W211 2127135-1/10E

W211 2127139-1/8E

W211 2127137-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a SIMMA über die Beschwerden von 1) XXXX , geboren am XXXX , 2) XXXX , geboren am XXXX und 3) mj. XXXX , geboren am XXXX , alle StA. Tadschikistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , 1) Zl. XXXX , 2) Zl. XXXX , 3) Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden werden hinsichtlich Spruchpunkt I. der bekämpften Bescheide als unbegründet abgewiesen.

II. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG und XXXX und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird den beschwerdeführenden Parteien eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis zum XXXX .2018 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei 1) ist ein Staatsangehöriger Tadschikistans und Ehemann der beschwerdeführenden Partei 2). Die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) sind die Eltern der beschwerdeführenden Partei 3). Die beschwerdeführende Partei 1) stellte am XXXX .2015, die beschwerdeführenden Parteien 2) und 3) am

XXXX .2015 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Bei ihrer Erstbefragung am XXXX 2015 gab die beschwerdeführende Partei 1) als Fluchtgrund an, von der tadschikischen Armee desertiert zu sein, weil sie die Schikanen nicht mehr ausgehalten habe. Außerdem habe sie wegen eines Diabetes und des Magens Probleme und benötige medizinische Hilfe.

Die beschwerdeführende Partei 2) gab bei ihrer Erstbefragung am XXXX .2015 an, dass ihr Mann schon in Österreich sei, der Probleme mit der Armee gehabt habe. Ihr Sohn habe keine eigenen Fluchtgründe.

3. Die beschwerdeführende Partei 1) wurde am XXXX .2015 das erste Mal von der belangten Behörde befragt und gab dort zusammengefasst an, an Diabetes Typ 1 zu leiden. 2010 sei die Krankheit ausgebrochen; die Behandlung koste viel Geld. Sie sei in Tadschikistan zweimal ins Koma gefallen. Sie habe immer in Russland gearbeitet. Ende Mai 2013 seien Mitglieder des Militärs gekommen und hätten die beschwerdeführende Partei 1) nach Duschanbe gebracht. Sie sei eigentlich wegen ihrer Krankheit untauglich. Beim Militär sei die beschwerdeführende Partei unmenschlich behandelt worden; man habe ihr sogar ihr Medikament weggenommen. Sie sei geschlagen worden und habe drei Monate Schmerzen ertragen müssen. Die beschwerdeführende Partei 1) habe den Unteroffizier geschlagen, sei weggelaufen und habe sich eine Woche bei Verwandten in Duschanbe im Keller versteckt. Jener Verwandte habe sie dann über die Grenze geschafft. Die beschwerdeführende Partei 1) sei nach Moskau gereist. Die Regierung möge Menschen, die aus Badakhshan kommen würden, so wie ihr Großvater, nicht. Im Falle einer Rückkehr fürchte die beschwerdeführende Partei 1), inhaftiert zu werden.

Bei der neuerlichen Einvernahme der beschwerdeführenden Partei 1) am XXXX .2016 gab diese zusammengefasst an, Anfang August 2012 nach Russland gereist zu sein, wobei sie später korrigierte, von August 2013 bis Februar 2015 in Russland gewesen zu sein. Sie habe dort auf einer Baustelle und als Busfahrer gearbeitet. 2012 sei sie zweimal in Tadschikistan in ein Koma gefallen. Im April 2013 habe sie einen Einberufungsbefehl zum Militär erhalten. Eigentlich sei sie untauglich, aber im Mai 2013 sei sie zwangsweise mitgenommen worden. Sie sei erniedrigt und beschimpft worden. Ihre Frau sei auch nach Russland gekommen, habe aber dann nach Tadschikistan zurückgehen müssen.

Die beschwerdeührende Partei 2) wurde am XXXX .2016 durch die belangte Behörde einvernommen und gab dabei zusammengefasst an, dort leben zu wollen, wo ihr Mann lebe, der außerdem Pflege brauche. Sie sei Hausfrau gewesen. Ihr Mann sei zum Militärdienst gezwungen und dort misshandelt worden.

4. Aus einem medizinischen Gutachten vom XXXX .2016 geht hervor, dass die beschwerdeführende Partei 1) an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ I mit Verdacht auf diabetische Polyneuropathie, an Psoriasis und chronischem Prostataschmerzsyndrom leide. Der Diabetes erfordere eine lebenslange Behandlung mit Insulinsubstitution.

5. Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge der beschwerdeführenden Parteien bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Tadschikistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß §§ 55 und 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Tadschikistan zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1-3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.).

Die Behörde stellte die Identität der beschwerdeführenden Parteien fest. Sie seien nicht politisch aktiv gewesen und wären auch keinen geschlechtsspezifischen Verfolgungsmechanismen unterlegen. Sie hätten in Russland unbehelligt gelebt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die beschwerdeführende Partei 1) als an Diabetes Erkrankter den Wehrdienst hätte leisten müssen, während ein Bruder als Vater von Kindern befreit gewesen sei. Das Vorbringen betreffend den Militärdienst und die Desertion klinge unglaubwürdig.

6. Gegen die Bescheide wurde rechtzeitig eine gemeinsame Beschwerde eingebracht.

7. Am XXXX 2017 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die tadschikische Sprache und in Anwesenheit der beschwerdeführenden Parteien und ihrer Vertretung eine mündliche Verhandlung durch, bei der diese im Detail zu ihren Fluchtgründen befragt wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den beschwerdeführenden Parteien:

1.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige Tadschikistans. Sie stellten in Österreich am XXXX .2015 bzw. am XXXX .2015 Anträge auf internationalen Schutz.

1.1.2. Die beschwerdeführende Partei 1) besuchte 11 Jahre die Schule und arbeitete auf Baustellen und als Busfahrer. Zwischen 2006 und 2013 arbeitete sie sechs Monate im Jahr in Russland ( XXXX ) und verbrachte sechs Monate im Jahr in Tadschikistan ( XXXX ). Die beschwerdeführende Partei 2) lebte in Tadschikistan, besuchte dort sechs oder sieben Jahre die Schule und arbeitete nicht. Sie ging im Oktober 2013 nach Russland und im August 2014 nach Tadschikistan zurück.

Die Eltern und eine verheiratete Schwester der beschwerdeführenden Partei 1) leben in Tadschikistan, in XXXX . Ein Bruder arbeitet in Russland und lebt in Russland und Tadschikistan. Die Eltern und drei Schwestern der beschwerdeführenden Partei 2) leben in Tadschikistan, XXXX ; zwei Brüder arbeiten in Russland. Die beschwerdeführenden Parteien haben Kontakt zu ihren Verwandten in der Heimat.

1.1.3. Die beschwerdeführenden Parteien sind strafrechtlich unbescholten (Auszug aus dem Strafregister vom 23.10.2017).

1.1.4. Gesundheitszustand; Leben in Österreich:

Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Parteien:

Beschwerdeführende Partei 1): Sie leidet an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus (siehe Gutachten vom 26.02.2016, Entlassungsbrief Landesklinikum vom 09.01.2017) und bekommt die folgenden Medikamente verschrieben: Lantus Solostar Fertigpen, Novorapid Penfill Patr, Paracetamol Gen Tabl 500mg, Trittico Ret Tabl 150mg und Dominal Ftbl Fte 80mg (Schreiben des FA für Psychiatrie vom 29.11.2016). Im Dezember 2016 litt die beschwerdeführende Partei auch an einer akuten Gastroenternitis (siehe Ambulanzbrief vom 31.12.2016). Weiters wurde eine Psoriasis festgestellt, wobei Cremen verschrieben wurden (Befundblatt nach Derma. Untersuchung am 25.02.2015). In einer Rehabilitation im Frühjahr 2015 wurde insbesondere versucht, eine Compliance mit der Insulintherapie herzustellen (ärztlicher Entlassungsbericht vom 21.05.2015).

Die beschwerdeführende Partei nimmt gegen den Diabetes Lantus und Novorapid und sollte wegen ihrer Ernährung aufpassen.

Die beschwerdeführenden Parteien 2) und 3) sind gesund.

Sonstiges:

Die beschwerdeführende Partei 1) spricht und versteht bereits etwas Deutsch und hat nach eigenen Angaben die Prüfung A2 abgelegt. Die beschwerdeführende Partei 2) ist etwas schüchtern und versteht Deutsch ein bisschen. Beide nehmen an sozialen Treffen ihrer Aufenthaltsgemeinde teil.

Grundversorgung, etc:

Die beschwerdeführenden Parteien beziehen Leistungen aus der Grundversorgung (Auszüge aus dem Betreuungsinformationssystem vom 23.10.2017).

1.2. Festgestellt wird, dass die beschwerdeführende Partei mit ihrem Diabetes auf fortgeführte Behandlung angewiesen ist.

Eine Rekrutierung zum Militär trotz des Diabetes und dort erlittene Schikanen finden Deckung in den relevanten Länderberichten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführende Partei 1), aber auch 2) und 3) einer Gefahr in Tadschikistan wegen ihrer Ethnie, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, Nationalität oder wegen einer bestimmten politischen Gesinnung ausgesetzt waren oder im Falle einer Rückkehr sein würden.

Es wird jedoch festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei 1) im Falle einer Rückkehr der Gefahr unterliegt, entweder wieder zum Militär eingezogen und dort insbesondere im Zusammenhang mit ihrer chronischen Erkrankung und der dieser inhärenten Behandlungsnotwendigkeit Schikanen und einer Situation ausgesetzt zu sein, die massive Auswirkungen auf die körperliche Integrität, Gesundheit und eventuell sogar das Leben der beschwerdeführenden Partei 1) haben könnte, oder wegen Desertion vom Wehrdienst Haftbedingungen ausgesetzt zu werden, die wiederum insbesondere in Hinblick auf die chronische Erkrankung nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit, körperliche Integrität und sogar das Leben der beschwerdeführenden Partei 1) haben könnten.

1.3. Zur entscheidungserheblichen Situation in Tadschikistan wird festgestellt, wie folgt:

a) Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Tadschikistan, vom 11.04.2016:

1. Politische Lage

Die Republik Tadschikistan hatte laut offizieller Statistik 2014 8,32 Millionen Einwohner, was ein Wachstum von rund zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr ausmachte (TAJSTAT 14.12.2015). Unter dem herrschenden präsidentiellen System wird das Land seit 1994 von Emomali Rachmon (Rakhmon) streng geführt. Tadschikistan befindet sich in einer starken Abhängigkeit von Russland, sowohl ökonomisch als auch in Hinblick auf den Umgang mit Sicherheitsfragen, wie den Kampf gegen Drogenschmuggel und dem radikalen Islam (BBC 9.2015).

Nach der Unabhängigkeit Tadschikistans am 9. September 1991 kam es zu Spannungen zwischen der kommunistischen Regierung unter Präsident Nabijew und einer starken nationaldemokratisch-religiösen Opposition, die sich zur Vereinigten Tadschikischen Opposition (UTO) zusammenschloss (Demokratische Partei Tadschikistans, Partei der Islamischen Wiedergeburt und Lali Badachschon). Trotz Machtbeteiligung der Opposition brach im Mai 1992 ein Bürgerkrieg aus, der bis zu 100.000 Opfer gefordert haben soll. Innertadschikische Gespräche unter russischer und iranischer Vermittlung führten am 17.09.1994 zu einem Waffenstillstand. Der Bürgerkrieg wurde mit Unterzeichnung des "Allgemeinen Abkommens über Frieden und Nationale Versöhnung in Tadschikistan" durch Präsident Rachmon und Oppositionsführer Nuri am 27.06.1997 in Moskau beendet. Zum Vorsitzenden der mit der Umsetzung der Friedensvereinbarungen beauftragten Nationalen Versöhnungskommission (NVK) wurde der 2006 verstorbene UTO-Chef Nuri gewählt. Zu den wichtigsten Ergebnissen der NVK-Tätigkeit zählen die Rückführung aller tadschikischen Flüchtlinge aus Afghanistan, der Austausch der Kriegsgefangenen und eine Amnestie für bürgerkriegsbedingte Straftaten. Nach Aufhebung des Verbots der Parteien und politischen Gruppierungen der UTO am 12.08.1999 konnten sich diese und andere Parteien registrieren lassen und am politischen Leben teilnehmen (AA 11.2015a).

Tadschikistan hat ein Zweikammer-Parlament mit einer Legislaturperiode von fünf Jahren. Die 34 Mitglieder der Nationalversammlung (Majlisi Milli), des Oberhaus, werden indirekt bestimmt: 25 durch lokale Körperschaften und acht durch den Präsidenten. Die Versammlung der Repräsentanten (Majlisi Namoyandagon), das Unterhaus, wird direkt gewählt, wobei 41 Mitglieder durch absolute Mehrheit in Einer-Wahlkreisen, und 22 proportional unter Erreichen einer Fünf-Prozent-Hürde bestimmt werden (IFES 2016, vgl. AA 11.2015a). Der Staatspräsident wird alle sieben Jahre gewählt. Der gegenwärtige Präsident, Emomali Rachmon, wurde infolge einer Verfassungsänderung aus dem Jahr 2003, die eine zweimalige Wiederwahl ermöglicht, im November 2013 wiedergewählt, (IFES 2016, vgl. GIZ 12.2015a).

Die Republik Tadschikistan ist von ihrer 1994 angenommenen Verfassung vordergründig ein eng an westlichen Vorbildern und Werten orientiertes Staatswesen - mit Gewaltenteilung, Parlament, Mehrparteiensystem und freien Wahlen, mit Presse-, Meinungs-, und Versammlungsfreiheit. Lediglich die starke, überwiegend in den Händen des Präsidenten konzentrierte Exekutive sticht bei den Bestimmungen der Verfassung ins Auge (GIZ 12.2015a).

Der Präsident ist laut Verfassung Staats- und Regierungsoberhaupt. Er kontrolliert die Exekutive, Legislative und Judikative, ernennt und entlässt die Provinzgouverneure und ist oberster Armeechef. Im Parlament hält seine Partei (Volksdemokratische Partei Tadschikistans) die für Verfassungsänderungen notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Alle wesentlichen Entscheidungen werden von dem parallel zu den staatlichen Strukturen agierenden Präsidialapparat getroffen. Alle Schlüsselpositionen in Politik, Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen sind mit Vertrauten des Präsidenten besetzt. Diese stammen, wie der Präsident selbst, aus der Region Danghara/Kulob. Durch Ämtervergabe an Angehörige der eigenen Loyalitätsgruppe hat Rachmon seine Herrschaft bis hinunter auf die lokale Ebene gefestigt und präsentiert sich als alleinigen Stabilitätsgarant und Friedensstifter (bpb 11.11.2015).

Ende Dezember 2015 unterzeichnete Präsident Rachmon ein Gesetz, das ihn zum Führer der Nation auf Lebenszeit erhebt. Beide Parlamentskammern hatten zuvor das Gesetz ohne Gegenstimmen gebilligt (UB 29.1.2016). Das Gesetz verleiht Rachmon und seinen Verwandten überdies lebenslange Immunität. Im Jänner 2016 wurde eine Verfassungsänderung beschlossen, die eine unbegrenzte Wiederwahl des Präsidenten ermöglicht. Hierzu wird im Mai 2016 ein Referendum abgehalten (RFE/RL 10.2.2016).

Bei den Parlamentswahlen vom 1.3.2015 gewann die regierende Volksdemokratische Partei Tadschikistans (PDPT) 51 der 63 zu vergebenden Sitze. Die OSZE bemängelte die Restriktionen hinsichtlich der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie den Zugang zu den Medien während des Wahlkampfes. Die Chancengleichheit im Wahlkampf wurde nicht gewährleistet. Der Wahlgang inklusive die Auszählung war von zahlreichen Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet (OSCE 15.5.2015).

Während eines Auslandsaufenthalts im Juni 2015 verkündete der Vorsitzende der "Islamische Wiedergeburt" (PIW), Muhiddin Kabiri, nicht mehr nach Tadschikistan zurückzukehren. Kabiri befürchtete, verhaftet zu werden und befindet sich seither im Exil. Nach blutigen Unruhen wurde Ende September 2015 die PIW als letzte Oppositionspartei verboten und als terroristische Vereinigung eingestuft (bpb 11.11.2015, vgl. Standard 29.9.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (11.2015a): Tadschikistan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.3.2016

-

BBC – British Broadcasting Corporation (9.2015): Tajikistan country profile, http://www.bbc.com/news/world-asia-16201032, Zugriff 7.4.2016

-

bpb - Bundeszentrale für politische Bildung (Deutschland) (11.11.2015): Konfliktporträt: Tadschikistan, http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54708/tadschikistan, Zugriff 16.3.2016

-

Der Standard (29.9.2015): Tadschikistan verbietet islamische Oppositionspartei,

http://derstandard.at/2000022978892/Tadschikistan-verbietet-islamische-Oppositionspartei, Zugriff 17.3.2016

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2015a): Tadschikistan, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/tadschikistan/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2016

-

IFES - International Foundation for Electoral Systems (2016):

Election Guide – Democracy Assistance & Election News, Republic of Tajikistan, http://www.electionguide.org/countries/id/210/, Zugriff 16.3.2016

-

OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (15.5.2015): Tajikistan, Parliamentary Elections, 1 March 2015:

Final Report,

http://www.osce.org/odihr/elections/tajikistan/158081?download=true, Zugriff 17.3 2016

-

OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (5.2.2014): Republic of Tajikistan Presidential Election 6 November 2013; OSCE/ODIHR Election Observation Mission Final Report, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1391693737_110986.pdf Zugriff 17.3.2016

-

RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Liberty (10.2.2016): Date Set For Tajik Referendum On Constitutional Changes, http://www.rferl.org/content/tajikistan-date-set-for-constitutional-referendum/27542733.html, Zugriff 17.3.2016

-

TAJSTAT – Statistical agency under the President of the Republic of Tajikistan (14.12.2015): macroeconomic indicators, http://www.stat.tj/en/macroeconomic-indicators/, Zugriff 7.4.2016

-

Universität Bremen - Forschungsstelle Osteuropa (29.1.2016):

Zentralasien-Analysen Nr. 97,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen97.pdf, Zugriff 17.3.2016

2. Rechtsschutz/Justizwesen

Obgleich das Gesetz eine unabhängige Gerichtsbarkeit vorsieht, übt die Exekutive Druck auf Staatsanwälte und Richter aus. Korruption und Ineffizienz stellen erhebliche Probleme dar (USDOS 25.6.2015, vgl. BS 2016). Der Staatspräsident kontrolliert die Justiz durch sein verfassungsmäßiges Prärogativ, die Richter und den Generalstaatsanwalt zu ernennen oder zu entlassen. Die Gerichte werden zudem durch die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft beeinflusst. Die Staatsanwaltschaft rangiert über den Gerichten, was den Einfluss und die politische Macht betrifft. In politisch heiklen Fällen urteilen die Richter gemäß den Anweisungen mächtiger Offizieller aus der Präsidialverwaltung oder dem Geheimdienst (BS 2016).

Für Angeklagte gilt in der Praxis nicht die Unschuldsvermutung, denn die Gerichte befinden fast alle Angeklagten schuldig. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 gab es 14 Entlassungen (davon nur acht vollständige) in 4.588 Fällen. Im Allgemeinen erlauben die Gerichte den Angeklagten zeitgerecht einen Anwalt zu konsultieren, doch wird ihnen das Recht auf einen Verteidiger während der Untersuchshaft bzw. der Zeit der Untersuchungenoft vorenthalten. Angeklagte und Nichtregierungsorganisationen beklagen, dass die Regierung manchmal einen Pflichtverteidiger ernennt, um zu verhindern, dass der Angeklagte einen Rechtsbeistand nach eigener freier Wahl bekommt. Angeklagte und Verteidiger haben das Recht, alle behördlichen Beweismitten einzusehen und die Zeugen damit zu konfrontieren bzw. diese zu befragen. Niemand ist vom Zeugenstand ausgeschlossen, und im Prinzip erhalten alle Zeugenaussagen dasselbe Gewicht. Die Gerichte verleihen jedoch den Aussagen der Staatsanwaltschaft weit mehr Bedeutung als jenen der Verteidigung. Obschon alle Prozesse öffentlich sind, sieht das Gesetz die Möglichkeit von Geheimprozessen vor, wenn die nationale Sicherheit betroffen ist. NGOs wird der Zugang zu Gerichtsprozessen gegen hochrangige Persönlichkeiten verwehrt, weil diese Prozesse durch die Regierung als geheim eingestuft werden (USDOS 25.6.2015).

Aufgrund der Fügsamkeit der Justiz gegenüber der Exekutive, den massiven Menschenrechtsverletzungen und der Verletzung des Rechtsstaatsprinzips stufte Freedom House 2015 die Bewertung Tadschikistans in Bezug auf die Unabhängigkeit und das Funktionieren der Justiz von 6,25 auf 6,50 herab (FH 6.6.2015).

Quellen:

-

BTI - Bertelsmann Stiftung (2016): Tajikistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Tajikistan.pdf, Zugriff 17.3.2016

-

FH - Freedom House (6.6.2015): Nations in Transit 2015 - Tajikistan,

http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1441782415_nit2015-tajikistan.pdf, Zugriff 17.3.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2015a): Tadschikistan, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/tadschikistan/geschichte-staat/, Zugriff 17.3.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/306347/443621_de.html, Zugriff 17.3.2016

3. Sicherheitsbehörden

Das Innenministerium ist vorrangig für die Erhaltung der Öffentlichen Ordnung zuständig und kontrolliert die Polizei. Die Drogenkontrollbehörde, die Antikorruptionsbehörde, die staatliche Steuer- sowie die Zollbehörden können spezifischen Straftaten nachgehen und berichten dem Präsidenten. Das Staatskomitee für Nationale Sicherheit ist für den Nachrichtendienst verantwortlich, kontrolliert den Grenzschutz und untersucht Fälle von vermeintlichen extremistischen Aktivitäten im politischen oder religiösen Bereich, sowie Fälle von Menschenschmuggel und politisch sensible Fälle. Die Generalstaatsanwaltschaft beaufsichtigt die strafrechtlichen Untersuchungen der zuständigen Behörden. Es kommt zu beträchtlichen Überlappungen bei der Zuständigkeit. Die Gesetzesvollzugsbehörden fügen sich jedoch dem Staatskomitee für Nationale Sicherheit. Die Vollzugsbehörden sind in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität nicht effizient, da kriminelle Banden über Beziehungen zu hohen Regierungskreisen und Sicherheitsbehörden verfügen (USDOS 25.6.2015).

Straffreiheit der Behörden stellt ein gravierendes Problem dar. Während die Behörden begrenzte Schritte gegen Straftäter unternehmen, gibt es weiterhin Berichte von Folter und Misshandlungen von Häftlingen. Die Kultur der Straflosigkeit und der Korruption schwächen die Ermittlungen und die Strafverfolgung (BS 2016, vgl. USDOS 25.6.2015).

Die Polizei kann eine Person zwölf Stunden lang festhalten, bevor die Behörden Strafanklage erheben. Wenn letzteres nicht geschieht, muss die Person freigelassen werden. Allerdings informiert die Polizei die Festgenommenen oft nicht über ihre diesbezüglichen Rechte. Falls die Polizei Strafanzeige erhebt, kann eine Person bis zu 72 Stunden festgehalten werden, bevor die Polizei die Anzeige einem Richter zwecks Einvernahme unterbreiten muss (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Tajikistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Tajikistan.pdf, Zugriff 17.3.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/306347/443621_de.html, Zugriff 17.3.2016

4. Folter und unmenschliche Behandlung

Die Behörden unternahmen in den letzten Jahren einige positive Schritte, um die Definition von Folter im Strafrecht in Einklang mit dem internationalen Recht zu bringen, sowie einige Folteropfer zu entschädigen (HRW 27.1.2016, vgl. USDOS 25.6.2015). Einerseits hatte Tadschikistan 2012 den Sonderberichterstatter für Folter sowie den Sonderberichterstatter für das Recht auf Gesundheit der Hochkommissarin für Menschenrechte eingeladen und gewährte ihnen im Rahmen ihrer Besuche weitgehend freien Zugang zu Haftanstalten und anderen geschlossenen Institutionen (AA 11.2015a). Andererseits schränkt das Justizministerium den Zutritt zu Haftanstalten für Vertreter der Internationalen Gemeinschaft immer noch ein. Dem Internationale Komitee vom Roten Kreuz fehlt der Zutritt, da es bislang kein diesbezügliches Übereinkommen mit der Regierung gibt. Die diesbezüglichen Verhandlungen stagnieren, weil die Regierung sich weigert, die IKRK Standards für Gefängnisvisiten zu akzeptieren. Die einheimische Organisation, "Koalition gegen Folter" und der Ombudsmann konnten auf der Basis einer Vereinbarung aus dem Jahr 2013 Haftanstalten besuchen, doch wurde ihnen der Zutritt anlässlich eines nicht angekündigten Besuches verweigert (USDOS 25.6.2015).

Seit dem Jahr 2012 wurde auch eine rechtlich wirksame Definition der Folter in den Gesetzeskanon aufgenommen. Die Strafen für Folter wurden verschärft und inzwischen auch einzelne Fälle vor Gericht gebracht und abgeurteilt (AA 11.2015a, USDOS 25.6.2015). Allerdings bleibt die Folter im System des Strafrechts weitverbreitet. Die Polizei wendet Folter regelmäßig an, um Geständnisse zu erpressen. Die Europäische Union hielt mit Tadschikistan einen Menschenrechtsdialog ab, bei dem auch die Besorgnis hinsichtlich der Anwendung von Folter zur Sprache kam (HRW 27.1.2016).

Die NGO Koalition gegen Folter dokumentierte zwischen 2011 und 2014 jährlich mehr als zwei Dutzend Fälle von vermeintlicher Folter und Misshandlungen an Männern, Frauen und Kindern in Untersuchungs- oder Strafhaft sowie bei den Streitkräften. Bis Mitte August 2015 sind 25 neue Folterfälle hinzugekommen. In wenigen Fällen wurden Untersuchungen eingeleitet. In den meisten bestätigten Fällen von Misshandlung oder Folter gab es für die Täter lediglich Disziplinarmaßnahmen. Meistens lehnten Opfer und deren Angehörige es ab, aus Angst vor Repressionen, Beschwerde einzulegen. Seit Beginn 2014 hat die Koalition gegen Folter zwölf Fälle von Folter oder Misshandlung in den Streitkräften (inklusive Grenzschutz) dokumentiert, wobei sechs Betroffene starben. Das Schikanieren von neuen Rekruten durch Dienstältere ist zwar verboten, jedoch unter Gutheißung und selbst Beteiligung der Offizier gang und gäbe. Diesbezügliche Beschwerden gelten als Verrat und können zu weiteren Missbrauch führen. In vielen Fällen werden Opfer nicht durch einen Anwalt vertreten, und falls doch, dann wird den Anwälten der Zugang zu wichtigen Akten verwehrt (CaT 11.9.2015, vgl. AI 24.2.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2016a): Tadschikistan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 8.4.2016

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/319709/458884_de.html, Zugriff 17.3.2016

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Coalition against Torture/ et alia (11.9.2015): TAJIKISTAN: Human rights situation on the ground - torture and ill-treatment. Submission to the UN Universal Periodic Review 25th session of the UPR Working Group, April-May 2016, http://notorture.tj/sites/default/files/articles/2016/files/2015_09_11_upr_submission_en_1.pdf, Zugriff 18.3.2016

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HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Tajikstan, http://www.ecoi.net/local_link/318399/457402_de.html, Zugriff 17.3.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/306347/443621_de.html, Zugriff 17.3.2016

5. Korruption

Auf allen Regierungsebenen sind Korruption und Nepotismus weit verbreitet. Das Gesetz sieht Sanktionen nach dem Strafrecht für bestechliche Beamte vor, doch setzt die Regierung dieses Gesetz nicht effektiv um. Beamte sind häufig in korrupte Praktiken verwickelt und kommen ungestraft davon. Korruption ist insbesondere im Bildungsministerium und bei der Polizei verbreitet. Für die Zulassung zu den prestigeträchtigsten Hochschulen des Landes müssen Studenten beträchtliche Schmiergelder zahlen. Insbesondere die Verkehrspolizei verhängt Strafen, die nach Zahlung von Schmiergeld erlassen wird. Dies ist u.a. eine Folge der niedrigen Gehälter und des Umstandes, dass, um in den Dienst der Verkehrspolizei aufgenommen zu werden, selbst vorab Bestechungsgelder abverlangt werden. Das Innenministerium und das Büro des Generalstaatsanwalts sind für die Verfolgung und Verhaftung korrupter Beamter verantwortlich. Die Regierung gestand Probleme mit der Korruption ein und unternahm einige Schritte, um diese zu bekämpfen (USDOS 25.6.2015).

Die angekündigten Maßnahmen, so sie umgesetzt werden, betreffen fast ausschließlich niedere Ränge der Staatsverwaltung, insbesondere im Gesundheits-und Bildungswesen sowie in der Landwirtschaft. Hochrangige Amtsinhaber, die kaum je bestraft werden, üben oft auch eine Rolle in der Wirtschaft aus oder verfügen über umfassende Besitztümer (BS 2016).

2014 gab es keine Anzeichen, dass die omnipräsente Korruption nachgelassen hätte. Der Präsident selbst betreibt weiterhin eine Politik des Nepotismus und der Bevorzugung des eigenen Clans, etwa durch das Hieven seines Schwiegersohnes und seines Neffen auf lukrative Posten (FH 6.6.2015). 2015 Ernannte Präsident Rachmon seinen Sohn Rustam Emomali zum Chef der Behörde für Finanzkontrolle und Anti-Korruptions-Maßnahmen (CACI 29.2.2016).

Nach neueren Schätzungen des IWF belief sich 2012 das Volumen der Schattenwirtschaft auf rund 30 Prozent des BIP, also etwa zwei Mrd. US-Dollar. Bei der Bewertung des Risikos von Geldwäsche durch den Basel AML Index für 2015 ist Tadschikistan auf Platz drei, also mit an der Spitze, unter 152 Ländern zu finden (GIZ 12.2015). Transparency International listet Tadschikistan im Corruption Perceptions Index 2015 auf Platz 136 von 168 Ländern (TI 2015).

Quellen:

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Tajikistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Tajikistan.pdf, Zugriff 18.3.2016

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CACI Analyst - Central Asia-Caucasus Institute (29.2.2016):

Proposed changes to Tajikistan's constitution will strengthen Rahmon family's grip on power,

http://www.cacianalyst.org/publications/analytical-articles/item/13331-proposed-changes-to-tajikistans-constitution-will-strengthen-rahmon-familys-grip-on-power.html, Zugriff 18.3.2016

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FH - Freedom House (6.6.2015): Nations in Transit 2015 - Tajikistan,

http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1441782415_nit2015-tajikistan.pdf, Zugriff 18.3.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2015c): Tadschikistan, Wirtschaft und Entwicklung, http://liportal.giz.de/tadschikistan/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 18.3.2016

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Transparency International (2015): Corruption by Country / Territory – Tajikistan, http://www.transparency.org/country/#TJK, Zugriff 18.3.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/306347/443621_de.html, Zugriff 18.3.2016

6. Wehrdienst

Im Alter von 18-27 Jahren muss der Wehrdienst abgeleistet werden. Die Dauer des Wehrdienstes beträgt zwei Jahre (CIA 10.3.2016).

Von der Einberufung zum Wehrdienst werden Bürger befreit, die:

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aus Gesundheitsgründen als nicht oder eingeschränkt tauglich für den Wehrdienst gelten

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den Wehrdienst oder einen alternativen Dienst ableisten oder abgeleistet haben

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den Wehrdienst in einem anderen Staat abgeleistet haben

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den akademischen Titel Kandidat oder Doktor der Wissenschaften tragen.

Eine Person mit einer nicht getilgten oder gelöschten Vorstrafe wegen Begehens einer schweren oder besonders schweren Verbrechens kann nicht zum Wehrdienst einberufen werden. Ein Recht auf die Befreiung von der Einberufung zur Wehrpflicht besitzen Bürger, deren leiblicher Vater (leibliche Mutter) oder Bruder (Schwester) ums Leben gekommen ist, während des Ableistens des Wehrdienstes nach Einberufung, oder als Freiwilliger im Rang eines Unteroffiziers, Fähnrichs oder Offiziers oder während militärischer Versammlungen; die in der Familie der einzige (adoptierte) Sohn sind (ACCORD 13.1.2015).

Trotz der Wehrpflicht wird die Armee von jungen Männern gemieden, indem sie als Arbeitsmigranten das Land verlassen. Nebst dem Risiko von älteren Soldaten misshandelt zu werden, weigern sich viele in der Armee zu dienen, weil die Nahrungsmittelrationen unzureichend sein und Krankheiten grassieren sollen (IWPR 30.7.2014).

Quellen:

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ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (13.1.2015): Anfragebeantwortung zu Tadschikistan:

Wehrdienst, Zwangsrekrutierung (Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen), Desertion [a-8962], http://www.ecoi.net/local_link/294227/429125_de.html, Zugriff 18.3.2016

-

CIA – Central Intelligence Agency (10.3.2016): The World Factbook, Tajikiastan,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ti.html, Zugriff 18.3.2016

-

IWPR - Institute for War and Peace Reporting (30.7.2014): Tajik Army Urged to Tackle Bullying,

http://www.ecoi.net/local_link/282370/412748_de.html, 18.3.2016

7. Allgemeine Menschenrechtslage

Sämtliche Bürgerrechte sind im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsstandards in der nationalen Gesetzgebung verankert. Allerdings werden in der Praxis die Bürgerrechte regelmäßig verletzt. Willkürliche Festnahmen, lange Untersuchungshaft, Folter und Missbrauch sind systematisch. Todesfälle während der Gefängnishaft passieren weiterhin. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind wegen der Überbelegung, den unhygienischen Zuständen und dem hohen Niveau an Tuberkulose und HIV/AIDS lebensgefährlich. Häusliche Gewalt gegen Frauen ist weit verbreitet. Speziell religiöse Gruppen, die nicht der von der Regierung propagierten Interpretation des Islam folgen, sind Zielscheiben (BS 2016, vgl. HRW 27.1.2016, AI 24.2.2016).

Die an und für sich bereits bedenkliche Situation der Menschenrechte verschlechterte sich 2015 nochmals, als die Regierung die führende Oppositionspartei zur Terrororganisation erklärte und rund 200 ihrer Aktivisten inhaftierte. Regierungskritiker wurden im Ausland gekidnappt, mehrere Rechtanwälte und zumindest ein Journalist festgenommen (HRW 27.1.2016, AI 24.2.2016). Gegen Oppositionsgruppen wurde auch Gewalt, mitunter mit Todesfolge, im In- und Ausland vorgegangen. Die Behörden setzten ihre umfassenden Restriktionen in Bezug auf die Meinungsfreiheit fort (AI 24.2.2016).

Unabhängige Rechtsanwälte stehen zunehmend im Visier der Regierung. So wurden einige Verteidiger von Angeklagten der Islamischen Wiedergeburt-Partei selbst angeklagt (IWPR 21.1.2016).

Nebst der Unmöglichkeit, dass die Bürger ihre Regierung durch Wahlen auswechseln können, der Folter und dem Missbrauch in Gefängnissen sowie anderer Personen durch die Sicherheitsorgane, werden die Meinungs- und Pressefreiheit sowie der freie Informationsfluss im Internet eingeschränkt (USDOS 25.6.2015).

Freedom House stufte Tadschikistan Anfang 2016 hinsichtlich der politischen Rechte von sechs auf sieben herab. Das Land wird als nicht frei bezeichnet mit einem Trend zum Schlechteren (FH 2016).

Am 11.6.2015 hielten die Europäische Union und Tadschikistan einen Menschenrechtsdialog ab. Die EU begrüßte die Arbeit des Ombudsmannes und rief die Regierung dazu auf, dessen institutionellen Rahmen zu stärken, insbesondere durch die geplante Einführung einer Ombudsperson für Kinder. Die Verabschiedung eines staatlichen Programmes gegen häusliche Gewalt wurde als positiver Schritt gewürdigt. Die EU begrüßte die Bekämpfung der Folter, betonte jedoch, dass zusätzliche Anstrengungen von Nöten seien, um der diesbezüglichen Straflosigkeit zu begegnen. Die EU zeigte sich wegen der Berichte über Druckausübung auf Journalisten besorgt und forderte die tadschikische Regierung auf, die Blockade der Nachrichten-Webseiten und der sozialen Medien aufzuheben (EU 12.6.2015).

Im November 2015 wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das Rechtsanwälte verpflichtet, alle fünf Jahre eine Lizenz vom Justizministerium einzuholen. Zuvor war nur die Mitgliedschaft in einer der acht Anwaltsverbänden notwendig. Rechtsanwälte, die einmal verurteilt wurden, können ihren Beruf nicht mehr ausüben (IWPR 21.1.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Tajikistan, http://www.ecoi.net/local_link/319709/458884_de.html, Zugriff 18.3.2016

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Tajikistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Tajikistan.pdf, Zugriff 18.3.2016

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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