TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/24 W221 2173883-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.10.2017
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Entscheidungsdatum

24.10.2017

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
Richtlinie 2011/95/EU Status-RL Art.12 Abs1 lita

Spruch

W221 2173883-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , staatenlos, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017, Zl. 1083949300-151158225, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2011/95/EU, ABl. Nr. L 337 vom 20.12.2011 S. 9, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 02.09.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Er gab an staatenloser Palästinenser zu sein und aus dem Dorf XXXX im Gouvernement Daraa zu stammen. Befragt, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er Syrien wegen dem dort herrschenden Krieg verlassen habe.

Am 01.03.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er zunächst, dass seine bisher getätigten niederschriftlichen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Bis zu seiner Ausreise habe er gemeinsam mit seiner Familie in XXXX gelebt. Bis Kriegsbeginn hätten er und seine Familie vom Betrieb einer Landwirtschaft gelebt. Bei Kriegsausbruch habe er diese aber aufgeben müssen. Seither habe er von der Unterstützung durch die UNRWA gelebt. Sein Heimatort befinde sich unter der Kontrolle zahlreicher bewaffneter Gruppierungen wie der Freien syrischen Armee (FSA) und der Al Nusra-Front. Nachdem er Syrien verlassen habe, habe letztere sein Haus beschlagnahmt und an eine andere Familie weitergegeben. Seine Familie sei daraufhin zu seiner Schwester gezogen. Als der Beschwerdeführer sich noch in Syrien aufgehalten habe, seien während einer Hochzeitsfeier drei bewaffnete Mitglieder der Al Nusra-Front auf die Terrasse des Hauses seiner Schwester gekommen und hätten verlautbart, dass diese Feierlichkeiten nicht im Sinne des Islam seien. Als der Beschwerdeführer die Männer zur Rede gestellt und gefragt habe, ob die Ermordung von Menschen nicht auch gegen den Islam sei, hätten sich diese zurückgezogen. Am nächsten Tag sei er zu einem Freund in das Nachbardorf geflohen und habe kurze Zeit später das Land verlassen. Er habe Angst bei einer Rückkehr nach Syrien entweder vom syrischen Geheimdienst oder der Al Nusra-Front wegen seiner illegalen Ausreise oder weil er Palästinenser sei, getötet zu werden.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017, zugestellt am 22.09.2017, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 19.09.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Identität des Beschwerdeführers fest, sowie dass er staatenloser Palästinenser und wehrdienstbefreit sei. Es wurde jedoch weder eine Verfolgung oder Bedrohung seitens der Al Nusra-Front festgestellt, noch dass der Beschwerdeführer seine Heimat verlassen habe, weil der Schutz durch UNRWA nicht mehr gewährleistet gewesen wäre. Das Bundesamt erachtete es für glaubhaft, dass der Beschwerdeführer Syrien aus Angst vor den Auswirkungen des derzeit herrschenden Krieges verlassen habe und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich einer angeblichen Bedrohung durch die Al Nusra-Front selbst angegeben habe, die Mitglieder der Al Nusra-Front hätten die Hochzeit umgehend verlassen und er sei nie persönlich bedroht worden. Eine Verfolgungsgefahr seitens der Al Nusra-Front sei daher bloß abstrakter Natur. Der Beschwerdeführer habe weiters nie vorgebracht, dass ihm die Unterstützung durch UNRWA wegen des Bürgerkriegs in Syrien nicht mehr gewährt worden wäre, wogegen auch spreche, dass seine in Syrien lebende Familie Unterstützung durch UNRWA in Anspruch nehme. Die Gefahr einer Rekrutierung durch die syrische Regierung sei aufgrund der Wehdienstbefreiung nicht gegeben und auch nicht vorgebracht worden. Insgesamt bestünden somit erhebliche Zweifel bezüglich der vorgebrachten Bedrohungsszenarien.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 21.09.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

Gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides wurde, vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 10.10.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer zwar den Schutz von UNRWA genossen habe, dieser 2015 jedoch nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Es seien daher vom Beschwerdeführer nicht zu kontrollierende und von seinem Willen unabhängige Gründe für die nicht längere Gewährung des Beistandes durch UNRWA zu bejahen, weshalb diesem "ipso facto" der Schutz gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. a der Status-RL zu erteilen sei. Weiters wurde auf die Judikatur des EuGH und des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema UNRWA Schutz verwiesen, sowie der Antrag gestellt eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 19.10.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des Antrages auf internationalen Schutz vom XXXX , der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Palästinenser und staatenlos.

Der Beschwerdeführer hat Syrien im Juli XXXX illegal in Richtung Türkei verlassen, und ist mit einem Boot schlepperunterstützt nach Griechenland gebracht worden. Über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien reiste er in das Bundesgebiet ein, wo er am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer lebte in XXXX im Gouvernement Daraa und ist als Flüchtling bei der UNRWA registriert. Er verließ das Einsatzgebiet der UNRWA in Daraa wegen des Krieges und der wechselnden Fronten.

Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Staat Syrien wegen der realen Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens aufgrund des innerstaatlichen Konfliktes in Syrien zuerkannt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

"Ethnische Minderheiten

Die Bevölkerung besteht überwiegend aus Arabern (hauptsächlich Syrer, Palästinenser und Iraker). Ethnische Minderheiten sind Kurden, Armenier, Turkmenen und Tscherkessen (AA 8.2016). Dazu kommen die chaldäischen und assyrischen Christen (Chaldeans 1999). Innerhalb der Minderheiten gibt es eine Spaltung zwischen Gegnern und Befürwortern des syrischen Regimes (BBC 24.12.2012; vgl. MRG 12.7.2016; zu Christen vgl. z.B. TDS 21.2.2014). In ganz Syrien werden bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen oder ihnen wird auf andere Weise Schaden zugefügt. Diese Zuschreibung basiert oft nur auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz oder Herkunft in/aus einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt (UNHCR 11.2015).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (8.2016): Syrien http://www.auswaertigesamt. de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Laender/Syrien.html, Zugriff am 25.11.2016

-

BBC News (24.12.2012): Syria crisis: Low-key Christmas for Christians, http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-20835485, Zugriff am 25.11.2016

-

Chaldeans on Line (1999): Who are the Chaldeans?, http://www.chaldeansonline.org/chald.html, Zugriff am 25.11.2016

-

MRG - Minority Rights Group International (12.7.2016): State of the World’s Minorities

and Indigenous Peoples 2016,

http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1472564995_middle.pdf, Zugriff 25.11.2016

-

TDS - The Daily Star (21.2.2014): Group of Christians reject church support for Assad,

http://www.dailystar.com.lb/News/Lebanon-News/2014/Feb-21/248004-group-ofchristians reject-church-support-for-assad.ashx#ixzz2ty3rFrpK, Zugriff 25.11.2016

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (11.2015): International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Syrian Arab Republic Update IV,

http://www.refworld.org/pdfid/5641ef894.pdf, Zugriff 24.11.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Syria, http://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html, Zugriff

IDPs und Flüchtlinge

Der andauernde Konflikt in Syrien hat auch schwere Auswirkungen auf die Lage von palästinensischen Flüchtlingen in Syrien. Über 40% der Lager, in denen palästinensische Flüchtlinge lebten, sind vom Konflikt betroffen worden. Von den zwölf palästinensischen Flüchtlingslagern in Syrien wurden fünf entweder zerstört oder sind für die United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) unzugänglich, nämlich Ein el-Tal, Daraa, Yarmouk, Sbeineh und Khan Eshieh. 95% der palästinensischen Flüchtlinge sind vollkommen auf die humanitäre Hilfe der UNRWA angewiesen, um zu überleben (UNRWA 24.10.2016). Mehr als zwei Drittel der palästinensischen Flüchtlinge wurden intern vertrieben. Zehntausende sind in Gebieten, in denen Kämpfe stattfinden, wie Yarmouk oder Khan Eshieh in Damaskus oder Mzeirib und Jillin in Deraa, eingeschlossen, wodurch ihr Zugang zu humanitärer Hilfe extrem eingeschränkt ist (UNRWA o.D.). Sowohl das Regime als auch oppositionelle Gruppierungen belagerten palästinensische Flüchtlingslager und Nachbarschaften in Syrien, was zu Fällen von schwerer Unterernährung und fehlendem Zugang zu medizinischer und humanitärer Versorgung führte (USDOS 13.4.2016). Vor Ausbruch des Bürgerkrieges lebten geschätzte 560.000 palästinensische Flüchtlinge in Syrien. Kinder von palästinensischen Vätern und Großvätern werden von der syrischen Regierung als Palästinenser und nicht als Syrer angesehen - unabhängig von der Staatsbürgerschaft der Mutter. Mittlerweile sind mehr als 110.000 in Syrien geborene Palästinenser aus Syrien geflohen und 450.000 wurden intern vertrieben (Al Jazeera 23.3.2016).

Die staatenlosen palästinensischen Flüchtlinge in Syrien hatten sich, auch auf Wunsch der palästinensischen Führung in Ramallah, lange Zeit aus dem Krieg in Syrien herausgehalten. Spätestens seit die Rebellen in Yarmouk [ein zu einem Stadtteil mutiertes Flüchtlingslager in strategisch wichtiger Lage, das erst belagert wurde und dann zum Kampfgebiet wurde] einzogen, wurden die Palästinenser zwischen den Fronten zerrieben: Die Asad-Gegner beschuldigen sie, hinter dem Asad-Regime zu stehen, da die syrische Regierung den Palästinensern gegenüber immer großzügig gewesen war. Man gab ihnen in Syrien zwar keine Staatsbürgerschaft, aber sie hatten Zugang zu sämtlichen staatlichen Dienstleistungen (DW 11.2.2014). Syrische Palästinenser können von der syrischen Regierung auch Reisedokumente erlangen, was jedoch nicht bedeutet, dass sie die syrische Staatsbürgerschaft besitzen (IRB 22.11.2013). Für männliche Palästinenser, welche in Syrien leben, ist ein Wehrdienst von 18 oder 21 Monaten ab dem Alter von 18 Jahren verpflichtend (CIA 19.10.2016; vgl. FIS 23.8.2016). Auch die Palästinenser in Syrien sind gespalten, was ihre Position im syrischen Bürgerkrieg angeht (Al Monitor 31.8.2015).

Quellen:

-

Al Jazeera (23.3.2016): Palestinian Syrians: Twice Refugees, http://www.aljazeera.com/indepth/features/2016/03/palestinian-syrians-refugees-160321055107834.html, Zugriff 11.11.2016

-

Al Monitor (31.8.2015): Syria’s Palestinians devided over whom to support,

http://www.almonitor.com/pulse/originals/2015/08/turkey-syria-palestinia-fight-for-syrian army.html, Zugriff 25.11.2016

-

CIA - Central Intelligence Agency (19.10.2016): The World Factbook: Syria,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/sy.html, Zugriff 27.10.2016

-

Der Standard (5.10.2016): Zehntausende Syrer an Grenze zu Jordanien sollen Hilfe erhalten, http://derstandard.at/2000045391907/Zehntausende-Syrer-an-Grenze-zu-Jordanien-sollen-Hilfe-erhalten, Zugriff 11.11.2016

-

Die Presse (13.3.2016): Syrer können kaum noch in Nachbarländer fliehen,

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4945334/Syrer-konnen-kaum-noch-in-Nachbarlaender-fliehen, Zugriff 11.11.2016

-

DW - Deutsche Welle (11.2.2014): Palästinenser in Syrien zwischen den Fronten,

http://www.dw.de/pal%C3%A4stinenser-in-syrien-zwischen-den-fronten/a-17423651, Zugriff am 25.11.2016

-

FIS - Finnish Immigration Service (23.8.2016): Syria: Military Service, National Defence Forces, Armed Groups Supporting Syrian Regime and Armed Opposition,

https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/PLib/Report_Military-Service_-Final.pdf, Zugriff 27.10.2016

-

IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (22.11.2013): Syria:

The legal rights and obligations of a Palestinian who has been issued a Syrian travel document, including whether they must report for military service; whether the rights and obligations apply to Palestinians that have resided outside of the country for the majority of their life and only visited it briefly (2009-November 2013), http://www.refworld.org/docid/532024234.html, Zugriff 25.11.2016

-

OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (o.D.): Syrian Arab Republic - About the Crisis, http://www.unocha.org/syrian-arab-republic/syriacountry-profile/about-crisis, Zugriff 11.11.2016

-

UNRWA - United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (24.10.2016): UNRWA and Palestine Refugees in Syria: Facts and Figures,

http://www.unrwa.org/galleries/photos/unrwa-and-palestine-refugees-syria-facts andfigures, Zugriff 11.11.2016

-

UNRWA - United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (o.D.): The Syria Crisis, http://www.unrwa.org/syria-crisis, Zugriff 11.11.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015-Syria, http://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html, Zugriff

Bewegungsfreiheit

Die steigende Anzahl an Checkpoints der verschiedenen bewaffneten Konfliktparteien, die schweren Kämpfe und die generelle unsichere Lage im Land schränken stark die Bewegungsfreiheit der syrischen Bevölkerung und den Transport von lebensnotwendigen Gütern ein. Das syrische Regime blockiert systematisch Regionen, welche von den Rebellen kontrolliert werden, und die Rebellen und der IS wenden dieselbe Taktik auf von der Regierung kontrollierte Gebiete an (FH 27.1.2016). In Gebieten unter ihrer Kontrolle beschränken der IS und andere Regierungsgegner die Bewegungsfreiheit von Unterstützern der Regierung bzw. von Personen, von denen dies angenommen wird. Dies gilt besonders für die alawitische und schiitische Bevölkerung (USDOS 13.4.2016).

Das syrische Regime setzt Scharfschützen ein, um Sperrstunden durchzusetzen, oder Zivilisten an der Flucht aus belagerten Städten zu hindern (USDOS 13.4.2016).

4,8 Millionen Menschen sind seit Beginn des Konfliktes aus Syrien geflohen (OCHA o.D.).

Die syrische Regierung verweigert die Ausstellung von Reisepässen oder anderen wichtigen Dokumenten aufgrund der politischen Einstellung einer Person, deren Verbindung zu oppositionellen Gruppen oder der Verbindung zu einem geographischen Gebiet, in dem die Opposition dominiert. Das syrische Regime verlangt außerdem ein Ausreisevisum. Über Menschenrechtsaktivisten oder andere Aktivisten der Zivilgesellschaft, deren Familien oder Bekannte werden häufig Ausreiseverbote verhängt. Viele Personen erfahren erst von einem Ausreiseverbot, wenn ihnen die Ausreise verweigert wird. Grund oder Gültigkeitsdauer werden häufig nicht genannt (USDOS 13.4.2016).

Aufgrund des Bürgerkrieges haben in Gebieten, welche von der Opposition kontrolliert werden, Institutionen, die Identitätsdokumente ausstellten, aufgehört zu funktionieren. In Gebieten, welche von der Regierung kontrolliert werden, gibt es diese Institutionen noch, für manche Syrer ist es jedoch unmöglich geworden sie zu erreichen. So können manche Personen Geburten, Eheschließungen oder Todesfälle nicht mehr eintragen lassen, oder sich neue Identitätsdokumente ausstellen lassen. Durch den Bürgerkrieg sind auch die Kontrollmaßnahmen schwächer geworden. So werden "echte" Dokumente mit falschen Namen oder geänderten Informationen ausgestellt. Außerdem werden vermehrt gefälschte Dokumente benutzt (Landinfo 11.11.2016).

2015 schlossen Jordanien und Libanon ihre Grenzen für palästinensische Flüchtlinge aus Syrien, später für Syrer generell (Al Jazeera 23.3.2016). Im Juni 2016 hat die jordanische Regierung den Grenzübergang zu Syrien wegen Sicherheitsbedenken für syrische Flüchtlinge geschlossen und auch die Durchfahrt für Hilfsleistungen gestoppt, nachdem bei einem Selbstmordanschlag in dem Gebiet sieben jordanische Soldaten getötet worden waren. Der IS bekannte sich zu diesem Anschlag und soll auch eines der beiden informellen Zeltlager von Rukban und Haladat auf der syrischen Seite der Grenze infiltriert haben. Seither waren nur Anfang August und Anfang Oktober 2016 Hilfsgüter mit Kränen über den Erdwall an der syrisch-jordanischen Grenze, hinter dem mittlerweile ungefähr 80.000 Syrer in Zelten leben, geliefert worden. Wie viele Menschen tatsächlich in den Lagern leben, wissen internationale Hilfsorganisationen nur von Satellitenbildern (Der Standard 5.10.2016).

Auch die Türkei, welche anfangs noch Millionen Syrer aufnahm, hat mittlerweile die Grenzen de facto geschlossen. Die Südgrenze wurde weitgehend dicht gemacht und die Türkei setzt auf die Versorgung von Flüchtlingen in Nordsyrien (Die Presse 13.3.2016).

Die Grenze zwischen Syrien und dem Irak existiert faktisch nicht mehr. Derzeit ist die Grenze für Flüchtlinge geschlossen (Die Presse 13.3.2016).

Quellen:

-

Al Jazeera (23.3.2016): Palestinian Syrians: Twice Refugees, http://www.aljazeera.com/indepth/features/2016/03/palestinian-syrians-refugees-160321055107834.html, Zugriff 11.11.2016

-

BBC News (7.1.2016): Syria conflict: Civilians under Siege, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-35250772, Zugriff 23.11.2016

-

Der Standard (5.10.2016): Zehntausende Syrer an Grenze zu Jordanien sollen Hilfe erhalten, http://derstandard.at/2000045391907/Zehntausende-Syrer-an-Grenze-zu-Jordanien-sollen-Hilfe-erhalten, Zugriff 11.11.2016

-

Die Presse (13.3.2016): Syrer können kaum noch in Nachbarländer fliehen,

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4945334/Syrer-konnen-kaum-noch-in-Nachbarlaender-fliehen, Zugriff 11.11.2016

-

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/327745/468444_de.html, Zugriff 23.11.2016

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Landinfo - Norwegian Country of origin Information Centre (11.11.2016): Syria: Identitetsdokumenter og pass, https://www.ecoi.net/file_upload/1788_1481639462_syr.pdf, Zugriff 4.1.2016

-

UNHCR - UN Human Rights Council (11.2.2016): Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic,

http://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/CoISyria/A-HRC-31-68.pdf, Zugriff 23.11.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on human Rights Practices 2015 - Syria, http://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html, Zugriff 23.11.2016

Rückkehr

Länger zurückliegende Gesetzesverletzungen im Heimatland (z.B. illegale Ausreise) können von den syrischen Behörden bei einer Rückkehr verfolgt werden. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Verhaftungen (AA 22.11.2016).

Quellen des kanadischen IRB gaben an, dass Personen bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert werden. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter wird auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar (IRB 19.1.2016). Bereits im Jahr 2012 hat ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert (UK HOME 8.2016).

Bei Rückkehr nach einem abgelehnten Asylantrag würde eine Person inhaftiert und im Zuge von Befragungen gefoltert werden. Die Person könnte für die Verbreitung falscher Informationen über Syrien im Ausland verurteilt werden, oder die Behörden würden versuchen durch Folter Informationen über andere Asylwerber oder die Opposition zu bekommen (IRB 19.1.2016).

Es kann jedoch auch sein, dass eine Person, trotz eines abgelehnten Asylantrages, auch nach der Rückkehr nach Syrien noch als Unterstützer des Asad-Regimes angesehen wird (UK Home Office 8.2016).

Das Gesetz bestraft auch Personen, welche versuchen in einem anderen Land Zuflucht zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (22.11.2016): Syrien: Reisewarnung, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SyrienSicherheit_node.html, Zugriff 22.11.2016

-

IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (19.1.2016): Syria:

Treatment of returnees upon arrival at Damascus International Airport and international land border crossing points, including failed refugee claimants, people who exited the country illegally, and people who have not completed military service; factors affecting treatment, including age, ethnicity and religion (2014 - December 2015),

https://www.ecoi.net/local_link/320204/459448_de.html, Zugriff 30.9.2016

-

UK HOME - UK Home Office (8.2016): Country Information and Guidance Syria: the Syrian Civil War, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1472706544_cig-syria-security-and-humanitarian.pdf, Zugriff 22.11.2016

-

USDOS - US Department of State (13.04.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Syria, http://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html, Zugriff 18.11.2016

-

UNHCR - UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 4. aktualisierte Fassung, November 2015

Rückkehr

Länger zurückliegende Gesetzesverletzungen im Heimatland (z.B. illegale Ausreise) können von den syrischen Behörden bei einer Rückkehr verfolgt werden. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Verhaftungen (AA 22.11.2016).

Quellen des kanadischen IRB gaben an, dass Personen bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert werden. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter wird auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar (IRB 19.1.2016). Bereits im Jahr 2012 hat ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert (UK HOME 8.2016).

Bei Rückkehr nach einem abgelehnten Asylantrag würde eine Person inhaftiert und im Zuge von Befragungen gefoltert werden. Die Person könnte für die Verbreitung falscher Informationen über Syrien im Ausland verurteilt werden, oder die Behörden würden versuchen durch Folter Informationen über andere Asylwerber oder die Opposition zu bekommen (IRB 19.1.2016).

Es kann jedoch auch sein, dass eine Person, trotz eines abgelehnten Asylantrages, auch nach der Rückkehr nach Syrien noch als Unterstützer des Asad-Regimes angesehen wird (UK Home Office 8.2016).

Das Gesetz bestraft auch Personen, welche versuchen in einem anderen Land Zuflucht zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (22.11.2016): Syrien: Reisewarnung, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SyrienSicherheit_node.html, Zugriff 22.11.2016

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IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (19.1.2016): Syria:

Treatment of returnees upon arrival at Damascus International Airport and international land border crossing points, including failed refugee claimants, people who exited the country illegally, and people who have not completed military service; factors affecting treatment, including age, ethnicity and religion (2014 - December 2015),

https://www.ecoi.net/local_link/320204/459448_de.html, Zugriff 30.9.2016

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UK HOME - UK Home Office (8.2016): Country Information and Guidance Syria: the Syrian Civil War, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1472706544_cig-syria-security-and-humanitarian.pdf, Zugriff 22.11.2016

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USDOS - US Department of State (13.04.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Syria, http://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html, Zugriff 18.11.2016

Risikoprofile (Quelle: UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 4. aktualisierte Fassung aus November 2015)

Werden Asylanträge von Asylsuchenden aus Syrien auf Einzelfallbasis gemäß bestehenden Asylverfahren oder Verfahren zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft geprüft, so ist UNHCR der Ansicht, dass Personen mit einem oder mehreren der unten beschriebenen Risikoprofile wahrscheinlich internationalen Schutz im Sinne der GFK benötigen, sofern keine Ausschlussklauseln anwendbar sind. Bei Familienangehörigen und Personen, die auf sonstige Weise Menschen mit den nachfolgend aufgeführten Risikoprofilen nahestehen, ist es je nach den Umständen des Einzelfalls ebenfalls wahrscheinlich, dass sie internationalen Flüchtlingsschutz benötigen. Sofern relevant, sollte besonderes Augenmerk auf jegliche Verfolgung gelegt werden, der Asylsuchende in der Vergangenheit möglicherweise bereits ausgesetzt waren.

Die nachstehend aufgeführten Risikoprofile sind nicht unbedingt abschließend und können sich überschneiden. sie basieren auf Informationen, die UNHCR zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Dokuments vorlagen. Die Reihenfolge der aufgeführten Profile impliziert keine Hierarchie. Die Profile basieren auf Informationen, die UNHCR zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Dokuments vorlagen. Ein Antrag sollte daher nicht automatisch als unbegründet erachtet werden, weil er keinem hier aufgeführten Profil entspricht.

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palästinensische Flüchtlinge aus Syrien

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Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Mitglieder politischer Oppositionsparteien; Aufständische, Aktivisten und sonstige Personen, die als Sympathisanten der Opposition angesehen werden; Mitglieder bewaffneter oppositioneller Gruppen bzw. Personen, die als Mitglieder bewaffneter oppositioneller Gruppen angesehen werden; Wehrdienstverweigerer und Deserteure der Streitkräfte; Mitglieder der Regierung und der Baath-Partei, die ihre Ämter niedergelegt haben; Familienangehörige von tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsgegnern sowie Personen, die mit tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsgegnern in Verbindung gebracht werden; Zivilisten, die in vermeintlich regierungsfeindlichen städtischen Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben."

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Die Länderfeststellungen stützen sich einerseits auf das Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation vom 05.01.2017 und den Bericht zur aktuellen Situation vom 20.08.2015 sowie auf die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, vom November 2015 (4. Aktualisierte Fassung). All diese Dokumente sind dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl amtsbekannt.

2.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seinem Fluchtvorbringen:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorgelegten, unbedenklichen Identitätsdokumenten – insbesondere aus der vorgelegten Registrierungskarte von UNRWA – und aus den Angaben des Beschwerdeführers. Die Identität wurde auch bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellt.

Die Feststellungen zur Fluchtroute gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur persönlichen Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Registrierung des Beschwerdeführers bei UNRWA (Syrien) ergibt sich aus der vorgelegten Registrierungskarte von UNRWA.

Dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz im Einsatzgebiet der UNRWA in Daraa, wo er laut der vorgelegten Registrierungskarte auch registriert war, wegen des Krieges und der wechselnden Fronten verlassen hat, ergibt sich aus dem glaubhaften Vorbringen.

Den Länderfeststellungen ist zu entnehmen, dass die staatenlosen palästinensischen Flüchtlinge in Syrien sich, auch auf Wunsch der palästinensischen Führung in Ramallah, lange Zeit aus dem Krieg in Syrien herausgehalten hatten. Spätestens seit die Rebellen in Yarmouk [ein zu einem Stadtteil mutiertes Flüchtlingslager in strategisch wichtiger Lage, das erst belagert wurde und dann zum Kampfgebiet wurde] einzogen, wurden die Palästinenser zwischen den Fronten zerrieben: Die Assad-Gegner beschuldigen sie, hinter dem Assad-Regime zu stehen, da die syrische Regierung den Palästinensern gegenüber immer großzügig gewesen war.

Der andauernde Konflikt in Syrien hat auch schwere Auswirkungen auf die Lage von palästinensischen Flüchtlingen in Syrien. Über 40% der Lager, in denen palästinensische Flüchtlinge lebten, sind vom Konflikt betroffen. Von den zwölf palästinensischen Flüchtlingslagern in Syrien wurden fünf entweder zerstört oder sind für UNRWA unzugänglich, nämlich Ein el-Tal, Daraa, Yarmouk, Sbeineh und Khan Eshieh. 95% der palästinensischen Flüchtlinge sind vollkommen auf die humanitäre Hilfe der UNRWA angewiesen, um zu überleben. Mehr als zwei Drittel der palästinensischen Flüchtlinge wurden intern vertrieben. Zehntausende sind in Gebieten, in denen Kämpfe stattfinden, wie Yarmouk oder Khan Eshieh in Damaskus oder Mzeirib und Jillin in Deraa, eingeschlossen, wodurch ihr Zugang zu humanitärer Hilfe extrem eingeschränkt ist. Sowohl das Regime als auch oppositionelle Gruppierungen belagerten palästinensische Flüchtlingslager und Nachbarschaften in Syrien, was zu Fällen von schwerer Unterernährung und fehlendem Zugang zu medizinischer und humanitärer Versorgung führte. Mittlerweile sind mehr als 110.000 in Syrien geborene Palästinenser aus Syrien geflohen und 450.000 wurden intern vertrieben.

UNRWA beschreibt seine Verantwortlichkeiten in Bezug auf alle bei ihr registrierten Palästina-Flüchtlinge und deren Nachkommen in männlicher Linie innerhalb ihres Mandatsgebiets: "Die Verantwortung von UNRWA ist begrenzt auf die Bereitstellung von Leistungen und Verwalten ihrer Einrichtungen. Weder besitzt noch verwaltet die Agentur die Lager, und sie führt keine polizeilichen Aufgaben durch. Dies ist die Aufgabe der Behörden des Gaststaates."

Die Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers in Bezug auf seine Situation als palästinensischer Flüchtling in Syrien stellen sich daher vor dem Hintergrund der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Länderfeststellungen als plausibel dar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im vorliegenden Beschwerdefall ergibt sich, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist. Auch die gebotene Aktualität ist unverändert gegeben, zumal die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen, ergänzt um einige Länderfeststellungen, die dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl amtsbekannt sind, unverändert die zur Beurteilung des konkreten Falls notwendige Aktualität aufweisen.

Zu A)

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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