TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/27 L515 2159307-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.10.2017
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Entscheidungsdatum

27.10.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L515 2159307-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX (Identität steht nicht fest), StA: Armenien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.05.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge "bP" bzw. Beschwerdeführer "BF") ist ein männlicher Staatsangehöriger der Republik Armenien. Die bP stellte erstmals im März 2007 in England einen Asylantrag und kehrte nach negativem Ausgang des Asylverfahrens nach ca. 6 – 8 Monaten wieder nach Armenien zurück. Im März 2012 reiste der BF mit seiner Ehefrau, seinem Halbbruder und dessen Familie in die Ukraine. Im Mai 2015 reiste der BF gemeinsam mit seinem Halbbruder schlepperunterstützt nach Österreich und stellte hier am 04.05.2015 in der XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.1.1. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP vor, dass sie im Jahr 2007 politische Gründe gehabt habe, die Heimat zu verlassen. Sie sei damals mit der Ehefrau nach London gegangen, nach negativem Asylverfahren von dort aber nach ca. 6 – 8 Monaten selbständig wieder nach Armenien zurückgekehrt.

Im Jahr 2012 sei der BF erneut gezwungen gewesen aus politischen Gründen die Heimat zu verlassen. Diesmal sei er mit seiner Frau, seinem Halbbruder und dessen Familie in die Ukraine gereist. In der Ukraine sei Krieg ausgebrochen und zudem hätten sie dort einen Konflikt mit den Leuten von XXXX gehabt. Da sie nicht ausreichend Geld gehabt hätten, seien nur er und sein Halbbruder nach Österreich gereist.

In seine Heimat Armenien könne er aus politischen Gründen nicht zurückkehren, in die Ukraine könne er nicht, weil dort Krieg herrsche.

Außer seinem Halbbruder würden sich in Österreich keinerlei Verwandte befinden.

I.1.2. Vor einem Organwalter der belangten Behörde brachte die bP vor, er werde verfolgt, weil er Zeuge eines Mordversuchs an einem Freund gewesen sei.

Konkret brachte die bP Folgendes vor:

" F: Geht es Ihnen gut? Sind Sie gesund?

A: Normal, danke für die Frage.

F: Können Sie Beweismittel – insb. auch armenische Personendokumente – in Vorlage bringen?

A: Ich habe meinen Führerschein in XXXX abgeben. Mein Inlandsreisepass war nicht mehr gültig, den habe ich nicht mitgenommen.

F: Wo ist Ihr Reisepass?

A: In Armenien.

F: Wo genau, bei wem?

A: Bei meiner Frau.

F: Das heißt Sie sind illegal in das Bundesgebiet, eingereist obwohl Sie einen Reisepass in Armenien haben?

A: Ja, ja. Ich bin hier mit einem falschen Pass eingereist.

F: Wo ist dieser gefälschte Reisepass jetzt?

A: Der Schlepper hat mir den Reisepass nicht mehr zurückgegeben.

F: Warum lassen Sie sich den Originalreisepass nicht von Ihrer Frau nach Österreich schicken?

A: Meine Frau war damals in der Ukraine, vor kurzer Zeit ist sie nach Armenien, wenn das notwendig ist, kann Sie mir den Originalreisepass zuschicken.

Anm.: Sie bekommen 14 Tage um Ihren Reisepass bei der Behörde vorzulegen.

F: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?

A: Ich bin armenischer Staatsangehöriger. Befragt gebe ich an, dass ich ausschließlich in Armenien verfolgt werde.

F: Wie heißt ihr Vater, wann ist er geboren und wo ist er aufhältig?

A: XXXX , geb. XXXX er ist XXXX verstorben an einem Schlaganfall.

F: Wie heißt Ihre Mutter?

A: XXXX , geb. am XXXX in Jerewan. Sie lebt derzeit im Bezirk XXXX in Jerewan (Armenien).

F: Haben Sie Geschwister, wenn ja wie heißen diese, wann sind sie geboren und wo sind sie aufhältig?

A: Ich habe zwei Halbschwestern und einen Halbbruder väterlicherseits.

Meine Halbschwester heißen:

XXXX , geb. am XXXX , verstorben 2006 an Brustkrebs.

XXXX , geb. am XXXX . Aufenthalt: Jerewan. Sie ist verheiratet aber verwitwet, lebt in Jerewan.

Mein Halbbruder heißt:

XXXX , geb. am XXXX , Aufenthalt: Jerewan. Mein Halbbruder lebt mit unserer Mutter XXXX gemeinsam in einer Wohnung (3 Zimmerwohnung, ca. 80m2). Mein Halbbruder arbeitet aber nicht ständig, konkret kann ich es nicht sagen.

F: Sind Sie verheiratet?

A: Ja, meine Ehefrau heißt XXXX , geb. am XXXX , wir haben 1986 geheiratet, ich war XXXX Jahre alt als ich geheiratet habe. Wir haben standesamtlich in Jerewan geheiratet.

F: Haben Sie eine Heiratsurkunde?

A: Ja natürlich, diese ist in Jerewan.

Anm.: Ihnen wird eine Frist von 14 Tagen eingeräumt, eine Kopie der Heiratsurkunde mit deutscher Übersetzung vorzulegen.

F: Haben Sie Kinder?

A: Ja, ich habe einen Sohn und eine Tochter.

Mein Sohn heißt XXXX , geb. am XXXX , Aufenthalt: Jerewan, Armenien.

Meine Tochter heißt XXXX , geb. am XXXX , Aufenthalt: XXXX , Armenien.

F: Bei wem lebt Ihre Tochter?

A: Sie ist verheiratet und lebt in dem Dorf mit ihrem Ehemann.

F: Haben diese schon Kinder?

A: Ja, sie haben zwei Kinder, der Sohn ist auch schon verheiratet und hat bereits zwei Kinder.

F: Der XXXX lebt mit Ihrer Mutter und dem Halbbruder gemeinsam?

A: Meine Frau und mein Sohn, der XXXX leben zusammen und der XXXX hat auch geheiratet und hat auch schon zwei Kinder.

F: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

A: Ich bin Armenier.

F: Welche Religion haben Sie?

A: Christentum (Apostolische Kirche).

F: Welche Sprache sprechen Sie?

A: Armenisch, Russisch und Englisch. Armenisch und Russisch spreche ich sehr gut und Englisch etwas schlechter.

F: Welche Schul-/Berufsausbildungen haben Sie?

A: Ich habe die Grundschule in Jerewan von 1970 bis 1980 besucht. Danach habe ich eine Lehre als Automechaniker von 1983 bis 1985 in Jerewan gemacht. Danach habe ich eine weitere Lehrausbildung als Koch absolviert im Zeitraum von 1986 bis 1987.

F: Was haben Sie zuletzt in Armenien zuletzt gearbeitet?

A: Ich habe als Chefkoch gearbeitet von 2009 bis 2011 in dem Restaurant " XXXX ", in Jerewan.

F: Haben Sie nach 2011 gearbeitet?

A: Also in Armenien nicht, aber in der Ukraine, auch als Chefkoch in XXXX , Ukraine.

F: Sie haben nur ein Jahr Ausbildung als Koch und waren beide Male Chefkoch?

A: Ich habe sehr gute Praxis, ich kann ihnen alles kochen, ich kenne nicht nur die armenische Küche, sondern auch andere.

F: Haben Sie Familie in Österreich?

A: Nein.

F: Haben Sie Bekannte in Österreich oder Geschäftspartner?

A: Also Bekannte schon, ein Mann namens XXXX kenne ich. Er ist auch aus Jerewan, er hat Familie hier und arbeitet hier oder den XXXX , auch ein Freund von mir. Nachgefragt gebe ich an, dass XXXX hier legal arbeitet, was genau, weiß ich nicht. XXXX ist krank, er arbeitet nicht.

F: Wann haben Sie Armenien verlassen? Wann sind sie in Österreich eingereist und wie ist Ihre Reiseroute gewesen?

A: Erstmals habe ich Armenien 2007 verlassen. Ich stellte am 06.03.2007 in London einen Asylantrag. Mein Asylverfahren wurde negativ abgeschlossen. Ich bin dann wieder 2007 zurück nach Armenien geflogen. Ich war dann bis ca. März 2012 in Armenien. Dann bin ich im Sommer 2012 gemeinsam mit meiner Ehefrau, meinem Halbbruder und seiner Familie in die Ukraine gereist. Unsere beiden Kinder blieben in Jerewan zurück.

Ich habe in der Stadt XXXX , Bezirk XXXX als Koch gearbeitet und habe selbstständig ein Cafe geführt. Wir (Ich und mein Halbbruder, unsere Familien blieben in der Ukraine) haben dann im November 2014 wegen des Ukrainekrieges beschlossen, auch die Ukraine zu verlassen. Mein Halbbruder wurde in der Ukraine geschlagen und wurde er in XXXX operiert wegen der Schlägerei. In XXXX haben wir eine Wohnung gefunden und wir blieben eine Weile dort, bis es ihm nicht besser ging. Wir konnten nicht mehr zurück nach Armenien.

Ich organisierte in der Ukraine einen Schlepper. Dieser verlangte 5000 Euro pro Person für die Ausstellung gefälschter Reisepässe und die Organisation der Ausreise aus der Ukraine nach Österreich.

Am 03.05.2015 gegen 07 bis 08 Uhr sind mein Halbbruder und ich dann in einen geschlossen Kastenwagen eingestiegen und haben die Ukraine verlassen. Ich bin am 04.05.2015 nachmittags in Wien illegal eingereist.

F: Wann haben Sie den Asylantrag gestellt?

A: Am selben Tag noch.

F: Wie konnten Sie so viel Geld aufbringen für die Reise?

A: Ich habe in der Ukraine nicht schlecht verdient, das war ein sehr gutes Restaurant. Mein Halbbruder und ich hatten aber nicht die gesamten 10.000 Euro, wir hatten einiges verkauft und haben versucht, so an das Geld zu kommen.

F: Waren Sie seit Ihrer Einreise in Österreich noch einmal in Armenien?

A: Nein.

F: Führen Sie in Österreich ein Familienleben? Leben Sie in Österreich in einer Lebensgemeinschaft?

A: Nein.

F: Gehören Sie in Österreich einem Verein oder einer sonstigen Organisation an?

A: Nein.

F: Wie finanzieren Sie sich den Aufenthalt in Österreich?

A: Momentan lebe ich von der Unterstützung der Caritas (ca. 350 Eur/Monat).

F: Wo waren Sie zuletzt wohnhaft in Armenien?

A: Jerewan, XXXX , Bezirksname: XXXX . Das ist meine Wohnung, ich habe eine Eigentumswohnung mit vier Zimmern in Jerewan. Nachgefragt gebe ich an, dass ich mit meiner Frau und den Kindern dort gelebt habe.

F: Lebt Ihre Frau noch in der Wohnung?

A: Nein, diese Wohnung ist jetzt leer. Wir haben Probleme in Jerewan und haben Angst in der Wohnung zu leben.

F: Sind Sie mit Ihrer Ehefrau in einem guten Verhältnis, wo hält Sie sich jetzt auf?

A: Wir haben ein supergutes, sehr gutes Verhältnis, sie ist momentan in Jerewan.

F: Wartet Ihre Frau auf Sie?

A: Ja, natürlich, ich hoffe es doch sehr.

FLUCHTGRUND

F: Warum stellen Sie einen Asylantrag? Nennen Sie Ihre Fluchtgründe.

A: Es ist so, ich war noch nie in Österreich, ich wusste dass es ein gutes Land ist, ein demokratisches Land. Es finden hier viele Konferenzen statt.

Auff.: Nennen Sie bitte Ihre konkreten Fluchtgründe, die Sie dazu veranlasst haben, Armenien zu verlassen?

A: Konkret ist folgendes, man hat versucht, meinen Freund zu töten, er war und ist bis heute ein wichtiger Politiker, namens XXXX . Ich war rein zufällig am Tatort, und ich konnte es sehen und wahrnehmen, wer das alles organisiert hat. Das heißt ich bin ein Zeuge. Diese Leute sind sehr einflussreiche Leute, ich habe Angst vor diesen Leuten.

F: Wie wurden Sie konkret bedroht?

A: Ich wurde verbal und physisch bedroht, ich wurde telefonisch bedroht. Sie haben mich einmal mitgenommen und zur Polizeistation gebracht.

F: Machen Sie bitte genauere Angaben über Ihre Erlebnisse. Wann wurden Sie bedroht und wie wurden Sie geschlagen?

A: Um den 15. Jänner 2006 haben die Männer auf mich gewartet, sie haben mich sehr stark geschlagen und ich landete im Krankenhaus.

F: Wie lange waren Sie im Krankenhaus, wo sind die Befunde?

A: Eine Woche war ich im Krankenhaus, die Papiere vom Krankenhaus habe ich in England schon vorgelegt und ich kann sie wieder besorgen.

Anm: Sie bekommen eine Frist von 14 Tagen, um die Befunde vorzulegen.

F: Schildern Sie genauer den Vorfall, wo sie geschlagen wurden?

A: Nach dem Arbeitstag ist das alles passiert. Mein Auto ist am Parkplatz gestanden auf der Straße. Ich gehe zu meinem Auto, neben meinem Auto ist ein Auto gestanden, als sie mich sahen, sind sie ausgestiegen, einmal in Uniform, zwei Männer in Zivil, sie haben zu mir gesagt, du fahrst jetzt zu uns und du kommst jetzt zur Polizei. Ich habe gesagt, fahren sie und ich Folge Ihnen. Einer von ihnen hat eine Pistole rausgeholt und lehnte sie an meinen Seitenbauch und sagte zu mir, du kommst jetzt mit. Sie haben mich auf der Straße beschimpft. Irgendwo haben sie mich dann in eine Art Garten oder Park gebracht. Dort haben Sie mich geschlagen.

F: Wie haben diese Personen Sie denn geschlagen?

A: Sie haben meine Rippen gebrochen, so stark haben Sie mich geschlagen, ich hatte lauter blaue Flecken. Nach ein paar Schlägen auf meinen Kopf konnte ich mich nicht mehr erinnern was genau alles passierte und wo ich geschlagen wurde.

F: Warum wurden Sie denn geschlagen?

A: Die haben dauernd gefragt, worüber hast du mit XXXX XXXX geredet.

F: Wer ist der XXXX ?

A: XXXX hat 2006 für die Zeitung XXXX gearbeitet und falls ich mich genau erinnern kann, arbeitet er dort. Wir wollten den Medien bekannt machen, wer hinter diesem Mordversuch steckt. Wir wollten über den Angriff auf den XXXX berichten. Anscheinend hat man die Männer, die den XXXX geschlagen haben, festgenommen und der ganze Vorfall wurde sehr vereinfacht in den Medien, wir wollten den Vorfall durch den XXXX aufklären lassen.

F: Wie haben die Männer überhaupt erfahren, dass Sie mit dem Journalisten XXXX in Kontakt stehen?

A: Ich nehme an, XXXX hat diese Männer benachrichtigt über unser Gespräch. Im Klartext, er hat mich verpfiffen.

F: Was haben Sie mit dem Politiker XXXX genau zu tun?

A: Ich war sehr lange in der Opposition. Wir waren befreundet durch unsere Oppositionstätigkeiten.

V: Sie wurden über Ihre Berufsausbildungen befragt und wurden Sie auch befragt, was Sie in Armenien gearbeitet haben. Sie haben nichts von einer politischen Tätigkeit erwähnt!

A: Ich halte das nicht für eine Arbeit. Ich war nach 1994 in der Opposition.

F: Was genau waren Ihre Tätigkeiten in der Opposition?

A: Ich habe Demonstrationen organisiert. Ich habe mit anderen aus der Opposition gesprochen. Wir hatten eigene Büros und waren dort beschäftigt.

F: Wie heißt Ihre Partei genau, seit wann sind Sie Mitglied in der Partei und was genau war Ihren Aufgabengebiet?

A: Unsere Partei heißt XXXX , der Vorsitzende der Partei heißt XXXX . Ich bin seit 1990 Mitglied.

F: Wenn Sie schon solange dabei sind, kennen Sie das Parteiprogramm genau?

A: Der erste Punkt in unseres Programms war folgender: Kein Millimeter unseres Land an Türken weitergeben. Die Rechtsstaatlichkeit soll geachtet werden, die Menschenrechte sollen geachtet werden. Damit alle Organe wir Polizei oder Staatsanwaltschaft frei oder unabhängig arbeiten können. Sehr viele kleine andere Punkte, die wir verwirklichen wollten, wie die Straßen zu erneuern, mit anderen Ländern in Frieden zu leben.

F: Sind Sie im Parlament vertreten?

A: Von 1990 bis 2000 waren wir im Parlament vertreten. Man hat die Partei rausgeschmissen. Die neue Regierung ist korrupt.

F: Gibt es die Partei heute noch?

A: Ja, aber die Partei hat keine Vertretung im Parlament.

F: In welchen Zeitraum sind Sie in der Partei aktiv gewesen?

A: Von 1990 bis heute.

F: Haben Sie eine Parteikarte? Wo ist diese?

A: Ja, ich kann diese herbringen, sie ist in Österreich.

Anm: Dem AW wird eine Frist von 14 Tagen eingeräumt, um die Parteikarte mitzubringen.

F: Wer sind die Leute die den XXXX umbringen wollten, machen Sie konkrete Angaben?

A: XXXX war damals als man versucht hat meinen Freund zu töten, der Chef der Militärpolizei und im Moment Polizeichef für ganz Armenien. Der XXXX war in einem Sicherheitsdienst tätig und war Chef für die Sicherheit des Präsidenten. Er ist Gott sei Dank jetzt tot, er lebt nicht mehr.

F: Erzählen Sie alles was Sie wissen über den Politiker XXXX !

A: Mein Freund heißt XXXX , wir haben uns während des Karabachkrieges kennengelernt. Wir haben zusammen gekämpft, wir waren befreundet. Er ist XXXX oder XXXX geboren, er ist ca. 1.65 m groß. Der XXXX hat heute noch Spuren und Narben nach diesem Mordversuch an ihm. Er lebt immer noch in Jerewan, er ist verheiratet und hat eine Hochschulausbildung.

V: Herr XXXX lebt also weiterhin in Jerewan und Sie sind geflüchtet. Das ist nicht nachvollziehbar.

A: Ich kann das erklären. XXXX hat die Seite gewechselt. Im Jahr 2010 bin ich weggelaufen, es wurde auf uns geschossen 10 Menschen wurden umgebracht, und XXXX meinte, die sollten gar nicht auf uns schießen. Woher wusste XXXX dass die nicht schießen werden? Ich denke, dass XXXX die Seiten gewechselt hat und deswegen kann er dort weiterleben.

F: Sie machen sehr ungenaue Angaben. Weshalb wurde denn auf Sie geschossen, warum wurden die Menschen umgebracht?

A: Wir hatten eine Demonstration organisiert. Zwischen 30-60000 Menschen sind dort anwesend, wir haben dort protestiert. Die Regierungsvertreter haben uns gejagt und haben die Polizei verständigt. Sie haben nicht gezielt auf mich geschossen, aber ich war in der ersten Reihe und man hat auf mich geschossen.

F: Wann haben Sie mit dem XXXX gekämpft und weswegen?

A: Ich habe den Wehrdienst in Armenien abgeleistet und habe im Wehrdienst gedient.

F: Wo haben Sie denn gekämpft und gegen wen?

A: Ich habe in von 1990 bis 1994 in Nagornik Karabach, aber ich habe dort gekämpft als Freiwilliger, das war nicht im Zuge meines Wehrdienstes.

F: In welchen Zeitraum haben Sie den Wehrdienst geleistet?

A: Von 1980 bis 1982 in Kasachstan.

F: Wie kommt es, dass Sie rein zufällig am Tatort des XXXX sind? Erklären Sie das genauer!

A: Ich habe vorhin gesagt, das war kein Zufall. Es gibt ein Büro für die Opposition, wir waren ständig dort, es war ein ganz normaler Tag, ich hatte ein Treffen mit dem XXXX im Büro. Ich habe XXXX gesehen und ihn erkannt, und als ich noch näher kam zum Büro kam, habe ich gesehen, dass die Männer mit Kapuzen waren.

F: Wie konnte Sie XXXX erkennen, wenn alle anderen Männer Kapuzen trugen?

A: XXXX war im Auto, 50 Meter entfernt vom Büro, ich war auf der Straße und habe den XXXX und den XXXX im Auto gesehen. Ich bin dann weiter zum Büro gegangen, und habe gesehen, dass drei Männer in Kapuzen rausgelaufen sind. Anscheinend haben Sie den XXXX geschlagen.

F: Sie machen sehr vage und ungenaue Angaben! Präzisieren Sie genauer wieso Sie glauben, dass Herr XXXX geschlagen wurde und wieso Sie glauben, dass die Männer mit den Kapuzen überhaupt etwas mit dem XXXX und XXXX zu tun haben.

A: Von meiner Perspektive, auf dem Weg zum Büro, auf der Straße hatte ich eine Position gehabt, dass ich den Eingang zum Büro sehen konnte und den Pkw sehen konnte, indem XXXX und XXXX gesessen sind. Die drei Jungs sind zum Auto gelaufen und sind in den Pkw eingestiegen.

F: Ich wiederhole die Frage zum Dritten Mal! Woher wissen Sie, dass XXXX mit den Schlagringen geschlagen wurde?

A: Zuerst sind sie weggelaufen und ich wusste vorher nicht wer geschlagen wurde, ich bin zur XXXX gegangen und habe Sie gefragt, was da passiert. XXXX wurde festgehalten und zwei Männer haben den XXXX geschlagen.

F: Wer ist XXXX ?

A: Damals war XXXX die Vertreterin für die Menschrechte und sie war damals Rektor in einem Institut in Jerewan. Sie ist Teil unserer Partei, unserer Organisation. Sie war im Innenhof und wurde von einem Mann festgehalten, während zwei andere den XXXX schlugen.

F: Wann wurden Sie das letzte Mal konkret bedroht und woher wissen Sie, dass es sich um den XXXX und XXXX handeln muss!

A: Der AW überlegt sehr lange und antwortet verspätet. Es wird um 2009 gewesen sein, aber konkret kann ich es nicht sagen.

V: Sie geben an, bedroht zu werden und wissen nicht einmal genau, wann das gewesen sein soll!

A: Ich sage das war im Jahr 2009. Konkreter kann ich das nicht sagen, ich schaue doch nicht auf die Uhrzeit und kann es genauer sagen.

V: Personen die einschneidende Geschehnisse erlebt haben, können sich sehr wohl genauer daran erinnern, wann sie bedroht wurden!

A: Also sie sind immer wieder gekommen und haben mich mitgenommen.

F: Erzählen Sie mehr über Ihre Bedroher? Seit wann bedrohen Sie diese genau und wie?

A: XXXX kennt jeder. XXXX stammt von Nagorik Karabach, wo wir gemeinsam als Freiwillige gekämpft haben, kennengelernt habe ich in im Jahr 1990. Er ist dann Leibwächter für den Präsidenten geworden. Der XXXX hat einen Spitznamen, der Pate wird er genannt, und er hat alle schmutzigen Aufträge für die Regierung erledigt, ich präzisiere, er eliminiert Leute für die Regierung.

F: Machen Sie bitte genauere Angaben! Für wen haben Sie gekämpft, auf welcher Seite, was war Ihr Motiv?

A: Ich habe von 1990 bis 1994, ich habe für die armenische Seite gegen Aserbaidschan gekämpft. Die Sowjetunion ist zerfallen, und Karabach ist geschichtlich armenisch, die Russen haben unser Territorium Aserbaidschan übergeben. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wollte Karabach autonom sein und ich habe für die Autonomie gekämpft.

F: In welcher Einheit haben Sie gekämpft?

A: Damals haben wir die XXXX gegründet, das war eine Gruppe von Freiwilligen. Die XXXX war früher eine Einheit von Freiwilligen im Krieg und wurde dann zu einer politischen Partei umstrukturiert.

F: Haben Sie Kriegsverbrechen miterlebt?

A: Nein, wir haben nur gekämpft, gesehen habe ich so etwas nicht,.

F: Wann haben Sie England verlassen?

A: 2007.

F: Danach wurden Sie das letzte Mal 2009 bedroht?

A: Ja, das war die letzte Drohung.

F: Wann sind Sie in die Ukraine gereist?

A: Im Jahr 2012.

F: Das heißt, dass Sie zwischen 2009 und 2012 weiterhin in Armenien gelebt haben, obwohl sie von diesen Personen bedroht wurden.

A: Ja, ich war von 2009 bis 2012 in Armenien und wurde nicht bedroht, weil ich mich versteckt gehalten habe. Ich habe ja gesagt, dass meine Wohnung leer steht und wir Angst hatten von diesen Leuten.

F: Wo haben Sie Unterkunft bezogen in diesen drei Jahren?

A: In Jerewan, unter einem falschen Namen gemietet.

F: Dort haben Sie dann drei Jahre lang gewohnt unter falschen Namen?

A: ja genau.

V: Sie haben also die letzten drei Jahre ohne jegliche Bedrohung gelebt, wieso haben Sie dann überhaupt Ihr Land verlassen?

A: Ich bin müde geworden von diesem Versteckspiel.

F: Warum haben Sie das nicht einfach der Polizei gemeldet?

A: XXXX ist der Chef der Polizei, da gehe ich doch nicht hin.

F: Ist der XXXX einflussreich in Jerewan, hat er Beziehungen?

A: Er ist sehr einflussreich, und alle haben Angst von ihm. Das sind Mafiagruppierungen die jeden bekommen, den sie wollen, wenn sie ihn wollen. Sie sind sehr mächtige Männer, sie bekommen jeden und alles.

V: Ihr Vorbingen ist sehr unglaubwürdig! Wenn diese Menschen so einflussreich sind, und jeden bekommen den sie wollen, könnten Sie nicht in Ihrer Stadt Jerewan drei Jahre lang einfach weiter leben!

A: Naja, die Frage können sie denen stellen, vielleicht haben Sie auf mich vergessen. Die suchen ja nicht nur mich, die haben viele andere Sorgen auch.

F: Haben Sie weitere Fluchtgründe?

A: Nein.

F: Können Sie an einem anderen Ort in Armenien Unterkunft beziehen.

A: Mit einem anderen Namen kann ich das.

F: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Armenien?

A: Nein, ich habe Angst vor diesen Leute, einer ist ja schon gestorben, aber der andere ist noch dort. Entweder werden Sie mich töten oder Sie nehmen mich fest oder mit meiner Familie passiert etwas. Als man mich geschlagen hat, wurde mir gesagt, entweder töten wir dich oder sperren dich ein.

F: Ihre Familie lebt doch die ganze Zeit in Jerewan. Das ist doch sehr unglaubwürdig, wenn diese Menschen so einflussreich sind und sie schon geflüchtet sind, dann haben Sie doch Zugriff auf Ihre Familie und trotzdem ist nichts passiert?

A: Ich bin mit Ihnen einverstanden. Wenn diese Männer wollen, können die meine Familie finden. Ich kann doch den XXXX nicht fragen, wieso er meine Familie nicht gefunden hat, obwohl er es kann.

F: Warum sind Sie ausgerechnet nach Österreich gekommen?

A: Ich war in der Ukraine, in England. Österreich ist eine sehr gute Republik, ein Rechtstaat. Die Menschenrechte werden auch geschützt.

"

I.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.2.1. Die bB ging davon aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die bP in Armenien asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätte.

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu - in Vermengung mit Elementen der rechtlichen Beurteilung - Folgendes aus:

" Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments konnte Ihre Identität nicht festgestellt werden. So legten Sie einen armenischen Führerschein vor, welcher jedoch kein unbedenkliches nationales Identitätsdokument darstellt. Eine Kopie eines abgelaufenen armenischen Reisepasses konnten Sie zwar vorlegen, jedoch wäre die Vorlage eines Reisepasses zwecks weiterer Identitätsüberprüfung notwendig gewesen, eine Kopie ist zur Identitätsfeststellung als unzureichend abzuweisen.

.

Sie sind mit der XXXX , geb. am XXXX verheiratet und haben Sie einen Sohn ( XXXX , geb. am XXXX ) sowie eine Tochter ( XXXX , geb. am XXXX ), welche sich derzeit in Armenien aufhalten sollen.

Ihre Grundschulbildung haben Sie zwischen 1970 und 1980 in Jerewan absolviert. Anschließend haben Sie eine Lehre als Automechaniker von 1983 bis 1985 absolviert. Eine weitere Ausbildung als Koch absolvierten Sie laut eigenen Angaben von 1986 bis 1987. Zuletzt haben Sie von 2009 bis 2011 in den Restaurant " XXXX " in Jerewan als Koch gearbeitet.

betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes:

Es ist Ihnen im Zuge des Asylverfahrens nicht gelungen beim BFA als glaubwürdig in Erscheinung zu treten.

Im Folgenden wird nun ausgeführt, weshalb ihrem Vorbringen zur behaupteten Gefährdungslage kein Glauben geschenkt wird:

Anlässlich der Stellung des gegenständlichen Asylantrages gaben Sie an, dass Sie zufällig an einem Tatort gewesen wären, bei dem ein versuchter Mordanschlag an einem Politiker namens XXXX verübt worden wäre. Der XXXX wäre ein Freund von Ihnen gewesen. Sie würden die Täter ebenfalls kennen und beschrieben Sie Ihre Bedrohungssituation dahingehend, als das Sie verbal, physisch und telefonisch bedroht worden wären. Hierbei wurden Sie über die Art der Bedrohung konkreter befragt, gaben Sie nur vage und unkonkret an, dass Männer auf Sie gewartet hätten und Sie sehr stark geschlagen hätten. Auch gaben Sie an, dass Ihnen die Rippen gebrochen wurden, Sie Befunde, die Ihr Vorbringen stützen könnten, in Vorlage bringen werden. Allerdings haben Sie bis auf ein sehr unkonkretes Vorbringen auch keine weiteren Befunde bis dato vorgelegt. Hier wurde besonders das Motiv der Bedrohung näher befragt, hierzu gaben Sie nur lapidar an, dass Sie von diesen Personen nur befragt wurden, worüber Sie sich mit dem XXXX unterhalten hätten.

F: Warum wurden Sie denn geschlagen?

A: Die haben dauernd gefragt, worüber hast du mit XXXX geredet.

Hierbei wird angemerkt, dass Sie in Ihrem Fluchtvorbringen zunächst keinerlei Angaben machten, dass Sie überhaupt mit dem XXXX in Verbindung stehen und aufgrund dieser Person in eine Bedrohungssituation durch Dritte gekommen wären. Sie konnten auch keine näheren Angaben zu den Personen machen, die Sie nach Ihren Erzählungen geschlagen haben sollen, Ihnen schwere körperliche Verletzungen (lt. eg. Aussagen Rippenbrüche) zugefügt hätten. Sie haben Ihr Fluchtvorbringen grundsätzlich unvage und unkonkret geschildert, nur durch wiederholtes, konkretes Nachfragen, konnte Ihr Vorbringen näher eruiert werden, allerdings war dieses grundsätzlich nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar.

Sie wurden ebenfalls näher zu dem Bezug zum Politiker XXXX befragt. Hierzu gaben Sie nunmehr an, dass Sie seit 1994 in der Opposition engagiert gewesen wären und durch die Oppositionstätigkeiten näher befreundet waren. Zu den jahrelangen Tätigkeiten in der Opposition befragt, gaben Sie nur an, dass Sie Demonstrationen organisiert hätten. Hier konnten Sie keine weiteren Angaben machen, weder welche Mittel noch Möglichkeiten Sie dafür eingesetzt hätten, hielten Sie sich hierbei erneut sehr vage und unkonkret.

Zu dem Namen der Opposition befragt, gaben Sie an, dass es sich um die " XXXX " handeln würde. Abgesehen von dem Umstand, dass Sie die Tätigkeit bei der Opposition zu dem beruflichen Werdegang befragt, völlig unerwähnt ließen, können zu der Oppositionspartei " XXXX " keine näheren Angaben ermittelt werden. Die Behörde verweist ausdrücklich darauf hin, dass Sie während der Einvernahme zu Ihrem beruflichen Werdegang befragt, keine Angaben zu einer politischen Tätigkeit gemacht hatten, die Angaben über eine oppositionelle Partei namens XXXX nicht ermittelt werden konnte, und Sie das Parteiprogramm dermaßen vage und unkonkret beschrieben hatten, als dass es sich um jede beliebige Partei in Armenien hätte handeln können. Es mag durchaus sein, dass dies eine lokale Bezeichnung für eine Partei in Ihrer Gegend sei, aber eine offizielle Partei unter diesem Namen existiert in Armenien jedenfalls nicht!

Auch gaben Sie weiters an, dass Sie eine Parteikarte hätten und diese im Rahmen der offenen Frist bereitlegen würden, allerdings haben Sie dies bis dato verabsäumt, und wird auch dies als Indiz dafür gewertet, als das Ihr Fluchtvorbringen in Bezug auf die oppositionelle Tätigkeit unglaubwürdig ist.

Zu dem Zeitpunkt der letzten Bedrohung befragt, gaben Sie an, dass Sie zuletzt im Jahr 2009 bedroht worden wären. Hierbei wurden Sie aufgefordert den Zeitraum der Bedrohungssituation konkreter anzugeben, diesen näher einzuschränken, verneinten Sie dieses jedoch aus relativ unverständlichen Gründen. So gaben Sie an, dass Sie nicht genauer auf die Uhr schauen und aufgrund dessen keine näheren Angaben machen können.

Hierbei stellt das BFA ausdrücklich fest, dass Personen die einschneidende Geschehnisse durchlebt hatten, durchaus in der Lage sind, solche Momente zeitlich näher einzugrenzen. In Ihrem Fall soll es sogar zu schweren körperlichen Verletzungen gekommen sein, die einen Spitalsaufenthalt unabdingbar gemacht haben sollen. Aus diesem Grund ist es nicht nachvollziehbar, dass Sie bloß das Jahr der letzten Bedrohung angeben konnten.

Da Sie jedoch laut eigenen Aussagen in der Erstbefragung, sowie in der Einvernahme vom 05.01.2017 angaben, erst im Jahr 2012 in die Ukraine gereist zu sein, ergibt sich in Bezug auf den Zeitpunkt der letzten Bedrohung ein Zeitfenster von ungefähr drei Jahren. Sie wurden hierbei konkreter befragt, wie Sie es denn geschafft haben sollen, die Bedrohung für drei Jahre zu umgehen. Hierbei geben Sie an, dass Sie sich versteckt hätten, allerdings ist dies nicht nachvollziehbar, da Sie zu Ihrem letzten Aufenthaltsort in Armenien ebenfalls befragt wurden. Hierbei gaben Sie an, dass Sie zuletzt an der Adresse XXXX wohnhaft gewesen sind. Bei der Unterkunft handelt es sich um eine Eigentumswohnung, die Ihnen gehören soll.

Zu dem Personenkreis, der Sie aufgrund des Mordanschlags auf XXXX bedrohen soll, gaben Sie an, dass dieser sehr einflussreich wäre und dass alle von den Personen Angst hätten. Hierbei soll es sich vor allem um die Person XXXX handeln, welcher unter anderem Chef der Polizei sein soll.

Wenn hierbei berücksichtigt wird, dass der XXXX Chef der Polizei sein soll, sehr einflussreich wäre, Sie jedoch in Ihrer Eigentumswohnung gelebt haben sollen, ist es grundsätzlich nicht nachvollziehbar, wie Sie über einen Zeitraum von drei Jahren völlig unentdeckt blieben können. So gaben Sie an, dass Ihnen dies gelungen wäre, weil Sie unter falschen Namen gelebt haben sollen. Der Chef der Polizei, der laut Ihren eigenen Aussagen sehr einflussreich sein soll, kann und wird sich nicht aufgrund einer Namensänderung für drei Jahre in die Irre führe lassen, dies ist völlig unwahrscheinlich, zudem Sie sich immer noch in Jerewan aufhielten und für diese Personen, die ebenfalls in Jerewan fungierten, durchaus greifbar waren. Alleine der Umstand, dass Sie in Ihrer Eigentumswohnung gelebt haben sollen, hätte Sie zu einem einfachen Ziel gemacht. Dies wurde Ihnen vorgehalten und konnten Sie dem nicht fundiert entgegentreten, antworteten Sie nur lapidar und wenig nachvollziehbar:

Naja, die Frage können sie denen stellen, vielleicht haben Sie auf mich vergessen. Die suchen ja nicht nur mich, die haben viele andere Sorgen auch.

Es ist ebenfalls nicht nachvollziehbar, weshalb Sie erst bis 2012 gewartet hätten, um Ihren Herkunftsstaat zu verlassen, wenn Sie doch seit 2009 bedroht worden wären. Hier wird ausdrücklich auf die zeitliche Komponente verwiesen. In Ihrem Fall besteht kein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Ausreise und dem Grund, den Sie für die Ausreise angegeben haben.

Die Voraussetzung wohlbegründeter Furcht wird in der Regel nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (VwGH 17.3.2009, 2007/19/0459; VwGH 19.10.2000, 98/20/0430).

Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Zusammengefasst zeigt Ihre eigene Darstellung Ihrer Fluchtgründe dass Sie bloß einen höchst abstrakten und unkonkreten Sachverhalt behaupten und Sie auch auf mehrfache Nachfrage hin nicht in der Lage waren eine stichhaltiges und fundiertes bzw. nachvollziehbares Vorbringen darzulegen!

Es ist aus diesem Grund davon auszugehen, dass Ihr Vorbringen beim BFA eine gedankliche Konstruktion darstellt!

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht haben bzw. eine solche Verfolgung zukünftig zu erwarten hätten.

betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass Sie an keinen Krankheiten laborieren.

Sie befinden sich im arbeitsfähigen Alter, sind kräftiger Statur und konnten Sie glaubhaft machen, dass Sie Ihren Lebensunterhalt bisher aus Eigenem bestritten hatten.

Laut eigenen Aussagen haben Sie die Grundschulausbildung in Armenien absolviert, auch haben Sie umfangreiche weitere Ausbildungen genossen. So haben sie bspw. eine Lehre als Automechaniker, sowie als Koch abgeschlossen. Anschließend haben Sie von 2009 bis 2011 als Koch im Restaurant " XXXX " in Jerewan gearbeitet.

Neben einer umfangreichen Ausbildung sprechen Sie auch mehrere Sprachen. So gaben Sie an, dass Sie neben Ihrer Muttersprache Armenisch auch noch Russisch und Englisch. Ihre Ehefrau als auch Ihre beiden Kinder leben in Armenien. Ihre Mutter, die XXXX lebt ebenfalls in Armenien (Jerewan).

Die Feststellungen über Ihren Gesundheitszustand, dem schulischen und beruflichen Werdegang, Ihren Sprachkenntnissen, ergeben sich aus Ihren glaubhaften Aussagen und dem Eindruck Ihres persönlichen Auftretens während der Einvernahme vor dem BFA.

Aufgrund Ihrer eigenen Angaben konnte ebenfalls festgestellt werden, dass Sie in Armenien über familiäre und soziale Bezugspunkte verfügen und ein gutes Verhältnis zu diesen haben.

Es ist Ihnen daher zuzumuten in Ihrem Herkunftsstaat mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung und der Unterstützung Ihrer in Armenien lebenden Angehörigen den Lebensunterhalt zu sichern, so dass auch der Schluss zulässig ist, dass es in Ihrem Falle bei einer Rückkehr nach Armenien nicht zu einer Verletzung der Art. 2 bzw. 3 EMRK kommen wird.

betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Entsprechend Ihrer eigenen Angaben haben Sie in Österreich weder Verwandte noch Familienangehörige i. S. d. Art. 8 EMRK. Aus diesem Grund kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass Sie in Österreich über ein entsprechendes Familienleben verfügen.

Sie halten sich seit einem äußerst kurzen Zeitpunkt (Mai 2015) in Österreich auf und sind weder Mitglied eines Vereines noch einer Organisation. Sie sprechen kein Deutsch und ist aufgrund der Art u. Dauer des Aufenthalts, sowie mangelnder Integration kein schützenswertes Privatleben in Ihrem Fall seitens der Behörde zu werten.

Die getroffenen Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben ergeben sich aus Ihren glaubhaften Aussagen und aus den von Ihnen vorgelegten Beweismitteln.

In Ihrem Fall besteht weder ein Familienleben, noch ein schützenswertes Privatleben im Bundesgebiet.

"

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien traf die belangte Behörde unter nachvollziehbarer Nennung der Erkenntnisquellen ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen Feststellungen ergibt sich eine im Wesentlichen unbedenkliche Sicherheitslage, sowie der Umstand, dass die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist. Ebenso besteht eine flächendeckende medizinische Versorgung und ist davon auszugehen, dass Abgeschobene, die im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz einbrachten, mit keinen Repressalien zu rechnen haben.

Die Feststellungen der bP werden wie folgt auszugsweise wiedergegeben (Gliederung nicht mit dem Original übereinstimmend):

" Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtssituation stellte sich 2014 weiterhin uneinheitlich dar. Der Eingriff seitens der Behörden bei friedlichen Demonstrationen setzte sich fort. Folter und Misshandlungen bei Festnahmen bleiben ein Problem, während Untersuchungen in derartigen Fällen ineffizient sind. Journalisten sind weiterhin mit Druckausübung und Gewalt konfrontiert. Obgleich der Zivildienst eingeführt wurde, kommt es zu schweren Misshandlungen in der Armee. Von Zwangseinweisungen in psychiatrische Anstalten wird ebenso berichtet wie von Gewalt und Diskriminierung infolge der sexuellen Orientierung (HRW 29.1.2015, vgl. CoE-PA 27.8.2014).

Menschenrechte werden zum größten Teil durch die Sicherheitsorgane, politische Amtsträger und Privatpersonen aus dem Umfeld der sich über dem Gesetz wähnenden Oligarchen oder deren Strukturen verletzt (AA 24.4.2015).

Im Juni 2014 lobten die OSCE, Delegation der EU, die Vereinten Nationen und der Europarat in einer gemeinsamen Erklärung die armenische Regierung für die Verabschiedung des Menschenrechts-Aktionsplanes. Der Plan anerkenne, dass die Rechte vulnerabler Gruppen Schutz bedürfen und die Regierung aufgerufen sei, Bemühungen voran zu treiben, die gleiche Rechte und Chancen für alle sichern (OSCE 30.6.2014).

Allerdings kritisierte die Europäische Kommission, dass der Plan wichtige Bereiche, die Vorrang haben sollten, wie die Einhaltung der UN-Konvention gegen Folter, ausspare. Die Europäische Kommission beurteilte die Fortschritte im Bereich der Menschenrechte und der fundamentalen Freiheiten als beschränkt (EC 25.3.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

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CoE-PA – Council of Europe-Parliamentary Assembly, Committee on the Honouring of Obligations and Commitments by Member States of the Council of Europe (27.8.2014): Honouring of obligations and commitments by Armenia - Information note by the co-rapporteurs on their fact-finding visit to Yerevan (16 to 18 June 2014), http://www.assembly.coe.int/CommitteeDocs/2014/amondoc19-2014.pdf, Zugriff 20.11.2015

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EC - European Commission (25.3.2015): Implementation of the European Neighbourhood Policy in Armenia Progress in 2014 and recommendations for action,

http://eeas.europa.eu/enp/pdf/2015/armenia-enp-report-2015_en.pdf, Zugriff 11.5.2015

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HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Armenia,

http://www.ecoi.net/local_link/295465/430496_de.html, Zugriff 20.11.2015

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OSCE – Organization for Security and Co-operation in Europe (30.6.2014): Joint Statement on Launching of Human Rights Action Plan, http://www.osce.org/yerevan/120537?download=true, Zugriff 20.11.2015

1. Meinungs- und Pressefreiheit

Obgleich Kritik an der Regierung und Amtsträgern im Allgemeinen toleriert wird, sind gewisse Themen nach wie vor Tabu. Insbesondere Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, die Minderheitenmeinungen zu kontroversen Themen wie den Nagorny Karabach-Konflikt oder Gender-Themen äußern, sind mit Einschüchterungen, Schikanen, Drohungen oder Tätlichkeiten konfrontiert (EC 25.3.2015, vgl. AA 24.4.2015).

Im September 2014 äußerte sich die OSCE Vertreterin für Medienfreiheit, Dunja Mijatovi?, besorgt über Attacken auf Journalisten und den Mangel an effektiven Maßnahmen, um das Klima der Straffreiheit zu beenden. Die Straffreiheit für solche Übergriffe würde das Gewaltpotential erhöhen und die Meinungs- und Medienfreiheit beeinträchtigen (OSCE-RFM 30.9.2014).

Laut dem "Komitee zum Schutze der Meinungsfreiheit" wurden 2014 77 Fälle der Verletzung der journalistischen Freiheiten gemeldet, im Vergleich zu 65 im Jahre 2013. Hiervon waren neun Fälle mit körperlicher Gewalt gegen Journalisten verbunden. Unter den 22 gerichtsanhängigen Fällen, die 2014 zugänglich gemacht wurden, befanden sich 17, in denen es um Beleidigung und Rufschädigung ging (CPFE 30.1.2015).

Die Medienfreiheit ist weiterhin unzureichend. Entwicklungen in Richtung einer Vielfalt im Bereich des Rundfunks und einer Transparenz hinsichtlich der Eigentümerstrukturen blieben aus (EC 25.3.2015).

Die meisten dominanten Rundfunkanstalten werden von der Regierung oder regierungsfreundlichen Einzelpersonen kontrolliert. Der Printmedienbereich ist klein und verringert sich, während die On-Line-Medien in ihrer Popularität und Zugänglichkeit wachsen. Fast alle Printmedien sind privat, und tendieren dazu, die politische und ideologische Richtung ihrer Eigentümer wiederzugeben (FH 28.4.2015).

Artikel 27 der Verfassung schützt die Meinung-, Informations- und Medienfreiheit. Es gibt offiziell keine Zensur. Viele Journalistinnen und Journalisten neigen aber zur Selbstzensur. Üble Nachrede und Verleumdung werden nach einer Gesetzesänderung nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Damit wurde eine langjährige Forderung der internationalen Gemeinschaft umgesetzt. Betroffenen steht stattdessen der zivilrechtliche Klageweg offen. Die Zahl der zivilrechtlichen Klagen gegen Medien und Journalisten hat in der Folge stark zugenommen, und es ergingen eine Reihe unverhältnismäßig hoher Geldstrafen (AA 24.4.2015, vgl. HRW 29.1.2015).

Mitte September beschrieb der Vorsitzende von CPFE, Ashot Melikyan, die Wirkung der neuen Gesetzlage entgegen den optimistischen Prognosen als wirkliche Hausausforderung für die Medien, denn Politiker und Wirtschaftstreibende würden objektive Kritik als Beleidigung und Verleumdung betrachten und versuchten mittels Klagen Rache an den Medien zu üben. Seit Beleidigung und Verleumdung als Delikte entkriminalisiert wurden, wären 126 Klagen gegen Medien und Journalisten eingereicht worden (CPFE 16.9.2015).

Im World Press Freedom Index 2014 der Organisation "Reporter ohne Grenzen” rangierte Armenien auf Platz 78 von 180 Ländern (RWB 2015).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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