TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/25 W117 2169934-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.2017
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Entscheidungsdatum

25.10.2017

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs3 Satz1
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z5
FPG §76 Abs3 Z9
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs1

Spruch

W117 2169934-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, vom 28.08.2017, Zl. 1102267210-170956136/ BMI-BFA-RD-ST, sowie die Anhaltung in Schubhaft vom 04.09.2017 bis 10.09.2017 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF iVm. § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 1. Satz FPG idgF und § 76 Abs. 3 Z 1, Z 5 sowie Z 9 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen.

IV. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Am 16.08.2017 wurde der Verwaltungsbehörde bekannt, dass der in Strafhaft angehaltene Beschwerdeführer mit 04.09.2017 gemäß § 46 StGB bedingt aus einer Freiheitsstrafe entlassen wird. Mit Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 20.08.2017, Zahl: 1102267210-170956136, wurde dem Beschwerdeführer das gesetzlich normierte Parteiengehör zuteil, indem er in Kenntnis gesetzt wurden, dass beabsichtigt ist, über ihn nach Haftentlassung am 04.09.2017 die Schubhaft zu verhängen, um seine Abschiebung nach Marokko zu sichern.

Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 22.08.2017 ausgefolgt. Der Beschwerdeführer brachte eine handschriftlich in deutscher Sprache verfasste Stellungnahme ein.

Mit dem (oben) im Spruch angeführten, gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien, wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Verwaltungsbehörde begründete ihre Entscheidung wie folgt (Hervorhebungen im Original):

"Verfahrensgang

Sie reisten illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 14.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 19.05.2016 des BFA wurde Ihr Asylantrag negativ entschieden, worauf Sie am 17.06.2016 Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des BVwG vom 26.07.2016 wurde Ihre Beschwerde als unbegründet abgewiesen, mit 27.07.2016 im Akt hinterlegt und rechtskräftig, da Ihr Aufenthaltsort nicht ermittelt werden konnte. Demnach besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und Ihre Abschiebung nach Marokko ist

zulässig.

Mit 19.12.2016 wurde ein Heimreisezertifikat bei der zuständigen Botschaft angefordert. Am 19.04.2017 wurde die Zustimmung erteilt.

Am 16.08.2017 wurde der ho. Behörde bekannt, dass Sie mit 04.09.2017 gem. §46 StGB bedingt aus einer Freiheitsstrafe entlassen werden. Daraufhin wurden die weiteren Schritte für eine Überstellung in Ihr Herkunftsland eingeleitet.

Mit Schreiben des ho. Amtes vom 20.08.2017, Zahl:

1102267210-170956136, wurde Ihnen das gesetzlich normierte Parteiengehör zuteil, indem Sie Kenntnis gesetzt wurden, dass beabsichtigt ist, nach Haftentlassung am 04.09.2017, gegen Sie die Schubhaft zu verhängen, um Ihre Abschiebung nach Marokko zu sichern.

Strafrechtlicher Verfahrensgang:

01) LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g vom 31.05.2016 RK 06.06.2016 §§ 127, 129 (1) Z 1 StGB § 15 StGB Datum der (letzten) Tat 27.04.2016 Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g RK 06.06.2016 Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 31.05.2016 LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g vom 07.06.2016

zu LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g RK 06.06.2016 Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre BG GRAZ-WEST 015 U 32/2016m vom 12.01.2017 zu LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g RK 06.06.2016 Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG F.STRAFS.GRAZ 221 HV 5/2017s vom 03.04.2017

02) BG GRAZ-W EST 015 U 32/2016m vom 12.01.2017 RK 17.01.2017 §§ 27

(1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG § 127 StGB Datum der (letzten) Tat 02.07.2016 Freiheitsstrafe 3 Monate

03) BG GRAZ-OST 265 U 31/2016y vom 06.03.2017 RK 10.03.2017 § 127 StGB Datum der (letzten) Tat 19.02.2016 Keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g RK 06.06.2016

04) LG F.STRAFS.GRAZ 221 HV 5/2017s vom 03.04.2017 RK 07.04.2017 § 83 (1) StGB Datum der (letzten) Tat 10.01.2017 Freiheitsstrafe 1 Monat Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG GRAZ-WEST 015 U 32/2016m RK 17.01.2017 Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG GRAZ-OST 265 U 31/2016y RK 10.03.2017 Vollzugsdatum 23.06.2017

Ihre Abschiebung nach Casablanca (Marokko) ist für den 10.09.2017 um 09:25 Uhr anberaumt.

Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Verfügung gestellt.

Beweismittel Es wurden alle in Ihrem IFA-Akt 1102267210 befindlichen Beweismittel sowie Ihre Befragungs- und Einvernahme Protokolle herangezogen und gewürdigt.

Feststellungen

"Zu Ihrer Person:

* Sie besitzen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.

* Sie sind Staatsangehöriger von Marokko.

* Ihre Identität wurde von den marokkanischen Behörden bestätigt.

* Sie sind gesund und arbeitsfähig.

* Sie sind bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und wurden viermal von österreichischen Gerichten verurteilt.

* Seit verfügen Sie über keinen eigenen Wohnsitz.

* Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

* Sie sind nicht ausreisewillig.

* Sie haben sich bereits im Asylverfahren dem Verfahren entzogen und untergetaucht.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Mit Erkenntnis des BVwG vom 26.07.2016 besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und Ihre Abschiebung nach Marokko ist zulässig.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

* Sie reisten illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.

* Sie gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden.

* Sie haben sich bereits dem Asylverfahren entzogen, indem Sie unstet wurden und die Erkenntnis vom BVwG durch Hinterlegung zugestellt werden musste.

* Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

* Wie im Verfahrengang angeführt, wurden Sie bereits viermal straffällig.

* Aufgrund der wiederholten Verurteilungen, kann von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Ihrer Person ausgegangen werden.

* Sie sind weder beruflich noch sozial nennenswert integriert.

* Sie befinden sich seit 11.01.2017 in Strafhaft und werden voraussichtlich am 04.09.2017 entlassen.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben::

Sie verfügen über keine maßgeblichen privaten Beziehungen und auch über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Im Heimatland leben Ihre Mutter und drei Brüder, sowie vier Schwestern.

Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem gesamten Inhalt Ihres Aktes zur Zahl: 1102267210.

[ ]

Rechtliche Beurteilung

[ ]

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Gegen Sie besteht seit 27.06.2016 eine in zweiter Instanz rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Ihre Abschiebung nach Marokko ist zulässig.

Sie haben sich bereits dem Asylverfahren vom dem BVwG entzogen, indem Sie untergetaucht sind. Sie haben dadurch gezeigt, dass Sie nicht gewillt sind, in Ihr Herkunftsland freiwillig auszureisen. Auch zeigt Ihre kriminelles Verhalten, dass Sie nicht vertrauenswürdig sind und alles daran setzen werden der Abschiebung nach Marokko zu

entgehen.

Daher ist die Entscheidung betreffend die Anwendung des gesetzlich vorgesehenen Instrumentes der Schubhaft auch verhältnismäßig, notwendig und erforderlich.

Die Sicherung des Verfahrens zur Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens in keinster Weise als vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung und Integration in Österreich, sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein sehr beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt, zumal Sie mit Parteiengehör des ho. Amtes vom 18.08.2017 darüber informiert wurden, dass beabsichtigt ist, nach Haftentlassung Sie in Schubhaft zu nehmen und nach Marokko abzuschieben.

Sie verfügen über kein gültiges Reisedokument und können Ihren unrechtmäßigen Aufenthalt aus Eigenem nicht beenden. Die Zustimmung für ein Heimreisezertifikat liegt vor.

Ihre Abschiebung nach Casablanca (Marokko) ist für den 10.09.2017 um 09:25 Uhr

anberaumt.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiter aufgrund Ihrer dzt. Inhaftierung in der Justizanstalt Graz-Jakomini davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben

sind.

[ ] "

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer durch Übergabe am 06.08.2016, 12:10 Uhr zugestellt.

Mit Verfahrensanordnung vom 06.08.2016 wurde dem Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die im Spruch angeführte juristische Person als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie gegen die fortdauernde Anhaltung des BF in Schubhaft erhob dieser, vertreten durch die im Spruch angeführte juristische Person als gewillkürter Vertreter, binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG, rügte die Schubhaftanordnung und Anhaltung aufgrund derselben als rechtswidrig und führte unter anderem aus (Hervorhebung im Original):

"Die Beschwerde gegen den gegenständlichen Schubhaftbescheid wird auf ausdrücklichen Wunsch des Beschwerdeführers erhoben.

Anordnung der Schubhaft unmittelbar im Anschluss an die Strafhaft - Verletzung der belangten Behörde im Recht gem§ 8O Abs. 1 FPG Gem. § 80 Abs. 1 FPG ist das Bundesamt verpflichtet, auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hinzuwirken. Nach Möglichkeit hat das Bundesamt darauf hinzuwirken, dass eine Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. In Fällen, in denen ein Fremder vor der geplanten Verhängung der Schubhaft in Gerichtshaft angehalten wird, bedeutet dies, dass das Bundesamt die Schritte zur Vorbereitung der Abschiebung bereits während der Gerichtshaft zu setzen hat.

Die belangte Behörde wäre daher bereits während der Gerichtshaft des BF verpflichtet gewesen, alle erforderlichen Schritte für eine Überstellung des BF nach Marokko zu veranlassen.

DerVwGH hielt im Erkenntnis vom 15.10.2015, 2015/21/0026, fest:

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio” sein. Dem entspricht nicht nur die in § 80 Abs. 1 FrPolG 2005 ausdrücklich festgehaltene behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauere, vielmehr ist daraus auch abzuleiten, dass die Behörde (das BFA) schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so wäre die Schubhaft unverhältnismäßig. Demzufolge erweist sich die Verhängung von Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung im Anschluss an eine Strafhaft regelmäßig als unverhältnismäßig, wenn die Fremdenpolizeibehörde (das BFA) auch zum absehbaren Ende einer Strafhaft hin mit der (versuchten) Beschaffung eines Heimreisezertifikats untätig bleibt. Das muss auch auf den Fortsetzungsausspruch durchschlagen. Eine sich aus den Umständen des Einzelfalles ergebende andere Sicht wäre nachvollziehbar zu begründen (Hinweis E 25. April 2014,2013/21/0209), Gem. § 30 Abs. 5 BFA-VG ist das Strafgericht - im Fall von Strafverfahren wegen vorsätzlich begangener Straftaten - zum frühestmöglichen Zeitpunkt verpflichtet, das BFA unter anderem von der rechtskräftigen Verurteilung unter Anschluss der Urteilsausfertigung zu verständigen. Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, das BFA von der Verhängung der Untersuchungshaft über einen Fremden zu informieren. Die Justizanstalt wiederum ist verpflichtet, das BFA von Strafantritt und Strafende zu verständigen. Daher ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde zeitnah Kenntnis von der rechtskräftigen Verurteilung hatte. Da dies die Behörde verabsäumt hat, erweist sich die Schubhaft als rechtswidrig und wird der Beschwerde stattzugeben sein.

Da der VwGH im bereits zitierten Erkenntnis vom 15.10.2015, 2015/21/0026, ausdrücklich festhält, dass sich die aus der Untätigkeit der Behörde ergebende Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft auch auf den Fortsetzungsausspruch auswirkt, möge das BVwG aussprechen, dass auch die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen.

Fluchtgefahr iSd § 76 Abs. 2 Z 1 iVm § 76 Abs. 3 FPG liegt nicht vor

Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist gem. § 76 Abs. 2 2 1 FPG nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig. Art. 3 Z 7 der Rückführungs-RL (Richtlinie 2008/115/EG) definiert Fluchtgefahr als Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven, gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich Drittstaatsangehörige einem Rückkehrverfahren durch Flucht entziehen könnten. Der belangten Behörde gelingt es nicht, im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar darzulegen, warum im Fall des BF Fluchtgefahr iSd § 76 Abs. 2 Z 1 und § 76 Abs. 3 FPG besteht

Die belangte Behörde begründet das Vorliegen von Fluchtgefahr damit, dass der BF sich bereits seinem Asylverfahren vor dem BVwG entzogen habe, aufgrund seines kriminellen Verhaltens nicht vertrauenswürdig sei, sowie mit seiner fehlenden Verankerung und Integration in Österreich.

Der BF hat sich seinem Asylverfahren vor dem BVwG nicht entzogen, sondern war zum Zeitpunkt der Zustellung des Erkenntnisses lediglich im Krankenhaus aufhältig.

Zum Vorwurf der Vertrauensunwürdigkeit aufgrund des kriminellen Verhaltens des BF ist Folgendes auszuführen: Die Behörde kann nicht alleine gestützt auf das Kriterium der Straffälligkeit die Schubhaft über ihn verhängen - eine solche Praxis würde gegen die Grundsätze des § 76 FPG verstoßen, denn dann müsste das BFA ohne Prüfung der Fluchtgefahr die Schubhaft über alle straffällig gewordenen Personen verhängen und es würde jede Einzelfallprüfung entfallen. Die Heranziehung der Straffälligkeit als Kriterium für das Bestehen einer Fluchtgefahr verbietet sich auch dadurch, weil in keinem der Tatbestände des § 76 Abs. 3 FPG Straffälligkeit Erwähnung findet. Die Schubhaft dient weder der Aufdeckung oder Verhinderung von Straftaten noch ihrer Sanktionierung, sondern lediglich der Erfüllung eines administrativen Sicherungszweckes (vgl. VwGH vom 22.12.2009, 2009/21/0185). Schließlich kann die Schubhaft keinesfalls dazu dienen, den Beschwerdeführer von der Begehung von Tatbeständen des StGB in Österreich abzuhalten (vgl. das Erkenntnis vom 28. März 2006, ZI.20Q4/21/0039) (VwGH vom 07.02.2008, 2007/21/0446).

Nicht ausreichend Berücksichtigung findet auch der Umstand, dass fehlende berufliche und soziale Verankerung bei noch nicht lange in Österreich auf haltigen Asylwerbern keine besonderen Umstände darstellen, um ein nur durch Schubhaft abzudeckendes Sicherungsbedürfnis zu begründen (vgl. VwGH 30.08.2011, 2008/21/0498). Im Übrigen spricht der BF fließend Deutsch.

Überdies leidet der angefochtene Bescheid an einem wesentlichen Begründungsmangel: Die belangte Behörde führt in der Begründung des angefochtenen Bescheides zwar die gesetzlichen Bestimmungen an, unter anderem auch die Kriterien für "Fluchtgefahr" gern. § 76 Abs. 3 FPG. Jedoch wurde eine ordnungsgemäße Subsumtion unterlassen, indem in der Begründung nicht angeführt wird, welche der in § 76 Abs 3 FPG festgelegten Kriterien durch welchen konkreten Sachverhalt verwirklicht sind. Der Bescheid erweist sich selbst dann als rechtswidrig, wenn allenfalls Tatbestände in § 76 Abs. 3 FPG erfüllt gewesen wären, auf die die belangte Behörde jedoch nicht explizit zurückgegriffen hat. Dies deshalb, da Art. 3 2 7 der Rückführungs-RL (Richtlinie 2008/115/EG) Fluchtgefahr als Vorliegen von Gründen im Einzelfall definiert, die auf objektiven, gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich Drittstaatsangehörige einem Rückkehrverfahren durch Flucht entziehen könnten. Der Bestimmung des Art. 3 Z 7 der Rückführungs-RL ist aufgrund des nahezu identen Wortlautes derselbe Regelungsgehalt beizumessen wie Art. 2 lit n der Dublin lll-VO. Der VwGH hat - in Anlehnung an die Judikatur des deutschen BGH -

in Bezug auf Art. 2 lit n der Dublin III-VO festgestellt, dass dies bedeutet, dass Haftgründe durch ein förmliches Gesetz festgelegt werden müssten. Ein Rückgriff auf die in der Judikatur entwickelten Kriterien ist im Anwendungsbereich der Dublin III-VO - und somit auch im Anwendungsbereich der Rückführungs-RL - nicht ausreichend (vgl. VwGH vom 19.02.2015, 2014/21/0075). Seit EuGH Rs AI Chodor, vom 15.03.2017, C-528/15, steht auch fest, dass der EuGH diese Ansicht uneingeschränkt teilt. Somit leidet der angefochtene Bescheid auch an einem relevanten Subsumtionsmangel.

Zur Nicht-Anwendung eines gelinderen Mittels Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Fluchtgefahr iSd § 76 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 3 FPG besteht, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ein gelinderes Mittel anstatt der Schubhaft zu verhängen, da ein solches zur Erreichung des Sicherungszweckes ausreichend gewesen wäre. Hier wäre es an der belangten Behörde gelegen, nach Durchführung einer Einzelfallprüfung darzulegen, warum ein gelinderes Mittel anstatt der Schubhaft nicht in Frage kommt. Dies ist jedoch nicht in nachvollziehbarer Weise erfolgt. Dies trifft insbesondere auf das gelindere Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung gern. § 77 Abs. 3 Z 2 FPG sowie auf das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten gern. § 77 Abs. 3 Z 1 FPG zu. Diesbezüglich hat die belangte Behörde keine Einzelfallbegründung vorgenommen. Die entsprechende Begründung im angefochtenen Bescheid beschränkt sich auf einen pauschalen Verweis auf die "persönliche Lebenssituation" und das "bisherige Verhalten" welche ein beträchtliches Risiko des Untertauchens begründen würden. Auf welche Gründe bzw. welches Verhalten sich die belangte Behörde bezieht, bleibt im Dunkeln.

Zum einen wäre die Anordnung einer periodischen Meldeverpflichtung gem. § 77 Abs. 3 Z 2 FPG als gelinderes Mittel ausreichend zur Sicherung der Abschiebung gewesen. Auch die angeordnete Unterkunftnahme gem § 77 Abs. 3 Z 1 FPG wäre im Fall des BF in Betracht gekommen. Für den Zweck der Unterkunftnahme gem§ 77 Abs. 3 Z 1 stehen entsprechende Räumlichkeiten etwa an der Adresse Zinnergasse 29a, 1110 Wien, oder an der Adresse Hauptstraße 38, 2540 Bad Vöslau, zur Verfügung. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels in Form einer periodischen Meldeverpflichtung oder der angeordneten Unterkunftnahme hätte der Sicherungszweck jedenfalls erreicht werden körnen.

III. Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, wird ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes - insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen für gelindere Mittel - unter Einvernahme des BF - beantragt.

Zum Antrag auf Ersatz des Aufwandes gern. § 35 VwGVG Gem§ 35 Abs. 1 und 4 Z 3 VwGVG stehen der obsiegenden Partei im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der Ersatz der Aufwendungen gern. VwG-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 517/2013) zu.

Daher beantragt der BF gem§ 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung als Ersatz des Schriftsatzaufwands des BF als obsiegende Partei iHv 737,60 Euro. Für den Fall der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird zusätzlich ein Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei iHv 922,00 Euro beantragt.

Der BF beantragt darüber hinaus gem§ 35 Abs. 1 iVm Abs. 4 Z 1 VwGVG den Ersatz sämtlicher Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die er aufzukommen hat, insbesondere die Gebühren für Dolmetscher und Sachverständige, die diese für ihre Aufwendungen im gegenständlichen Verfahren geltend machen.

Aus den genannten Gründen stellt der BF die

Anträge

das Bundesverwaltungsgericht möge

• eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen;

• den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger weise erfolgte; • im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen;

• der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gern. VwG- Aufwandersätzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, auferlegen.

Das BFA legte den Akt im Emailwege vor, beantragte Kosten im verzeichneten Ausmaß und erstattete am 07.09.2017 eine mit dem Inhalt des Mandatsbescheides korrespondierende Stellungnahme, und beantragte schließlich

,

1. die Beschwerde als unbegründet abzuweisen

2. gem. § 22 BFA-VG festzustellen, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft sowie auch die weitere Anhaltung vorliegen, und

3. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten zu verpflichten

Die Verwaltungsbehörde machte an Kosten insgesamt € 426,20 "als Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde, Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde" geltend.

.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde wie folgt erwogen:

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch BF genannt) ein Staatsangehöriger von Marokko, er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1

FPG.

Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 19.05.2016 des BFA wurde der Asylantrag des BF negativ entschieden, worauf der BF am 17.06.2016 Beschwerde erhob. Mit Erkenntnis des BVwG vom 26.07.2016 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit 27.07.2016 erfolgte eine Hinterlegung im Akt, da der Aufenthaltsort des BF nicht ermittelt werden konnte. Der Beschwerdeführer befand sich zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus, hatte es aber unterlassen, die Verwaltungsbehörde davon in Kenntnis zu setzen – ein Vorbringen, dass er dazu nicht in der Lage gewesen wäre, hatte der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens, auch nicht in der Beschwerde, erstattet. Demnach besteht eine in 2. Instanz rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen den BF und die Abschiebung nach Marokko ist zulässig.

Mit 19.12.2016 wurde ein Heimreisezertifikat bei der zuständigen Botschaft angefordert. Am 19.04.2017 wurde die Zustimmung erteilt.

Am 16.08.2017 wurde der Verwaltungsbehörde vonseiten der Justizansztalt mitgeteilt, dass der BF mit 04.09.2017 aus der Haft entlassen wird.

In Bezug auf den Beschwerdeführer, der fließend Deutsch spricht, sind folgende Straftaten im Strafregister eingetragen:

01) LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g vom 31.05.2016 RK 06.06.2016 §§ 127, 129 (1) Z 1 StGB § 15 StGB Datum der (letzten) Tat 27.04.2016 Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g RK 06.06.2016 Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 31.05.2016 LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g vom 07.06.2016

zu LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g RK 06.06.2016 Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre BG GRAZ-WEST 015 U 32/2016m vom 12.01.2017 zu LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g RK 06.06.2016 Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG F.STRAFS.GRAZ 221 HV 5/2017s vom 03.04.2017

02) BG GRAZ-W EST 015 U 32/2016m vom 12.01.2017 RK 17.01.2017 §§ 27

(1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG § 127 StGB Datum der (letzten) Tat 02.07.2016 Freiheitsstrafe 3 Monate

03) BG GRAZ-OST 265 U 31/2016y vom 06.03.2017 RK 10.03.2017 § 127 StGB Datum der (letzten) Tat 19.02.2016 Keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG F.STRAFS.GRAZ 006 HV 31/2016g RK 06.06.2016

04) LG F.STRAFS.GRAZ 221 HV 5/2017s vom 03.04.2017 RK 07.04.2017 § 83 (1) StGB Datum der (letzten) Tat 10.01.2017 Freiheitsstrafe 1 Monat Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG GRAZ-WEST 015 U 32/2016m RK 17.01.2017 Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG GRAZ-OST 265 U 31/2016y RK 10.03.2017 Vollzugsdatum 23.06.2017.

Mit Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 18.08.2017, Zahl:

1102267210-170956136, wurde dem BF Parteiengehör eingeräumt, indem er in Kenntnis gesetzt wurde, dass beabsichtigt ist, gegen ihn nach Haftentlassung am 04.09.2017, die Schubhaft zu verhängen, um die Abschiebung nach Marokko zu sichern.

Dieses Schreiben wurde Im nachweislich am 22.08.2017 ausgefolgt. Der BF gab eine bei der Verwaltungsbehörde (verspätet) eingebrachte handschriftliche Stellungnahme ab, (Frist: 1 Woche – Posteingangsstempel vom 30.08.2017), welche in Übereinstimmung mit der Beschwerde festhielt, dass der Beschwerdeführer "zum Zeitpunkt der Zustellung des Erkenntnisses lediglich im Krankenhaus aufhältig" war. Ebensowenig wie in der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer aber in der Stellungnahme nicht einmal ansatzweise vor, dass er durch seinen Krankenhausaufenthalt daran gehindert war, die Verwaltungsbehörde und das Bundesverwaltungsgericht über seinen dortigen Aufenthalt zu unterrichten.

Am 29.08.2017 wurde dem BF die "Information über die bevorstehende Abschiebung" ausgefolgt. Am 30.08.2017 um 09:30 Uhr wurde gegen den BF die Schubhaft verhängt und die Überstellung in das Personenanhaltezentrum Wien-Hernals angeordnet.

Am 01.09.2017 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Asylantrag auf internationalen Schutz.

Am 04.09.2017 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen und auf der Grundlage des im Spruch angeführten Bescheides in Schubhaft genommen.

Mit Mandatsbescheid vom 05.09.2017, GZ: 16-1102267210 Vz:171014686, wurde gemäß § 12a Absatz 4 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, iVm § 57 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG) idgF, festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 12a Absatz 4 Ziffer 1 und 2 AsylG nicht vorliegen. Der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG wurde dem BF gemäß § 12a Absatz 4 AsylG nicht zuerkannt und mit 06.09.2017 durchsetzbar.

Der Beschwerdeführer, der keine Familienangehörigen und sonstigen sozialen Bezugspunkte in Österreich hat und mittellos ist, wurde am Sonntag, dem 10.09.2017, nach Marokko abgeschoben.

Es bestand erhebliche Fluchtgefahr.

Entscheidungsgrundlagen:

* gegenständliche Aktenlage;

Würdigung der Entscheidungsgrundlage:

Die Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus der Aktenlage. Die Beschwerde bringt auf Tatsachenebene nur einen Krankenhausaufenthalt des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vor – dieser wurde als Sachverhalt festgestellt –, ohne aber ebenso wie in der handschriftlichen Stellungnahme anzuführen, dass der Beschwerdeführer dadurch gehindert gewesen wäre, der Verwaltungsbehörde oder dem Bundesverwaltungsgericht diesen Aufenthaltsort mitzuteilen.

Im Übrigen basierte die zutreffende Annahme erheblicher Fluchtgefahr auf wesentlich mehr Faktoren als in der Beschwerde angeführt, denen die Beschwerde, die lediglich auf ausdrücklichen Wunsch des Beschwerdeführers erhoben wurde, nicht einmal ansatzweise substantiiert entgegengetreten ist:

Vor dem Hintergrund der massiven Straffälligkeit des Beschwerdeführer gegen die verschiedensten Rechtsgüter, der Asylfolgeantragstellung Anfang September 2017, der auch in der Beschwerde nicht substantiiert bestrittenen mangelnden sozialen Verankerung ist die Verwaltungsbehörde zu Recht von erheblicher Fluchtgefahr im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides ausgegangen.

In diesem Sinne geht auch der Beschwerdevorwurf

"Die Behörde kann nicht alleine gestützt auf das Kriterium der Straffälligkeit die Schubhaft über ihn verhängen - eine solche Praxis würde gegen die Grundsätze des § 76 FPG verstoßen, denn dann müsste das BFA ohne Prüfung der Fluchtgefahr die Schubhaft über alle straffällig gewordenen Personen verhängen und es würde jede Einzelfallprüfung entfallen".

ins Leere.

In Bezug auf die Straffälligkeit und damit verbundene Vertrauensunwürdigkeit fällt neben der Vielzahl an Straftaten gegen die verschiedensten Rechtsgüter insbesondere schwer ins Gewicht, dass sie vor nicht allzu langer Zeit begangen wurden und sohin durchaus geeignet erscheinen, den negativen Charakter des Beschwerdeführers und damit seine Vertrauensunwürdigkeit abzubilden.

Inwiefern die Verwaltungsbehörde vor dem Hintergrund der mehrmonatigen Anhaltung in Strafhaft positive Aspekte einer sozialen Verankerung feststellen hätte können, wie der Beschwerdeführer moniert, ist nicht nachvollziehbar, hatte er doch auch in seiner Stellungnahme kein entsprechendes Vorbringen erstattet.

Der Umstand, dass "der BF Im Übrigen fließend Deutsch spricht", vermag den vertrauensunwürdigen Charakter des Beschwerdeführers nicht entscheidend zu relativieren – auch hier bleibt die Beschwerde entsprechende Ausführungen schuldig.

Auf den Umstand der Asylfolgeantragstellung am 01.09.2017 geht die Beschwerde mit keinem Wort ein.

Die Beschwerdeausführungen in Bezug auf §80 FPG überzeugen gerade vor Hintergrund der die Abschiebung vorbereitenden Tätigkeiten der Verwaltungsbehörde nicht: Die Verwaltungsbehörde hat im Gegenteil alles unternommen, um die Schubhaft möglichst kurz währen zu lassen und erfolgte letztlich die Anhaltung in Schubhaft bis zur tatsächlichen Abschiebung lediglich für einen gerade einmal eine Woche währenden Zeitraum. Dabei ist im Besonderen zu berücksichtigen, dass es der Beschwerdeführer durch seine Folgeantragstellung war, der versuchte, die Abschiebung zu verzögern.

Von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage im Zusammenhalt mit der Beschwerde als eindeutig geklärt anzusehen ist: Die in der Beschwerde zusätzlich vorgebrachten Sachverhaltselemente der deutschen Sprachkenntnisse und des Krankenhausaufenthaltes wurden als Sachverhalt übernommen, vermochten aber am zutreffend von der Verwaltungsbehörde herausgeschälten negativen Gesamtbild des Beschwerdeführers nichts zu ändern.

Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 – FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015 idgF, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

§22a BFA-VG idgF bildet sohin im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art 5 Abs. lit. f EMRK und des Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG sowie einfachgesetzlichen Normen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 – FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 idgF lauten:

Art 5 Abs. 1 lit. f

(1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.

Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

§ 76 FPG

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum konkreten Sicherungsbedarf, an deren Maßgeblichkeit das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015, wie unzweifelhaft den diesbezüglichen Materialien zu entnehmen ist, nichts änderte, sind dabei das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Gemessen also an §76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz "liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 vor, da "bestimmte Tatsachen", nämlich jene bereits im Rahmen des Sachverhaltes herausgeschälten, und zwar in der Form

* der Nichtbekanntgabe seines Aufenthaltes im Zeitpunkt der Zustellung des negativen (Asyl)erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes;

* der Asylfolgeantragstellung im Angesicht der drohenden Abschiebung

;

* der Begehung zahlreicher verschiedenartigster Straftaten;

unzweifelhaft "die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird".

Durch die Nichtbekanntgabe seines Aufenthaltes im Zeitpunkt der Zustellung des negativen (Asyl)erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes – wie ausgeführt, hatte der Beschwerdeführer keine Hinderungsründe für die Unmöglichkeit der Bekanntgabe des damaligen Aufenthaltsortes angeführt – und durch die die Stellung des Asylfolgeantrages am 01.09.2017, in der Absicht, der Außerlandesbringung zu entgehen, hat der Beschwerdeführer versucht, die drohende Abschiebung im Sinne der Z 1 leg.cit zu umgehen.

In Bezug auf letzteren Umstand, nämlich die Asylfolgeantragstellung, ist aber auch Z 5 leg. cit als erfüllt anzusehen, da gegenüber dem Beschwerdeführer "zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand".

Im gegenständlichen Fall ist aber auch die bereits in die Strafbarkeit mündende mangelnde soziale Verankerung im Sinne der Z. 9 leg. cit anzunehmen:

Nicht übersehen werden darf insbesondere, dass den vorliegenden Verurteilungen die verschiedensten nicht geringen strafbaren Handlungen – reichend von Suchtgiftkriminalität bis zu Körperverletzungsdelikten – zugrunde liegen.

Dass der Beschwerdeführer "fließend Deutsch spricht", vermag an der bereits von der Verwaltungsbehörde richtigen Einschätzung mangelnder sozialer Verankerung nichts zu ändern, wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

§ 77 FPG:

(1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [ ]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Im vorliegenden Fall scheidet mangels finanzieller Mittel die Anwendung der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z. 3 des § 77 FPG idgF aus – der Beschwerdeführer verfügt nach eigenen Angaben über keine ausreichenden Barmittel bzw. Vermögen.

Aufgrund des vom Beschwerdeführer gezeigten Verhaltens - siehe bereits oben -, drängte sich eben nicht der Schluss auf, dass "er sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion melden" werde; dasselbe gilt auch für "die Anordnung, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen". Es konnte daher nicht angenommen werden, dass sich der Beschwerdeführer zur fremdenpolizeilichen Verfügung gehalten hätte.

Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde bereits hingewiesen, dass die knapp eine Woche währende Schubhaftanhaltung auch im Lichte des § 80 FPG als rechtskonform anzusehen ist – nach der Aktenlage hatte die Verwaltungsbehörde , siehe Sachverhaltsfeststellungen, alles unternommen, um die Schubhaft möglichst kurz zu halten, was letztlich auch gelang. Dabei ist im Besonderen zu berücksichtigen, dass es der Beschwerdeführer durch seine Folgeantragstellung war, der versuchte, die Abschiebung zu verzögern.

Da die Schubhaftanordnung zu Recht erfolgte, war daher die Beschwerde spruchgemäß (

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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